Dokument 182-34811 ist längst versandbereit. Es richtet sich an „The Principality of Liechtenstein Tax Authority“. Das Thema: „Request for Assistance in the Investigation of Various U.S. Taxpayers and Others“.
Absender ist das DoJ, das US-Justizministerium und damit die wohl mächtigste grenzüberschreitende Behörde der Welt. Es braucht nur noch das Datum: „11 May 2012“, von Hand eingefügt.
Beim Schreiben handelt es sich um das Amtshilfegesuch der USA in Sachen Liechtensteinische Landesbank (LLB). Es ist Sprengstoff pur.
Auf 24 Seiten verlangen die USA von Vaduz Einblick in alle Konti und Depots von US-Kunden mit mehr als 500’000 Dollar Vermögen bei der LLB, rückwirkend ab Anfang 2004.
Weil die LLB mehrheitlich dem Fürstentum gehört, richtet sich der US-Vorstoss direkt gegen das kleine Land Liechtenstein.
Erstmals offenbaren die US-Jäger, worum es ihnen wirklich geht: ums Ganze.
Sie wollen erst Ruhe geben, wenn sie den ganzen Finanzplatz Schweiz und ihren „Schatten-Hinterhof“ Liechtenstein ausgehoben haben. Den „Sumpf“ trockenlegen, nennen das die USA.
Die US-Amtshilfe richtet sich nicht wie früher nur gegen US-Kunden, die Gelder vor dem amerikanischen Fiskus versteckten. Zittern müssen neu auch sogenannte „Third Party Advisors“. Auch gegen sie laufe eine „criminal investigation“ rund um vermutete Steuerdelike, steht im Vaduz-Gesuch.
Gemeint sind „attorneys, accountants, independent financial advisors, asset managers“ und andere Finanz-Berufsleute, die sich gegen die USA „verschworen“ hätten – „conspired“ zum Schaden des grossen Amerikas. Diese Drittparteien sollen nun von Vaduz nach Washington gemeldet werden.
Das ist auch für die Schweiz relevant. Das LLB-Amtshilfe droht zum US-Probegalopp für die ultimative Aufarbeitung der hiesigen Schwarzgeld-Ära zu werden – mit ähnlichen Anfragen gegen CS, Bär, HSBC, ZKB und Basler KB.
Es wäre die grosse Front der US-Sheriffs gegen den „integrierten“ Finanzplatz Schweiz-Liechtenstein. Bisher hatten die USA erst vereinzelt Anwälte und Treuhänder ins Visier genommen.
Kommt es zur absehbaren kompletten Kapitulation der Schweiz, müssten all jene kleinen Drittanbieter die Zeche zahlen, die zwingender Bestandteil eines jahrzehntelang florierenden Schwarzgeldgeschäfts waren.
Die Chefs und Mitarbeiter der betroffenen Banken könnten hingegen im Rahmen von Einzeldeals den Kopf aus der Schlinge ziehen; so wie die LLB-Banker, die nicht Teil des US-Amtshilfegesuchs sind.
Wie sehr Washington die Daumenschrauben anzieht, zeigt das Vaduz-Gesuch. „Please do not share this information (…) with any other private persons or any governmental official whose knowledge is not absolutely necessary (…)“, forderte das Justizamt – und wurde gehört.
Vaduz kuschte.
Im März wurde in einer Nacht-und-Nebel-Aktion unter Mithilfe des Gesetzgebers das alte Bankgeheimnis ausgehebelt. Das Ländle legalisierte rückwirkend die Offenlegung von Steuersündern statt wie bis anhin nur von Steuerbetrügern, und zwar allein aufgrund von Verdachtsmomenten und ohne dass die USA die konkreten Namen kennen würden.
Was die Amerikaner in der Schweiz erst nach mehrjährigen Schlachten mit Notrechtsübungen und UBS-Staatsverträgen erreicht hatten, segnete das Fürstentum am 21. März dieses Jahres mit 18 von 25 Stimmen und ohne „jegliche inhaltliche Diskussion“ im Parlament ab, wie die Zeitung Liechtensteiner Vaterland am Tag nach der Abstimmung trocken vermeldete.
Heute zeigt sich, dass die grosse „Appeasement“-Strategie, welche die Schweiz und Liechtenstein gewählt hatten, ins Verderben geführt hat.
Das machen die USA in ihrem Amtshilfegesuch deutlich. Ihr Verdacht, dass die LLB viele unversteuerte US-Vermögende geschützt hätte, basiert hauptsächlich auf Informationen, welche die LLB-Zentrale in Vaduz und deren Tochter in der Schweiz eigenhändig ausgeliefert hatten.
Die Rede ist von den sogenannten statistischen Daten, welche die LLB Schweiz zusammen mit weiteren Schweizer Banken letzten September im Rahmen einer ersten grossen, von Bern orchestrierten Kooperation offengelegt hatten. Damals hatten die USA ultimativ mit einer Strafklage gegen die CS gedroht.
Die LLB ging noch weiter und lieferte im März Unterlagen von 45 US-Kunden, bei denen die Namen der Kunden und der LLB-Banker abgedeckt waren. Bei einem Kunden gab die Bank vollen Einblick. Dieser hatte dafür grünes Licht gegeben.
All dies geht aus dem US-Gesuch hervor. Weitere Informationen stammen von Offenlegungsprogrammen für US-Steuersünder und früher initiierten Strafverfahren gegen Schweizer und Liechtensteiner Finanzberater.
Aus der Amtshilfeanfrage geht auch die Dimension des US-Geschäfts der LLB hervor.
Per Ende 2006 hatten insgesamt 1060 Amerikaner eine Beziehung zur LLB, davon waren nur knapp 2 Prozent deklariert. Die nicht deklarierten Vermögen beliefen sich auf 768 Millionen Dollar, die deklarierten auf 27 Millionen.
Hinzu kamen Strukturen, hinter denen die USA amerikanische Steuersünder vermuten. Auf solchen lagen 670 Millionen Dollar. Offen deklariert waren nur 22 Millionen, die in solchen Strukturen lagen.
Die Reichen aus Übersee und ihre Banker der LLB hätten mit Codewörtern und geheimen Absprachen operiert. „Do whatever is necessary to ensure confidentiality“, bat ein US-Kunde im März 2006 seinen LLB-Berater.
Direkt vom US-Gesuch betroffen sind 146 US-Kunden der LLB, die mindestens 500’000 Dollar auf Konten der Liechtensteiner hatten, die per Stichtag 1. Januar 2004 noch aktiv waren. Diese US-Steuerpflichtigen müssen mit baldiger Offenlegung rechnen.
Es sei denn, sie würden Einsprache erheben und v0m Gericht geschützt werden. So wie anfänglich in der Schweiz. Da hatte das Bundesverwaltungsgericht dem Kniefall der Regierung und des Finanzplatzes wiederholt einen Riegel geschoben.
Das stoppte Finanzdepartement, CS-Chefs und weitere oberste Banker nicht. Gemeinsam sorgten diese dafür, dass das Parlament im Sommer 2010 mit dem UBS-Vertrag und diesen Frühling mit den Gruppenanfragen den Weg für die totale Aufgabe des eigenen früheren Gesetzes freimachte.
Am Ende ist klar, dass die Schweiz und in ihrem Fahrwasser Liechtenstein die schlechteste aller Lösungen gewählt haben. Unter Druck geben die beiden Finanzparadiese alle Informationen preis – ohne je einen Gegenwert zu erhalten.
Ausser netten Worten: „Please accept the assurance of our highest esteem“, schreibt Mary Ellen Warlow, ihres Zeichens Direktorin des „Office of International Affairs“, am Ende ihres Vaduz-Gesuchs.
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Die beliebtesten Kommentare
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Mit 15.87 Mia USD Schulden wird die US Wirtschaft irgendwann mal implodieren. Klar dass die Regierung alles unternehmen, um ihre eigene Bürger auszuqeutschen.
http://www.usdebtclock.org/
Vielleicht soll man langsam die Geschäftsbeziehungen mit USA herunterfahren, im Sinne der Risikominimierung. -
Bis heute wollen es unsere Banken(Chefs) nicht wahrhaben, dass ein Kapitel zu Ende ist. Es sind immer noch die selben Kapitäne an Bord und tragen einfach ein anderes Gewand.
Sie mischen weiterhin munter Weiss- und Schwarzgeld in ihrem Private Banking. Benennen zwielichtige Länder als ihre strategische Ausrichtung für Neugeld-akquise. Eine Abkehr von Schwarz- und Graugeld sind nur Lippenbekenntnisse. Sie verschieben es lieber nach Singapur, Dubai etc. Bis auch dort der Bumerang kommt.
Der Einschlag der IRS und DOJ wird dumpf und heftig sein – danach wird es lange dunkel bleiben.
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Na das ist ja mal wieder ein happig richtiger Kommentar. Für diese weise Einsicht sollten die CH-Banken Mio. an Beratungshonorar bezahlen! Leider wird dieser gute Rat nicht beachtet werden und die ganze Schweiz wird es büssen müssen…
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The grand old Banquier, Hans J. Bär, zum Schweizerischen Bankgeheimnis:
«Es ist ein defensives Instrument, das die Schweiz vom allgemeinen Wettbewerb verschont und das uns…‹fett, aber impotent› macht»
Also unfähig zu reproduzieren, zum Aussterben verdammt. Aber das war nicht was man hören wollte. Nestbeschmutzer und schlimmer tönte es von den Nachtwandler Bankers. Geblendet von ihrem Ego, arrogante Selbstüberschätzung und dumm-naiv hätte er noch hinzufügen können, betreffend jener Gilde, die glaubte man könne Steuerbeschiss als Geschäftsmodell für immer verteidigen.-
@ Max und alle Gegner des schweizerischen Bankplatz-/geheimnis.
Am Ast sägen auf dem man sitzt ist dumm genug, noch dümmer ist es partei für die USA zu ergreiffen. Erstens ist es eine pure Machtdemonstration und zweitens hat die USA viele eigene Offshore Finanzplätze und Steuerschlupflöcher, i.e. Delaware, oder alle US Banken im Ausland wie z.B. JP Morgan in Genf, etc.
Wenn wir uns wirklich selber den Apfel vom Kopf schiessen wollen, müssen auch Lösungsvorschläge gemacht werden, wie die Geldabflüsse unserer Kunden nach Singapore, HK, Nassau, etc. kompensiert werden können.
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Es gibt nichts zu unternehmen ausser die Gauner räumen Ihren Platz zuerst auf – Die sollen sich doch mal an das älteste Buch der Welt halten: Da steht drin:
„Wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt stille, Bruder, ich will den Splitter aus deinem Auge ziehen, und du siehst selbst nicht den Balken in deinem Auge? Du Heuchler, zieh zuvor den Balken aus deinem Auge und siehe dann zu, daß du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehest!“ Lukas 6.42Also Gegenangriff und warten was Sie uns liefern können!
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Tönt gut – aber unbrauchbar, da dies nicht stattfinden wird. Was jedoch evident wird ist, dass Schritt für Schritt der Mist ans Tageslicht kommt, welcher sich „unter den Steinen unseres Bankenwesens“ angesammelt hat – und da liegen noch viel mehr „Leichen“… …die ganze Schweiz wird dafür büssen müssen – leider.
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Die ganze Schweiz hat auch 60 Jahre lang davon profitiert – Gott sei dank!!! Jetzt gilt es die Weichen pragmatisch zu stellen. Nicht überall nachgeben aber da wo es nötig ist. Auf die wahren Gangster allen vorand die grosse USA darf man und soll man aber immer wieder hinweisen!
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…einverstanden…
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@wAAArsager: viel selbst nur viel polemik und keine lösungsvorschläge zu bieten. der übliche moralapostelmist. bitte auswandern oder einfach ruhig sein.
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Es gibt nichts zu unternehmen ausser die Gauner räumen Ihren Platz zuerst auf - Die sollen sich doch mal an…
The grand old Banquier, Hans J. Bär, zum Schweizerischen Bankgeheimnis: «Es ist ein defensives Instrument, das die Schweiz vom allgemeinen…
Tönt gut - aber unbrauchbar, da dies nicht stattfinden wird. Was jedoch evident wird ist, dass Schritt für Schritt der…