Letzte Woche hauten die bekannten Steueranwälte von Baker&McKenzie auf den Putz. Die Schweiz sei im US-Steuerkrieg in einer „Sackgasse“ gelandet, die Eidgenossenschaft soll mittels Copy-Paste des UBS-Kapitulationsvertrags Tausende US-Steuersünder offenlegen.
Die Schweizer Baker-Stars sind keine dahergelaufenen Anwälte. Sie gehören zu den führenden Experten im US-Steuerstreit.
Besonders Partner Marnin Michaels gilt als grosse Nummer. Er ist seit Jahren mit dem US-Steuerthema vertraut. Mittels globalem Netzwerk ist Baker Schweiz eng mit Baker USA verknüpft.
Der Amerika-Bezug von Michaels ist gross. Denn Michaels ist Amerikaner.
Genauer: Er wird es bald einmal gewesen sein.
Nächsten Januar gibt Michaels nämlich seinen US-Pass zurück. Das bestätigen mehrere Quellen unabhängig voneinander.
Der Schritt gibt zu reden. Predigt Baker-Staranwalt Michaels öffentlich Wasser, trinkt privat aber Wein?
Am Anlass von letzter Woche machte Michaels klar, dass er kaum mehr Chancen sieht, die Namen von möglichen US-Steuerhinterziehern noch lange geheim zu halten.
Im besten Fall könnten die Schweizer Unterhändler etwas Zeit herausschinden. Zuletzt würde aber FATCA – so heisst ein umfassendes neues Offenlegungsprogramm – den USA ermöglichen, dass rückwirkend viele US-Kunden offengelegt würden.
Michaels wollte gestern am Telefon keine Stellung zu seiner Passrückgabe nehmen.
Der Amerikaner lebt und arbeitet seit vielen Jahren in der Schweiz, wohnt in einem teuren Quartier in der Stadt Zürich, engagiert sich nebenbei für eine Vereinigung zur „Völkerverständigung“.
Der Steuersatz der Limmatstadt ist im Kantonsvergleich relativ hoch. Trotzdem würde Michaels als reiner Schweizer wohl deutlich weniger Steuern zahlen, wenn er nicht mehr gleichzeitig amerikanischer Bürger wäre.
Das hat mit dem speziellen US-Steuersystem zu tun. Amerika kennt als Ausnahme die weltweite Besteuerung ihrer Bürger. Jeder, der einen US-Pass hat, muss seinen Obolus leisten, egal wo er lebt.
Mit vielen Ländern haben die US-Steuerbehörden einen Freibetrag abgemacht. Für US-Bürger in der Schweiz liegt dieser knapp unter 100’000 Dollar. Soviel können die Betroffenen von ihren jährlichen Einnahmen abziehen.
Für den Teil, der darüber liegt, gilt: Was nicht schon von der Schweiz besteuert wird, unterliegt US-Steuern. Das regelt das Doppelbesteuerungsabkommen der beiden Länder.
Für Amerikaner mit hohem Einkommen und viel Vermögen kann das schnell ins Geld gehen.
Im Unterschied zur Schweiz kennen die USA umfassende Erbschafts- und Schenkungssteuern. Ein grosser Teil des Erbes fällt dem Staat zu.
Ebenso langen die Amerikaner bei Kapitalgewinnen kräftig zu. Da die Börsen dieses Jahr nach oben tendieren, dürften die Kapitalgewinne auf der nächsten Steuerrechnung ins Gewicht fallen.
Erbschafts-, Schenkungs- und Kapitalgewinnsteuern können den Amerikanern, die ausserhalb ihrer Heimat leben, somit schwer auf dem Magen liegen.
Im Fall von Michaels könnten hohe Steuerbeträge auf dem Spiel stehen. Als erfolgreicher Steuerexperte dürfte Michaels in den letzten Jahren bis zu siebenstellige Einkommen erzielt haben.
Denn Michaels ist nicht irgendwer. Er hat seit Jahren das Ohr vieler Schweizer Banken mit reichen amerikanischen Kunden. Diese hören auf die Empfehlungen des Steuerexperten mit US-Expertise.
Als vor 12 Jahren ein erstes amerikanisches Steuereintreibungsprogramm namens Qualified Intermediary eingeführt wurde, das die Schweizer Banken zu einer gewissen Einschränkung ihres Offshore-Bankings mit reichen US-Kunden zwang, waren Michaels und die Baker-Leute zentrale Berater.
Damals fürchteten die Banken einen Exodus ihrer US-Kunden. Da fand der Finanzplatz ein „Schlupfloch“: Zwischen US-Kunden und Bank konnte eine Gesellschaft in einem Offshore-Paradies geschaltet werden.
Die sogenannten BVI-Gesellschaften wurden zum Renner; BVI wie British Virgin Islands.
An vorderster Front agierten Marnin Michaels und seine Baker-Anwälte.
„Stand bei der UBS eine Grundsatzentscheidung an, wurde Baker&McKenzie konsultiert, und diese verfasste wenn nötig eine Würdigung aus rechtlicher Sicht“, schrieb der Autor in seinem Buch „Paradies Perdu“ im 2010. „Kurz, die Baker-Anwälte waren die QI-Vertrauten der führenden Bank des grössten Offshore-Finanzplatzes.“
In einem Memorandum vom 4. Juli 2000 verwiesen UBS-Steuerexperten explizit auf die Expertise der Baker-Anwälte. „Baker&McKenzie hätte die Kapazitäten, um beispielsweise BVIs unter jede unserer Stiftungen zu legen“, hielten sie damals fest.
Ein Zürcher Steueranwalt erinnert sich an gutbesuchte Morgenveranstaltungen von Marnin Michaels und seinen Kollegen. „Die Steuerexperten der Banken machten grosse Augen und empfahlen danach ihren Chefs die Baker-Strategien“, sagt die Quelle.
Als der Wind drehte, empfahlen sich Michaels & Co. den verängstigten Kunden als Hilfe zur Selbstanzeige. Hunderte wenn nicht Tausende US-Kunden der UBS liessen sich von Baker bei der Deklaration ihrer jahrelang versteckten Schweizer Vermögen beraten.
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Die beliebtesten Kommentare
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UBS soll Baker & McKinsey „striktes Hausverbot für mindestens zehn Jahre“ erteilen,
war Marc Zuyox’s Rettungsrezept für den durch Lex Americana und soft laws der IRS-, OECD-, FATF- & anderer Bürokraten bedrohten Finanz- & Werkplatz Schweiz (NZZ 27.11.08: http://www.solami.com/iconoc.htm#BMK ). Tatsächlich trug B&MK Wasser auch auf die eigenen Mühlen, als sie zusammen mit UBS und auf Geheiss der IRS den Genfer Privatbanken in den Arm fielen, als diese im Jahre 2000 daran waren die QI-Aberration durch einen US-Richter auf den Misthaufen der Geschichte werfen zu lassen (www.solami.com/kingpin.htm#BMK ).
Der fremd-gesteuerte Niedergang wird aber auch von hände-ringenden, immer noch blau-äugigen und auf einen Befreiungsschlag hoffenden Politikern begünstigt. Statt den IRS-Begehrlichkeiten mit weiteren einseitigen & selbst-schädigenden Zugeständnissen (wie ordre public-widrigen Gruppenanfragen) Vorschub zu leisten, könnte dem IRS wirksam mit Tiefgang, Weitsicht & Intelligenz Paroli geboten werden (www.solami.com/arbitrage.htm ). -
Renouncement wird jedes viertel Jahr im Federal Register publiziert, und ab Datum der Pass Rueckgabe hoert die Steuerpflicht gegenueber der USA auf. Beabsichtige genau das gleiche zu machen, betrifft auch die Green Card!! Kann auf jeder US Botschaft erfolgen muss nicht in Bern sein. Je kleiner das Land je besser! Doppelbuerger geben jetzt schon die Dokumente ab wenn sie auf einer Cruise ausser Landes gehen. Keiner will noch ein Amerikaner sein, und ein bisschen mehr warten am Zoll ist kein Problem, sonst aendert sich nichts ausser man kann sich nicht mehr einbuergern lassen (ein zweites Mal)
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Leider wird ihm der Schritt nicht wirklich etwas bringen, denn selbst wenn ein Amerikaner seine Staatsbürgerschaft abgibt, ist er noch weitere 10 Jahre zur Zahlung verpflichtet.
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Stimmt schon lange nicht mehr. Mit der Exit Tax ist Herr Michaels draussen: „Expatriation is the ultimate estate plan,“ says Donald Baker, senior partner of the giant Chicago-based law firm Baker & MacKenzie, vgl: http://www.escapeartist.com/library/article6.htm
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Eines ist mir nicht klar: wieso kümmern sich so viele Leute um die Nationalität von Herrn M.? Im Tagblatt der Stadt Zürich stehen jeden Mittwoch seitenweise die Einbürgerungen der Stadt Zürich aufgelistet – und das ist nie ein Thema auf dieser Plattform.
Auf der anderen Seite:
Kommunikation mit Herrn M. findet immer in Englisch statt. Ich weiss daher nicht, ob er sich in einer Landessprache überhaupt verständigen kann?
Eine der Anforderungen für Einbürgerungen in Zürich sind: Sie sollten Dialekt- und/oder Schriftsprache so verstehen und sprechen, dass Sie sich mit Ihren Mitbürgerinnen und Mitbürgern verständigen können.-
Liebe Susi, zum Thema Landessprache gibt es good news. MM ist durchaus in der Lage, selbst zu komplexen Themen in deutsch vorzutragen. Und das gut verständlich. Ich habe noch nicht viele Amis gesehen, die dies können. Selbst erlebt kürzlich an einem Seminar. Sie sollten einfach mal insistieren und sich selbst von den Kenntnisssen überzeugen. Ich frage mich allerdings bei vielen anderen Einbürgerungen, wie das mit der Sprache bewertet wurde.
Zum Artikel von Herrn Hässig zu diesem Thema noch ein Wort: Herr Hässig, bringen Sie etwas was wirklich interessiert und stöbern Sie nicht im Privatleben von Einzelpersonen. Das könnte leicht mal ins Auge gehen. -
Liebe Susi
Ihrem Nichtverstehen kann geholfen werden: Erst wenn Ihre Informationsquelle „Tagblatt“ eine Rubrik „steuerlich motivierte Ausbürgerungen“ einführt, wird Ihr Kommentar Sinn machen. Bis dahin ist es durchaus interessant, wenn der prominenteste US Steueranwalt auf Schweizer Boden seine US Staatsbürgerschaft widerruft. Insbesondere da Herr Michaels ein wichtiger Akteur im US Steuerstreit ist und seine Kanzlei zu QI so ziemlich jede Bank der Schweiz beraten hat und heute für die Datenherausgabe und gegen das Bankgeheimnis (einverstanden: gibt’s nicht mehr, aber da gäbe es noch ein paar Mitarbeiter und Aktionäre die das nicht freut) im Auftrage vieler Banken lobbyiert. -
Lieber Herr Walker
Sie haben bestimmt recht, dass es viele Einbürgerungen gibt, bei welchen die Kenntnisse der Landessprache zweifelhaft sind. Bei MM kann ich das nicht beurteilen. Da Sie ja offenbar Bürger oder Eingebürgerter sind, wissen Sie bestimmt auch, dass „das könnte leicht mal ins Auge gehen“ als strafrechtlich relevante Drohung aufgefasst werden kann. Vermutlich haben Sie ja auch nicht an „Betonschuhe“ und „Grund des Schanzengrabens“ gedacht, so wie es Journalisten an der Moskwa öfters mal ergeht, sondern vielmehr an Liebesentzug durch insideparadeplatz.ch-nicht-mehr-anklicken… -
Es ist nach wie vor so: die Nationalität von Herrn M. geht niemanden etwas an. Die Tatsache, dass er eine Dienstleistung anbietet, die gesucht ist, hat damit überhaupt keinen Zusammenhang. Banken und Private werden ihn weiterhin konsultieren – wegen seines Wissens und nicht wegen seiner Nationalität. Sollte seine Nationalität wirklich einen Einfluss auf seine Lobbying-Aktivitäten haben, dann gibt es nur schon in Zürich genügend U.S. Steueranwälte, die im selben Teich fischen, oder anders gesagt, in den Startlöchern stehen, um eine solche Chance auszunutzen.
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Philip Marcovici hiess doch der noch bekanntere QI-Kollege von Marnin, auch er damals Partner bei Baker & McKenzie in Zürich. Gemäss Zürcher HR war er mal kanadischer Staatsbürger (2003), ist nun aber offenbar bevorzugt mit britischem Pass unterwegs (2009/2010). Er sitzt heute u.a. im VR der Rothschild Bank sowie bei Kaiser Partner (Zollikon/Vaduz).
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…bei Rothischild und bei KaiserPartner? – Uiuiui, das ist aber nach Corporate Governance-Regeln nicht kosher, Herr Marcovici!
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Corporate Governance? Nicht doch! Damit kann er sich weiss Gott nicht auch noch rumschlagen. Denn Herr Marcovici höchstpersönlich ist der „Erfinder der Weissgeld-Strategie“, wie der Tagi treuherzig berichtete (13.02.2010). Dass es ihm und seinen Partnern im Ländle vor allem um die undeklarierten britischen Vermögen in der Schweiz ging, war immerhin in einem Nebensatz angedeutet…
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Was genau, lieber Autor, möchten Sie mit dem Artikel aussagen?
Herr Michaels hat sich nicht der Steuerhinterziehung schuldig gemacht. Er hat wohl lediglich entschieden, dass er nach so langer Zeit in der Schweiz keinen Grund mehr sieht, weiterhin den amerikanischen Pass zu behalten. Hat dies damit zu tun, dass er damit (ganz legal übrigens) weniger, bzw. in Amerika bald keine Steuern mehr bezahlen muss? Vielleicht.
Aber Herrn Michaels zu unterstellen, dass er ‚flüchte‘ und ihn somit indirekt auf die selbe Stufe wie die amerikanischen Steuerflüchtlinge zu stellen, entbehrt jeder Logik.
Die amerikanischen Steuerflüchtlinge haben auf illegale Weise „Steuerflucht“ begangen. Sie haben keine Steuern für die Kapitalgewinne und ihr Einkommen, das sie mit ihren Konten in der Schweiz erwirtschaftet haben, bezahlt.
Herr Michaels hingegen ist in der Schweiz wie auch in Amerika seiner Steuerpflicht nachgekommen.
Mit der Abgabe seines amerikanischen Passes begeht er keine Straftat.
Und wenn er amerikanische Staatsbürger dazu auffordert, Selbstanzeige zu leisten, predigt Herr Michaels NICHT öffentlich Wein und trinkt privat Wein.
Auf beruflicher Basis fordert er amerikanische Steuerflüchtlinge dazu auf, ihre Vermögen in der Schweiz zu deklarieren.
Auf privater Basis tut er lediglich das, was wahrscheinlich die Mehrheit von uns tun würde. Auf legale Art und Weise.P.S. Herr Michaels muss meines Wissens wohl auch nach der Abgabe seines Passes noch für einige Jahre Steuern in Amerika bezahlen.
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Amen. Zum Glück gibt es noch Personen, die uns armen Amis verstehen: wir handeln selbstlos und edel!
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Genau. Die Amis bringen der ganzen Welt Demokratie, Gerechtigkeit, Liebe und Frieden. Dass dabei mal ein Fass Öl oder ein Wiederaufbauauftrag anfällt ist reiner Zufall…
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Ihr Wissen stimmt nicht. Herr Michaels muss nur die Exit tax zahlen und ist damit draussen. Lassen Sie sich doch dahingehend von Marnin Michaels zu CHF 800 die Stunde beraten…
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Ganz und gar nicht unwichtig. Herr Rechtsanwalt Marnin Michaels und seine Kollegen haben viele Schweizer Banken, nicht zuletzt die UBS beraten. Er hat dabei auch aufgezeigt wo die Lücken im QI sind. Zudem haben er und seine Kollegen der UBS Strukturen angeboten und vor US IRS Agenten gewarnt, welche gerade um den Paradeplatz zogen. Das zumindest steht im Reeves Report des US Justizministeriums und in USA Today von 2009 sowie in der NZZ von Februar 2012. Wie immer gilt auch für Marnin Michaels die Unschuldsvermutung.
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Vom Saulus zum Paulaus und dann wieder zum Saulus?
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Die U.S. Estate tax trifft alle in der CH wohhaften Personen, also auch Schweizer, vorausgesetzt dass sich im Nachlass über USD 60.000 US-Wertschriften befinden, also Aktien von Einzelgesellschaften wie z.B. GE. Der Freibetrag von USD 60K für die CH ist derart niedrig weil es die kompeteten Stellen es seit 1952 verschlafen haben, höhere Freibeträge auszuhandeln. In den umliegenden Ländern sind diese Freibeträge sehr viel höher.
Die Income Tax (Steuern auf Einkommen) ist wieder ein anderes Kapitel.-
Naja, wenn Marnin Michaels so pfiffig ist, die US Staatsbürgerschaft aufzugeben, wird er ja nicht so dämlich sein, sich durch Halten von US Wertschriften die Erbschaftssteuervorteile wieder zu vergeben. Betreffend Aushandlung des Freibetrages gebe ich Ihnen recht. Nur was die Schweizer Verwaltung seit 1952 nicht hingekriegt hat, wird sie im Jahre 2012 erst recht nicht hingkriegen. Das ist übrigens genau das Thema, welches Konrad Hummler in seinem Artikel „It’s time to say goodbye“ ansprach und weshalb die gute alte Wegelin ihre Nicht-US-Kunden keine US-Wertschriften mehr ins Depot legen liess.
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Die U.S. Estate tax trifft alle in der CH wohhaften Personen, also auch Schweizer, vorausgesetzt dass sich im Nachlass über…
Vom Saulus zum Paulaus und dann wieder zum Saulus?
Naja, wenn Marnin Michaels so pfiffig ist, die US Staatsbürgerschaft aufzugeben, wird er ja nicht so dämlich sein, sich durch…