Aus meiner Sicht gibt es nur folgenden idealen Ansatz, ein „grösseres“ Wertschriftenvermögen langfristig zu verwalten:
1. Vertrauen Sie 25% einem unabhängigen Vermögensverwalter, Guru oder Spezialist an, der in keinster Weise irgendwelche Kickbacks von irgendwelchen Produkteverkäufern oder Depotbanken bekommt und einen sehr aktiven Anlagestil pflegt.
2. Machen Sie dasselbe mit weiteren 25% des Vermögens, aber an einen anderen Vermögensverwalter. Lassen Sie diesem absolut freie Hand.
3. Folgen Sie dem Rat von Warren Buffet an seine Nachkommen und legen Sie die restlichen 50% in den grössten Aktien-ETFs dieser Welt (beispielsweise „SPY“) an. Keine Rotationen, kein Robo-Advice, kein Smart-Beta.
Vermutlich haben Sie folgende Fragen oder Einwände:
1. ETF ist doch nicht aktives Management?
Doch. Ein ETF stellt per Regelwerk sicher, dass Sie immer die grössten aktiven Firmen im Portfolio haben. Da ständig Titel gekauft und abgestossen werden, haben Sie immer ein dem „Zeitgeist“ entsprechendes Portfolio.
2. Statt ETFs kann ich mir doch selbst meine Lieblingsaktien aussuchen?
Stimmt unter der Voraussetzung, dass sie selbst nach sehr strikten Regeln diese sehr aktiv bewirtschaften (zum Beispiel nach 20% vom Höchst verkaufen, nur die mit dem geringsten P/E kaufen).
Wie das wunderbare Standardwerk „What works on Wall Street“ von James O’Shaughnessy zeigt, funktionieren praktisch alle Ansätze, sofern systematisch auf längere Zeit angewendet und die Wahl ausschliesslich nach quantitativen Kriterien geschieht.
Sie werden aber schnell realisieren, dass sich der Aufwand nicht lohnt. Zudem werden die Zahlen in den Geschäftsberichten immer stärker geschönt, sodass ein P/E-Ratio bei einer Bank nicht viel aussagt.
3. Warum nicht Buy-and-Hold, ich bin ja langfristig orientiert?
Buy-and-Hold mit Einzelaktien funktioniert nicht. Punkt. Hätte man wahllos über ein Jahrhundert Aktien ausgesucht und diese bis zu deren Dekotierung behalten, hätten 58% der Aktien nicht einmal die Performance von T-Bills erreicht.
Für die Hälfte der Wertvermehrung des gesamten US-Marktes im ganzen Jahrhundert sind gerade 86 Firmen verantwortlich, davon die Top-5 (Exxon, Apple, GE, Microsoft und IBM) für 10%.
In der Schweiz ist es vermutlich noch krasser.
Siehe auch Lesson of the Century: Most U.S. Stocks Can’t Even Beat a T-Bill (relativ schwache Zusammenfassung).
4. Warum 2* Mal 25% einem „Guru“ anvertrauen?
Weil jeder „gute“ aktive Manager über längere Zeit den Index schlägt. 2016 war ein sehr schwieriges Jahr für aktive Manager.
Und dennoch: Die Durchschnittsperformance von 72 von mir befragten „Prop-Traders“ lag bei 7.3%. (Alle handeln nur oder zu einem wesentlichen Teil mit dem eigenen Vermögen). 58% erzielten mehr als 5% Rendite.
Und zur Diversifizierung: Ihr Pensionskassengeld, Ihre AHV, die Nationalbank, sie alle investieren im Wesentlichen indexiert und „Long only“, während jeder „Guru“ nach einer gewissen Zeit seinen nicht einfach kopierbaren Ansatz gefunden hat.
5. Wie finde ich einen vertrauenswerten „Guru“?
Das ist der schwierigste und für kleine Anleger fast unmögliche Teil.
Leider gibt es sehr wenig wirklich gute Manager, und in den heutigen sehr effizienten Märkten braucht es viel technisches und fachliches Know-How.
Die jüngere Generation besteht meist aus „Aussteigern“ aus den Handelsabteilungen von Investmentbanken, Hedgefunds oder High-Frequency-Boutiquen.
(Extrakt für Inside-Paradeplatz-Leser; Originalartikel mit Kommentar „Longterm-Investor“ und weitere Investmentsdetails, siehe Longterm-Investor.)
Ich halte es da mit dem Rat von Dr. Klöti : „Kaufen Sie nur Aktien, welche nach dem Kauf steigen. Wenn Sie Aktien kaufen, die nach dem Kauf fallen, riskieren Sie erstens Verluste und zweitens, dass
Sie ausgelacht werden“
Das ist – auch wenn es sich scheinbar platt anhört – noch nicht einmal so unklug:
Krisen sind mittelfristig gesehen stets ein guter Zeitpunkt, längerfristig in Beteiligungen von Unternehmen zu investieren, deren Gewinne und entsprechend Aktienkurse sich zukünftig erholen und weiter wachsen werden.
Ungefähr unten ist im Grunde viel sicherer und mittelfristig renditeträchtiger als ungefähr oben.
Nur sind das Entwicklungen von mehreren Jahren. Viele haben keinen Überblick und auch keine Geduld. Die Finanzindustrie erteilt eh nicht solche Ratschläge, da während des renditearmen Zuwartens auf eine gute Gelegenheit nur wenig an diesem Kunden zu verdienen ist. Manche gelangen auch erst im fortgeschrittenen Lebensalter zu dieser Erkenntnis, so daß ihnen vielleicht nur noch wenige Zyklen in Zukunft verbleiben. Mit internationalem Überblick ergeben sich auch viel mehr Chancen als bei einer alleinigen Konzentration auf die Aktienmärkte der westlichen Welt.
International ergeben sich fast jährlich gute Chancen in einzelnen, nach langjährigen Maßstäben unterbewerteten Märkten: 2013 Japan, 2014 China, 2015 Rußland, 2016 Brasilien, Goldminen-, Stahl- und Rohstoffwerte.
Die Richtung und Steigerungsrate der Wertpapierkredite an der New Yorker Börse (NYSE Margin Debt) haben sich bisher als Indikator für die weitere Entwicklung des Börsengeschehens der westlichen Welt bewährt.
Profitable Wachstumswerte kann man auch über Krisen hinweg halten, da sie im Rahmen des zukünftigen Wachstums das während der Krise Verlorene überkompensieren (siehe z. B. Google, Amazon und Apple 2009). Rendieträchtiger ist natürlich, die Krise auszulassen…