Herbert Scheidt hat das beste Halbjahr seiner eigenen Geschichte. Der Vontobel-Präsident wurde kürzlich Kapitän der Bankiervereinigung und damit neues Aushängeschild von Swiss Banking.
Scheidt machte das Rennen, weil er als Private Bankier gilt. Just in dieser Disziplin hat er es bei seiner Arbeitgeberin, der Zürcher Vontobel Bank, nicht weit gebracht.
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Von Januar bis Ende Juni stieg der Gewinn in der Sparte Private Banking nur homöopathisch. Ein Prozent nahm er vor Steuern zu – mini.
Der Grund: Vontobel ist im typischen Private Banking, also dem Verwalten von Vermögen reicher Privatkunden, kein Magnet. Es flossen netto 900 Millionen zu.
Plus 5 Prozent, hebt Vontobel hervor, viel davon im Schweizer Inlandmarkt.
Doch das reicht nicht weit im Private Banking. Per Mitte Jahr hatte Vontobel dort 36 Milliarden verwaltete Vermögen, plus 3 Prozent.
Stellt man dies in Relation zu den Grossen unter den Schweizer Privatbanken, also Pictet, Lombard Odier, Julius Bär, UBP, Safra Sarasin oder auch der fusionierten EFG-BSI, dann hinkt Vontobel hinterher.
Auch verdienen die Zürcher immer weniger mit ihren Privatkunden. Die Bruttomarge befindet sich seit Jahren in einem kontinuierlichen Sinkflug.
Lag sie vor 5 Jahren noch bei 77 Basispunkten – also 0,77 Prozent Einnahmen auf die verwalteten Vermögen –, so waren es im abgelaufenen Halbjahr nur noch 69 Punkte.
Was zu denken geben muss: Verlief der Rückgang von 2011 bis 2015 gemächlich, so hat er sich in den letzten Monaten massiv verschärft. Seit Januar kam es zu einem regelrechten Einbruch von 73 auf 69 Basispunkte.
Vontobel ist somit immer weniger rentabel im Verwalten von Geldern ihrer vermögenden Kundschaft. Sie hat offenbar Kunden, die nicht bereit sind, mehr zu zahlen – oder nicht mehr hergeben.
Damit wird das Vontobel Private Banking zum Aktenzeichen XY ungelöst der ganzen Unternehmung mit ihren 1’500 Mitarbeitern.
Ausgerechnet dort, wo Kapitän und Monsieur Swiss Banking Scheidt ab 2002 glänzen wollte, ist Vontobel ein Zwerg geblieben.
15 Jahre lang Treten an Ort.
Dies ändern könnte nur eine richtig grosse Übernahme. Davon ist aber schon lange keine Rede mehr.
Nach dem Kauf im letzten Jahr der Finter Bank, einem Mikro-Institut, das wenige Hundert Millionen frische Assets zur Vontobel gebracht hatte, spricht bei den Zürchern niemand mehr von einem nächsten Coup im Private Banking.
Nobel überlässt man das Feld der Konkurrenz.
Die EFG schnappte die BSI. Das sieht zwar nach einem Zusammengehen eines Blinden und eines Lahmen aus. Doch gross ist die EFG dadurch allemal geworden.
Oder die Safra Sarasin. Sie hat durch mehrere Käufe an Gewicht zugelegt.
Ganz vorne mischt bei Übernahmen stets die Genfer UBP mit, die auf leisen Sohlen und von der Zürcher Szene weitgehend unbemerkt zu einer grossen Privatbank geworden ist.
Eine Klasse für sich ist die gänzlich aus eigener Kraft wachsende Pictet. Sie schlägt alle.
Bei der Vontobel hat sich unter dem operativen Leiter Zeno Staub der Fokus hingegen längst auf Anderes verschoben.
Staub liegt das Asset Management am Herzen. Private Banking mit seinen geschniegelten Beratern ist für den trockenen Banker, der selbst eine Zeitlang das Asset Management geführt hatte, stets fremd geblieben.
Nur: Ausgerechnet in der Paradedisziplin erlebt Vontobel derzeit schwere Stunden.
Kunden ziehen Milliarden an Vermögen ab. Genau sind es 11,8 Milliarden, welche weg geflossen sind von Januar bis Juni.
Der Abfluss hat einen Namen: Rajiv Jain. Der hochbezahlte Superstar des Vontobel Asset Managements brachte Kunden und Vermögen zur kleinen Schweizer Familienbank.
Und machte alle reich; sich selbst mit bis zu 80 Millionen im Jahr, aber auch seine „Chefs“ in Zürich, die ihm kaum viel zu sagen hatten.
Anfang Jahr, nach einem letzten Grosszahltag und ohne eine einzige Verpflichtung, ging Jain von Bord. Mit ihm nahmen Kunden Reissaus.
Wie in einer vollen Badewanne, der man den Stöpsel gezogen hat, strömten die Vermögen das Rohr runter.
Die Vontobel-Spitze im heimatlichen Zürich macht auf Schadensbegrenzung. Sie spricht von der „Stabilität des bestehenden erfahrenen Teams“ und dass die „bestehenden, robusten Anlageprozesse“ fortgesetzt würden.
Beides würde helfen, das „Vertrauen der Anleger zu wahren und die bei solchen Veränderungen üblichen Abflüsse zu begrenzen“.
Allerdings sind fast 12 Milliarden Abflüsse gigantisch. Vontobel spricht im Zusammenhang mit dem Abgang ihres Stars Jain von einem „automatischen Abzug der Assets bei einem Manager-Wechsel“. Diese seien nun durch.
Aufhorchen lässt ein Nachsatz. „Ebenfalls abgeschlossen sind alle Reviews von Consultants und Kunden, die im gleichen Zusammenhang vorgenommen wurden.“
Die Zentrale nahm das Business von Rajiv Jain unter die Lupe. Wieso erst jetzt, wurde im heutigen Communiqué zum Halbjahresabschluss nicht weiter ausgeführt.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Der CEO-Beitrag mit Zeno Staub auf Finews lässt tief blicken: Wir lassen uns nicht drängen, lautet der Tenor. Selten ein so emotionsloses und uninspirierendes Interview gelesen. Dem Mann fehlt es definitiv an Charisma.
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Das Problem von Vontobel ist weniger das Fehlen der sog. kritischen Grösse im Private Banking als vielmehr die generelle Einstellung des Managements zu den Mitarbeitern, die nur noch als nützliche Idioten zum Zwecke der eigenen Bereicherung gesehen werden. Gleiches gilt leider auch für die Kunden. Das kann auf Dauer nicht gutgehen.
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@Gotthardstrassenbeobachter, vielen Dank für ihren zutreffenden Kommentar. Der schlichtweg für alle Gross- Banken und Versicherungen zutrifft. Die Alternative Bank Schweiz, Mobiliar Versicherung und wenige andere sind die Ausnahmen, die die Regel bestätigen.
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Der Vontobel-VRP soll ein Privatbankier sein? Wohl kaum. Herbert Scheid war zeitlebens ein angestellter Bankmanager mit einem äusserst fragwürdigen Leistungsausweis. Nicht mehr und nicht weniger.
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Ein mittelmässiges Ergebnis einer mittelmässigen Bank, geführt von einem mittelmässigen Management, welches einem wenig kompetenten VRP unterstellt ist.
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Minion….. a) wieso mittelmässig (Bsp. bitte) und b) was ist denn für Sie eine gute oder sogar sehr gute Bank (dann bitte auch mit Bsp.).?
Vielen Dank. -
Ganz einfach, lieber Bärner: ich war über mehrere Jahre Privatkunde von Vontobel, wurde mittelmässig beraten und mit hohen Gebühren belastet. Mein Kundenberater war eine Schlaftablette mit wenig Sachverstand, der sich aber gerne und oft mit mir im Restaurant treffen wollte. Heute fühle ich mich bei einer anderen bekannten Schweizer Privatbank deutlich besser und intensiver beraten. Zudem habe ich das Gefühl, dass das Management meines aktuellen Bankpartners sich zum Private Banking bekennt, während der Vontobel-CEO in meiner, zugegebenermassen unwesentlichen, Wahrnehmung lieber ein Asset Manager angelsächsicher Kultur wäre. Und auf diese Produkteverkäufer-Mentalität habe ich keine Lust. So einfach ist das.
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bei welcher bekannten Schweizer Privatbank sind Sie nun jetzt?
Bei derjenigen, die das Berner Wappentier im Namen trägt?
es ist nicht gerade einfach, eine gute privatbank zu finden…
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Wo gibt es noch profitables Private Banking?
Wir müssen uns daran gewöhnen, daß der Euro bleibt und damit auch die EU, die die Steuern für die Reichen reduziert hat, aber um so schärfer gegen die Steuerhinterziehung vorgeht. Diese EU Reichen bleiben bei Schweizer Banken nur, wenn diese weniger Gebühren verlangen und einen besseren Service bieten als ihre heimischen Banken. Dies ist vor allem bei den Deutschen der Fall, die gegenwärtig nicht genug knauserig sein können.
Die Kundschaft aus den Nicht-OECD Staaten ist abhängig
von den Leistungsbilanz ihrer Herkunftsländer. Viele Rohstoffländer sind gegenwärtig in dieser Situation. Ebenso ist es eine Frage der Rechtssicherheit und wieviel sich die dortige Machtelite sich gönnt und wieviel Sicherheit sie im Ausland sucht.
Für Privatbanken ist es ebenfalls sehr schwer Geschäftskunden aus Asien und Afrika zu gewinnen, wenn sie diesen nicht auch kommerzielle Dienste, wie zum Beispiel Trade Finance anbieten kann. Hier sind die beiden Großbanken einfach stärker.
Wie gewinnt man die Libanesen aus Westafrika, die dort gewiegte Geschäftsleute sind, als Kunden des Private Banking? Ohne kommerzielle Dienstleistungen funktioniert dies nicht. Nicht nur die koloniale Vergangenheit, sondern sich auch darauf einzustellen, hilft zum Beispiel den Niederlassungen der französischen Großbanken in Genf.
Warum kann ein Herr Jain von Vontobel derart in New York Erfolg haben? Können dies die Schweizer nicht, weil sie zu schlecht ausgebildet sind? -
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Wo bleiben die entlassungen?
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Da muss ich Lukas Hässig wohl etwas belehren: die Reviews von Consultants und Kunden ist ein normaler Vorgang im institutionellen Asset Management. Viele Anleger haben gar die reglementarische Pflicht, die Mandate zu reviewen wenn sich substanzielle Dinge ändern (worunter ein Managerwechsel zweifellos zählt). Bei diesen Reviews ging es also nicht darum, ob die Vontobel im ehem. Business von RJ evt Haare in der Suppe findet. Deshalb ist der letzte Absatz rhetorisch vielleicht spannend, aber materiell falsch. Ich würde als Redaktor meine Texte immer einer fachkompetenten Person vorlegen, bevor ich publiziere. Anyway, ansonsten finde ich IP super…
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Der Jain hat offiziell zum Juni abgedankt. Da kommen noch stürmische Zeiten auf die Vontobel. Zusätzlich belastet die Vescore Integration. Da hilft auch kein Harcourt oder Kinderriegel-Axel.
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Es wäre interessant zu erfahren, bei welchen Banken sich die abgezogenen Vermögen heute befinden (auch und gerade wenn es keine schweizer Banken sind).
Es wäre interessant zu erfahren, bei welchen Banken sich die abgezogenen Vermögen heute befinden (auch und gerade wenn es keine…
Der Jain hat offiziell zum Juni abgedankt. Da kommen noch stürmische Zeiten auf die Vontobel. Zusätzlich belastet die Vescore Integration.…
Da muss ich Lukas Hässig wohl etwas belehren: die Reviews von Consultants und Kunden ist ein normaler Vorgang im institutionellen…