Die Finanzministerin macht mit Hilfe von Expertengruppen gerne und häufig Finanzplatzstrategien, die so schöne Namen tragen wie „Weissgeldstrategie“ „Abgeltungssteuer“, „Automatischer Informationsaustausch“. Die Bedeutungen und Gewichte verändern sich laufend, wodurch kaum mehr erkennbar ist, was im Moment gilt.
Der Spitzenverband der Banken, die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg), kann mit der wirbligen Finanzministerin kaum Schritt halten und hat zudem Mühe, die verschiedenen Mitgliedergruppen auf ihrer variablen Linie zu halten.
Die SBVg hat deshalb die Initiative ergriffen und Ende letzten Jahres eine eigene strategische Stossrichtung definiert: Sie will, zusammen mit der Swiss Funds Association (SFA), das Asset Management als wichtiges Standbein des schweizerischen Finanzsektors etablieren. Dabei verlangt sie auch die Unterstützung von Politik und Behörden.
Die zwei grossen Branchenverbände haben Schwachpunkte aufgespürt, orten Handlungsbedarf und monieren, „die Bankdienstleistungen in der Schweiz würden vor allem mit Private Banking und Vermögensverwaltung in Verbindung“ gebracht. Das Asset Management hingegen „friste bis anhin eher ein Schattendasein“.
Was aber ist „Asset Management“? Es ist die englische Übersetzung von „Vermögensverwaltung“. Die gleiche Tätigkeit kann aber nicht gleichzeitig im Vorder- und im Hintergrund stehen.
Arbeit an der Sprache sei Arbeit am Gedanken, sagte Friedrich Dürrenmatt. Etwas Disziplin in Sprache und Gedanken würde dem Bankenverband nicht schlecht anstehen.
An anderer Stelle steht: „Die Schweiz wird in erster Linie als Wealth-Management-Platz wahrgenommen. Die Asset-Management-Kompetenzen hingegen sind von aussen als Alleinstellungsmerkmal wenig ersichtlich.“ Oder: „Die Schweiz soll zu einem weltweit führenden Vermögensverwaltungsstandort werden.“
Das sind eigenartige Befunde. Der vom Finanzplatz London initiierte neueste „Global Financial Centres Index“ platziert in der Kategorie „Investment Management“ (was ja etwa das Gleiche ist wie Asset Management) Zürich und Genf in den Top ten der Welt. Tendenz steigend. Nur die USA verzeichnen mehr Plätze in den 10 Spitzenpositionen als die Schweiz.
Offensichtlich sind die Asset-Management-Kompetenzen von aussen sehr gut ersichtlich, und die Schweiz ist schon ein führender Vermögensverwaltungsstandort.
Was also soll das Schlechtreden der eigenen Spitzenleistungen?
Die Überlegungen im 20-seitigen Grundlagenpapiers zum Begriff „Asset Management“ zeigen einige erstaunliche Dinge.
1. Von Asset Management spricht man, wenn eine spezialisierte Vermögensverwaltung von „qualifizierten, erfahrenen und ausgewiesenen und prudentiell beaufsichtigten Vermögensverwaltern“ erbracht wird.
Den Ruf nach mehr Regulierung und Zertifizierung von Vermögensverwaltern kennen wir doch schon aus dem Vorschlag eines überflüssigen und schädlichen Finanzdienstleistungsgesetz FIDLEG aus dem Hause Widmer-Schlumpf. Wie das Finanzdepartement stellt sich damit auch die Bankiervereinigung gegen die Kleinen und die Unregulierten. Ausdrücklich verlangt sie eine „effiziente, transparente, international anerkannte und wirksame Regulierung“.
2. „Beim Asset Management steht die Kundenbetreuung an sich nicht im Vordergrund.“ Meint dieser ungeheuerliche Satz im Grundlagenpapier, dass sich die Banken weniger mit den Kunden beschäftigen sollen? Sind die Banken kundenmüde? Haben sie es satt, sich mit Kunden herumzuschlagen, die Terroristen, Staatschefs, Geldwäscher oder Steuersünder sein könnten?
3. Offensichtlich gefällt dem Spitzenverband der Banken, dass beim Asset Management „der Fokus auf den Anlagemethoden und Anlageprozessen liegt“. Damit lockt man allerdings schon lange keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor – und schon gar keinen Kunden in die Bank.
4. Mit den „hohen Schweizer Asset-Management-Standards“ will man die Schweiz attraktiv machen für die Ansiedelung ausländischer Asset Manager. Es geht um „Governance“, „Best Practices“, „Code of Ethics“ etc., alles Dinge, welche die Grossen der Branche schon bisher in reicher Fülle zu Papier gebracht haben. Und natürlich geht es um Kompatibilität mit MiFID und anderen ausländischen Regulierungen. Aus welcher Küche kommen diese Empfehlungen? Vermutlich handelt es sich um ein altes Berner Rezept.
5. Wirklich grob wird das Papier in der Darstellung der Schwachstellen. Das grenzt doch schon stark an Nestbeschmutzung. So was sagt nicht einmal Peer Steinbrück über die Schweiz:
– „im Vergleich zum Ausland noch eher unterentwickelte Compliance-Kultur in der Schweiz“;
– „Prozesse und Best Practices sind noch nicht genügend geregelt“;
– „zu wenig spezialisierte Aufsichtsbehörden angesichts der Komplexität der Materie, was zu einem ungenügenden Kontrollprozess führt“.
Was bleibt nach der Lektüre des Grundlagenpapiers?
Ganz eindeutig der Eindruck, dass bei den zwei Verbänden offensichtlich Kontrollprozesse fehlen, welche die Publikation eines solchen Dokumentes verhindern.
Die Schweizerische Bankiervereinigung und die Swiss Funds Association schreiben, „im Asset Management bestünden kaum Reputationsrisiken“. Im Schreiben von Grundlagenpapieren hingegen schon.
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Die beliebtesten Kommentare
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Vertraulichkeit, Diskretion, Kundenfokussierung… das sind Schlagworte eines Private Banking, das nicht durch objektive Renditeperformance sondern durch beziehungsbezogene Bauchpinselei des Kunden über Jahrzehnte hinweg erfolgreich war.
Asset Management rückt die Beziehungsebene in den Hintergrund und stellt wissenschaftliche und regulatorische Konzepte zur Portfoliogestaltung in den Vordergrund.
Ob damit jedoch die durchaus menschliche Abzockmentalität vieler Banker gezügelt werden kann hängt vom Einzelfall ab.
Die Schweiz und viele andere Finanzzentren müssen sich durch Professionalisierung profilieren, Kundenfang durch Einschleimerei wird in einer in Finanzfragen zunehmend aufgeklärten Welt viel schwieriger.
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Zu den von Herrn Geiger vertretenen Ansichten seien mir drei Punkte aus Sicht Kundenfront erlaubt:
1.) Performance-Orientierung und Nachvollziehbarkeit von Produkten und Kontrollprozessen: Diese beiden Punkte spielen bei den Institutionellen Kunden wie auch bei den sog. „High Net Worth Individuals“ die global anlegen die Hauptrolle. Diese Kunden treten mit Investment-Controllern in der Bank auf und erwarten, dass der Kundenberater ein Produkt und einen Prozess erklären kann. Die Akzeptanz des Kundenberaters hängt von seiner Kompetenz ab und ob die „Chemie“ stimmt. Solange jedoch selbst Produzenten Mühe haben, komplexe strukturierte Produkte auf einer Seite zu erklären, darf vom Kundenberater dies nicht erwartet werden, und er sollte daher auch nicht dazu genötigt werden, solche Produkte einzusetzen nur weil sich „margenträchtig“ sind (z.B. gewisse Absolute Return Produkte, die mit CDO’s „aufgepeppt“ wurden und sich dann als Flopp erwiesen…) Wer also soll hier im Sinne des Kundenschutzes regulierend eingreifen wenn nicht die Aufsicht??
2) Ende der sog. „Banklagernd-Mentalität“: Die Zeit, wo sog. banklagernd-Depots ohne Performance-Druck verwaltet wurden, und die fehlende Performance mit ausgiebigen Mittagessen und Events kompensiert wurde, neigt sich dem Ende entgegen. Dies darf jedoch nicht mit einem Verlust der Kundenbindung gleichgesetzte werden wie ich dies bei Herrn Geiger wahrnehme. Wer an der Kundenfront tätig war weiss, wovon ich spreche.
3) Kundenbindung und Performance-Orientierung: Dies sind keine Gegensätze, sondern weltweit anerkannte komplementäre Leistungsmassstäbe und Standards. Es gibt Geschäftsmodelle des Versteckens und es gibt Geschäftsmodelle der Transparenz. Der globale Trend geht Richtung Transparenz. Dies hat nichts zu tun mit einem Verlust an Kundenbetreuung, sondern hat sehr viel zu tun mit Vertrauen. Vertrauen kann sich längerfristig nur in offenen Geschäftsmodellen entwickeln und halten. -
Gut auf den Punkt gebracht!
Wovon reden wir eigentlich (Dürrenmatt lässt grüssen)!?Eine Bank ist eine Bank, wenn sie Gelder öffentlich entgegennimmt und Kredite daraus macht. Die Kunst ist, aus kurzfristigem Geld langfristige Kredite zu machen (Risikomanagement).
Vermögensverwaltung ist (oder solltes es sein), wenn einer das Vermögen eines anderen verwaltet (dazu braucht es keine Bank).
Vermögensverwaltung gibt es für Private und wird missbräuchlich als „Private Banking“ bezeichnet. „Wealth Management“ wurde bei den Anglos schon etwas früher erfunden, gemeint ist dasselbe.Vermögensverwaltung gibt es für institutionelle Anleger und wird „zur Verwirrung des Publikums“ als Asset Management bezeichnet.
Vom „Investment Banking“ reden wir besser nicht, denn das hat mit einer Bank (im volkswirtschaftlichen Sinne) gar nichts zu tun. Tönt aber auch sehr anspruchsvoll und man kann dem Bürger leichter einreden, dass das zu einem Bankenplatz gehört.
Das Verhalten der Branchenverbände zeigt, dass es nicht darum geht, Klarheit und Ordnung zu erzielen, sondern Marketing zu betreiben. Den Eindruck zu erwecken, dass es um sehr schwierige Dinge geht, und dass wir alle bedroht sind, wenn nicht sofort etwas reguliert wird, macht die Sache erst interessant. Das ist für eine Lobby-Organisation legitim, aber man darf sie nicht ernst nehmen.
Das Übel beginnt immer bei den Politikern, die von den Lobbies getrieben werden und dann unsinnige Regulierungen erfinden (müssen ihr Dasein rechtfertigen!).
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Dümmer geht’s nimmer …
Aleidus Bosman-
@Mr. Bosman: Kann ich nur unterschreiben. Knapp, aber klar formuliert. Thx Sir!
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… “Governance”, “Best Practices”, “Code of Ethics” etc.??
Jaja, mit SOX wäre eben alles besser. Ich sage nur: Adoboli, Hayes and so on. Regulieren bis der Arzt kommt?
Öh, Moment, welcher Nationalität gehörten die eigentlich an und unter welcher Flagge segelten die?
PS: Das Bankgeheimnis gehört in die Verfassung, hat damit aber zugegebener Massen wenig zu tun.
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Leider sind in diesen „Expertengruppen“ immer sehr praxisfremde Leute von UBS, CS und JB. Es mag erstaunlich klingen, dass ich solche Leute als praxisfremd bezeichne, aber es sind leider nur interne Theoretiker. Wie soll aus derartigen Gruppen etwas kompetentes entstehen? Swissbanking hätte genügend Ressourcen, aber sie greifen nur auf ihre Freunde zu um ihren CV etwas aufzubessern. Echt schade. Früher hätte man als aktiver Banker noch Raum für seine Kompetenzen gehabt. So kann es ja nur runter gehen
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nicht nur die Experten!! Ich warte seit 3 Wochen auf eine Antwort der UBS in Sachen Originalabrechnung einer Deutschen Zahlstelle bei Steuerrückbehalt (Deutsche Wertpapiere) da des Bundesamt für Steuern(in Bonn) keine CH-Bank-Originalabrechnungen mehr akzeptiert. Best practice oder total überfordert?
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Richtig. Im AM ist die Konkurrenz mindestens so gross wie in der Vermögensverwaltung für Private. Warum sollte das ausgerechnet die Nische sein, die den Finanzplatz Schweiz rettet? Viel mehr sollten man vehementer für das Swiss Private Banking eintreten (neu ohne Bankgeheimnis und deshalb notwendigerweise noch persönlicher, vertraulicher, professioneller, innovativer, transparenter bzgl Kosten). Uns fehlt bei den Grossen Kundennähe und -interesse. Oft besteht eine grosse Lücke zwischen Marketingmaterial und gelebter Wirklichkeit. Alles sehr kurzfristig ausgelegt. Das liegt vielen ausländischen Plätzen näher, die schweizerische Tradition ist in der Langsamkeit und der Geduld, die Marktkräfte wirken zu lassen.
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genau. Ziele des Bankmanagements und Bedürfnisse der Bankkunden liegen im Private Banking oft meilenweit auseinander ! Private Banking ist vor allem auch Asset Management. Die Grossbanken glauben noch immer Private Banking sei vor allem Kunden zu Veranstaltungen und Essen einzuladen statt in den Depots eine gute Performance zu erbringen.
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zu Ueli Meier
SUPER KOMMENTAR! Genau ins Schwarze getroffen!!!
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Richtig. Im AM ist die Konkurrenz mindestens so gross wie in der Vermögensverwaltung für Private. Warum sollte das ausgerechnet die…
Leider sind in diesen "Expertengruppen" immer sehr praxisfremde Leute von UBS, CS und JB. Es mag erstaunlich klingen, dass ich…
... “Governance”, “Best Practices”, “Code of Ethics” etc.?? Jaja, mit SOX wäre eben alles besser. Ich sage nur: Adoboli, Hayes…