Beim Austrocknen des Schwarzgeld-Sumpfs stand bisher der Finanzplatz Zürich im Fokus. Nun verschiebt sich das Augenmerk nach Genf. Dort passierten möglicherweise weit gröbere Verstösse.
Nur 4 Wochen nach dem Auffliegen von HSBC in Genf als Geldwasch-Anstalt werden Genfer Schwarzgeld-Konti über 100 Millionen Dollar in der sogenannten Petrobras-Affäre bekannt.
Gemäss der Financial Times hat eine Bankerin aus Brasilien zunächst für die Safra in Genf und danach für die bekannte und renommierte Lombard Odier, ebenfalls in Genf, Schmiergeldkonten eröffnet.
Die Kundenberaterin mit Kontakten zu Brasilianern heisst Denise Kos und ist laut Handelsregister seit 2011 bei Lombard Odier in der hohen Kaderfunktion einer Stellvertretenden Direktorin angestellt.
Bevor Denise Kos zur Bank von Patrick Odier, dem aktuellen Präsidenten der Bankiervereinigung, gestossen war, hatte sie für den brasilianischen Safra-Bankerclan gearbeitet.
1997 eröffnete Denise Kos als Kundenberaterin der Republic Bank, die damals Edmond Safra gehörte, dem Bruder des heutigen Besitzers von Safra Sarasin, ein „heisses“ Konto.
Auftraggeber war ein hoher ehemaliger Manager der Petrobras, der grossen staatlichen Erdölgesellschaft Brasiliens. Dieser Ex-Manager arbeitet mit den brasilianischen Strafermittlern zusammen, um eine mildere Strafe zu erhalten.
Seine Aussagen haben vor kurzem zu Ermittlungen gegen über 50 hochrangige Politiker und Geschäftsleute in Brasilien geführt, darunter den Vorsitzenden des Kongresses.
Gemäss den Angaben des Petrobras-Zeugen – sein Name ist Pedro Barusco – wurde das Formular mit dem wahren Begünstigten des Kontos bei der Republic Bank von Bankerin Denise Kos unterzeichnet.
Ein Name stehe dort nicht, doch die Angaben, welche Denise Kos gemacht habe, liessen auf einen Ex-Industrieberater in Brasilien schliessen.
Dieser gilt als mögliches Bindeglied zwischen den Petrobras-Schmierern und den Politikern, die das Geld für Bevorzugungen erhielten.
Kronzeuge Barusco ging später mit dem Geld von der Republic Bank, die 1999 von der HSBC übernommen worden war und eine zentrale Rolle in der Affäre „Swissleaks“ spielt, zur BBA Creditanstalt und 2003 schliesslich zur Safra, wie die Financial Times berichtet.
Die BBA Creditanstalt gehört heute dem brasilianischen Finanzmulti Itaù.
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Safra-Bankerin Denise Kos half auch mit, als es darum ging, für den ehemaligen Petrobras-Manager spezielle Vehikel auf den Namen von Scheinfirmen zu eröffnen.
So habe Kos bei ihrer damaligen Bank Safra Konten für Firmen namens „Tropez“ und „Dole Tech“ eröffnet. Laut den Gerichtsunterlagen im laufenden Petrobras-Korruptionsfall seien die Konti für Schmiergeld-Zahlungen der Petrobras benutzt worden.
Frau Kos, so der Ex-Petrobras-Mann und immer mit Bezug auf die Financial Times (FT), habe auch dort die sogenannten Know-Your-Customer-Formalitäten ausgefüllt.
Und wie beim oben erwähnten Konto sei auch bei diesen Scheinfirmen unter „Beneficial Owner“ kein Name gestanden, jedoch eine Beschreibung, die zum gleichen Industrie-Berater passe.
Die Bundesanwaltschaft in Bern bestätigt im heutigen FT-Artikel, dass sie seit einem Jahr mit den brasilianischen Behörden kooperieren würde.
Mit Bezug auf „Swissleaks“, bei dem über 100’000 Kunden mit nicht deklarierten Konten bei der HSBC Schweiz in Genf offengelegt wurden, sagte ein hoher brasilianischer Oppositionspolitiker, dass Brasilianer die viertgrösste Population unter den aufgeflogenen Kunden ausmachen würden.
Safra-Bankerin Denise Kos wechselte später zur Lombard Odier. Sollte sie dort geholfen haben, Petrobras-Schmiergelder zu verstecken, würde eine der prominentesten Schweizer Privatbanken mit einer sich rasch ausweitenden Korruptions- und Schwarzgeld-Affäre in die Schlagzeilen geraten.
Durch ihren Partner Patrick Odier ist Lombard Odier besonders exponiert. Odier will als Präsident der Bankiervereinigung dem Schweizer Finanzplatz zu einem sauberen Image verhelfen.
Schon bei einem grossen argentinischen Polit- und Schmiergeldfall, der vor 2 Jahren aufflog, war Lombard Odier involviert.
In Genf häufen sich die Skandale mit Iberien- und Lateinamerika-Bezug. Die Nähe zu diesen Kunden beginnt sich zu rächen.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Hochbrisant:
Gemäss finews.ch ist auch die Banque Cramer involviert.
VR-Präsident der Bank ist Marco Netzer.
Netzer ist auch VR-Präsident des AHV-Ausgleichsfonds!-
Herr Hässig da sind schöne Frühjahrs-Stories drin.
Wie viele smart-Kombi-Mandate gibt es wohl in der Schweiz.
Wer kennt das Mühle-Spiel?
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Die globale Schwarzgeld-Industrie ist eine Hydra mit vielen Köpfen.
Wird einer abgeschlagen, wachsen zwei andere nach.
Wenn nicht in Suiça, dann halt in Far East, Middle East oder irgendwo. -
Immerhin hat sich der „makellose“ Patrick Odier seinerzeit für den verhafteten Vontobel-Hügli („execution only“) stark gemacht, während er seinen Berufskollegen (und Präsidenten der HK BRD-CH) E. Sarasin („cum/ex“) nicht mehr in Schutz nehmen konnte, weil die deutschen Behörden dort schneller und cleverer sein wollten als im Fall des Vontobel-Wurstlieferanten bzw. Kanzlerin-Beraters.
Es ist alles zum Totlachen. Finma, schlaf weiter. -
Hat ein Kundenberater keine Kunden mehr, dann muss er gehen. Es ist eben heutzutage nicht mehr nur so, dass er keinen Bonus erhält. Nein, er hat keinen Job mehr. Das hauen und stechen in den Banken hat erst begonnen. Zuerst werden Kunden rausgeworfen und danach die Berater. Weniger Kunden = weniger Berater. So einfach ist das. Jeder versucht in diesen Haifischbecken irgendwie zu überleben (dies bis zum häufig gesehenen Burnout).
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Da stimme ich vollkommen zu! Dass Schmiergelder auf Schweizer kontis liegen ist doch kein Geheimnis?! Dass Politiker Dreck am Stecken haben, auch nicht! Oder dachtet Ihr dass Geld steckt in Grossmamis Matraze ?
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Wieso ist denn immer noch jedermann verblüfft? Die Taten geschahen, wo „jedermann“ in einer Bank hinter vorgehaltener Hand um solche Dinge wusste und dementsprechend auch ein Mitwisser ist.
Niemand soll so tun, als wüsste man nichts….plötzlich taucht wieder irgendwo aus dem Sumpf Verborgenes hervor.
Das liegt bekanntlich in der Sache der Natur: nichts bleibt ewig verborgen.Mitläufer verdienen zuerst an allem mit und reden allen nach dem Mund und dann „retten“ sie ihre „Ehre“ – indem sie angstgetrieben ihre „Fütterer“ verraten und ans Messser liefern. Gruppenzwang war überall um einen und das eigene Hemd am Körper ist auch heute immer noch näher als irgend etwas anderes.
Wen wundert’s also, das tröpfchenweise solche „neuen“ Taten ans Licht geraten?
Solange Gesetze derartigen Spielraum lassen, Firmen zu gründen und zu benutzen, damit man die Herkunft von Geldern verschleiert und wir in den Banken unsere Erfüllungsgehilfen finden und ALLE happy sind, solange schüttel ich nur den Kopf und alle sind sie selber Schuld.
Hat die Branche denn wirklich in den letzten 30 Jahren wirklich viel dazugelernt? Letztlich ist es immer das Gleiche – alle sind empört und erheben den Zeigefinger. Doch der Mensch und sein EGO ticken anders und jeder sieht den Nutzen in der Sache und will verdienen.
Also sollte man vielmehr vorbeugend Verträge zeichnen, welche die Verantwortlichen in Zukunft hinter Gitter bringen würden, wenn Sie Geschäfte tätigen, egal welcher Art, die der Bank Schaden zufügen und letztlich auch uns, als Kunden.
Und wo findet man heute noch Charaktere?
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na, immerhin engagiert sich der bankpersonalverband dafür, dass all diese verfehlungen dann nicht dem übrigen bankpersonal angelastet werden. FIDLEG als Chance zum Neubeginn, meint Denise Chervet.
„Das FidLeg kann für die Bankbranche das Sprungbrett zu einem Neuanfang sein: Eine neue Kultur verlangt aber neue Einstellungen und Werte: ein Prozess, der von allen Akteuren auf dem Finanzplatz gelebt werden muss. “
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Teilweise gehe ich mit Ihnen einig.
Dumm nur, dass nach alledem Leute welche mitgemacht oder zugeschaut haben ihre Bonnies oder Abfindungen und Renten ausbezahlt erhielten und teils in gewissen Positionen inkl. Pension mit Supereinkünften weitermachen.
Die Einführung eines Mindestlohnes und Rest nach echt erbrachter und attestierter Leistung nachbezahlt erhalten. Lohnobergrenze festlegen und dann sollte klar sein dass bei Auffliegen nichts mehr vom Rest gesehen wird.
Dies geht dann in einen Fond wird bei gewissen Umständen erst angetastet und der vorbestimmten Destinärperson oder -institution zugesprochen.
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Geschäftsleute aus Brasilien, Argentinien, Venezuela etc. gehören seit Jahrzehnten zu den wichtigen Zielkunden im Swiss Private Banking. Nicht nur in Genf, sondern auch in ZH und FL. In Brasilien wurden ja auch schon verschiedene CH-Banker, insbesondere der CS-Gruppe, verhaftet.
Sicherlich zahlen viele Latinos ungerne Steuern, da diese dann von korrupten Politikern veruntreut werden. Hinzu kommen auch die Unsicherheiten bez. Arg. Peso usw.
Dass sich die HSBC mit dem Kauf der Republic National Bank of New York (nomen et omen) ein faules Ei ins Nest gelegt hat, ist ja hinlänglich bekannt.
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Ordem y progresso wie es so schön auf der brasilianischen Nationalflagge steht tut auch im Schweizer Bankgeschäft Not.
Unglaublich wie da entgegen allen bestehenden Gesetzen, Weisungen und Vorkommnissen für jeden korrupten Staats- und oder Geschäftsmann eine Beziehung eröffnet wird und Geld unbesehen entgegen genommen wird.
ABER OHA, wenn ich von meinem Konto ein paar Tausender bar abheben oder einzahlen möchte, dann gehts los mit den endlosen Fragen und Formularen.
Es ist zum schreien, wie unsere hochbezahlten Bankenprofis immer am falschen Ort auf Gesetz und Weisungen pochen.-
Ach was, die Compliance-Vorschriften werden doch heute dazu missbraucht, Gelder der Kunden bei der Bank (möglichst lange) einbehalten zu können. Die Banken wollen keine Assets verlieren, denn davon hängen die Erträge und v.a. die Boni ab. Wenn einem Kundenberater auf einmal ein paar Dutzend Millionen eines UHNWi abgezogen werden, dann ist sein Bonus futsch, also versucht man mit allen Tricks und Ausreden, den Transfer zu verhindern. Das heisst dann im Jargon „Retention“. Das ist die Anspruchshaltung der Banken: Sind die Gelder einmal bei ihr, dann gehören sie fast schon ihr, und nicht mehr den Kunden. Das wird quasi schon fast als wohlerworbenes Recht verstanden.
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Ordem y progresso wie es so schön auf der brasilianischen Nationalflagge steht tut auch im Schweizer Bankgeschäft Not. Unglaublich wie…
Geschäftsleute aus Brasilien, Argentinien, Venezuela etc. gehören seit Jahrzehnten zu den wichtigen Zielkunden im Swiss Private Banking. Nicht nur in…
na, immerhin engagiert sich der bankpersonalverband dafür, dass all diese verfehlungen dann nicht dem übrigen bankpersonal angelastet werden. FIDLEG als…