UBS-CFO Tom Naratil sagte dem Wall Street Journal (WSJ) kürzlich: „Wir haben versucht, überall alles für jeden zu sein.“ Woraufhin der WSJ-Kolumnist meinte, die Banken sähen alle aus wie auf einem amerikanischen Highway: In einer bestimmten Klasse sind sie komplett verwechselbar. Er zitierte einen Tycoon aus Hongkong, der die Bank für eine Takeover-Begleitung ausschliesslich aufgrund des Preises ausgesucht hatte. Das ist die Quittung für Verwechselbarkeit.
Ich sitze im Zug von Chur nach Zürich. Es ist Wochenende und der Zug voll mit Wanderern, Rucksäcken, Familien, Lachen und guter Laune. Auf meinem Schoss liegen die Sonntagszeitungen. „24 Schweizer Banker angeklagt. 14 Schweizer Banker auf der Flucht vor der US-Justiz. Banken werben wieder um US-Kunden. Verwaltungsrat der Credit Suisse ist ratlos. 1’500 Stellen im Private Banking stehen auf dem Spiel. Der spanische König und sein Schwiegersohn haben Erklärungsnöte zu undeklarierten Konten in der Schweiz.“
Ich schaue mich um. Ist den fröhlichen Schweizern um mich herum gleichgültig, wie die Welt über sie denkt? Wie viele Private Banker sitzen unerkannt im selben Zug und womit werden sie in Zukunft Geld verdienen? Was wird ihre „unique selling proposition“ (USP) sein?
Welche „Farbe“ soll das Geld für die Schweiz zukünftig haben, wenn nicht mehr schwarz? Weissgeld ist kein Alleinstellungsmerkmal. Die Stärke des Schweizer Frankens verdeckt das Problem, dass Geld auf Schweizer Banken ein Positionierungsproblem hat.
Ich stelle mir vor, dass in meinem Zugabteil Urs Rohner, Brady Dougan und Sergio Ermotti sitzen. Mitten im lustigen Durcheinander, denn es ist eng in der zweiten Klasse zwischen Minibar, Kinderwägen, Rucksäcken und Wanderstöcken. Mit welchem Banker sässen die Sonntagsausflügler gerne zusammen und wen würden sie lieber allein lassen, so dass er auf seinem Smartphone herumtippen könnte? Wen würden meine Mitreisenden zum Botschafter des neuen Schweizer Bankings wählen?
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Ich frage eine Mitreisende, sie ist Spanierin. Haben andere Spanier ausser dem König Ambitionen, Geld in die Schweiz zu bringen? „Ja. Alle.“ Wer wäre der beste Botschafter der Schweizer Bankenwelt? „Es braucht keinen Botschafter, die Schweiz als solche ist die Botschaft, das Vertrauen.“ Wieso? „Ein gewisser Kuschelfaktor. Könige, Rennfahrer, Künstler haben hier ihr Geld – man will doch gerne dazu gehören.“ Zu schön, um wahr zu sein.
Als Ausländerin fällt mir ein Schweizer USP auf: Schweizer beherrschen das Thema Liquidität. Vom Teenager bis zum Rentner, vom Vermögensverwalter über den Investmentbanker bis zum Filmproduzenten: Hier sind immer alle liquide. In England machen Pfandleihhäuser für Reiche glänzende Geschäfte, in Spanien sind die Parkplätze von Banken voll mit Leasingfahrzeugen, welche vorzeitig zurückgegeben wurden, in Deutschland gehört ein überzogenes Konto zum Alltag. Hier nicht.
Liquidität ist ein internationales Schlüsselthema: für den Investor, der spontan eine Beteiligung in Afrika eingehen will, für den Bauunternehmer, der einen Maschinenkauf in Asien zu finanzieren hat, für die junge Frau, die ihren Mann in der Schweiz mit einer neuen Nase überraschen möchte. Aber auch für den amerikanischen Internet-Pionier, der nach dem Börsengang noch nicht an seine Milliarden kommt und für den High-frequency-Trader, der neue Algorithmen gefunden hat. Liquidität bringt Marge. Auf der ganzen Welt Liquidität flexibel, unbürokratisch, schnell und diskret bereitzustellen, ist eine Fähigkeit, die Schweizer Bankern zugeschrieben wird. Liquidität hiesse meine diskrete Kernbotschaft.
Von daher würde ich sagen, dass die Farbe Blau zum Schweizer Geld passt. Blau symbolisiert Liquidität, Diskretion und Ruhe (= politische Stabilität). Diese Kombination ist weltweit gefragt, sie dürfte einzigartig sein und passt zum Tycoon aus Hongkong wie zu den Wochenendausflüglern in einem Zug irgendwo in der Schweiz.
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Frau Müller-Zantopp, Sie schreiben in Ihrem Artikel, dass in England Pfandleihhäuser für Reiche glänzende Geschäfte machen. Haben Sie die letzten Quartalszahlen für diese Firmen oder wenigstens die Zahlen für FY2012 ? Herzlichen Dank (ich dachte nur, es wäre von Vorteil, wenn man die Aussagen auch dokumentieren könnte).
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Bitte diesen Artikel löschen.
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Liquidität ist ein internationales Schlüsselthema, doch wie viele Private Banker sitzen unerkannt im selben Zug und womit werden sie in Zukunft Geld verdienen? Diese Kombination ist weltweit gefragt, sie dürfte einzigartig sein und in England machen Pfandleihhäuser für Reiche glänzende Geschäfte. Der spanische König und sein Schwiegersohn haben Erklärungsnöte zu undeklarierten Konten in der Schweiz. Die Stärke des Schweizer Frankens verdeckt das Problem, dass Geld auf Schweizer Banken ein Positionierungsproblem hat: Das ist die Quittung für Verwechselbarkeit.
Please, Inside Paradeplatz: Hast du solches Gelabber wirklich nötig?
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Hallo Frau Müller-Zantop,
ihr Artikel gefällt mir ausgezeichnet!
In den vielen Kommentaren zu Artikeln, in denen es um das Geld selbst geht, wird hier bis spät in die Nacht engagiert gestritten.Sie hingegen thematisieren die „Farbe des Geldes“, eine spannende Überschrift. Entspannt habe ich mich nach der Lektüre zurückgelehnt und meine Gedanken fließen lassen.
Schwarzgeld, Weißgeld, Blaugeld.
Wann ist Geld schwarz? Ist es nicht so, dass Geld dann schwarz ist, wenn es von gewissen Lichtkegeln nicht erfasst wird? Der Lichtkegel vom Fiskus, der leuchtet neugierig herum und versucht, das Geld zu beleuchten, ihm die Schwärze zu nehmen.Der Potentat verbirgt sein Geld gern vor dem Lichtkegel seines eigenen Volkes, er möchte nicht, dass sein Zaster, weiß, weil hell erleuchtet, offen auf der Bühne zu sehen ist.
Man munkelt, dass sogar Eheleute hin und wieder ein paar Kröten außerhalb des Lichtkegels des Ehepartners lagern.
Sogar im Rotlichtmilieu soll die eine oder andere Dame Plätze suchen, die nicht von ihrem „Beschützer“ ausgeleuchtet werden.
Und so können sie fließen und fließen, die Gedanken, ich werde den Artikel gleich noch einmal lesen.
Danke und freundliche Grüße!
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Ist das hohe Lustigkeit oder was ?
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Ist das hohe Lustigkeit oder was ?
Hallo Frau Müller-Zantop, ihr Artikel gefällt mir ausgezeichnet! In den vielen Kommentaren zu Artikeln, in denen es um das Geld…
Liquidität ist ein internationales Schlüsselthema, doch wie viele Private Banker sitzen unerkannt im selben Zug und womit werden sie in…