Lange Zeit schien es so, als könne Klaus Schwab übers Wasser laufen.
Der grosse Kommunikator, auf Du und Du mit allen Wichtigen und Mächtigen der Welt, die sich ein Stelldichein auf dem grössten Jahrmarkt der Eitelkeiten in Davos und anderswo gaben.
Ernsthafte Wirtschaftsführer haben dazu eine klare Meinung: sollte ich nach Davos ans Weltwirtschaftsforum (WEF) eingeladen werden, sagen sie, weiss ich, dass ich etwas falsch gemacht habe.
Nun scheint Schwab mit 87 Jahren etwas zu starrsinnig an seinem Posten als Vorsitzender des Stiftungsrats des WEF festgehalten zu haben und wurde recht rabiat entsorgt.
Ein klassischer Blattschuss via Wall Street Journal.

Ob die Vorwürfe zutreffen oder nicht, wie schwerwiegend sie sind, das mögen die Gerichte entscheiden.
Hoffentlich wird der greise Organisator noch ein rechtsgültiges Urteil erleben.
Allerdings zeugt es vom mangelnden Gedächtnis der Medien, dass sie bei dieser Gelegenheit nicht den grössten Skandal erwähnen, in den Schwab verwickelt war.
Im Jahr 2000 waren viele der Meinung, im Internet stünden Gelddruck-Maschinen, die man nur anwerfen müsse, und schon regnet es echte Banknoten vom Himmel.
Die Dotcom-Blase pumpte sich gewaltig auf.
Zu dieser Zeit trat ein Mann namens Albrecht von Müller grossspurig auf. Er behauptete, er habe eine Software entwickeln lassen, mit deren Hilfe wichtige Entscheidungsprozesse optimiert werden könnten.
Ein Nelson Mandela in Südafrika und viele andere Entscheidungsträger in Regierungen würden sie erfolgreich verwenden.
Natürlich sei der Algorithmus streng geheim, aber für eine Million oder so könne man gerne einen Blick auf dieses Wunderwerk werfen.
Der Auftritt war perfekt; Interview auf seiner Yacht im Mittelmeer, in der „Schweizer Illustrierte“, für weniger als 100’000 Dollar Tageshonorar stehe er nicht mal auf, ein mondänes Tagungszentrum in Cap d’Antibes.
Ein früher Benko.
Dann das Sahnehäubchen, der Börsengang der Firma von Müllers mit dem Namen Think Tools, am 24. März im Jahr 2000. Ausgabekurs 270 Franken pro Think Tools-Aktie.
Am ersten Handelstag schoss der Titel auf über 1’000 Franken hoch, die Bude war auf einen Schlag 2,5 Milliarden wert, von Müller selbst stolzer Besitzer von 1,4 Milliarden.
Auf dem Papier.
Mittendrin Klaus Schwab als Verwaltungsrats-Vize der Think Tools, der unermüdlich am WEF und überall die Werbetrommel schlug, was für eine Wunderfirma mit einer Wunderwaffe das doch sei.
So nebenbei – das waren noch Zeiten – hielt die ausgebende Bank Vontobel einen stolzen Teil der Aktien fürs „Market making“ zurück. Allein das brachte ihr am Tag 1 des Think Tools-Handels einen historischen Extra-Gewinn.
Das von Müller-Startup war lediglich eines von 14 IPOs, das die Bank in jenem „wilden“ Jahr 2000 durchgeführt hatte. Die Vontobel verdiente in jener Zeit im Investment Banking ähnlich viel wie die CS – mit einem Bruchteil der Leute.
Dann entwickelte sich alles so, wie es sich für eine Blase gehört. Im Jahr 2001 verzeichnete Think Tools Einnahmen von gerade mal 3,4 Millionen Franken.
Der Verlust bezifferte sich hingegen auf 14,5 Millionen – gut das Viertfache des Umsatzes.
Im Jahr 2003 war eine Think Tool-Aktie noch schlappe 8.20 Franken wert.
Anschliessend verschwand das Unternehmen im Nirvana, während von Müller bis heute Direktor des interdisziplinären Parmenides Center for the Study of Thinking sein soll.
Und Schwab?
Der grosse WEF-Gründer war damals nicht nur VR-Vizepräsident von Think Tools, sondern auch mit seiner eigenen Firma World Communication Development AG beteiligt am Hype-Unternehmen.
Und das nicht zu knapp. Die gut 6 Prozent an Think Tools verkörperten direkt nach dem Börsengang einen Wert in dreistelliger Millionenhöhe.
Klaus Schwab trug zu jener Zeit sogar noch einen dritten Hut. Jenen eines VR-Mitglieds der Vontobel Holding, sprich der Mutter der gleichnamigen Zürcher Familienbank.
Vize bei Think Tools, stolze eigene Beteiligung am vermeintlichen Wunder-Startup, plus VR-Mitglied im Mutterhaus jener Bank, die den Börsengang orchestrierte:
Etwas gar viel aufs Mal.
Trennte sich Schwab rasch von der Think Tools-Position, um diesem Dreier-Interessenkonflikt wenigstens rasch ein Ende zu bereiten?
Nicht doch. Der Deutsche hoffte vielmehr, dass seine Think Tools-Beteilung weiter an Wert zulegen würde – was sich schon bald als kolossale Fehleinschätzung entpuppen sollte.
Im Oktober 2000 teilte Schwab schliesslich mit, er würde sich vermehrt auf sein WEF konzentrieren und daher aus dem VR von Think Tools zurücktreten.
Das war allerdings erst, nachdem Schwab an der WEF-Ausgabe von Anfang 2000 Albrecht von Müller eine Riesenplattform für dessen Präsentation seiner „Zauber“-Software geboten hatte.
Nach seinem Rücktritt war von Schwab zum Thema Think Tools nichts mehr zu hören.

Roger Schawinski führt diese Story als Beispiel in seinem leider vergessenen Buch „Wer wird Milliardär?“ an, in dem der Tausendsassa dem damaligen Hype nachgeht und den verantwortungslosen Wahnsinn beschreibt, der damals herrschte.
Schon an Schwabs WEF-Event im Januar 1999 war die Grundlage für diesen Hype gelegt worden. Dort verkündete ein bedeutender Denker von Goldman Sachs, dass für Firmen der „New Economy“ andere Bewertungsprinzipien gelten würden.
Nicht mehr der Gewinn pro Aktie, sondern der Umsatz pro Aktie sei entscheidend.
Dass es am Anfang Verluste gebe, sei völlig normal und überhaupt nicht beunruhigend. Denn anschliessend schiesse der Umsatz dank Internet durch die Decke, und die Gewinne würden nur so herunterregnen.
„Cash“ verstieg sich damals zur denkwürdigen Schlagzeile: „Wer jetzt nicht Verluste macht, macht etwas falsch.“
Nur passierte dann das, was seit den Tulpenzwiebeln immer passiert: Die Blase pumpte sich auf – und platzte.
Wer nicht rechtzeitig vom Karussell gesprungen war, konnte sich sein investiertes Geld ans Bein streichen. Und darüber fluchen, dass er auf von Müller und dessen Lautsprecher Schwab reingefallen war.
Schwab gelang sogar das Kunststück, auf sich selber hereinzufallen.
In jener Zeit hatte der grosse WEF-Promotor seinen Ruf als ernstzunehmender Gesprächspartner bei wirtschaftlichen Fragen eigentlich ruiniert.
Dass das niemand so richtig zur Kenntnis nahm, dass er vielmehr noch 25 weitere Jahre das WEF dominieren und leiten konnte – eine grossartige Leistung eines Schlingels.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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😁😁😁Herrlich!😁😁😁
Jetzt wird klar weshalb das WEF niemals im Stande war, und auch niemals in der Lage sein wird, für die Weltwirtschaft irgend etwas positives zu erwirken!
Das WEF ist eine völlig sinnlose Veranstaltung um den Organisatoren, sowie den Fiatmoney-Finanzierern die Kassen zu füllen. Unsere Steuergelder, die ohne unser Einverständnis für das WEF aufgewendet werden, sind sinnlos verpuffte Ausgaben eines korrupten Staates Schweiz.
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Sie müssen Herrn Schwabs Kunden fragen, die WEF-Teilnehmer! Die sind garantiert begeistert von den vielen persönlichen Gesprächen ohne Mikrophone und Journalisten. Dass ist ja der unschätzbare Mehrwert des WEF‘s, sicher nicht die Plenarveranstaltungen.
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Zackbum wird nicht so alt wie das WEF.
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Da kann nur noch ein Berater für Öffentlichkeitsbildung helfen.
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KI und Krypto…wiederkehrende Luftschlösser seit den famosen Tulpenzwiebeln zu Amsterdam.
Obwohl das Volk nix besitzen soll und dabei glücklich Insekten fressen sollte.
Und nun der Austro-Letmathe, der das Wassertrinken global privatisieren wollte.
Die Welt ist krank wegen solchen…
(KI Zensur 🤬 kickt ein).Guter Artikel. Danke 🙏
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Der Kryptocrash steht noch bevor. Wird ziemlich rumpeln.
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Wenn der Toni aus der USA so weiterwurstelt wie bis jetzt, wird auch er mal in die Zwangspensionierung geschickt. Bye bye Toni, it was a pleasure to meet you🤣
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Klaus ist ein überzeugter Vertreter des Stakeholder Kapitalismus. Mit seinen Dreifachrolle bei Think Tools war er Super-Stakeholder. 😂🤣😂
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Danke für den Artikel. Habe damals vom Think Tools Hype die Finger gelassen, dass Klaus Schab invoviert war, wurde mir erst durch diese Backgroundinformation wieder bewusst.
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Na ja, da bin ich auch reingefallen. Immerhin wurde die Firma mit einer Schlusszahlung an die Aktionäre abgewickelt: Per Post kam eines Tages ein Couvert mit einem Einfränkler!
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Keine gute Werbung für randlose Brillen und
Krawatten. Fehlt nur noch das hellblaue Hemd
mit weissem Kragen.-
made my day bro🔥
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In diesen wilden Jahren der New Economy galten wirklich völlig losgelöste Bewertungskriterien…….
Börsennostalgiker mögen sich bestimmt noch an diese wilden Zeiten erinnern……
Beispiel dieses Goldgräber-Hypes: Um das Jahr 2000 war an der Schweizer Börse die Firma Tege aus Lausanne quotiert. Wollte einen vollautomatischen Pommes-Frites-Automaten zur internationalen Marktreife bringen. Hatte einige Prototyp – Automaten verkauft in England und der Schweiz. Dieses Zukunftsprojekt ohne jegliche Markdurchdringung war mit 400 Millionen Franken Börsenkapitalisierung absurd hoch bewertet. In dieser Bubblezeit war mit einer gut erzählten story ziemlich alles möglich. Auch Goldgräber Klaus Schwab mittedrin.
Erinnern wir uns auch an die gefallenen Luftschlösser Think Tools, Miracle, Complet-e, Day Software und Fantastic Corporation (damals quotiert am Neuen Markt in Frankfurt).Alles verschwunden, mit einem Totalabschreiber für viele Risikokapitalisten.
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Coming out:
Dachte mir damals, wenn Klaus Schwab im Verwaltungsrat den Think Tools ist, kann absolut nichts schiefgehen. So kann man sich täuschen……..
Auch die „Finanz und Wirtschaft“ hat diese Börsengänge damals sehr wohlwollend begleitet.Als mies instruierter Risikokapitalist kann ich nun meine Frühpensionierung vergessen, wegen dieser damaligen Sünde.
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Kaum zu glauben……Dieser tief gesunkene Pommes-Frites Hightech Tege legte sich später den Mantel von Mobilezone des Schweizer Telekommunikationsunternehmens an.
In den wilden Jahren der Verwandlung war wirklich alles möglich ohne grosse Fragen. Von Pommes-Frites in die Welt der Telefonie……..
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Die Firma Tege hatte ihren Sitz in Genf. War vieles aufgebauscht mit viel Werbung.
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„Wie kein anderer“ – so heisst es im Klappentext von Schwabs Buch „Vierte Industrielle Revolution“ (2016) – könne Schwab die Auswirkungen neuer Technologien erklären. Zeyer erinnert uns an die Rolle bei Think Tools, wir wissen nun: Schwabs Treffsicherheit im Umgang mit Tech-Hypes war schon 2000 bemerkenswert.
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Sehr guter Artikel, danke! Das WEF ist und war eigentlich nie etwas anderes, als ein riesengrosser, opulenter Businesslunch für Superreiche und Supermächtige aller Couleur! Leider mitfinanziert vom Steuerzahler via Armee, Polizei und Sicherheitsfirmen, inkl. Luftwaffe mit Patrouillenflügen! Teures Networking, auf Kosten des Staates. Trotzdem hat der Great Reset-Kreator diese Schlammschlacht nicht verdient, finde ich. Das WEF ist ein Event mit einmaligem Charakter! Nur schon die ganze Logistik, so viele Menschen an einem Ort ein Mal jährlich zusammen zu bringen, ist eine Meisterleistung!
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Systempapst: Weg. WEF-Chef: Weg. Trump: Wirkt. Europa: Happy. 2025 wird richtig gut!
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Bravo, tosender Applaus für diese Recherche!
Ich habe davon bisher rein gar nichts gewusst. Geht und ging unter, gehört aber wirklich publik gemacht.
Danke dafür! -
Hauptsache Schwab ist endlich Geschichte.
Braucht es diesen Globalisten-Event in der heutigen neuen politischen Zeit nocht? Ich glaube nicht. Alle halten sich jetzt an Trump.
Trumps Freunde werden nicht mehr zum WEF gehen und China etc. ganz sicher auch nicht.
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Totgesagte leben länger.
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Der Typ kam mir schon immer schräg und abgehoben rein wie wenn er der ganz grosse Chef unseres Planeten wäre..Aufhören mit dem Blödsinn denn bis heute haben diese WEF Treffen die Welt definitiv nicht zum besseren geändert, ausser dass die Puff’s in Davos während den Treffen immer Hochbetrieb hatten!
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René Zeyer, sehr gut recherchiert. Genau so war es. Und Albrecht von Müller durfte damals sein Wunderprogramm am WEF in Davos zeigen. Dem Vernehmen nach war es eine gute Excel-Applikation.
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Geiger, Zeyer und Schwab passen zusammen.
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Na und? Vor wievielen Jahren war das? Was wurde vor dem Platzen der Blase sonst noch alles prognostiziert und finanziert? Jetzt darauf zurückzukommen ist einfach nur oberlehrerhaft peinlich!
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Zackbum wird nicht so alt wie das WEF.
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Schwab gelang sogar das Kunststück, auf sich selber hereinzufallen. Naja, er hat es sogar prophezeit „Sie werden nichts besitzen und Sie werden glücklich sein“🤣 Fazit: Hoffentlich ist dies der Anfang vom Ende dieser Veranstaltung, die weder demokratisch legitimiert ist noch dem Zweck dient, die Welt besser zu machen.
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Think Tools war der Inbegriff der Dotcom-Blase: viel Rhetorik, null Substanz. Mit einem nebulösen „Denkinstrument“ wurde das Lösen komplexer Probleme versprochen – geliefert wurde heisse Luft. Heute gilt die Firma als Lehrstück dafür, wie man mit blendenden Versprechen und Selbstüberschätzung tief fallen kann.
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Gab es da nicht noch weitere Sündenfälle??
Complete E, Deutsche Post u.v.m
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Haben es geschafft!
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Hab ich auch gedacht! 😂
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Schwab gelang sogar das Kunststück, auf sich selber hereinzufallen. Naja, er hat es sogar prophezeit „Sie werden nichts besitzen und…
Der Typ kam mir schon immer schräg und abgehoben rein wie wenn er der ganz grosse Chef unseres Planeten wäre..Aufhören…
René Zeyer, sehr gut recherchiert. Genau so war es. Und Albrecht von Müller durfte damals sein Wunderprogramm am WEF in…