Ebenso wenig wie die UBS-Aktie in Schwung gekommen ist, sind die vom Chief Investment Officer Mark Haefele entdeckten „Goldenen Zwanziger“ für Schweizer Anleger Wirklichkeit geworden.
Haefele beruft sich auf die globalen Aktienmärkte, die in diesem Jahr 50% zugelegt haben, das nominale BIP mit einem Wachstum von über 30% und die Gewinne der US-Unternehmen mit einer Zunahme von über 70%.
Das interessiert die meisten Schweizer so wenig wie das Wachstum auf dem Mond. Es ist illusionär.
Wie es bei der vorläufig letzten Grossbank der Schweiz zu erwarten ist, werden dem Schweizer Anleger, der meist in Franken denkt, Zahlen vorgestellt, die nur für Pensionskassen und Grossinvestoren wichtig sind.
Für die 140 Milliardäre und über 3’000 Millionäre in der Schweiz, die es sich leisten wollen, über den Tellerrand der Schweiz hinauszublicken, mag dies wichtig sein.
Wohl weniger für die reichen Alten, die 5 bis 15 Millionen Franken an Cash verwalten. Noch weniger für die Jüngeren, die einige hunderttausend Franken auf dem Konto haben, und am wenigsten für die Kinder- und Jugendsparer, die mit 10’000 Franken auf dem Konto einen Start in die Zukunft wagen.
Der UBS-Konzern ist zum Grosswildjäger geworden, was die Kunden angeht. Das Kleintier wird aussortiert.
Mark Haefele warnt: „Die Unberechenbarkeit dieses Jahrzehnts erinnert daran, wie wichtig es ist, bescheiden zu bleiben.“
Angesichts eines Elon Musks, der in wenigen Jahrzehnten zum reichsten Mann der Welt wurde, oder eines Sergio Ermotti, der unter 14 Millionen Franken Jahressalär keine Dienstreise antritt, ist die Empfehlung zur Bescheidenheit eine blanke Provokation.
Mark Haefele, dessen Bank das Gold oft verteufelt hat, weil es keine Zinsen erbringt, erwartet gerade dort bis Ende des kommenden Jahres noch weitaus höhere Erträge.
Ob dies für den kleineren Sparer viel bringt, der nur 5 bis 10% seines kleinen Vermögens in Gold anlegen soll, darf bezweifelt werden.
Was empfiehlt die UBS den über 80jährigen, jenen, die reicher sind als ihr Nachwuchs? Die aber nur eine Perspektive von wenigen Jahren haben?
Nichts!
Ich denke, wir haben ein wunderbares Jahr hinter uns. Wer in Schweizer Franken investierte, konnte leicht 15 bis 20% Gewinn vor Steuern machen.
Das rechtfertigt UBS-Haefeles Wort von den „Goldenen Zwanzigern“.
Anderseits sind wir Schweizer Investoren Opfer des „schrecklichen Trios“ Roche, Nestlé und Kühne+Nagel. Novartis war so übel nicht.
Die Roche Minoritäts-Aktionäre Hoffmann-Oeri und Familien haben in den letzten zehn Jahren unglaublich viele personelle Fehlentscheide getroffen und Milliarden Franken in den Sand gesetzt.
Jetzt scheint der Basler Pharma-Konzern die Kurve zu kriegen, aber sicher ist gar nichts.
Nestlé ist eine weitere Schweizer Katastrophe. Der hoch bezahlte Verwaltungsrat unter Paul Bulcke hat mit und seit Peter Brabeck-Letmathe dort nur personelle Fehlentscheide getroffen.
Die einstige Schweizer Ideal- und Enkel-Aktie ist zu einer Ruine verkommen, wo die Hoffnung kaum mehr eine Hoffnung ist. Die Credit Suisse lässt grüssen.
Kühne+Nagel International (KNI) ist ein noch schlimmerer Fall. Dort regiert der 87jährige Klaus-Michael Kühne, der sich mehr in Zürich aufhält als an seinem Hauptsitz in Schindellegi. Hat er noch die Kontrolle über seinen Konzern, den er einst glänzend aufbaute?
Die KNI-Aktie sagt jedenfalls: „Von uns ist nichts zu erwarten.“ Sie kümmert knapp über den 200 Franken-Marke dahin. Jeden Börsentag muss man den Absturz noch tiefer erwarten.
Während Kühne+Nagel, zwei Jahrzehnte Weltmarktführer in der Logistik, die Spitze der Branche darstellte, hat nun die dänische DSV-Gruppe mit der Übernahme von Schenker den Schweizer Konzern überholt.
Kühne hätte sich das 15 Milliarden-Schnäppchen auch leisten können, aber er traute seinem Management die Integration von Schenker nicht zu. Er kaufte in ganz Europa Kleinfirmen, staubte von Schenker einige Kunden ab, und wurde zur neuen Nr. 2.
Als grösster Einzelaktionär der Deutschen Lufthansa jammert er über die Sitze in der Swiss. Dort hat er die Expansion so wenig unter Kontrolle wie bei Hapag-Lloyd, wo die Zahlen auch nicht mehr stimmen.
Dieses „Trio Infernal“ zieht die Zürcher Börse nach unten. Waren früher die Banken die Impulsgeber zu neuen Erfolgen und Wachstum, vermisst man heute derlei vom UBS-Konzern, der grössten industriellen Baustelle der Schweiz.
Sind das die „Goldenen Zwanziger“, die uns Mark Haefele verspricht?
Für Tausende von Mitarbeitern sind dies katastrophale Jahre. Nicht nur für jene, die entlassen werden, sondern auch für alle, die vor Weihnachten Angst haben müssen, auf einer Abschussliste zu stehen.
Ganz wie Hunderte von Mietern in Zürich und Tausende in der Schweiz, denen nun die Kündigungen der Mietverhältnisse auf den Tisch flattern – durch private Spekulanten oder Grossinvestoren, die eher noch höflicher sind.
Wo sollen die Familien wohnen? Wo die Kinder zur Schule gehen und neue Freunde finden?
Der private Kapitalismus, die Spekulation im Immobilienbereich, zerstört viel. Der Ruf der Architekten und Baubranche nach dem 5. Stockwerk, damit mehr Platz wird im Land, ruiniert soziale Zusammenhänge.
Meine Jahresbilanz: Gemessen an den noch schlimmeren Zuständen in den meisten EU-Staaten ist die Schweiz noch recht stabil geblieben. Wir müssen lernen, uns anzupassen, aber wirklich leiden tun nur wenige.
Wer mit den USA geschäftet, kann Geld verdienen, aber die Folgen einer Trump-Wende sind unabsehbar. Er, der Enkel eines Deutschen, mag Europa und die Schweiz nicht. Lieber zitiert er seine irische Grossmutter.
Die ganze Euro-Zone ist ein sozial instabiler Wackelpudding. Der Bundesrat hat deshalb soeben zugestimmt, sich diesem EU-Pudding weiter zu nähern und zu dessen Stabilisierung jährlich 350 Millionen Franken, eine Million am Tag, beizutragen.
Mein Gott, warum arbeiten wir mit Verlierern und nicht mit Gewinnern?
Schon liegen erste Ideen für eine Wirtschafts-NATO auf dem Tisch. Die westlichen Demokratien, von denen wir ein Teil sind, sollen ein Technologieschild gegen die Autokratien bilden.
Sind die Ungarn, die Polen, die Russen und die Chinesen wirklich unsere Feinde? Oder Netanjahu?
Träume sind Schäume.
Ich hoffe, die Schweiz bleibt realistisch. Geld auszugeben, wie es derzeit vom Schweizer Volk, vom Parlament und vom Bundesrat perspektivisch verlangt wird, ist keine Kunst.
Wir sollten die Füsse auf dem Boden behalten, das ist mein Wunsch zum Neuen Jahr.
Kommentare