Der Kunde sei König, er stehe im Mittelpunkt, er sei das Mass der Dinge. So lauten die Botschaften des Marketings. Das tönt ziemlich banal. Wozu sind denn Firmen da, wenn nicht, um die Bedürfnisse der Kunden zu befriedigen. Für die Banken als Dienstleister stimmt das besonders, sie produzieren im Gegensatz etwa zu Apple oder Swatch keine genialen Geräte, für welche die Kunden gerne Schlange stehen.
Schön wäre es. Wenn in der Schweiz über die Finanzplatzstrategie gesprochen wird, dann spricht man von allem ausser vom Kunden. Es sprechen die Regierung, die Parteien, die Experten und die Banken. Alle diese Sprecher vergessen die ausländischen Kunden, die in der Diskussion als Randständige und deren Geschäfte als Altlasten behandelt werden.
Die Kunden selber beteiligen sich nicht an der Diskussion. Sie sprechen nicht mit Worten, sondern mit Taten, im konkreten Fall mit ihrem Portefeuille. Einzig und allein der Kunde entscheidet, bei welcher Bank und in welchem Land er sein Vermögen anlegt – mindestens so lange, als der Kunde nicht von seinem Staat enteignet oder einem Räuber bestohlen wird. Für den Finanzplatz Schweiz dürfte das heissen, dass er wohl eine „Weissgeldstrategie“ hat, aber keine Kunden mehr. Ohne Kunden ist es dann auch egal, ob die Finanzplatzstrategie weiss, schwarz, grün oder rot ist.
Natürlich ist der Kunde verantwortlich dafür, was er tut oder nicht tut. Er entscheidet auch, ob er versuchen soll, Steuern auf legalem oder illegalem Weg zu vermeiden. Das hat mit dem Bankgeschäft zuerst einmal nichts zu tun. Schätzungsweise 15 Prozent der Wertschöpfung in Deutschland entstehen in der Schattenwirtschaft, am Staat vorbei, ohne Mehrwertsteuer, ohne Einkommenssteuer, ohne Beiträge zur Sozialversicherung. Das sind rund 400 Milliarden Euro – pro Jahr. 15 Prozent sind doppelt so viel wie in der Schweiz und halb so viel wie in Griechenland. Die Deutschen und die Griechen tun das ganz unabhängig vom schweizerischen Bankgeheimnis, welches ihnen in der Vergangenheit das anschliessende Verstecken des Vermögens allerdings erleichtert hat.
Das ausgehandelte Abkommen zur Abgeltungssteuer mit Deutschland stellt die deutschen Kunden kaum vor einen schwierigen Grundsatzentscheid. Es ist für den Kunden finanziell ganz sicher unattraktiv. Der deutsche Kunde wird sein Vermögen aus der Schweiz abziehen. Günstigere Alternativen sind eine Selbstanzeige und Einigung mit dem Finanzamt, eine Verschiebung der Gelder nach England, den USA oder andere Plätze, eine Lösung mit Truststrukturen. Die Wahl der geeigneten Alternative ist vielleicht nicht ganz einfach. Dass sich deutsche Kunden bei dieser Frage primär auf den Rat aus der Schweiz verlassen werden, ist eher unwahrscheinlich. Welcher Kunde hört schon auf eine Bank, die sein Geschäft als Altlast bezeichnet?
Und noch ein Wort zur Enteignung. Wenn die Schweiz unter „Weissgeldstrategie“ nicht nur meint, bei ihren Kunden für deren Heimat- oder Domizilstaaten Steuern eintreiben zu müssen, sondern auch dafür sorgen will, dass ausländische Kunden ihre Vermögen ihren Staaten auf Abruf zur Verfügung halten, dann wird auch der letzte Ausländer sein Vermögen aus der Schweiz abziehen. Findet es unsere Finanzministerin für ethisch vertretbar, dass ein Grieche sein steuerlich deklariertes Vermögen – so es das gibt – in der Schweiz verwalten lässt aus Angst, der griechische Staat könnte es dereinst konfiszieren? Oder wird im Zeitpunkt der Konfiskation das in der Schweiz angelegte Vermögen zu einer neuen Altlast, die es zu entsorgen gilt?
Der Kunde ist gut beraten, doppelt vorsichtig zu sein. Ein zweites Mal will er in der Schweiz nicht zum Randständigen werden. Übrigens: Die Vereinbarung zur 50-prozentigen Erbschaftssteuer mit Deutschland ist schon die halbe Enteignung und liegt weit jenseits der deutschen Ansätze für nahe Verwandte. Und sie fällt zusätzlich zu den bereits abgegoltenen hohen Steuern an.
Vielleicht sollten sich die Schweiz und ihre Banken etwas mehr um ihre Kunden kümmern. Denn der Kunde ist König.
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UBS-Ermotti-Wirtschaftskrieg? Vielmehr ist der CH-Finanzplatz heute in einem Ideen- und Services-Wettbewerb und darin offenbar grad zu Ungunsten der bestehenden Kunden oder der umworbenen Prospects unterwegs. Fertig mit fürstlichen Provisionen für Steuer-(Themen)-geheimnisträger – das ist bald vom Tisch. Nur mit diesem langjährigen know-how und dieser Versteckis-Erfahrung stehen nun viele PB und VV Anbieter etwas „low profile“ vor einer neuen, dynamischen und fordernden Private Wealth-Kundschaft bestehend aus informierten Prospects und vernetzten Fokusgruppen. Viele RM und Chefs wollen die Variante „Kunde-ist-König-und-wir-profitieren-nur-dank-unseren-Services-inkl.-Zusatznutzen“ noch nicht begreiffen oder gar als swissness Businessmodell adaptieren.
Solange VR und GL das Geheule um Basispunkte (%-Werte) tolerieren, gibts auch keinen Handlungbedarf, oder? Erst wenn die Deckungsbeiträge absaufen und die Profitabilität – inkl. Bonis – unter den Tisch fällt wird reagiert…
Wieviele kleine Anbieter – mit oder ohne Altlasten – aber sicher ohne Future-Konzept stehen zum Verkauf? -
Herr Geiger hat es auf den Punkt gebracht! Es ist eine Schande und Beweis dafür, dass unsere Politiker in Bern – voran die Linken, Netten und „Toleranten“ – Feiglinge sind. Alle mitsamt bei dem kleinsten Windstoss umkippen! Wo bleibt der Leadership? Nichts – gibt es nicht.
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Das ist leider die Wahrheit. Anderterseits gut für uns.
WB -
Traurog aber wahr. Wir sind schon auf der richtigen Schiene.
WB-
@ WB
Bevor Sie hier öffentlich kommentieren, welche Schiene für uns denn die richtige sein soll, empfiehlt es sich, ein paar Stunden Nachhilfe in Orthografie zu nehmen. Danke.Der Reputationsschaden wird nicht nur unsere Finanzbranche betreffen. Die Schweiz gilt nicht mehr als zuverlässiger Partner. Wir sind derzeit mit der schwächsten Regierung seit Urgedenken gesegnet, die völlig überfordert und konzeptlos unser Tafelsilber verscherbelt. Dieses kollektive Versagen betrifft auch unsere Einwanderungspolitik, dessen Folgen spätere Generationen noch stärker zu spüren bekommen. Unsere Vertereter lassen sich zu Handlanger europäischer Sozialisten missbrauchen und weitere Protagonisten schiessen uns zusätzlich ins Knie (A. Gross, P. Vinzenz). Jeder Brancheninsider weiss genau, dass die meisten deutschen sog. undeklarierten Werte aus Ersparnissen einkommensversteuerter Mittel aus dem Nachkriegsdeutschland stammen. Ihr Misstrauen gegenüber ihren Regierungen hat sie zu uns gebracht, steuerliche Aspekte kamen viel später hinzu. Man braucht wirklich kein kühner Rechner zu sein, um darauf zu kommen, dass allfällige Zuschüsse aus diesen Verhandlungen, gemessen an den Verschuldungen, kaum einen Tropfen zur Linderung beitragen können. Worum geht es denn wirklich? Selbstverständlich hat Hr. Ermotti recht, dass es letzlich ein Wirtschaftskrieg ist. Man muss nur den Mut haben, es auch auszusprechen. Die Geschichte wiederholt sich, die Zusammenhänge klar und alle schauen wieder zu. Deutschland hat sich Wirtschaftskolonien und eine Einheitswährung geschaffen. Aus einer „Gemeinschaftskasse“ werden Subventionen verteilt und die Abhängigkeiten damit besiegelt. Nicht nur das politische Europa steht vor einem Zusammenbruch.
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Traurog aber wahr. Wir sind schon auf der richtigen Schiene. WB
Das ist leider die Wahrheit. Anderterseits gut für uns. WB
Herr Geiger hat es auf den Punkt gebracht! Es ist eine Schande und Beweis dafür, dass unsere Politiker in Bern…