Avaloq ist die erfolgreichste Schweizer Banken-Softwareunternehmung der letzten Jahre. Aus dem einstigen Startup ist in relativ kurzer Zeit ein stolzes Unternehmen mit rund 1200 Mitarbeitern geworden.
Bis vor kurzem herrschte Optimismus. Im Spätsommer erwarb Avaloq die Outsourcing-Firma B-Source, im Herbst wurde der Aufbau in Schottland mit Plänen für dereinst 500 Entwicklungs-Jobs verkündet.
Nie war von Job-Abbau die Rede, sondern immer nur von Aufbruch zu neuen Ufern. Umso grösser war heute früh der Schock für die Mitarbeiter.
Aus vermeintlich heiterem Himmel gab Avaloq am Sitz des Stammhauses in Zürich bekannt, dass ein Fünftel der Belegschaft gehen müsse. Das entspricht 120 Leuten.
Betroffen sind der Zürcher Hauptsitz und der Avaloq-Ableger in Thalwil. Hingegen hält die Firma an ihrer Strategie mit B-Source und Schottland fest.
„Um die Wettbewerbsfähigkeit weiter zu stärken, verlagert (die Avaloq Gruppe) Aufgaben ins Tessin und baut ihre Kapazitäten im Entwicklungszentrum UK und in ihren Niederlassungen im Ausland weiter aus“, teilte das Unternehmen der Belegschaft mit.
Begründet wurde der überraschende Abbau, der angesichts des Ausmasses den Behörden gemeldet werden muss und zu Gesprächen mit den Sozialpartnern führen wird, mit einem Einbruch der Auftragslage. „Die Marktlage hat sich im Zuge der Finanzkrise und des starken Schweizer Frankens weiter verschärft“, heisst es dazu von Avaloq-Seite, die laut einem Mitarbeiter im Verlauf von heute Nachmittag öffentlich über die Massenentlassungen informieren würde.
Ab Mitte des letzten Jahres hätten Avaloq-Kunden – das sind hauptsächlich die Banken – begonnen, Projekte zu reduzieren oder ganz auf Eis zu legen, liess man das Personal wissen.
Zudem sei es praktisch zu keinen neuen Aufträgen mehr gekommen. In der Folge sei der Auftragsbestand eingebrochen, begründete die Firmenleitung den Einschnitt gegenüber den Mitarbeitern.
Das Management habe der negativen Entwicklung mit dem massiven Umsatzrückgang anfänglich nicht genügend Augenmerk geschenkt, hiess es an der Informations-Veranstaltung. Man sei absorbiert gewesen durch die Übernahmeverhandlungen mit der vormaligen B-Source-Eigentümerin, dem italienischen Versicherungs-Multi Generali.
Später lenkte offenbar das grosse Expansionsvorhaben im schottischen Edinburgh von den Problemen im Heimmarkt ab. Jedenfalls zeigte sich die Avaloq-Führung noch im Oktober optimistisch, als sie mit Pauken und Trompeten ihr zukünftiges Entwicklungszentrum im britischen Norden ankündigte.
Für Avaloq-Pionier und CEO Francisco Fernandez sind die Massenentlassungen im Mutterhaus ein herber Schlag. Noch letzte Woche liess sich Fernandez in der SonntagsZeitung zum Fall des gestürzten Notenbank-Chefs Philipp Hildebrand zitieren.
Es gebe immer einen IT-Spezialisten, der Zugang zu den Kunden-Nummern habe, sagte er der Zeitung. Damit stellte sich Fernandez vor die Bank Sarasin, wo Hildebrand sein Konto hat, das den Weg an die Öffentlichkeit gefunden hatte. Die Bank Sarasin setzte vor Jahren auf ein Avaloq-System.
Nun folgen schwere Zeiten für den erfolgsverwöhnten Fernandez. Er muss beweisen, dass er nicht nur ein guter Pionier und Aufbauer ist, sondern auch ein fähiger Restrukturierer.
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