Zahnlose Finanzmarktaufsicht? Nicht bei der Zürcher Kantonalbank. Dort greift die Finma direkt in die Wahl der obersten Behörde ein.
Soeben hat Bern vom neuen Vetorecht Gebrauch gemacht und einen bekannten Kandidaten der Volkspartei (SVP) für den Bankrat – bei einer AG wäre das der VR – der ZKB abgelehnt.
Hans Frei, ein Bauer und Schlachtross der Zürcher Kantonspolitik, ist den Aufsehern in Bern nicht genehm. Frei fiel beim Vorab-Test durch, den die Berner Behörde zum ersten Mal durchführt.
Hans Frei wollte gestern Abend sein Scheitern nicht kommentieren. Die Zürcher SVP-Fraktion habe soeben ihre Mitglieder über das Wahlverfahren informiert. „Ich bin nicht Kandidat“, sagte Frei.
SVP-Fraktionspräsident Jürg Trachsel liess Anrufe unbeantwortet.
Frei, 60, der seit 18 Jahren für die Volkspartei im Zürcher Kantonsparlament sitzt und bei den jüngsten ZKB-Geschäften im Zentrum stand, hätte einen anderen Bauern im Bankrat ablösen sollen.
Alfred Binder, Vizepräsident des Zürcher Bauernverbands, tritt im September aus dem ZKB-Spitzengremium zurück. Binder ist derzeit Ersatzmann bei einer Vakanz fürs 3-köpfige Präsidium.
Binder meinte, dass es falsch sei, wenn gestandene Zürcher Politiker im Bankrat der Kantonalbank keinen Platz mehr hätten.
„Die ZKB ist im Vergleich zu anderen Banken nicht so schlecht durch die Krise gekommen“, begründet Binder. „Alles haben wir nicht falsch gemacht.“
Mit Blick auf das Scheitern des Bankrats mit der Forderung nach Partizipationsscheinen (PS) und einer 2-Milliarden-Kapitalerhöhung im Kantonsrat diesen Frühling meinte Binder, es brauche unbedingt politisches Knowhow an der Spitze.
„Einige haben mehr Bankwissen, andere sind in der Politik gross geworden. Das würde ich nicht gegeneinander ausspielen“, meinte Binder.
Die Gründe für das Nein der Finma zu Hans Frei sind nicht bekannt. Ein Finma-Sprecher wollte gestern keine Stellung zum Abschuss des Politikers nehmen. Dieser ist in seiner Zürcher SVP bekannt und respektiert.
Auf eine Anfrage von letzter Woche meinte die Finma zur Wahl bei der ZKB oder anderen Banken: „Für die FINMA ist zentral, dass der Verwaltungsrat/Bankrat als Gesamtorgan seine Rolle als oberste Führungs- und Kontrollinstanz innerhalb der Bank ausfüllen kann.“
Weiter meinte die Behörde: „Insgesamt ist aus Aufsichtsperspektive wichtig, dass das Oberleitungsorgan gesamthaft breit genug aufgestellt ist, so dass Bank- und Finanzexpertise in genügendem Mass vertreten sind. Die FINMA begrüsst daher, wenn die Verwaltungsräte primär nach fachlichen Kriterien ernannt werden.“
Die Ausführungen sind ein Indiz dafür, dass SVP-Kandidat Hans Frei den Aufsehern in Bern zu wenig Bankwissen mitbrachte.
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Frei führt im Zürcher Hinterland einen Bauernbetrieb. Er war der Wortführer seiner SVP beim grossen Nein des Kantonsrats zu PS, massiver Kapitalerhöhung und Lohnerhöhung für die ZKB-Bankräte.
Frei war auch entscheidend bei der letzten Wahl eines SVP-Manns in den Bankrat der ZKB. Er sass in der zuständigen SVP-Findungskommission.
Damals erlitt die SVP Schiffbruch. Im Sommer vor 3 Jahren wurde ihr Hauptkandidat, der Aviatiker und Selfmade-Man Bruno Dobler, bezüglich seiner Kompetenz kritisiert.
Dobler schaffte trotz der öffentlichen Kontroverse die Wahl im Kantonsrat. Als dann aber der Bankrat über das Präsidium abstimmte, machte Dobler Zweiter gegen Jörg Müller-Ganz.
Damit musste die SVP nach vielen Jahren die Leitung des Bankrats den Freisinnigen überlassen. Dies kam einer Blamage gleich. Als einzige in die Macht involvierte Partei will die FDP die ZKB privatisieren.
Ein zweiter Kandidat der SVP als Mitglied für die oberste Behörde musste aus dem Rennen genommen werden. Georg Fallegger verzichtete, nachdem der Tages-Anzeiger seine Rolle rund um ein illiquides Unternehmen aufgedeckt hatte.
Die ZKB steht vor grossen Problemen. Umso wichtiger ist die Zusammensetzung der obersten Führung.
Der Bank droht im US-Steuerkonflikt eine Busse zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Franken. Am Ende könnte ein ganzer Jahresgewinn der Bank verloren gehen.
Die Rechnung müssten die Steuerzahler begleichen. Ihnen könnte eine Zeitlang die gewohnte Gewinnausschüttung entgehen.
Die operative ZKB-Führung geriet auch im Private Banking auf Abwege. Der Ausflug ins Geschäft mit den Superreichen hat sich als Flop entpuppt. Trotzdem stärkt die Bank den Chef des Private Bankings.
Auch in der Finanzkrise kam die ZKB unter die Räder, ohne dass dies grosse Wellen geschlagen hätte. Rund um Island-Investments verspielte die ZKB gegen 80 Millionen.
Verantwortlich für die Krise ist die Geschäftsleitung unter CEO Martin Scholl. Der hat entscheidende Macht in der ZKB.
Kontrolliert wird Scholl durch den Bankrat. Dieser lässt ihren operativen Steuermann bisher ungestört agieren.
Je nachdem, wer in den Bankrat nachrückt, erhält Scholl ein stärkeres oder schwächeres Gegengewicht.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Bankfachliches Know-how sollte sowohl für linke wie auch rechte Bankräte voraussetzung für eine Wahl sein. Somit hat die FINMA durchaus richtig entschieden. Es ist zu hoffen, dass sie Ihrer Linie auch künftig treu bleibt!
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Ich vermute mal, dass es sich Hr. Frei verbitten würde, wenn ein Banker seine Kartoffel-Ernte beaufsichtigen und strategisch kontrollieren würde.
Grauslig ist doch an der Geschichte, dass man es überhaupt mit so einem Kandidaten versucht hat…-
H. Frei ist vielleicht ein Götti von Scholl’s Kinder. Das wird ihn nun mächtig ärgern!
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Wenn ein Bankrat oder ein Stiftungsrat durch nicht-Fachleute dominiert wird, hat der CEO immer mehr oder weniger freie Hand; d.h. er kann tun und lassen wie es ihm beliebt. Frei nach dem Motto: „Er ist der Fachmann und macht das schon gut.“ – Das sog. strategische Controlling aus dem Rat weicht dann leicht einer Abnickungsmentalität. Die Netzwerke entpuppen sich dort bei näherem Zusehen als persönliche „Solidaritätsgemeinschaft“; d.h. keiner will dem andern „an den Karren fahren“ – sei es aus Höflichkeit oder auch aus pekuniären und/oder weiteren Motiven. Nach politischen Kriterien zusammengesetzte Milizgremien mögen in der Volksvertretung ihre Berechtigung haben; in Fachvertretungen aber sind sie nicht nur ein potentielles Reputations-Risiko, sondern zugleich ein potentielles Verlustrisiko.
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genau die Aufgabe des VR ist den Ueberblick zu haben und eventuell Korrekturen anzubringen.Die ganzen Nicht- Fachleute lassen doch die GL machen was sie wollen und erzeugen untereinander ein Wohlfühl Stimmung, da mit jeder sein warmes Plätzchen behält.
Siehe CS
der Wirtschftsanwalt mit Erfahrung im Filmgeschäft wusste einfach nicht wann Dougan mit seiner Hinhaltetaktik den Bogen überspannt und bei den Amis die Schmerzgrenze erreicht ist. Dann sind diese ausgerastet und haben eine horrende Busse ausgesprochen. Er hat die Gefahren am Horizont nicht erkannt.
„Wir nehmen unsere Verantwortung insofern war, als dass wir weiterhin die Führung behalten“
so oder so ähnlich war sein Kommentar als das Malheur passiert war und Rücktrittsforderungen laut wurden.
das will heissen:
„ganz egal wie dämlich wir uns angestellt haben und wie falsch wir gepokert haben, wir lassen uns von den Fleischtöpfen und Futtertrögen nicht vertreiben.“
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Dass nicht einfach jeder Politiker seine Pension bei der ZKB abholen kann, ist nur recht. Der Nepotismus ist leider im Kanton Zürich sehr verbreitet.
Nun aber die Finma für ihren Entscheid (der im Detail unbekannt ist) zu rühmen, wäre sicher ebenso falsch, wie Frei in den Bankrat zu wählen.
Das Übel sind die Bankräte, resp. die VRs, der Banken. Die reisen den Mist immer an, wenn’s gut geh,t loben sie sich, wenn’s schlecht geht, beteuern sie ihre Unschuld und lassen die anderen zahlen usw. usf.
Hier müsste Abhilfe geschaffen werden, indem jeder Bank-VR (oder Bankrat) mit seinem persönlichen Vermögen für die Bank haften müsste. Das wäre so einfach und rasch einzuführen, zudem könnten wir die Finma sofort einsparen.
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@Warner in der Bankenwüste, leider spielt das „fehlende Bankfachlichen Wissens“ keine Rolle damit die FINMA wirklich weh tun kann; eine FINMA die die Mitteln und Befugungsgewalt hätte Banken zu zerlegen! Der Artikel lenkt vom eigentlichen Problem ab. Der regulatorische Rahmen innerhalb sich die FINMA und nicht nur, bewegen darf ist der Knackepunkt!
Die Banken haben ein massives Bonitätsproblem, sie sind nicht mehr kreditwürdig. Mit aller Macht verhindern die verantwortlichen Politiker, dass die Öffentlichkeit die Hintergründe zu den üppigen Staatsbeihilfen für die Gläubigerbanken erfährt.
Da Sie u.a. die Baerische Landesbank und WestLB nennen, somit Deutschland, erlaube ich mir auf folgends hinzuweisen:
Ein Untersuchungsausschuss zur IKB wurde erfolgreich abgeblockt, eine Sonderprüfung der IKB Geschäfte gestoppt. Der Untersuchungsausschuss des Bundestages zu den Geschehnissen bei der HRE ist durch Verweigerungshaltung der Regierung und Informationsblockade seitens der Ministerien mit dem Ende der Legislaturperiode ergebnislos aufgelöst werden worden. Die Finanzinstitute können ihre Geiselnahme der Bevölkerung ungestraft mit tatkräftiger Unterstützung durch die Politik weiter durchziehen.
Nicht anders bei uns, im Gegenteil, wir legen noch einen Zahn zu, indem nicht nur die FINMA , sondern alle andere Strukturen (Bundesanwaltschaft usw.) so schwach ausgelegt sind, dass es für die Täter,- und Zockerbanken ein Kinderspiel ist die Geselllschaft, Realwirtschaft und staatlichen Organe als Geisel zu halten.
Grüsse
Der Praktiker -
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Des Übels Kern liegt doch 100% darin begraben, dass überall der Parteifilz grassiert und nicht parteiunabhängige Fähige die Posten besetzen, sondern Parteibüffel jeglichen Couleurs!
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die Gefahr besteht, dass die Verwaltungsräte als Versorgungseinrichtungen für ausrangierte Politiker missbraucht werden. Da ist schon viel Unheil passiert, da diese aufgrund fehlenden Bankfachlichen Wissens ihrer Aufsichtspflicht nicht wirklich so nachkommen können wie es sein sollte. BEISPIELE:
Bayerische Landesbank, Credit-Suisse, WestLBgut so FINMA!
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Für einmal muss man der FINMA recht geben -so denn wie vermutet die Bankfachkenntnisse ausschlaggebend für die Ablehnung waren.
Wünschenswert wäre, wenn auch andernorts nicht das Parteibuch sondern Fachwissen und Persönlichkeit für die Nominierung in Führungsgremien und Aemter im Vordergrund stehen würden.
Für einmal muss man der FINMA recht geben -so denn wie vermutet die Bankfachkenntnisse ausschlaggebend für die Ablehnung waren. Wünschenswert…
die Gefahr besteht, dass die Verwaltungsräte als Versorgungseinrichtungen für ausrangierte Politiker missbraucht werden. Da ist schon viel Unheil passiert, da…
@Warner in der Bankenwüste, leider spielt das "fehlende Bankfachlichen Wissens" keine Rolle damit die FINMA wirklich weh tun kann; eine…