Wie Ende 2015 bereits in einem Artikel kurz beschrieben, nutzte ich 2015, um drei grundsätzlich verschieden konzipierte „Robo-Advise“-Angebote ein Jahr lang zu prüfen. Heute möchte ich das erste konkrete Angebot anhand der von mir ausgewählten Kriterien kurz bewerten: www.meetinvest.com
Ich bin mir bewusst, dass der Begriff „Robo-Advise“ sehr schwammig ist und es heute wohl keinen Hedge-Fund, der den Namen verdient, gibt, der nicht gewisse Analysearbeiten algorithmisch löst. Wenn man so will, ist „Robo-Advise“ ein Vehikel, diese Analysearbeiten auch dem Retail-Investor zugänglich zu machen.
Mein erster Kandidat meetinvest.com hat genau dies zu seiner Kernaufgabe gemacht. Er setzt gewisse Strategien von bekannten Investoren, die über längere Zeit zu einer Überperformance führten (beispielsweise James O’Shaughnessy, Peter Lynch oder Benjamin Graham), in Algorithmen um, die mir dann eine konkrete Excel-Liste von Aktien über einen geographischen Markt als Output liefern (zum Beispiel 100’000 Dollar laut O’Shaughnessy über Markt „North America“).
Wann immer es Veränderungen gibt, erhalte ich einen Update. Wie und bei welchem Broker / Bank ich das umsetze, ist mir überlassen. Hier meine Erfahrung über mehrere Strategien und Länder über ein Jahr.
Usability and Technology: **** Alles bestens und State-of-the-Art, keine Abstriche.
Investment Universe ** – *** Sehr gute Abdeckung und verlässliche Zahlen für US-Aktien. Viele andere internationale Märkte werden zwar offiziell abgedeckt, die Ergebnisse sind aber teils fragwürdig (Schweiz, Europa und Asien) und teils, dies selbst bei international führenden Brokern, nicht oder nur eingeschränkt handelbar.
Leider ist das ein unlösbares Problem, da nun mal Rechnungslegungsvorschriften, Geschäftsberichte, Tickersymbole, Benutzung von ISIN-Nummern von Land zu Land beziehungsweise von Börsenplatz zu Börsenplatz abweichen und eben auch Bloomberg-Zahlen nicht die letzte Wahrheit sind (insbesondere für US-Zahlen gibt es mittlerweile sehr gute Alternativen). Eine bewusste Beschränkung auf grössere, liquide und international handelbare Titel wäre sinnvoll (weniger ist mehr).
Transparency **-*** Prinzipiell wird klar vermittelt, was „das Tool macht“. Data Source (Bloomberg) und wie die Algorithmen konkret implementiert werden, das wird hingegen nicht transparent dargestellt.
Support *** Stets habe ich auf Anfragen gute, hilfreiche Antworten bekommen. Reaktionszeit eher innerhalb Tagen statt Stunden.
Kosten **** Zur Zeit alles kostenlos.
Performance *** Über längere Zeit konsequent und richtig angewendet (Beibehalten der Strategie(n), Verwendung günstiger, international gut aufgestellter Broker) sollte eine Überperformance gegenüber Aktienindizes resultieren.
Der Gründer Michel Jacquemai ist auch alles andere als ein „Greenhorn“. Ich habe allerdings zu viel herum experimentiert (wollte ja auch alle Möglichkeiten kennenlernen), um eine verlässliche Aussage machen zu können.
Wenn Sie sich ins Thema „systematisches Stock Picking“ einarbeiten möchten, empfehle ich das Standardwerk What Works on Wall Street: The Classic Guide to the Best-Performing Investment Strategies von James P. O’Shaughnessy.
User Target Group: Am besten geeignet für den geübten „Do it yourself“-Investor mit einem deutlich über 100k CHF Portfolio.
(Extrakt für Inside-Paradeplatz-Leser; Originalartikel mit Kommentar „Longterm-Investor“ und weitere Investmentsdetails, siehe Longterm-Investor.)
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