Die Lettstrasse in Vaduz FL hat nichts Mondänes. In grauen Mehrfamilienblöcken haben Gastarbeiter am Fusse des Fürstenschlosses ihr bescheidenes Domizil.
Und Olivier Jaquet. Mitten unter Tellerwäschern und Mittelklassigen hatte auch der Banker-Millionär und Shootingstar der Credit Suisse im obigen Zweistock-Bau seine offizielle Wohnadresse.
Als sein Steuersitz im Ländle letzten Oktober publik wurde, geriet der 42-jährige ins Abseits. Dass er sein CS-Einkommen statt an seinem tatsächlichen Wohnort Männedorf ZH in Liechtenstein versteuerte, sorgte für Schlagzeilen. Wenig später wurde seine Clariden-Leu-Bank ins CS-Reich integriert; Jaquet und seine Clariden waren History.
Nun zeigt sich, dass nicht nur Jaquet ein Problem mit der Billigbleibe im Ländle hat.
Die Wohnung, in der nicht einmal ein Junior-Banker freiwillig seinen Feierabend verbringen würde, war nämlich nicht von Jaquet gemietet. Sondern von der Grossbank.
Ein CS-Sprecher konnte gestern nichts Genaues dazu sagen. Falls die Wohnung aber von der CS bezahlt worden sei, würde dies grundsätzlich nichts an der Tatsache ändern, dass Steuern Privatsache der Angestellten sei.
Nach Bekanntwerden der Steuergeschichte kündigte die CS eine interne Untersuchung zu Jaquet durch den Konzernanwalt an. Diese verlief offenbar im Sand. Ein offizielles Resultat liegt nicht vor.
Daran habe kein Interesse mehr bestanden, nachdem der Entscheid, die Clariden Leu in die CS zu integrieren, Mitte November gefällt worden sei, begründet der Sprecher.
Die Jaquet-Story kam der CS möglicherweise gelegen. Während sie im Oktober im Geheimen das Ende der traditionellen Privatbanken-Tochter plante, war der Clariden-CEO durch die Medienberichte faktisch handlungsunfähig.
Von der Grossbanken-Zentrale hatte er einen Maulkorb umgehängt gekriegt. Er durfte sich nur einmal und ganz kurz zur Steueraffäre äussern.
„Ein Steuerexperte hat den Namen von Olivier Jaquet auf der Steuererklärung von dessen Frau beigefügt und die gemeinsamen finanziellen Verhältnisse offengelegt“, sagte damals eine Clariden-Sprecherin der SonntagsZeitung.
Die Rolle der CS blieb im Dunkeln. Die Bank war aber viel stärker in die Affäre verstrickt, als sie zugeben mochte.
Das mochte sie nicht an die grosse Glocke hängen. Negative Schlagzeilen über den Clariden-CEO kamen mit Blick auf die anstehende Integration wohl als Ablenkungsmanöver nicht ungelegen.
Heute fragt sich, ob das Wohnsitzkonstrukt von Spitzenmanager Jaquet, das jahrelang bestanden hatte und von der Grossbank aktiv betrieben worden war, innerhalb der CS System hat.
Nicht nur die Wohnung wurde von Jaquets Arbeitgeberin bezahlt. Auch ein Teil von dessen Lohn landete im Fürstentum. Die CS zog auf Jaquets Monatssalär Quellensteuern ab und überwies diese nach Vaduz.
Somit ist klar, dass von der Lohnbuchhaltung über die Personalabteilung bis hinauf in die obersten Chargen die Credit Suisse mitgeholfen hatte, einen Schein-Wohnsitz am Leben zu erhalten.
Abgesegnet hatten den Setup anfänglich Dave Blumer, ein heutiger Spitzenmanager der Swiss Re, und später Arthur Vayloyan, ein Schlachtross unter den CS-Oberen und heutiger Chef des wichtigen Private Bankings Schweiz.
Da Voyloyan im Bild war, wirkt auch die spätere Aussage von dessen Vorgesetzten Hans-Ulrich Meister wenig überzeugend, nichts vom Jaquet-Wohnkonstrukt gewusst zu haben.
Das Drama des einstigen CS-Hoffnungsträgers, der intern zum Pool der Nachwuchsstars der Credit Suisse gehörte, begann 2002.
Damals war Jaquet Chef der CS-Tochter Life & Pensions mit Sitz in Vaduz. Für solche Firmen verlangte Liechtenstein, dass der Geschäftsführer im Ländle Wohnsitz habe. Entsprechend meldete sich CS-Jaquet in Männedorf mit Domizil Vaduz ab.
Jaquets Frau blieb mit den Kindern am Zürichsee registriert. Auf deren Steuererklärung führte der CS-Manager sein CS-Einkommen auf. Seinen Vaduz-Lohn zog er vom Schweizer Steuerteil ab, da er diesen in Liechtenstein versteuerte.
Den Setup hielt Jaquet weiter aufrecht, nachdem er 2006 Chef des CS Trusts wurde und den Hut des Chefs der CS Life & Pensions nur noch im Teilamt auf hatte. Bis und mit Steuererklärung 2011 deklarierte er sein CS-Einkommen in Vaduz.
Kurz vor Erscheinen des ersten Zeitungsberichts über seinen Vaduz-Scheinsitz eröffnete Jaquets Steuerkommissär dem CS-Banker, dass die Schweiz Anspruch auf dessen CS-Einkommen erhebe.
Der Entscheid bezog sich auf den Zeitpunkt ab 2008. Damit musste Jaquet im 2011 sein Portemonnaie öffnen und für die Steuerjahre 2008 und folgende seine Steuern auf sein CS-Einkommen entrichten. Dieses dürfte sich auf über 1 Million im Jahr belaufen haben.
„Mit dem Entscheid von 2011 machten mich die Zürcher Behörden vollumfänglich steuerpflichtig in der Schweiz“, sagt Jaquet. „Das habe ich selbstverständlich akzeptiert. Auch fand alles im ordentlichen Einschätzungsverfahren statt, ohne dass es zu irgendeiner Strafe gekommen wäre.“
Bis Ende Mai kriegt Jaquet seinen CS-Lohn, danach wechselt er als Berater zu einer Schweizer Privatbank, wie Finews letzte Woche berichtete. Es handle sich um ein befristetes Strategiemandat, schrieb die Newsseite.
Der gefallene CS-Star zeigt sich zuversichtlich, dereinst wieder eine wichtige Rolle in Swiss Banking spielen zu können. „Die Frage nach Gewähr ist auf meiner Seite nie aufgetaucht, von daher gehe ich davon aus, dass dies kein Thema ist“, sagt der gebürtige Basler.
Die Finma wollte dazu keine Stellung nehmen.
Zu verdauen hatte Jaquet nicht nur, dass die CS ihren Manager im entscheidenden Moment wie eine heisse Kartoffel fallen liess.
An einem frühen Morgen Mitte November wurde Jaquet eiskalt abserviert. Hans-Ulrich Meister und sein Deputy Hanspeter Kurzmeyer platzten damals mitten in die ordentliche Sitzung der Clariden-Geschäftsleitung, die Jaquet gerade leitete.
Die Ober-Kommandierenden der Operation „Orange“, dem Codenamen für die streng geheime Integration der Clariden-Bank, nahmen den verdutzten Jaquet in die Zange und führten ihn vor die Tür.
You can go, lautete das Verdikt. Now.
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Die beliebtesten Kommentare
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OJ war eine völlig unbedeutende und traurige Figur. Leider trägt er aber eine gewisse Mitverantwortung für die überstürzte Liquidation von Clariden Leu.
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Was will der liebe OJ genau bei einer Privatbank
beraten??? Vielleicht ist es Weggelin?-
Steuerberatung natürlich und wie man ein Fitnessraum einrichtet. Sicherlich kann er auch helfen, wie man effizient den Chauffeur bestellt.
Zudem, kann er den lieben unversteuerten Kunden eine Versicherungslösung offerieren, die hat er nämlich tausenden von CS Kunden schon verkauft.
Es gibt hier einige Sachen, wo OJ seine Erfahrung einbringet kann.
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Habe ich mich auch gefragt. – Chauffeurdienstkoordination? Fremdsprachenunterricht in Baseldytsch?
Schauspielunterricht?
Fragen über Fragen.
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Der „Spatz“ Jacquet scheint mir allmählich „totgeballert“. – Es braucht nun frische Ziele. 🙂
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Jetzt hat der Oli doch für viel Geld einen PR-Mann und gleich auch noch finews.ch gekauft und jetzt kommt er schon wieder dran. Weder der PR-Mann noch finews scheinen ihr Geld wert zu sein… http://www.finews.ch/news/banken/8411-olivier-jaquet-clariden-leu-credit-suisse-hans-nuetzi-ceo
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Gut so, haut noch ‚mal richtig ‚drauf. Dann ist es aber gut und Jaquet erledigt. – Es gibt noch Dutzende anderer oberschlauer Vögel in der Zürcher Finanzszene, denen man endlich auf die Schliche kommen sollte (wie schon Bahar, Baur etc. etc.)
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…wäre ‚mal interessant zu erfahren, welche raffinierten Steuerkonstrukte sich die obersten CS-Leute haben ausarbeiten lassen…
...wäre 'mal interessant zu erfahren, welche raffinierten Steuerkonstrukte sich die obersten CS-Leute haben ausarbeiten lassen...
Gut so, haut noch 'mal richtig 'drauf. Dann ist es aber gut und Jaquet erledigt. - Es gibt noch Dutzende…
Jetzt hat der Oli doch für viel Geld einen PR-Mann und gleich auch noch finews.ch gekauft und jetzt kommt er…