Lombard Odier läuft Gefahr, die nächste grosse Krisen-Bank des Landes zu werden. Die Bundesanwaltschaft hat sie soeben wegen „schwerer Geldwäscherei“ angeklagt.
Das erinnert an die Credit Suisse. Nur handelt es sich bei den Genfern um ein vermeintliches Nobel-Institut. Jetzt droht der scharfe Niedergang.
Grund ist ein Krimi der Extraklasse. Gulnara Karimova, die später in Ungnade gefallene Tochter des einstigen Usbekistan-Herrschers Karimov, soll eine kriminelle Vereinigung geführt haben.
Ihr „Office“, wie die Bundesanwaltschaft das Gebilde nennt, machte vor allem mit Telekom-Beteiligungen in Usbekistan ein Milliardenvermögen.
Davon landete ein stolzer Teil in der Schweiz – bei Lombard Odier. Dort heuerte der Privatbanquier des Karimova-Clans im 2008 als neuer Star für reiche Russen an.
Bis 2012 schuf er laut Bundesanwaltschaft 9 „Bankbeziehungen“ bei Lombard Odier zum Office. 2012 trennte sich die Bank von ihm, danach zog er zur Coutts und war dann noch kurz bei der UBP.
Wie seine Ex-Bank muss auch er sich vor dem Richter verantworten.
Nicht angeklagt ist der Vorgesetzte des Private Bankers. Es handelt sich um den langjährigen Group Managing Director von Lombard Odier, Arnaud Leclercq.
„We are the most trusted advisor to our clients“, meinte Leclercq 2019 in einem langen Porträt in „Arabian Business“, das sich auf der Homepage der Bank findet. Und weiter:
„We are exactly the opposite business model in the sense that we first get the needs of the clients and then we build and assemble for them what they need.”
Wir liefern, was die Kunden von uns wollen: Der Russen-Berater stellte die neun Beziehungen zur Lombard Odier bereit, über die dann Hunderte von Millionen flossen.
Sein Chef, der hohe Managing Director, der als Partner an der Lombard Odier finanziell beteiligt ist und damals zuständig war für „New Markets“:
Er liess ihn gewähren.
Was wusste er? Was sah er?
Laut einer Quelle musste Leclercq sicherstellen, dass die Kunden in seinem „New Markets“-Bereich „sauber“ wären; er hatte für seinen Bereich eine dezentrale Compliance gefordert und von seinen Partner-Kollegen offenbar zugestanden erhalten.
„Leclercqs Risk-Manager hat darauf all die Transaktionen im Usbekistan-Fall geprüft, Leclercq selbst hat sie nicht unterbunden“, sagt die Auskunftsperson.
Weder Leclercq, der grosse Boss, noch sein Risk-Manager sind Teil der Anklage der Bundesanwaltschaft. Dies ist einzig der Russen-Berater – und die Bank selbst.
Der Risk-Manager hat die Bank inzwischen verlassen. Er soll neuerdings für die Mirabaud tätig sein, ist zu vernehmen.
Und Arnaud Leclercq? Der hat im April Frühling die Führung von „New Markets“ an Ali Janoudi abgegeben, einen hohen Middle-East-Manager der UBS.
Leclercq blieb aber an Bord von Lombard Odier. Er kümmert sich heute um „strategische“ Kunden.
Der Abgang des Risk-Managers und der Rollenwechsel des Partners der Genfer Bank hätten „nichts mit der heutigen Anklage zu tun“, sagte ein Sprecher von Lombard Odier auf Anfrage.
Der Fall mit dem vielen Geld der „Prinzessin“ Karimova, wie die Tochter des früheren Usbekistan-Präsidentin in ihrer Heimat genannt wurde, explodierte im Sommer 2012.
In einer langen Story beschreibt der Westschweizer Le Temps-Journalist François Pilet, der heute den bekannten Finanzblog Gotham City betreibt, wie Karimova den „Schlüssel“ zu ihrem Schweizer Tresor verloren hatte.
„Der Schlüssel heisst Bekhzod Akhmedov“, so der Journalist in seiner eindrücklichen Story von damals. Akhmedov war Chef eines usbekischen Mobil-Telekom-Unternehmens – und damals wie vom Erdboden verschluckt.
Der Grund dafür war simpel: Die Behörden Usbekistans machten Jagd auf den Topmanager.
Hintergrund war ein Machtkampf in der Präsidentenfamilie: Gulnara Karimova stellte sich gegen ihre Mutter und die jüngere Schwester. 2014 sollte die „Prinzessin“ verhaftet werden.
Damals bewegte sich Karimova noch frei. Doch ihr Problem war, dass der Telecom-Mann der offizielle Inhaber der Konten in der Schweiz war.
Nicht nur jenen bei der Lombard Odier, sondern bei mehreren Geldhäusern in der Alpenrepublik.
Insgesamt sollen auf diesen die atemberaubende Summe von 600 Millionen Franken gelegen sein.
Karimovas Gesandte hätten sich im Frühsommer 2012 „mehrmals an der Rue de la Corraterie in Genf, in den Büros der Privatbank Lombard Odier“, vorgestellt, so Pilet in seinem Artikel.
Sie verlangten die Herausgabe des Vermögens einer Firma mit Sitz in Gibraltar.
Takilant Ltd. hiess diese, und der einzige, der berechtigt war, auf deren Geld bei Lombard Odier zuzugreifen, war jener Bekhzod Akhmedov.
Der Usbeke, der nirgends mehr zu finden war.
Nicht nur das: In der Heimat von Gulnara Karimova erschienen nun plötzlich Artikel, die Akhmedov Betrug vorwarfen.
Er sei inzwischen in Russland verhaftet worden, hiess es, bald schon würde er nach Taschkent überstellt, die Hauptstadt Usbekistans.
„Jetzt war’s zu viel des Guten“, schrieb Journalist Pilet, „am 30. Juni (2012) macht Lombard Odier eine Verdachtsmeldung wegen Geldwäscherei bei den Bundesbehörden“.
Selbstanzeige. Es blieb der Genfer Bank nach den sich überschlagenden News nichts anderes mehr übrig.
Dass 12 Jahre später die Bundesanwaltschaft nicht nur ihren einst auf Händen getragenen Russen-Berater vor den Richter zerrt, sondern auch sie selbst:
Das hätte sich die älteste Genfer Privatbank in ihren schlimmsten Träumen nicht vorstellen können.
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