1. Deutschland hat ein Problem: Eine zu hohe Schattenwirtschaftsquote von rund 15 Prozent der Wirtschaftsleistung. Damit verliert Deutschland Jahr für Jahr rund 150 Milliarden Euro an Steuer- und Sozialbeiträgen.
Das hat mit der Schweiz und ihren Banken gar nichts zu tun. Es sind Deutsche, die in Deutschland Steuern und Sozialbeiträge hinterziehen.
Vorab in Baugewerbe und Handwerk, in Dienstleistungsbetrieben (Hotel, Gastwirtschaft), in anderen Gewerbe- und Industriebetrieben, in der Unterhaltungs- und Vergnügungsbranche sowie beispielsweise bei Nachhilfestunden, Friseur, Babysitten.
Das gilt bei Deutschen als Kavaliersdelikt, nicht als „organisierte Kriminalität“ (Originalton SPD-Chef Sigmar Gabriel).
2. Deutschland will oder kann das Problem nicht selbst meistern, sondern will es durch die Schweiz und von deren Banken lösen lassen. So setzen die einen Politiker auf staatliche Kriminalität (Hehlerei in der Form des Kaufs gestohlener Daten), die anderen auf ein Abgeltungssteuerabkommen mit der Schweiz.
3. Die Schweiz und ihre Banken sind gewillt, durch das Abgeltungssteuerabkommen das Problem für Deutschland zu lösen, und zwar ganz ohne Entschädigung. Mehr noch: Sie nehmen die gesamten Kosten und hohe Ertragsausfälle in Kauf.
Beim Zinsbesteuerungsabkommen mit der EU von 2004 wird die Schweiz durch 25 Prozent der abgezogenen Zinssteuern entschädigt, was jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag ausmacht. Hat Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf (EWS) die Schweizer Finanzen vergessen?
Und: Wer entschädigt die Banken für die dreistelligen Millionenbeträge, welche die Umsetzung des Abkommens kostet (falls die Banken das überhaupt schaffen bis Ende 2012, siehe Punkt 6).
4. EWS sagte in einem Interview: „Es wird zunehmend schwieriger werden, ein Land zu finden, welches unversteuerte Gelder überhaupt noch annimmt.“
Wahrscheinlich träumt sie von einer globalen „Weissgeldstrategie“. Das ist grundfalsch, ausser der Schweiz gibt es kein Land auf dieser Welt, welches eine solche Strategie verfolgt. Schon gar nicht Deutschland.
Hat EWS vergessen, ihrem Diplomaten Michael Ambühl den Auftrag zu erteilen, in die Vertragspapiere einen entsprechenden Satz zu schreiben? Auch in den Verhandlungen mit Grossbritannien und Österreich?
5. Der Zweck des Abkommens wird in Artikel 1 des Vertrages wie folgt beschrieben: „Mit diesem Abkommen soll durch bilaterale Zusammenarbeit der Vertragsstaaten die effektive Besteuerung der betroffenen Personen in der Bundesrepublik Deutschland sichergestellt werden.“
Selbstverständlich wird die Besteuerung der steuerpflichtigen Personen in Deutschland nicht sichergestellt. Nur die Besteuerung der „betroffenen“ Personen, das heisst derjenigen, welche weiterhin Bankverbindungen in der Schweiz unterhalten. Das wären dann die dummen Deutschen, und von denen gibt es bekanntlich nicht allzu viele.
6. Die Banken investieren zurzeit Hunderte von Millionen Franken in die Umsetzung des Abkommens, ohne zu wissen, ob es am 1. Januar 2013 auch wirklich in Kraft tritt.
Soeben hat die Eidgenössische Steuerverwaltung die Wegleitungen für das Abkommen im Entwurf publiziert. Die Anleitungen umfassen mehr als 400 Seiten. Dass die kleineren Banken diese Monsteraufgabe in der Informatik, in der Rechtsabteilung, an der Kundenfront und in der Abwicklung schaffen, ist mehr als fraglich.
Und vielleicht ist auch alles für die Katz. Der deutsche Bundesrat ist wohl gegen das Abkommen. Auch in der Schweiz regt sich Widerstand.
Wie die Schweizerische Bankiervereinigung schreibt, wollen „Gruppierungen von ganz rechts (Auns) als auch von ganz links (Juso)“ das Abkommen mit einem Referendum verhindern.
Da fragt man sich, weshalb ein Regelwerk, dessen Umsetzung vernünftigerweise Jahre in Anspruch nehmen würde, innert weniger Monate aus dem Boden gestampft werden muss; und dies, obschon der Vertrag total in der Schwebe ist. Die Antwort der Bankiervereinigung: zur Stärkung des Schweizer Finanzplatzes.
7. Und schliesslich sagt die Bankiervereinigung: „Die Regelung der Steuerangelegenheiten war bisher und bleibt auch inskünftig allein Sache des Kunden und nicht seiner Bank.“ Warum, bitte, braucht es dann ein Steuerabkommen?
Im November werden wohl die Stimmbürger an der Urne darüber urteilen.
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EWS wurde von den Sozialisten und der CVP installiert und wiedergewählt. Diesen Parteien geht es nur darum, Armut zu erzeugen, sei es aus egoistischen oder ideologischen Motiven. Die SP sagt schon seit Jahrzehnten, dass sie das Bankgeheimnis abschaffen will. Insofern ist das alles überhaupt nicht überraschend.
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Die SBVg nimmt die Interessen einer Grossbank wahr, sie vertritt die anderen Mitglieder nicht (mehr). Dieses Institut wurde durch EWS dankbar und willfährig unterstützt, det Ablass kostetete diese Bank Peanuts und die oberste Etage darf dafür kräftig weiter kassieren. Schweizer Angestellte werden über die Klinge springen müssen, aber das interessiert niemanden. Weissgeldstrategie ist das Unwort des Jahres, Daniel Kohler und Hans Geiger lassen grüssen, ABER EWS regiert alleine, ganz alleine und omnipotent in der Schweiz. Und so wird es leider weitergehen mit dem vorauseilendem Gehorsam von EWS‘ Gnaden. Die Rafflaubs und E&Y und PWC etc. werden ihr noch so gerne ein Grusskärtlein zu Weihnachten schicken und in ein paar Jahren wird sie von einem ex Notenbanker das Präsidium einer Bank übernehmen.
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Ich bin total gleicher Meinung. Ein Kollege von mir ist im Verwaltungsrat einer deutschen Firma. Wenn er die Firma so um 14:00 Uhr besucht ist nur noch das Kader anwesend, die Angestellten arbeiten dann bereits in einer anderen Firma – schwarz. Dagegen unternimmt die deutsche Regierung nichts, es könnte Stimmen kosten. Die Angriffe auf die Schweiz bringen hingegen Stimmen.
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Wenn die Bankierverreinigung von *Gruppen von ganz rechts* spricht, dass meint sie die Auns? Die Wortwahl kann nur von jemandem Stammen, dem die Argumente für das Steuerabkommen abhanden gekommen sind. Wieso sollen wir den Deutschen und anderen Längern bei der Sympthombekämpfung helfen? Ihre Regierung versagt und das ist nicht unser Problem bzw. wir sollten es schleunigst verhindern als unseres zu betrachten.
Das Referendum kommt zustande und das ist gut so – das Steuerabkommen scheitert in jedem Fall! Frau Widmer-Schlumpf wird Ende Jahr abtreten so Gott will. Es wäre zu wünschen. -
Willkommen zurück IP!
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Wo liegen die Gründe für die ewig vornehme Zurückhaltung der Bankiervereinigung?? Es waren nie Konturen sichtbar und mit der sowohl-als-auch-Haltung kommen wir auch nicht weiter“(… wer sich zum Schaf macht, den fressen eben die Wölfe.“) Was allerdings Prof. Jansen vorschlägt ist auch ein „overkill“, der das Problem nicht löst, höchstens seinen Bekanntheitsgrad erhöht.
Dass das Problem mit der Abgeltung vor allem mit Deutschland besteht, hängt auch damit zusammen, dass in diesem Land die Anonymität nicht gegeben ist und ein umfassendes Kontrollsystem besteht. Siehe hiezu auch den interssanten Artikel von von Maria Fekter in der NZZ am Sonntag (26.08., S. 31):http://www.nzz.ch/aktuell/wirtschaft/wirtschaftsnachrichten/am-obersten-limit-1.17525806
Was ist denn der konkrete Vorschlag der SVP in dieser Angelegenheit? – Bis heute haben sie nur „Nein“ gesagt, ohne jedoch ihren Vorschlag offen auf den Tisch zu legen….
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Die SVP unterstützt das Referendum leider nicht. Mein grundsätzlicher Vorschlag lautet wie folgt:
Allgemeine Grundsätze
• Grundsätzlich ist die Schweiz ein Land wie jedes andere.
• Wir halten uns an die internationalen Abkommen und Standards, wie jedes andere Land auch, und wir verlangen das auch von den anderen Ländern.
• Wir verlangen bei den internationalen Standards keine Bevorzugung und gehen nicht über diese Standards hinaus.
• Die Schweiz vertritt ihre eigenen Ideen und ihre nationalen Interessen bei der Festlegung internationaler Standards und Abkommen selbstbewusst.Grundsätze des Steuerrechts
• Es gilt grundsätzlich das Domizilprinzip. Steuern auf beweglichem Vermögen sind am Domizil des Steuerpflichtigen geschuldet und zu bezahlen. Nur Liegenschaften (und deren Erträge) können nach diesem Grundsatz am Ort der Liegenschaft besteuert werden.
• Jeder Steuerpflichtige hat grundsätzlich sein weltweites Einkommen (und Vermögen) an seinem Hauptsteuerdomizil zu deklarieren. Die Abgeltungssteuer widerspricht diesem Grundsatz.
• Die Schweiz behandelt Inländer und Ausländer nach den gleichen steuerlichen Grundsätzen.
• Die Schweiz hält sich an die OECD-Standards, nicht mehr und nicht weniger. Abgeltungssteuer und bundesrätliche „Weissgeldstrategie“ gehen weit darüber hinaus.
• Das Schweizer Steuersystem kennt bis heute keine Abgeltungsteuer mit definitivem Charakter. Dieses System „legalisiert“ einzig ausländische Steuerhinterzieher. -
Kurz und knackig
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Kann ich unterschreiben.
EWS wurde von den Sozialisten und der CVP installiert und wiedergewählt. Diesen Parteien geht es nur darum, Armut zu erzeugen,…
Kann ich unterschreiben.
Wo liegen die Gründe für die ewig vornehme Zurückhaltung der Bankiervereinigung?? Es waren nie Konturen sichtbar und mit der sowohl-als-auch-Haltung…