Sind es bisher die Banken, die Rohstoffhändler und die Sicherheitsfirmen, die im Zentrum der öffentlichen Kritik stehen, sollen künftig auch die Genossenschaften in der Schweiz einer genaueren Prüfung unterzogen werden.
Die Affären um die Raiffeisen, innerhalb der Migros und zahlreicher regionaler Genossenschaften veranlassen einen der prominentesten Schweizer Juristen, Peter V. Kunz, Professor für Wirtschaftsrecht und Rechtsvergleichung, eine bessere Aufsicht über die 8’300 Genossenschaften in der Schweiz zu verlangen.
Der geschäftsführende Direktor des Instituts für Wirtschaftsrecht an der Universität Bern sagt in der aktuellen Ausgabe der „Finanz und Wirtschaft“: „Die Corporate Governance liegt gerade bei den ‚guten’ Genossenschaften nicht selten im Argen.“
Auslöser dieser ungewohnt scharfen Kritik, die sich auch an die Schweizer Journalisten richtet, welche mit den Genossenschaften zu freundschaftlich umgehen, ist ein Eigentor der „Idée Cooperative“, der Lobbyorganisation der Schweizer Genossenschaften.
Im „Genossenschaftsmonitor 2020“ betonen die Genossenschafts-Lobbyisten, man müsse ihre Rechtsform stärker im Bewusstsein der Schweizer „lebenden Bevölkerung“ verankern. Die Vorteile der Genossenschaften seien zu wenig verankert.
Die von Raiffeisen und Migros ausgelösten Negativ-Schlagzeilen haben vordergründig nur eine innenpolitische Bedeutung. Im Hintergrund lauert die EU in Brüssel, die auf ihrem Rechtsgebiet den Genossenschaften und den Kantonalbanken keine Liebe entgegenbringt.
Von daher ist verständlich, dass es gerade die grossen Schweizer Einkaufsgenossenschaften, wie Migros, Coop und Fenaco sind, die einem EU-Beitritt der Schweiz kräftigen Widerstand leisten.
Migros und Coop gehören seit über vierzig Jahren zu den grössten Vernichtern der kleinen Fachgeschäfte. Das von ihnen ausgelöste Ladensterben dauert bis heute an. Es wird von den beiden deutschen Konzernen Aldi und Lidl noch verstärkt.
Die weithin mangelnde Kritik an Vereinen (FIFA) und Genossenschaften führe dazu, dass diese als „gut“ gelten, während kapitalistische Aktiengesellschaft das Prädikat „böse“ erhalten.
„Die Schweizer Medien sind es, welche die grossen Aktiengesellschaften fast schon in die Nähe krimineller Organisationen stellen“, so Kunz.
Hier ist anzumerken, dass Schweizer Journalisten, wie alle Studien seit 30 Jahren zeigen, eher links stehen.
Das ist kein Wunder, verdienen sie doch eher mässig und sind laufend von Entlassungswellen der Verlage bedroht. Nur Ressortleiter und Chefredaktoren haben eine bessere Überlebenschance, aber auch da nur auf Zeit.
Das hat dazu geführt, dass die Konzernverantwortungs-Initiative vom Volk angenommen, von den Ständen knapp verworfen wurde.
Das hat auch dazu geführt, dass vor allem die Konzerne für Umweltzerstörungen, Menschenrechtsverletzungen und Kinderarbeit angeklagt werden.
Diese Sicht hält Peter V. Kunz für zu einseitig.
Politik und Medien setzen sich zu einseitig für die Förderung dieser Gesellschaftsform ein. Das habe zur Folge, dass Migros, Coop, Mobiliar, Raiffeisen, Fenaco und Mobility zu den beliebtesten Unternehmen der Schweiz gehören.
Wie aber die Praxis zeigt, ist die korrekte Unternehmensführung dieser Genossenschaften nicht mehr unter allen Umständen gegeben.
Auch würden sich, so Kunz, die wenigsten Genossenschaften als gemeinnützig erweisen. Vielmehr überwiegt der Zweck, Gewinne zu machen.
Ich kann das bestätigen, denn die Coop-Tochter Fust hat in meinem Fall ein halbes Jahr gebraucht, um in unserem Chalet im Oberwallis den wenige Zentimeter langen Heisswasserschlauch des Geschirrspülers zu ersetzen.
Ausrede: „Das Wallis ist eine Randregion. Wir haben dort zu wenig Personal.“
Wo es um die wirtschaftlichen Vorteile der Genossenschaften geht, verlieren sie ihren moralischen Vorsprung gegenüber Aktiengesellschaften und Aktionären.
Kunz fordert deshalb eine bessere Kontrolle der Tätigkeit der Genossenschaften, ganz wie bei den über 220’000 Aktiengesellschaften auch. Die Transparenzpflichten, denen die Aktiengesellschaften ausgesetzt sind, müssten auch für die Genossenschaften gelten.
Während die Publikumsgesellschaften sich mit kritischen Aktionären herumschlagen müssen, gebe es kaum kritische Genossenschafter. Jeder Versuch, dort von innen her Veränderungen zu bewirken, schlägt fehl, wie die Geschichte zeigt.
Kunz nennt als vorherrschende Leitlinie der Genossenschaften: „Wir kennen uns, wir mögen uns, wir verzeihen uns.“
Deshalb ist es nötig, so Kunz, das Schweizer Genossenschaftsrecht umfassend zu revidieren. Sie scheinen in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht nicht im 21. Jahrhundert angekommen zu sein.
Es darf allerdings bezweifelt werden, ob die Politik die Genossenschaften angehen will. Sie sind als Lobbyisten noch besser organisiert als der Schweizerische Bauernverband, der bisher die Lobby-Spitze innehat.
Der Zerfall dieser urschweizerischen Struktur hat begonnen. Er geht von innen aus. Wichtige Personalfragen wurden bei Migros wie bei Raiffeisen nur ungenügend gelöst.
Dazu kommt der von Lidl, Aldi und dem Baumarkt ausgelöste verschärfte Wettbewerb.
Peter V. Kunz hat den Genossenschaften das scharfe juristische Messer jetzt erst einmal in den Rücken gestossen. Vielleicht wacht jemand auf, ehe es zu spät ist.
Kommentare
Kommentieren
Die beliebtesten Kommentare
-
Beim Herr Stöhlker sind alle Stars auch er selbst. Er lebt und denkt nur in Superlativen: in beide Richtungen.
Ein Mensch voller Übertreibungen und Widersprüche, der die Apokalypse des Abendlands zutiefst fürchtet und daherschreibt. -
ja, das stimmt. wetten, dass die meisten gar nie wussten, dass raiffeisen eine genossenschaft ist!
-
Bin eigentlich Fan von Stöhlkers aggressiv-kontroverser Art aber ich glaube manchmal, ihm ist langweilig als Pensionär. Dieser Beitrag war wenig unterhaltsam oder informativ. Schade, Endjahresmüdigkeit?
-
Ich gehe mit Herrn Stöhlker einig in diesem Punkt. Die Genossenschaften, Vereine wie Fifa sind ein Unikum im europäischen Kontext. Die Migros oder die Raiffeisen Gruppe sind aber auch selber schuld, dass der Wind jetzt dreht. Ich denke es ist Zeit für Reformen, die bekanntlich viel Zeit benötigen in der Schweiz. Aber der Zeitpunkt jetzt wäre günstig auch wenn das der Mainstream noch nicht so sieht. Es wird erst wieder richtig weh tun müssen im Portemonnaine des Schweizers.
-
Hoffentlich geht Herr Stöker bald in den Urlaub, möglichst für ein Jahr, dann hats mehr Platz für wichtigere Beiträge
-
-
Die Anzahl Kommentare unterstreicht die Belanglosigkeit dieses Geschreibsels…
-
Die Rechtsform der Genossenschaft dient bei Grosskonozernen vor allem deren Management. Raiffeisen hat das eindrücklich bewiesen, die Migros in einigen Genossenschaften auch. Da die Eigentümer der Genossenschaften nur „auf dem Papier“ bestehen, kommt durch Missmanagement niemand zu Schaden – im Gegensatz zu Aktiengesellschaften, bei denen Missmanagement Auswirkungen auf Dividenden und/oder Kurse hat. Das führt zu einem gesunden Druck auf das Management, der leider bei Genossenschaften fehlt und Tür und Tor für jeglichen Unsinn öffnet.
-
„…Aktiengesellschaften … gesunden Druck auf das Management …“
Uff
Denke dabei gerade an die diversen Milliarden-Bussen unserer beiden Grossbanken, deren Kurszerfall und die Entwicklung der Löhne und Boni des Management.
-
-
Über die Grossen Detailhändler herziehen und die Kleinen hervorheben, dann aber bei einem Discounter der Heimelektronik/Heimeletrik den Geschirrspüler kaufen oder zumindest reparieren zu lassen. Der war gut.
Wenn schon macht man solche Reparaturen selbst oder überlässt es einem ansässigen Reparaturservice. Aber sicher nicht Fust. Denn Fust ist doch meist nur Frust.
Und ja, von Oberbüren SG ins Wallis liegt halt nicht so am Weg. Das die überhaupt wissen, wo das Wallis liegt, ist ja schon eine Sensation. Und wenn der Monteur dann sogar noch einige Worte deutsch spricht, umso mehr.
-
Und wenn er ein halbes Jahr warten konnte, dann wird es nicht so dringend gewesen sein 😉
-
-
Wieso muss uns Herr Stöhlker einen Artikel aus einer anderen Zeitung wiederkäuen? Wir sind des Lesens mächtig und seine Versensationierungen („Starjurist Kunz“) sind schlicht blöd.
-
Soviel ich weiss, unterliegt die Raiffeisen als systemrelevante Bank bereits denselben Anforderungen wie die anderen Aktiengesellschaftsbanken. Müsste hier also nicht erwähnt werden.
-
„Schweizer Journalisten, wie alle Studien seit 30 Jahren zeigen, eher links stehen.
Das ist kein Wunder, verdienen sie doch eher mässig und sind laufend von Entlassungswellen der Verlage bedroht.“Vielleicht sollten sich die Journalisten mal fragen warum die potentiellen Leser immer weniger bereit sind für ihr Geschreibsel zu bezahlen. Und nein, nicht das Internet ist Schuld, _ich_ tippe eher auf die Qualität des Produkts.
-
Das Problem ist beileibe nicht neu. Es sind die Grossgenossenschaften, die quer in der Landschaft stehen. Was für die kleinen Genossenschaften problemlos funktioniert, versagt bei den Grossen. Unbequeme Genossenschafter gibt es nicht, weil auch der unangenehmste und hartnäckigste nur 2 Stimmen vertreten kann, seine eigene und die eines anderen. Eine „Machtkonzentration“ vor der sich keine Verwaltung/Geschäftsleitung fürchten muss.
-
Ja, das wäre dringend nötig (die Genossenschaften besser zu überwachen). Ich denke da unter anderem an eine Versicherung in Basel (KMU) mit 300 Mitarbeitern, dessen Geschäftsleitung und VR sich dies Zu Nutze macht und trotz rückläufigem Ergebnis kräftig zulangt. Gemäss Jahresbericht 2020 verdient der CEO 1 Mio., erhält alle paar Jahre ein Auto bezahlt (da wird auch mal geflunkert, da Max. 100‘000 halt schon ganz limitierend wirken), eine Sonder-PK, Sonderspesen etc. Der VRP muss sich mit seinen 320‘000 für ein 20% Pensum auch nicht unbedingt beklagen. Und so greifen die Oberen kräftig zu, während bei den Unteren gekürzt wird. Sparmassnahmen heisst es dann aus dem Topmanagement. Schöne Genossenschaftswelt!
-
Gibt es diese Versicherung noch? Ich dachte, die befände sich in
Liquidation!
-
-
Der klügste Teutone ist auch auf diesem Gebiet absolute Spitze. Der fühlt sich echt wie Einstein. Er würde besser seine Memoiren schreiben, ich denke 10 Bände würden nicht genügen.
-
Ich empfehle für Baugenossenschaften mindestens 4 vollzeit Juristen, 6 Compliance Manager, 1 Datenschützer, und das gesammte repertoire an Organen, Investment Manager, Investment Analyst, Portfolio Analyst, etc.)
Mieten rauf, investitionen runter… fertig.-
Bullshit, so ein stuss!
-
-
Absolut richtiger Ansatz. Genossenschaften die rein Konzernmässig geführt werden, sogar ins Ausland expandieren und horrende Gehälter wie in Privatwirtschaft (AG etc.) aufweisen, haben die Rechtsform Genossenschaft verspielt. Eine Migros, die aus Gewinnstreben nun sogar Alk verdealen will, ist definitv keine Genossenschaft mehr. Auch der Coop, der sich in D breitmacht (Edeka etc.) und weitere Grossverteiler im Ausland aufkauft, ist ebenfalls eine Genossenschaft mehr. Es ist mehr als 5 nach 12, diese Rechtsform zu revidieren. Das Ziel einer GENOSSENschaft sollten wieder die Menschen und nicht die MAXIMIERUNG der Gewinne und das maximale Wachstum sein. So wäre eine steuerliche- und Vorteile im Kontrolling und der Rechnungsstellung gegenüber den AGs etc. gerechtfertigt.
Alles andere ist gegenueber den nicht-Genossenschaften unfähr und höchst fraglich. -
Sounds like the Dark Net. Time to modernize these secretive corporate structures.
-
Eine Abstimmung hat folgendes ergeben:
Die Genossenschafter treten das Recht ab, über Neubauten selber zu bestimmen. Dieses Recht wurde der Geschäftsleitung abgetreten.
Frage: Kann man noch blöder abstimmen ?
Ich bin Miteigner und kann aber nicht darüber bestimmen. Da verstehe einer das!
Aber genau das die Mehrheit der Schweizer, siehe auch COVID Abstimmung. Die Schweiz ist total am verblöden. Hirnlosigkeit greift um sich schlimmer als ein Virus.
Über die Grossen Detailhändler herziehen und die Kleinen hervorheben, dann aber bei einem Discounter der Heimelektronik/Heimeletrik den Geschirrspüler kaufen oder…
Ja, das wäre dringend nötig (die Genossenschaften besser zu überwachen). Ich denke da unter anderem an eine Versicherung in Basel…
Absolut richtiger Ansatz. Genossenschaften die rein Konzernmässig geführt werden, sogar ins Ausland expandieren und horrende Gehälter wie in Privatwirtschaft (AG…