Auf dem Finanzplatz Genf verschieben sich die Gewichte. Gewinner sind die alteingesessenen Privatbanken Pictet, Lombard Odier und weitere. Verliererin ist die globale HSBC mit ihrem Schweizer Ableger.
Nun ist klar, wer das Genfer UK-Team übernommen hat. Es ist Lombard Odier. Die Leute um die Veteranen Duncan Munro und Steve Howarth begannen am 1. Juli am neuen Ort.
Offiziell will sich Lombard Odier nicht zu den Verpflichtungen äussern. Ein Insider bestätigt aber, dass die Bank mehrere Senior-Kundenberater von Konkurrentin HSBC übernommen hat, und zwar sowohl in Genf als auch in Zürich.
Auch beim Zürcher Team soll es sich um das dort abgesprungene UK-Team handeln, sagt eine zweite Quelle. Dieses war einst durch die Übernahme der Bank Guyerzeller zur HSBC Schweiz gekommen und arbeitete unter der Leitung von Fabian Rauber.
Ebenfalls von HSBC zu Lombard Odier geht eine Russland-Beraterin. Diese ist mit einem der erwähnten England-Chefs verheiratet. Ihr Wechsel wird mit einem hierarchischen Aufstieg zur Direktorin versüsst.
Damit ist das Russland-Team von HSBC endgültig zerfallen. Zwei weitere Teammitglieder zogen nämlich ihrem Ex-Chef nach. Der hatte bereits früher zur französischen Société Générale gewechselt.
Für HSBC bedeuten die gehäuften Abgänge einen schweren Schlag. Die Lücken werden laut einem Insider durch Angehörige anderer Offshore-Desks behelfsmässig gestopft.
Ein Sprecher von HSBC Schweiz wollte sich gestern nicht zu den Abgängen äussern. Für den Ableger Monaco, der zum Verkauf steht, würde weiter ein Käufer gesucht.
Ob weitere Auslandtöchter abgestossen werden sollen, wollte der HSBC-Sprecher nicht sagen. Kommuniziert würde, wenn es dazu etwas zu vermelden gebe.
Die zahlreichen Wechsel von HSBC zu Lombard Odier sind vor dem Hintergrund einer Gezeitenwende zu sehen. Die Schweizer Privatebanking-Ableger grosser Auslandbanken sind auf dem Rückzug, die starken Schweizer Vermögensverwalter können erben.
Ob die Schweizer mit den übernommenen Teams und Seniors glücklich werden, muss sich weisen. Nur wenn die Kunden ihren Beratern folgen und keine Risiken ins Haus bringen, geht das Kalkül auf – darüber weiss Lombard Odier mit ihrem Lateinamerika-Team ein Liedchen zu singen.
Für die HSBC Schweiz geht eine Ära zu Ende. Die Bank war während vielen Jahren im Aufwind. Sie hatte die Ambition, hinter den beiden Platzhirschen UBS und CS die dritte Kraft zu werden.
Mit der Übernahme und späteren Integration der Bank Guyerzeller, eine renommierte Privatbank mit Wurzeln beim Vater der phantastischen Junfraujochbahn, erreichte HSBC einen neuen Meilenstein.
Rasch kam der Schweiz-Ableger des Multis auf 200 Milliarden verwaltete Kundenassets und hatte neben seiner Zentrale in Genf neu dank Guyerzeller einen Schwerpunkt auf dem Finanzplatz Zürich.
Mit ihren 200 Milliarden Assets under Management erreichte die HSBC um die Jahrtausendwende herum eine kritische Grösse. Julius Bär und Pictet lagen je nach Berechnungsart zurück.
Bereits damals litt HSBC unter ihrer systembedingten Schwäche. Die Schweizer Privatebanking-Tocher war in den Augen der Zentrale in London und Hongkong ein Stiefkind. Man freute sich über Gewinne, wollte aber nichts von den Risiken wissen.
Eine symbolische Niederlage setzte es mit dem Kauf der Republic New York ab. Diese wurde der HSBC vom Bruder des heutigen Safra-Sarasin-Chefs verkauft.
Mit der Republic gelangte HSBC auch an eine wertvolle Liegenschaft am Paradeplatz. Etwa ein Jahr später riss sich der heutige Safra-Boss das Nebenhaus unter den Nagel. Wir sind stärker, lautete die Botschaft der brasilianischen Familienbanker.
Mit dem Datenklau von 2009 durch einen IT-Berater stürzte die Schweizer HSBC wie ein Kartenhaus ein. Die Affäre fuhr der Zentrale in London in Mark und Bein. Sie zog die Notbremse.
Seither herrscht ein Abbruch auf Raten. Der Chef Alexandre Zeller wurde Anfang 2012 durch Franco Morra ersetzt. Der war zuvor bei der UBS als Schweiz-Chef Knall auf Fall abgelöst worden.
Mister „Saluti“, wie Morra intern bei der HSBC genannt wird, hat vom Headquarter den Auftrag, die Kosten zu minimieren. Verstecktes Ziel dürfte sein, die Bank in Teilen zu verkaufen oder dann herunterzufahren.
Der aktuelle Massenabgang der beiden UK-Teams und des Russland-Desks ist verbunden mit einem grossen Knowhow-Verlust.
Bei den Senior-Beratern für den Markt England handelt es sich um Vermögensberater, die Anfang 2000 von der englischen Lloyds Bank zur HSBC Schweiz gestossen waren.
Mit mehr als einem Jahrzehnt auf der Payroll waren sie mit der HSBC vertraut und hatten ein grosses Kundenbuch.
Der Wechsel zu Lombard Odier erfolgt im Nachgang zum Entscheid in London, den Markt England neu von dort aus zu bearbeiten.
Das sagt alles aus über den Stellenwert des Schweizer Ablegers. Offshore-Banking aus Genf und Zürich hat für die grossen HSBC-Chefs keine Priorität mehr.
Lombard Odier und andere Genfer Privatbanken stehen bereit zum Erben. Vor allem Lombard Odier geniesst den Ruf, einmal angestellte Leute nicht leichtfertig zu entlassen.
Am Ende muss aber auch Lombard Odier rechnen. Die Bank ist gerade dabei, von ihrer alten Partnerschafts-Rechtsform in eine AG umzustellen.
Der Schritt zwingt zu mehr Transparenz. Sind dann die Zahlen schlecht, könnten die Zeiten für Private Banker auch bei Lombard Odier eisiger werden.
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Ist es den so weit hergeholt, dass im Rahmen des Steuerabkommens mit Grossbritannien es für die HSBC einfach keinen Sinn mehr macht, via ihren HSBC (Schweiz) Ableger britisches Schwarzgeld zu verwalten?
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Der Peter glaubt noch an die Mär vom britischem Schwarzgeld? Hat ja offensichtlich viel weniger englisches Schwarzgeld in der Schweiz, als die Banken meinten: Schlechtes Zeugnis für die Banken!!! Die Engländer konnten schon vor Generationen mit Hilfe der Trust ihre Hinterlassenschaften völlig legal steuergünstig parkieren. Musst die Angelsachsen nicht lernen, wie man zu Geld kommt und es behalten kann!
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Toller Artikel…
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sehe ich schlicht als schumpetersche schöpferische zerstörung, dem würde wohl sogar f morra zustimmen, n’est pas? die richtig smarten nutzen also bloss die gunst der stunde. bleibt zu hoffen, dass sie dadurch nicht selbst in den strudel geraten, bonne chance!
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„Vor allem Lombard Odier geniesst den Ruf, einmal angestellte Leute nicht leichtfertig zu entlassen.“
Ich bekomme einen Lachkrampf. Woher hat denn Herr Hässig diese Information?
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The world’s local bank hat nun auch alle Probleme der Welt bei sich. Nachdem teuer eingekauft wurde, wird nun noch mehr ausgegeben, um die Banken wieder los zu werden. Household lässt grüssen.
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"Vor allem Lombard Odier geniesst den Ruf, einmal angestellte Leute nicht leichtfertig zu entlassen." Ich bekomme einen Lachkrampf. Woher hat…
The world's local bank hat nun auch alle Probleme der Welt bei sich. Nachdem teuer eingekauft wurde, wird nun noch…
sehe ich schlicht als schumpetersche schöpferische zerstörung, dem würde wohl sogar f morra zustimmen, n'est pas? die richtig smarten nutzen…