Der grosse Betrugsfall um einen Ex-UBS-Anlageberater wird neu aufgerollt. Die Anklage muss ihre Vorwürfe viel besser belegen.
Damit rückt eine neue Frage ins Spiel, die über die These eines Einzelbetrügers hinausgeht. Hat die UBS in ihrer Kerndisziplin Vermögensverwaltung das heilige Vieraugenprinzip verletzt?
Das wäre für die wieder erstarkte Bank ein Rückschlag. Sie ist bisher in der Schweiz trotz Dauer-Verfehlungen um Strafprozesse herumgekommen.
Auch bei den Betrugsvorwürfen gegen den früheren Vermögensberater, der Skandinavien-Kunden über mehrere Millionen geschädigt haben soll, steht nicht die Bank auf der Anklagebank.
Doch jetzt hat das Zürcher Bezirksgericht einen überraschenden Entscheid gefällt. Statt dass die Behörde den 45-Jährigen zu 5 Jahren Haft verurteilte, hat sie den Fall an die Anklage retourniert.
Damit geht es plötzlich nicht mehr nur um den Beschuldigten. Neu wird auch die Rolle der Vorgesetzten des Ex-Beraters thematisiert – und damit des Risk-Managements der Grossbank.
Das bestätigt Ankläger Thomas Moder. Am Freitag meinte er auf Anfrage, dass er weitere Zeugen „aus der UBS“ befragen würde.
„Es geht ums Vier-Augen-Prinzip“, meinte Moder. Ab einem gewissen Betrag für Investments und Bezüge ab Kunden-Kontos habe es „eine zweite Person innerhalb der Bank“ gebraucht.
„Was hatte der Beschuldigte intern vorgelegt?“ Die Antwort könne Folgen für seine Anklage haben. „Gewisse Elemente könnten herausfliegen“, sagte Moder, Neues könnte hinzukommen.
Ob er an den geforderten 5 Jahren Gefängnis festhalten werde, wollte er nicht sagen. „Das kann sich ändern“, meinte der Staatsanwalt.
Verurteilt wurde der Ex-UBS-Berater vorerst einzig wegen Unterhaltszahlungen an seine Ex-Frau für das gemeinsame Kind, die er verspätet geleistet hatte.
Dafür kriegte er 75 Tagessätze zu je 30 Franken, bedingt auf 3 Jahre.
Der Vermögensberater hatte nach Bekanntwerden seines Gerichtsprozesses seine neue Stelle im Finanzbereich verloren. Seither sei er arbeitslos und lebe von der Hilfe seiner Familie, sagte er am Prozess.
Der Gerichtsfall könnte zu einer spannenden Auseinandersetzung zwischen der Bank und ihrem Ex-Berater werden.
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Der Angeschuldigte hatte vor dem Richter behauptet, dass die Kunden über die Transaktionen im Bild gewesen seien.
Dem widersprachen die Anwälte der UBS, die ebenfalls plädierten. Der Mann habe Dokumente gefälscht und müsse 3,5 Millionen Schaden ersetzen.
Das sei nur ein Teil dessen, was er die UBS durch seine Betrügereien gekostet habe.
Der Anwalt des Angeklagten liess am Freitag eine Anfrage unbeantwortet.
Der zweite Prozess, der weit in der Zukunft liegt, wird sich erneut um die Taten des Skandinavien-Kundenberaters drehen.
Doch auch die UBS muss nach dem Zwischenurteil des Gerichts über die Bücher gehen.
Den Juristen der Bank ist es nicht gelungen, den Ankläger mit einfachen Erklärungen und guten Dokumenten zu unterstützen, so dass dieser den Prozess für sich entscheiden konnte.
Die Frage nach einer Mitverantwortung der Bank und ihrer Manager rückt ins Zentrum. Es ist ein Kernproblem, das sich wie ein roter Faden durch die jüngere Geschichte zieht.
Sei es Steuerbetrug, Adoboli-Crash, Libor-Manipulation, Subprime-Schrott – immer waren laut UBS-Chefetage die Schuldigen wenige Subalterne, die sich nicht an die internen Regeln gehalten hätten.
Auch im Zürcher Betrugsfall argumentiert die UBS nach diesem Muster. Insider sprechen dabei von einem eigentlichen „Chaos“, das nach dem Abgang des Skandinavien-Beraters im 2009 zum Vorschein gekommen sei.
Die Rede ist von erfundenen Kunden-Vollmachten und von geplünderten Wertschriftendepots, mit dem Ziel, den eigenen Bonus zu erhöhen.
Die Taten könnten sich weiterhin als zutreffend herausstellen. Jedenfalls will die Staatsanwaltschaft weitermachen.
Doch die neue, zusätzliche Frage lautet: Was taten die UBS-Chefs, um Aktionen wie jene ihres Ex-Angestellten gar nicht erst möglich zu machen?
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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die Gnomen vom Paradeplatz haben doch alle ihre Tarnkappe auf, wenn die wahren Verursacher dieses Übels gesucht werden. Schuld ist dieses verflixte Bonussystem, das manche Menschen dazu veranlasst, Dinge zu tun die Unrecht sind. Meiner (bescheidenen) Ansicht nach sind vor allem die Schuld, die dieses übertriebene Bonussystem installiert haben. Damit haben sie fähige Männer und Frauen versklavt und ihnen einen Nasenring durch die Nase gezogen haben. Solches Tun ist verwerflich.
Beenden kann man das entweder, das man dies verbietet oder die Betroffenen besser aufklärt, damit sie mehr um ihre innere Freiheit besorgt sind.-
Alberich, Ihren Worten ist nichts hinzuzufügen!
Sie treffen den Nagel auf den Kopf. -
Es braucht immer zwei, so abgedroschen das auch tönt. Konkret: Viele, allzu viele haben sich vom verlockenden Bonussystem noch so gerne „versklaven“ lassen. Und man komme mir nicht mit Phrasen wie „sonst hätte ich den Job verloren“. Wer A sagt, muss auch B sagen, sorry. Für anständige Charaktere gab und gibt es Alternativen!
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@Sandra Niggli
Genau so ist es. Es gibt immer eine andere Möglichkeit, der Job ist keine Einbahnstrasse. Aber viel zu viele wollen ihre Komfortzone dennoch nicht verlassen und motzen stattdessen einfach weiter. Aber auf diese MA’s wird auch nie jemand warten. Diese werden irgendwann vom Markt einfach rausgespült, Marktbereinigung nennt man so was. Zu einem erfolgreichen Job und Leben gehört halt auch ein wenig Mut.
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und ewig ruft der Bonus. Das Anreizsystem hat das solide System über den Haufen geworfen und der Schweiz enormen Schaden zugefügt. Die Schwachen wurden angetrieben und die Starken gelobt. Bis die Starken übertrieben und das ganze am Boden lag.
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Die Bank hat doch auf sämtlichen Transaktionen Courtagen, Margen, Kommissionen einkassiert! Da kann sie doch nicht behaupten, sie hätte davon nichts gewusst!
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Seelig die das immer glauben, dass nur ein paar wenige oder sogar „Einzeltäter“ solche Betrügereien machen. Meine Freundin arbeitete dazumal in der Administration welche die Transaktionen und Risiken überwachte. Und mein Vorgesetzter freute sich natürlich über meine enormen „Gewinne“, denn diese erhöhten ja auch seinen Bonus.
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Gratuliere zur Erweiterung des Horizontes.
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Gratuliere zur Erweiterung des Horizontes.
Seelig die das immer glauben, dass nur ein paar wenige oder sogar "Einzeltäter" solche Betrügereien machen. Meine Freundin arbeitete dazumal…
Die Bank hat doch auf sämtlichen Transaktionen Courtagen, Margen, Kommissionen einkassiert! Da kann sie doch nicht behaupten, sie hätte davon…