Bei der Raiffeisen steht intern derzeit nicht Chef Patrik Gisel im Rampenlicht. Sondern sein oberster Informatiker.
Rolf Olmesdahl heisst dieser, und der muss zeigen, dass er der richtige Mann für das grösste IT-Projekt von Swiss Banking der letzten Jahre ist.
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„Rainbow“ lautet der Name des Projekts, mit dem sich die Raiffeisen als dritte Kraft im Lande eine komplett neue Informatik verschaffen will. In gut 2 Monaten soll der Hebel umgelegt werden.
Dann sollen die ersten paar Dutzend einzelnen Raiffeisenbanken, die alle ihr Eigenleben haben und mittels Genossenschaftsstruktur mit der grossen Raiffeisen-Zentrale in St. Gallen verbunden sind, Rainbow erstmals nutzen.
Laut einem Insider ist nicht sicher, dass Olmesdahl und seine Rainbow-Leute den Zeitplan einhalten können. Es gebe im Moment eine hohe Zahl von Fehler- und sonstigen Meldungen.
„1’300 Blocker, Critical und Major Defects“ soll es bei Rainbow derzeit noch geben. Nun würden sich die Zuständigen die Schuld gegenseitig zuschieben.
Auf der einen Seite steht Raiffeisen-Mann Olmesdahl, der versprochen hat, Rainbow per Ende 2017 vom Stapel zu lassen. Auf der anderen Seite ist die Informatik-Firma Avaloq, welche Rainbow quasi schlüsselfertig abliefern soll.
Wer ist zuständig für die vielen Problemmeldungen und Zwischenfälle nur wenige Wochen vor dem Startschuss? Die Avaloq-Spezialisten sehen die Verantwortung bei den Raiffeisen-Managern. Jene wiederum zeigen auf die Software-Firma.
Eine Raiffeisen-Sprecherin will nichts von einer akuten Krise wissen. Es gebe keine Schuldzuweisungen zwischen Avaloq und Raiffeisen, die Zusammenarbeit habe sich in letzter Zeit „sehr positiv entwickelt“.
Und: Rainbow laufe nach Plan. „Die Fehlerquote betrifft nicht nur einzelne Module, sondern das ganze Rainbow System mit allen Subsystemen.
„In einem so grossen Programm wie RAINBOW – mit 255 Raiffeisenbanken, die auf ein neues System migriert werden – ist eine Fehlerquote in der genannten Grössenordnung nicht erschreckend.
„Wir arbeiten jedoch mit Hochdruck daran, diese Fehler zu bereinigen und halten nach wie vor am Einführungstermin 1. Januar 2018 fest.“
Für das ganze Rainbow hat Olmesdahl 500 Millionen Franken budgetiert. Es handelt sich um eine Grössenordnung für ein IT-Projekt, wie es sonst nur die beiden Grossbanken kennen.
Dort gehen komplett neue Systeme allerdings in noch ganz andere Betrags-Dimensionen. Als die UBS vor einem Jahrzehnt ihr altes Unisys-System durch ein neues von IBM ablöste, wurden aus den geplanten 1’000 Millionen geschätzte 4’000 Millionen.
Die CS hat sich bisher nicht an eine vollständig neue Plattform herangewagt. Sie gibt aber jedes Jahr Hunderte von Millionen Franken für den Unterhalt der alten Systeme aus.
IT ist zum kritischen Faktor für alle Banken geworden. Für die grossen ganz besonders. Die Raiffeisen wollte entsprechend ihr altes System namens „Dialba“ schon in der Vergangenheit ablösen.
Doch jedes Mal, wenn sie einen Anlauf unternahm, war sie gescheitert. Beim letzten Versuch, den die Genossenschafter mit IBM unternommen hatten, endete das Vorhaben mit Klagen und Entschädigungen.
Aus dem Schaden wollte Raiffeisen-Chef Gisel klug werden. Er holte seine alten Vertrauten aus früherer UBS-Zeit zur Raiffeisen. Angeführt von Olmesdahl, der bei der UBS einen guten Ruf hatte, sollten sie die Raiffeisen endlich in die Informatik-Neuzeit führen.
Laut der Quelle könnte das Vorhaben am Ende noch weit mehr als die kalkulierten 500 Millionen kosten. Wenn die Fehler nicht rasch behoben würden und die Einführung sich um ein Jahr verzögerte, dann müssten mit 100 Millionen oder mehr Zusatzkosten gerechnet werden.
Die Raiffeisen-Sprecherin gibt sich bei diesem Punkt gelassen.
„Betreffend der genannten Budgetsituation können wir bestätigen, dass wir bei pünktlicher Migration unser Budget unterschreiten werden. In anderen Worten: Unser Budget enthält sogar noch Reserven.“
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ich konnte mich da mal für das Projekt vostellen, trotz 9 Jahre UBS (IT Software und Services) Erfahrung sowie einem BWL Studium, war ich scheibar ungenügend einen Job (nichtmal leitend) zu bekommen. Dabei wirkten im Gespräch alle arogant und waren pausenlos auf konfrontation. Die Manager da in Dietikon sind echt für nix! Wundere mich nicht wenns nochmal bach ab geht.
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https://www.finews.ch/news/banken/29342-avaloq-tessin-jobabbau-bsi-generali-efg
Also doch. Das ist jetzt ungefähr die 4. Kündigungswelle bei Avaloq in 6 Jahren. „Survival of the fittest…“
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Super, Avaloq arbeitet jetzt mit einer Bank auf den British Virgin Islands (BVI) zusammen ! Offshore-Banking vom Feinsten…
https://www.finews.ch/news/banken/29319-avaloq-fintech-asien-bank-of-asia-carson-wen-fernandez
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1300 Defects durch geschätzte 100 Entwickler gleich 13 Defects pro Entwickler in 2 Monaten. Müsste doch machbar sein.
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2 Arbeiter in 30 Tagen bauen ein Haus. Sie nehmen dann 20 Arbeiter dann ist das Haus in 3 Tagen gebaut. Supi. Leute die so rechnen wie sie lagern dann nach Indien aus.
Jeder gelöste Defekt muss wieder getestet werden und kann unter Umständen neue Defekts generieren. Systeme arbeiten mit Umsystemen zusammen – teilweise haben diese die Fehler (bsp. Felder/Inhalte von Datenlieferungen) und müssen auch von anderen Teams behoben werden… und so weiter und so fort.
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Also so schlecht ist das nicht, zB im Quervergleich mit PF oder anderen Einführungsprojekten. Ein Teil der – meist streambezogenen OCs – ist von business usern taktisch hoch priorisiert, ein Teil irrelevant fürs going life. Da aber kaum streamübergreifend end-to-end getestet werden kann, liegen dort die wahren Probleme bei diesem Monsterprojekt. Und so bleibt ungewiss ob auch jeder Börsenauftrag schön brav mit einer Message wird.
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Bingo!
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Wow! 4’000’000’000 CHF um ur-alt Unisys COBOL auf ur-alt IBM COBOL zu migrieren! Eine von zwei Dinosauriern veranstaltete Geldverschwendungs-Orgie
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Noch was:
Wer ist denn auf die gloriose Idee gekommen, die System-Umstellung auf ein Jahresende zu legen? Also die Zeit, wo viele Business wie IT Leute auf den Jahresabschluss – wohl noch mit dem *alten* System – denn die alten Daten werden wohl kaum schon alle (fehlerfrei) migriert sein – fokussiert sind?
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Hiobs schreibt:
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Auch kann man getrost vermuten, dass es im Projekt etwa gleich viele oder sogar mehr Teilprojektleiter, Administratoren, Qualitätsmanager und weitere Personen ohne konkrete Arbeitsergebnisse gibt als Informatiker die Software entwickeln.So läuft es nämlich immer. Nicht nur bei Raiffeisen.
—Tut mir leid, aber ich muss hier dezidiert widersprechen:
So läuft es keineswegs immer.Sondern:
So läuft es *in der Finanzindustrie* *fast* immer.Und mittlerweile sind leider auch viele der Software Entwickler in der Finanzindustrie nicht mehr erste Sahne. Nicht zuletzt deshalb, weil sich die jüngeren guten Entwickler sich überdimensionierte Projektbegleiter weder antun wollen noch müssen.
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@ Marti: Wir sind hier auf Inside Paradeplatz, somit beziehen sich alle Kommentare per Definition auf die Finanzindustrie. Daher frage ich mich, wie Sie auf die Idee kommen, sich Vergleiche mit der normalen Welt anzumassen?
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Auf diesem Projekt arbeiten so viele ausgemusterte Consultant welche in Zürich schon lange keinen Job mehr kriegen. Wundert mich gar nicht dass das Projekt scheitert.
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Wie immer die Manager entscheiden und dabei tun sie so als sie was davon verstehen würden. Tatsache ist sie haben keine Ahnung!
Entsprechend sind die Projekte meistens Misserfolge.
Wie auch immer, die da oben verdienen trotzdem zu viel Geld für die erbrachte Leistung. Wenn man hier von Leistung sprechen kann.Unser Wirtschaftssystem zeigt das wir einfach zu viele Theoretiker und Uni fuzzis haben. Die haben selbst noch nie oder nur sehr wenig geleistet. Eine Diplomarbeit nach der anderen sagt noch lange nicht aus ob ein Individuum wirklich was taugt. Zumindest kann dieser aber viel schreiben und auch das ist ja eine Leistung. TOP MANAGERLIS
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Oh Fridolin. Noch ein generischer Akademiker-Hasser, wie offensichtlich so viele in diesem Forum …
Zwar haben viele der „Top Managerlis“ (Ihre Worte) tatsächlich keine allzugrosse Ahnung von Informatik.
Nur sind dies sowohl Nicht-Akademiker wie Akademiker. Wobei letztere typischerweise mit HSG Abschlüssen „glänzen“. Oder mit Jus-Abschlüssen von irgendeiner Uni.
Kleine Frage: Was glauben Sie, wer hat Ihnen Window-basierte User Interfaces, das Internet, Google, facebook etc. ermöglicht?
Weder Nicht-Akademiker noch HSG Absolventen …
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Die Erfahrung zeigt, dass bei jedem Migrationsprojekt eine grosse Menge von Defects diagnostiziert werden – insbesondere auch solche, welche als kritisch resp. „migrationsverhindernd“ eingestuft werden. Das zeugt von einem guten Projekt-Monitoring! Diese Defects können in der Testphase in der Regel relativ rasch behoben werden. Erstaunlicherweise geht das gegen Testende deutlich rascher als bisher – wahrscheinlich, weil mehr Ressourcen eingesetzt werden. Es ist wahrscheinlich noch zu früh, das Projekt bereits heute als gefährdet oder gescheitert zu bezeichnen oder gar Panik ausbrechen zu lassen.
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Genau. Ich würde mir auch Sorgen machen, wenn keine Fehler gefunden würden. Falls die Anzahl stimmt, sind es aber schon noch ein bisschen viele zwei Monate vor Go-Live.
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500 Millionen Plus (in Worten FünfhundertMillionen) für Avaloqen?
Eine sehr grosse Nummer (selbst) für die 3.grösste Kraft im Lande.
Falls hier die Zuständigkeiten und Schadens-Verursacher später, oder eher früher, sich vor dem Kadi wiedersehen sollten, wäre ich nicht sicher, ob die Versicherungs-Policen f.d. Fall wasserdicht sind.
Viel Glück beim Durchatmen ist angesagt.
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Mal ehrlich.
Weil Vincenz die Vontobel übernehmen wollte und Staub sich (erfolgreich) dagegen gewehrt hat, hat Vincenz ihm nicht nur die ‚Freundschaft‘, sondern auch die Kooperation gekündigt. Gleichzeitig hat er rumposaunt innerhalb kürzester Zeit eine eigene Avaloq Installation auf die Beine zu stellen. Ein ziemlich ambitioniertes Vorhaben in so kurzer Zeit. Aber was sollte der kleine Trotzkopf denn auch anderes machen. Ausser vielleicht einen anderen Kooperationspartner suchen.
Dass die Vorstellungen von Vincenz vollkommen überzogen waren, war wohl so ziemlich jedem klar. Ihm vermutlich auch. Aber das ist ja gleichgültig. Er ist nicht mehr da. Verspätungen sind also nicht seine Schuld. Und in seiner Hemisphäre macht man ja auch keine Fehler. Fehler machen nur die anderen. Die, die nicht hart genug knüppeln.
Und knüppeln dürfen so einige. Die Armen, die sich haben überreden lassen, zur Arizon zu wechseln. Und die, die bei Avaloq, Raiffeisen, Vontobel geblieben sind.
Aber so hart sie auch knüppeln, das Ergebnis wird dasselbe sein. Am Luftschloss von Vincenz wird man noch einige Zeit bauen dürfen.
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Genau so war es. Ein Golfplatz-Deal zwischen den Amigos Pierin Vincenz und Francisco Fernandez wurde zum grössten IT-Projekt der Schweiz.
Man wird sehen, wie viel davon am 1.1.18 wirklich in Produktion geht. Ein Scheitern des Projektes würde die Firma Avaloq nicht überleben. Die Spannung steigt…
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Um für die Raiffeisen-Crew eine Lanze zu brechen:
Jedes Software-Projekt hat „Defects“. Angesichts der Dimension und Tragweite dieses Projekts liegt die Anzahl – aus weiter Ferne beurteilt – vermutlich im Rahmen des üblichen.
Kommt dazu, dass es Defects und Defects gibt.
Sind es falsch oder mangelhaft umgesetzte funktionale und nicht-funktionale Anforderungen?
Werden die hintersten und letzten Bagatellen auch gezählt?
Sind die Defects „mission-critical“ oder lediglich „nice-to-have Features“?
Im Rahmen eines „agilen Startups“ mache ich als bestandener Senior die Erfahrung, dass man sich ein neues Fehlerverständnis aneignen muss, ansonsten hat man moderne Softwareentwicklung noch nicht wirklich begriffen.
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Ich wünsche den armen Säcken von Avaloq und Raiffeisen schon jetzt schöne Feiertage!
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Ihr Zynismus ist nicht zu überbieten, eigentlich erbärmlich.
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Hofstetter for President… of all equal imbeciles around.
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Es kommt auch auf die Zählweise.
Nur ist es schon nicht so toll, wenn 2 Monate vor den Weihnachtsferien noch viele Baustellen offen sind. Jedes Problem könnte ein Hinweis auf ein verstecktes woanders sein.
Trotzdem: den IT-Kollegen viel Glück!
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Man darf ohne jeden Einblick davon ausgehen dass 90% der Fehler mit den Informatikern nichts zu tun haben. Viel wahrscheinlicher ist, dass die Manager entgegen den gut fundierten Ratschlägen der Informatiker jegliche Warnungen in den Wind geschlagen, Pufferzeiten reduziert und Budgets gekürzt, Risikomassnahmen unterdrückt und die direkte Kommunikation zwischen Teams unterbunden haben. Auch kann man getrost vermuten, dass es im Projekt etwa gleich viele oder sogar mehr Teilprojektleiter, Administratoren, Qualitätsmanager und weitere Personen ohne konkrete Arbeitsergebnisse gibt als Informatiker die Software entwickeln.
So läuft es nämlich immer. Nicht nur bei Raiffeisen.
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@Hiobs
Da haben Sie mehr als Recht!
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Genau so war es. Ein Golfplatz-Deal zwischen den Amigos Pierin Vincenz und Francisco Fernandez wurde zum grössten IT-Projekt der Schweiz.…
Ich wünsche den armen Säcken von Avaloq und Raiffeisen schon jetzt schöne Feiertage!
Man darf ohne jeden Einblick davon ausgehen dass 90% der Fehler mit den Informatikern nichts zu tun haben. Viel wahrscheinlicher…