Der junge Boris Collardi kennt das Spiel der Inszenierungen. Der junge Chef der Privatbank Julius Bär weiss: Je mehr Titel, Leute und Präsidien, desto grösser die eigene Wirkung.
Inzwischen hat Collardi das Machtspiel zur Meisterschaft gebracht. Nicht weniger als 11 Direktunterstellte weist das Bär-Organigramm aus.
Es sind dies: die Marktchefs Schweiz, Süd-Europa, Nord-Europa, Lateinamerika und Asien; der Chef der Externen Vermögensverwalter, der Produkte, der Börse; schliesslich der Chief Risk, der Chief Operating und der Chief Financial.
Als eine Art persönliche Mitarbeiter hat Collardi direkt bei sich angesiedelt: einen Zuständigen fürs CEO Office, einen Personalchef, einen Kommunikationchef und einen Verantwortlichen für die Integration der US-Vermögensverwalterin Merrill Lynch.
Selbst das ist noch nicht die ganze Führungstruppe des Chefs der grössten Privatbank.
Vor kurzem hat Collardi einen „globalen“ Beirat für Merrill Lynch ins Leben gerufen. 5 hochrangige Merrill-Chefs mit langjährigem Werdegang bei der US-Bank rapportieren direkt an ihn.
Mit der neuen Beratungs-Gruppe ganz oben in der Hierarchie kommt Boris F. J. Collardi auf insgesamt 20 Manager, die direkt dem CEO der Bär-Gruppe angehängt sind.
Damit wird Collardi zum Super-Chef von Swiss Banking. Kein anderer CEO der hiesigen Bankenlandschaft unterhält eine vergleichbare Führungsspannweite.
Brady Dougan hat in seiner Credit-Suisse-Konzernleitung nur 4 Divisions- respektive Regionenleiter und 4 Corporate-Chefs, nämlich Personal, Risk, Recht und Finanzen.
Sergio Ermotti steht in seiner UBS-Konzernleitung 10 Kollegen vor. Diese setzen sich aus 6 Marktleuten und 4 Corporate-Chefs zusammen.
Selbst die staatliche ZKB ist weit weg von einer Führungsspannweite à la Collardi. Chef-Staatsbänkler Martin Scholl führt ein Gremium mit 9 Managern.
Umgekehrt proportional zur aufgeblasenen Führung geht der Gewinnkraft von Julius Bär unter Boris Collardi die Luft aus.
Die Kostenschwäche nimmt dabei offensichtliche Züge an. 2012 überschritt die wichtige Kosten-Ertrags-Kennziffer erstmals die 70-Prozent-Barriere.
Collardi hatte weit tiefere Werte versprochen, als er das Amt des CEO angetreten hatte.
Gleichzeitig sinken die Erträge. Dies hat vor allem mit der Abstinenz der Kunden und dem anhaltenden Preisschwund zu tun.
Dieser zeigt sich in der Marge. Sie sank 2012 von 105 auf 96 Basispunkte.
Ein Absinken unter 100 Basispunkte müsste bei Collardi die Alarmsirenen aufheulen lassen.
Statt das Steuer herumzureissen, fährt Collardi weiter, als ob nichts geschehen wäre. Von wirklichem Kosten sparen kann unter der Führung des Jung-CEOs weiterhin keine Rede sein.
Das beste Beispiel ist der Personalbestand. Dieser stieg letztes Jahr um 2 Prozent. Auch die Zahl der Kundenberater nahm einmal mehr weiter zu.
Es könnte sich um klassisches Empire building eines ehrgeizigen und sich selbst überschätzenden Chefs handeln.
Sicher ist: Statt sein Reich in Ordnung zu bringen, macht es Collardi derzeit einfach noch grösser.
Zentrales Element seiner Strategie ist die Integration der Vermögensverwaltung von Merrill Lynch. Es handelt sich um die mit Abstand grösste Übernahme in der Geschichte der Zürcher Privatbank.
Mit Merrill Lynch kriegt Julius Bär eine neue Kultur. Die Angelsachsen übernehmen das Kommando, die Schweizer haben das Nachsehen.
Zur entscheidenden Figur wird Merrill-Manager Greg Gatesman. Als neuer Chief Operating Officer ist er für die Integration von Merrill Lynch International zuständig und faktisch die operative Nummer Zwei der Zürcher Bank.
Gatesman und der neue Beirat, der ausschliesslich mit Merrill-Seniors bestückt ist, hält eine grosse Machtposition innerhalb der neuen Bär.
Einzig CEO Boris Collardi kann Merrill-Manager Gatesman und seine US-Kollegen in Schach halten. Die übrigen Schweizer in Collardis Konzernleitung scheinen von der Statur und ihrer Position her dafür nicht in der Lage.
Im Gegenteil, sie sehen sich durch Collardis umfassende Führungsorganisation geschwächt.
Setze auf ausländische Söldner und halte die eigenen Leute klein – so könnte Collardis Führungsprinzip lauten.
Kommentare
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Mal Hand aufs Herz; viele der Schreiber sind doch einfach neidisch auf BC (die uralte Ferrari-Story steht doch exemplarisch dafür), der es mit Geschick und etwas Glück geschafft hat, an diese Position zu kommen. und im Gegensatz zu anderen Banken steht JB finanziell wie auch reputationsmässig besser da! logisch weiss man noch nicht, zu welchen Resultaten die Strategie führt, aber das wissen wir bei keiner der Banken. Falls es positiv rauskommt, werden all diese Kritiker verstummen und sich bei BC in die Reihe stellen…
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Der Fall Collardi… Der hat ja so etwas von Glück, wo wär der gedungne Ferrari Fahrer jetzt, hätte sich in der Bankspitze so ein unsägliches Unglück ereignet? Nirgends!
Ich mag ihn nicht- er hat zwar Geld was er gerne zeigt, mir käme dieser auch wenn er mit Gold und Geld behangen wär, ganz sicher nicht in mein Bett- um das geht es ja am Schluss oder etwa nicht. Macht und Geld, ein Unterfangen was schon viele zu Fall gebracht hat. -
Ein Emporkömmling, der nur Dank eines Unfalles an die Spitze kam, ist drauf und dran eine gute Marke kaputt zu machen. Wachstum aus Grössenwahn und nur seiner selbst willen, hat noch nie nachhaltig gewirkt.
Wer mag eigentlich Collardi?
-> Umfrage: I don’t like! -
Mehr Direktunterstellte – man kann es aber auch positiv sehen… Flache Fuehrungshirarchie. Die DUs haben zwar auch Ihre Staebe, aber die sind sehr sehr duenn gehalten, insbesondere im Front Office Bereich.
ML – naja, niemand hat behauptet, dass diese Integration einfach wird… und bis jetzt laeuft es ja gar nicht so schlecht (zumindest gegen aussen). In jedem Fall ist diese Uebernahme ein der wenigen Lichtblicke (growth) des letzten Bankenjahres.
Jahresergebnis – koennte besser sein, aber wie ein Vorschreiber schon beschrieben hat – allenfalls muessen wir einfach auf den Boden der Tatsachen zurueckkehren und uns damit abfinden, dass die 100bp margen nicht mehr zu halten sind.
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Nicht zu vergessen dass jeder der 11 Direktunterstellten, die meisten auch wieder CEO’s, wiederum einen Stab um sich scharren. Wasserköpfe noch und noch.
Und die Integration hinkt dem Zeitplan weit hinterher, nur haben das die Adlaten Herrn Collardi noch nicht verklickert. Wäre ja schlecht für den Bonus.. -
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Dem aufmerksamen Leser des Geschäftsberichts von Julius Bär ist aufgefallen, dass sich Boris Francesco Jean seinen Merrill Lynch Deal mit 10% mehr Salär honorieren liess. Und das in Zeiten, wo die meisten Mitarbeiter bei der Kompensation Federn lassen mussten… Sehr umsichtig. Ob sich der Deal rechnet, wird sich spätestens in zwei Jahren zeigen!
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Na ja, ich würde es mal so formulieren: Er hat bis jetzt keine grösseren Fehler gemacht, respektive es ist noch nicht ersichtlich, ob die bisherigen Handlungen solche enthalten. Was jedoch klar ist, ist, dass mit den Transaktionen der Bären die Schweiz wieder einmal ins Zentrum von „irgendwas“ rückt – und keiner kann heute sagen, ob das gut oder schlecht ist. Was ich damit meine ist, wir wissen nicht, was mit diesen Geldern für Probleme verbunden sind. Schwartmaler? Nein, nur etwas gelernt aus der Vergangenheit.
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gleich mehrere herausforderungen: it architektur ist uralt, die prozesse nicht standardisiert, ml ein broker mit äusserst schwankenden erträgen, in asien gibt es viel ultra-tief-margiges business, jb hat immer mehr kunden unter 1 mio usd im portfolio, ml & jb kultur dürften schwierig zu vereinen sein.
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„Mit Merrill Lynch kriegt Julius Bär eine neue Kultur.“ Schön – wenigsten kriegen sie mal eine Unternehmens-Kultur !
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Ich verstehe nicht, wieso die Medien nun auch noch in die gleiche Kerbe hacken wie die Analysten. Permanent muss der Gewinn rauf und die Kosten runter. Wir befinden uns mitten in einem Paradigmenwechsel des Banking (wo IP ja sehr oft auch darüber berichtet) und die fetten Margen der vergangenen Jahre/Jahrzehnte sind nun weiss Gott vorbei. Wieso muss Collardi à tout prix die Kosten weiter senken, wobei dies ja v.a. durch Personalreduktion geschehen würde? Ich denke, eine Marge von knapp unter 100 ist in der heutigen Zeit immer noch sehenswert.
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96 Basispunkte von 189 Mia verwaltete Vermögen entspricht 1.81 Mia Mittelfluss/Umsatz pro Jahr. Umgerechnet auf die ca. 3500 Mitarbeiter (incl. low-end Backoffice Mitarbeiter) entspricht dies 537’600 CHF/Mitarbeiter pro Jahr – immer noch sehr gut !
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sorry habe mich verrechnet, ist natürlich 518’400 CHF / MA
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Mehr Direktunterstelle, darum rückläufiger Gewinn? Ist das die Message dieses tief schürfenden Artikels?
Mehr Direktunterstelle, darum rückläufiger Gewinn? Ist das die Message dieses tief schürfenden Artikels?
Ich verstehe nicht, wieso die Medien nun auch noch in die gleiche Kerbe hacken wie die Analysten. Permanent muss der…
"Mit Merrill Lynch kriegt Julius Bär eine neue Kultur." Schön - wenigsten kriegen sie mal eine Unternehmens-Kultur !