Die einstige Banca della Svizzera Italiana, heute nur noch BSI, gerät unter immer stärkeren Druck. Der starke Mann ihrer Besitzerin BTG Pactual, André Esteves, bleibt auf unbestimmte Zeit in Haft.
Nun zeigt sich, dass die BSI auch in den Fifa-Ermittlungen an vorderster Front aufleuchtet. Bei den ersten drei Rechtshilfen der Amerikaner waren Kunden der BSI stark betroffen.
Die Bank, die nach der bewilligten Übernahme von diesem Jahr gegen 200 Milliarden Dollar Kunden-Assets ausweist, womit sie zu den grössten Schweizer Privatbanken zählt, ist damit prominent im Fifa-Fall vertreten.
Die Informationen gesellen sich zu den auf Hochtouren laufenden Ermittlungen im grossen Korruptionsfall rund um die brasilianische Energiefirma Petrobras.
Aufgrund des ersten US-Rechtshilfegesuchs an Bern in Sachen Fifa, welches die Amerikaner am 17. März dieses Jahres eingereicht hatten, meldete die BSI 7 Fifa-Konten. Dies zeigen Recherchen.
Hinzu kamen 2 der Banco del Gottardo. Die BSI hatte die Gottardo 2007 für 1,8 Milliarden Franken von der Swiss Life gekauft.
Auf Platz 2 im Fifa-Gesuch der Amerikaner folgte die israelische Bank Hapoalim mit 7 Konten rund um die Strafermittlungen gegen Fifa-Funktionäre sowie Chefs von verbandelten Sportmanagern.
Hapoalim steckt auch in einem Strafverfahren der US-Justiz im amerikanischen Steuerkrieg.
Die Zürcher Privatbank Julius Bär war bei diesem ersten Rechtshilfegesuch mit 4 Fifa-“Treffern“ ebenfalls vertreten.
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Das 2. Gesuch aus Übersee – es handelt sich um eine Ergänzung der Ursprungs-Anfrage – erfolgte einen Monat später, am 21. April dieses Jahres. Bei diesem ging es nur um Fifa-Fälle bei Hapoalim.
In der nächsten Ergänzung des Rechtshilfegesuchs des US-Justizdepartements DOJ tauchte dann die Tessiner BSI erneut auf, und zwar mit 4 Fifa-Betroffenen. Hinzu kam einer von der Gottardo.
Bei der Hapoalim waren es in diesem 3. Gesuch sogar 9 Treffer, welche die Bank ans Bundesamt für Justiz nach Bern melden musste. Dieses koordiniert die Rechtshilfe im Fall Fifa.
Die Julius Bär war in dieser 3. Runde, die am 21. Mai 2015 stattgefunden hatte, wenige Tage vor der Verhaftungsaktion im Zürcher Nobelhotel Baur Au Lac, mit zwei Fifa-Betroffenen „vertreten“.
Es gab eine weitere Ergänzung des Rechtshilfegesuchs durch die Amerikaner, und zwar am 25. September. Welche Banken aufgrund dieser bis dato letzten Ergänzung Fifa-Fälle meldeten, ist nicht bekannt.
Sicher ist, dass weitere Banken in den Papieren vorkommen, die aufgrund des mehrfach ergänzten Rechtshilfegesuchs des amerikanischen DOJs Fifa-Konten und -Transaktionen offenlegen mussten.
Insbesondere waren dies die Genfer Pictet, die Zürcher EFG, die beiden Grossen UBS und CS.
Ein Sprecher der BSI wollte die vielen Fifa-Treffer bei seiner Bank nicht kommentieren. Man würde „solche Auskünfte“ nicht öffentlich machen.
Das Bekanntwerden der starken Verstrickung der BSI in den Korruptionsfall rund um die Fifa kommt für die Tessiner zur Unzeit.
Noch ist nicht absehbar, wie stark die BSI durch die Verhaftung von André Esteves ebenfalls in einen Strudel geraten könnte. Die Bankenaufsicht Finma steht jedenfalls Gewehr bei Fuss.
Denn klar ist, dass Esteves‘ BTG Pactual, also die Mutter der BSI, sich in einer Art Überlebenskampf befindet. Der Aktienkurs ging letzte Woche nach der Breaking News in freien Fall über.
Die Kontrolle der BTG Pactual, bei der Esteves bisher als Präsident und CEO agierte, ging übers Wochenende an zwei Esteves-Manager über.
Die brasilianische Investmentbank, die 2006 von der UBS erworben und 2009 an Esteves zurückverkauft worden war, hatte die BSI im letzten Jahr für über 1 Milliarde Franken gekauft.
Zusammen mit den eigenen Kunden-Assets bildet die BSI als neue Privatbanken-Tochter der brasilianischen Finanzgruppe eine globale Vermögensverwalterin mit über 5’000 Angestellten in fast 30 Ländern.
Interessant ist ein Hinweis in der gestrigen Schweiz am Sonntag. Laut der Zeitung gebe es „BSI-intern Stimmen, die sich für eine Löslösung der BSI von Pactual starkmachen“.
Das Blatt nennt die UBS als „möglicher neuer Eigner.“
Die BSI wird bereits heute von Ex-UBS-Schlachtrössern dominiert.
Als neuer Präsident wurde Joseph Rickenbacher installiert, der bei der Schweizer Grossbank jahrelang ganz oben das Kreditrisiko verantwortete.
Rickenbacher holte mit Reto Kunz einen langjährigen Vertrauten von der UBS als neuen Risikoverantwortlichen bei der BSI.
Rickenbacher und Kunz, so macht es den Anschein, müssen die Risiken bei der BSI rasch unter Kontrolle bringen.
Bevor sie richtig mit der Aufräumarbeit beginnen konnten, sind sie mit ihrer Bank bereits in einem Grosssturm gelandet.
Vor 10 Jahren hatte sich die BSI auf einen Fight mit einem Schweizer Finanzblog eingelassen.
Die Tessiner erwirkten damals mit Hilfe von Gerichten eine Blockade einer Webseite, die von einem bekannten Kritiker des Schweizer Finanzplatzes betrieben worden war.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Was geschieht verwundert mich nicht, die Probleme bei der BSI sind auf allen Ebenen …
Nehmen wir mal Roberto Ferretti, den Head of Portfolio Solutions bei der BSI (und ehemaligen Head Performance and Risk Control bei der BSI).
Hauptspezialgebiet nach eigenen Angaben:
Diophantine Approximations
Arakelov Geometry
Geometric Invariant TheoryNicht gereade eine Topausbildung in Finance … zumindest für die Position
Nebenbei bemerkt:
Aus unerklärlichen Gründen auch noch Dozent für Mathematik an der Uni Lugano (Bereich Ökonomie) … ob ein bisschen angelernte Portfoliooptimierung und „Risiko“messung reicht für eine studentengerechte spezifische Einführung?-
Er ist ein Ph.D. in Mathe (ETHZ) – und da kommen Sie und mackdummsprüch.
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@Burckhardt: Sorry, ich hätte auch auf Leser Rücksicht nehmen sollen, die sich weniger gut in Mathematik und Ökonomie auskennen: Natürlich sind die genannten Gebiete ultra-spezialisierte Gebiete der Mathematik (z.B. Unterbereiche der Zahlentheorie -> googeln) auf die man sich während eines Ph.D. oder in dem Fall einer Habil spezialisiert. Aber erstens sind diese Gebiete irrelevant für die Modellierung in Ökonomie und Finance. Zweitens braucht es z.B. als Head Performance und Risk Control ein bisschen mehr als nur „angewandte Mathematik“ … sonst kann es eben „Probleme“ geben.
Genauso ist für eine studentengerechte und fachgerechte Vermittlung, der relativ anspruchslosen mathematischen Methoden für Ökonomen im ersten Jahr, die Grundvoraussetzung mit Sicherheit nicht ein Ph.D in Zahlentheorie …
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es wird munter geldgewaschen und gelogen. wofür brauchen wir soviele banken, wenn praktisch keine in der lage ist, die kmu’s mit krediten zu versorgen, die ja das rückgrat der wirtschaft darstellt?
am besten radikal banken schliessen, die nur noch ärger machen und kosten. -
Wie sich der saubere Herr Esteves mit Verkauf/Rückkauf seiner Pactual an/von UBS bereichert hat, resp. welche sauberen UBS Manager hier die Finger wie und welche eigenen Interessen verfolgend im Spiel hatten, bedürfte eigentlich ebenfalls einer sauberen Aufarbeitung. Für die Aktionäre auf jeden Fall ein weiterer UBS Reinfall.
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@Wahrheit:
Das „Vorbeischauen“ ist die Kernkompetenz von Mark ‚Libor‘ Branson, aber das stellte ja schon Dick Marty fest:
„Die Finma sieht nicht, wie ein Elefant an ihr vorbeiläuft.“
(http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/swissleaks/Die-Finma-sieht-nicht-wie-ein-Elefant-an-ihr-vorbeilaeuft/story/24847865)Und es gibt ein paar Elefanten-Zuchten
in der Schweiz – „Schwarzafrika“ eben, auch aufsichtsmässig …. -
Danke Lukas Hässig für einmal mehr hervorragende Recherchearbeit. Kenne Joe Rickenbacher persönlich aus gemeinsamer UBS (Schule Holzach, Purtschert usw.)-Zeit und halte ihn für einen hervorragenden und integren Mann. Weshalb sein FINMA-Gastspiel derart kurz war, ist nie richtig klar geworden!
Dass in Sachen FIFA viele Banken „Dreck am Stecken“ haben, kommentierte ich schon bei früheren IP-Stories. U. a. als es um den Präsidenten der kleinen Bank Sparhafen ging, notabene ein ex-FIFA Generalsekretär und CS Banker. Sowie bei den Artikeln zu Julius Bär kurz nach dem „Sturm“ auf das Baur au lac. Rund um die Walliser KB, Banque Heritage (welche Kunden der konkursiten Hottinger Bank übernahm) usw. bleibt es auffällig ruhig.
P.S. Was ist eigentlich aus den Klagen geworden, welche Boris Collardi in seiner Pressemitteilungen gegen Inside Paradeplatz androhte?
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Mit gutem Gewissen weiss ich, dass die FINMA träumerisch daran vorbeischaut. Es sind ja Kollegen von Marci-Mark Bronson betroffen.
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‚Assets‘ sind Aktiven..und davon hat BSI sicherlich nicht
200 Milliarden !-
Er meint wohl AuM.
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BSI hat weniger als 90 Mia AUM
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'Assets' sind Aktiven..und davon hat BSI sicherlich nicht 200 Milliarden !
Er meint wohl AuM.
Mit gutem Gewissen weiss ich, dass die FINMA träumerisch daran vorbeischaut. Es sind ja Kollegen von Marci-Mark Bronson betroffen.