Kürzlich hat die Finanz und Wirtschaft empfohlen, in „Value“ Märkte zu investieren, denn die Value Strategie war 2016 die beste Anlagestrategie. Ein Bild vom verschneiten Moskau unterstreicht im Artikel das Studien-Resultat, denn Russland sei aktuell ein Value Markt, und man solle dort investieren.
Bei der Value Strategie investiert man in Firmen, die im Vergleich zu ihrer Grösse günstig bewertet sind. Der US Investment-Vordenker Benjamin Graham hat das 1949 erstmals postuliert, Warren Buffett hat damit eine Menge Geld gemacht, und Robert J. Shiller hat für den Nachweis, dass die Value Strategie auch tatsächlich funktioniert, kürzlich den Nobelpreis erhalten.
Auch bei uns ist die Value Strategie der zentrale Anker. Die Top 10 Value Aktien waren letztes Jahr wie bei der F&W die beste Wahl. Die Value Top 10 Aktien schlugen deren 56 Vergleichsindexe im Durchschnitt um stolze 8.6%.
Value Aktien waren in 35 von 56 Märkten besser als die Indexe, stolze 63%. In diesem Aspekt sind wir mit der Zeitung einig. Wir sind auch darin einig, dass Russland ein Value-Markt ist, allerdings haben bei uns Japan, Südkorea und Taiwan einen noch leicht besseren Value.
Das Problem beim Zeitungsartikel ist denn auch nicht die Analyse, sondern die Schlussfolgerung. Muss man jetzt in Value-Märkte investieren?
Das ist nicht der Fall, denn schon seit Jahren sehen wir immer wieder, dass die Value-Strategie für die einzelne Aktienauswahl zwar zuverlässig funktioniert, aber bei ganzen Märkten gibt es zwischen Markt-Value und anschliessender Rendite leider keine Korrelation.
Wie man auf der Abbildung sieht und wir im Video zeigen, hat die Rendite im Folgejahr nichts mit dem „Value“ des Markts im Jahr davor zu tun; in unserem Datensatz ist die Korrelation sogar leicht negativ. Die Investition in ein Value-Markt nützt also nichts.
Wie lässt sich das erklären? Unser Erklärungsvorschlag ist, dass auf der Ebene Markt Fehler bei Bewertungen einzelner Unternehmen ausgeglichen werden. Ein hoher Value im russischen Markt heisst dann eben nur noch, dass dieser eher weniger Wert ist als die anderen und eben nicht, dass sich dort gute Anlagechancen ergeben. Das kann zwar vorkommen, ist aber nach unseren Analysen ein reiner Zufall.
Das sind gute News für Anleger, denn sie müssen sich um die komplizierten Marktanalysen gar nicht kümmern. Die Anlageregel bleibt einfach: Investiere regelmässig kleine Häppchen und schere dich nicht um die Märkte und Branchen, die gerade „heiss“ seien.
Verweis: F+W: „Diese Länder sind günstig bewertet“, Seite 17, 18. Januar 2017
Das ist ein interessanter Artikel. Ich hätte allerdings ein anderes Ergebnis erwartet. M.E. ist der Analysezeitraum eher kurz (für den Effekt Value eines Marktes versus zukünftige Rendite).
Bei Märkten lässt sich allerdings immerhin zeigen, dass Märkte die stark gesunken sind in den letzten 3-5 Jahren, in den nachfolgenden 3-5 Jahre eher wieder überproportional steigen. Vgl. z.B. Thomas Züst «Winner-Loser-Effekte in Developed und Emerging Aktienmärkten».
In den USA wurde ein Zusammenhang zwischen der Bewertung (Kurs-Gewinn Verhältnis) und der zukünftigen, langristigen Performance gezeigt.
vgl. „Forecasting stock returns: What signals matter, and what do they say now?“, Vanguard
Der Erfolg von Value-Aktien 2016 ist m. E. nur eine hochspekulative Gegenreaktion auf den vier Jahre andauernden Niedergang zuvor. An der russischen und anderen Schwellenländer – Börsen gibt es im wesentlichen nur Value – Aktien aus dem Öl- und Rohstoffbereich.
Die Rohstoffpreise haben sich insgesamt kaum erholt und die Stahl- und Eisenpreise werden durch das von China lancierte Konjunkturprogramm gestützt.
Siehe:
https://www.bloomberg.com/quote/RICIGLTR:IND
https://www.quandl.com/collections/markets/industrial-metals
Es wird momentan viel (Ertrags-)Hoffnung vorausbezahlt bzw. es müßten nun viele gute Jahre nachfolgen, um die großen (Eigenkapital-)Verluste des Jahres 2015 auszugleichen, was angesichts der aktuellen Preisentwicklung von Energieträgern und Rohstoffen illusorisch ist.
Grund für den spektakulären Anstieg von Goldminen-, Stahl- und Rohstoffwerten jenseits wirtschaftlicher Fakten ist eher, daß Anfang 2016 im Umfeld von überbewerteten, internationalen Vermögensgütermärkte – nachdem der Preisrückgang von Gold, Stahl und Rohstoffen endete – in diesem Marktsegment eine Unterbewertung vorlag, die von der internationalen Finanzcommunity rasch – the trend is your friend – in die heutige Überbewertung verwandelt wurde. Mit entsprechender Rückschlaggefahr, wenn die Preise von Gold, Stahl und Rohstoffen erneut sinken.