Paul Bulcke geht. Nach 46 Jahren Nestlé. Im grössten Sturm der Firmengeschichte.
Vor 15 Tagen hatte Bulcke seinen CEO Laurent Freixe über Bord geschmissen. Mit einem Satz im Au-Revoir-Communiqué.
Der Franzose war 39 Jahren mit von der Partie.
Seither blieb kein Stein auf dem anderen. Bulcke wollte durchhalten bis April. Er kämpfe um einen ehrenhaften Abtritt von der Kapitänsbrücke.
Der blieb ihm jetzt verwehrt. Der Belgier musste aufgeben – zu gross ist der Druck der Grossaktionäre geworden.

Bulcke habe „the respect and the trust of investors“ verloren, meinte einer am Samstag in der Financial Times. Vor Wochenfrist erschien hier sein eigenartiger Sondereinsatz für den Schoko-Erlebnispark in Broc.
In der Nachbargemeinde der Bulckes im schönen Greyerzerland – für 80 Millionen, mit Investoren und engen Beziehungen ins politische Bern.
Drei Tage später wars um den grossen Nestlé-Chaiman geschehen. Soeben hat Nestlé seinen Abgang per Ende Monat bekannt gemacht.
Sein Vize übernimmt. Der gehört selbst seit Jahren zum Inner Circle.
Pablo Isla heisst er, bis 2022 CEO der spanischen Kleiderfirma Inditex. Seit 2018 sitzt Isla im VR des helvetischen Bluechips, er hat alle Bulcke-Entscheide mitgetragen.
Jetzt ist er The Last Man Standing auf der Brücke. Der 61-Jährige muss den Kahn aus dem Sturm lotsen – schnell. Unter seinen Kollegen im Nestlé-Board finden sich viele Ausrangierte und Gelehrte.
Aber kaum Cracks mit Industrie-Erfahrung.
Hoffnungsträger Isla hat als erste Handlung als frischer Oberbefehlshaber Bulcke zum Ehrenpräsidenten gekürt, mit eigenem Büro am Hauptsitz im Waadtland und Nestlé-Email für den Scheidenden.
Ausgerechnet jenen Manager, der den stolzesten aller stolzen Schweizer Multis in seine historische Krise geführt hat, darf lebenslang weiter für Nestlé auftreten.
Ist Isla wirklich der Retter? Kann er durchgreifen, sofort tiefe Schnitte machen, Divisionen wie Health, Wasser und Tiefkühl-Produkte in den USA abstossen?
Mit dem Geld die gut laufenden Sparten Kaffee, Tier- und Baby-Nahrung ausbauen? Die Longseller Maggi und weitere bekannte Marken noch stärker vermarkten?

Kennt Isla jene guten Manager, die Nestlé in den letzten Jahre verlassen haben? Weil man sie gekickt hat, oder weil sie aufgegeben hatten – desillusioniert ob des Kurses und der Führung?
Auf Islas Schulter liegt die grosse Last. Unter ihm steht der Schweizer Philipp Navratil bereit.
Er kennt das Nestlé-Reich, ihm eilt der Ruf eines Machers und Motivators voraus.
Die Lage ist prekär. Nestlé ist leckgeschlagen, Panik greift um sich.
Noch nie ist ein Schweizer Flaggschiff derart schnell gekippt: Nach 159 Jahren steht der Food-Multi vor existenziell entscheidenden Wochen.
Die fristlose Entlassung von Freixe wegen Sex, Lies and Messages hat eine Grossfirma zutage gefördert, die man für absolut wetterfest gehalten hatte.
Unsinkbar, unzerstörbar, hart wie Stahl.

Erst der Affären-Knaller führte zu einem genauen Hinschauen; die meisten Nestlé-Analysten hatten das nie getan.
Zum Vorschein kam ein 90-Milliarden-Umsatz-Gigant, der seit 15 Jahren stagniert, während die Konkurrenten davon zogen.
Statt das Food-Kerngeschäft zu stärken, nicht dazu passenden Ballast abzuwerfen und Fahrt aufzunehmen, lebten die Fürsten im Headquarter auf Pump und von stillen Reserven.
An Kapitän Bulckes langer Leine verfolgten sie ihre Eigeninteressen, liessen es sich persönlich gut gehen – Cäsaren im weichen Ledersessel an den Gestaden des Lac Léman.
Die Aktionäre „kauften“ sie sich durch ständig steigende Dividenden und riesige Aktien-Rückkauf-Programme. Von 2010 bis 2025 überwiesen sie den Eigentümern sage und schreibe 108 Milliarden an Dividenden.
Dafür standen in dieser Zeit 157 Milliarden Gewinne zur Verfügung. Immerhin. Doch die positive Differenz nutzten sie nicht fürs Business.
Sondern die Firma legte ein Aktien-Rückkaufprogramm nach dem anderen auf. Über die ganzen 15 Jahren summierten sich die Ausgaben dafür auf 71 Milliarden. In Cash.
Dividenden und Aktien-Rückkäufe, die beiden grössten Ausgabeposten, summierten sich somit auf knapp 180 Milliarden. Dem standen die erwähnten 157 Milliarden aufgelaufenen Gewinne gegenüber.
Das heisst: Bulcke und seine „Chers Amis“ lebten auf grossem Fuss, nahmen Geld auf, verschuldeten sich.
Kein Problem: We Are Nestlé. We Are the Best.

Und dann war da noch die Schatztruhe namens Beteiligung an der L’Oréal. Wenn’s eng wurde, konnte man Milliarden mit dem französischen Kosmetik-Riesen lösen.
Das haben die Nestlé-Bosse auch getan. Noch immer besitzt ihre Firma 20 Prozent am stolzen Unternehmen in Clichy bei Paris. Weil sie die Aktien weit unter Marktwert bilanzieren, sitzen die Schweizer auf enormen stillen Reserven.
Old fashioned: Stille Reserven sind spätestens seit den 1990er verpönt. Doch bei Nestlé ging auch das.
Für Duo Isla-Navratil bietet der L’Oreal-Schatz die Chance, die Schuldenlast zu verringern und Nestlé dort auf Touren zu bringen, wo die Firma stark ist.
Mit Umsatz-Steigerungen und echten Gewinnen statt auf Pump die Aktionäre bei Laune zu halten und das Schiff achtlos Richtung Eisberg treiben zu lassen.
Und auf Deck wilde Partys feiern bei Champagner und Kaviar, Action und Ego-Trips.
Endlich!
Sonnenkoenig und Flandernpauli sind Geschichte. Hoffentlich kann sich die Nestlé Titanic jetzt stabilisieren.
Immer neue Schauermärchen von Luki. Nestle ist nach wie vor hoch profitabel. Da scheint einer mächtig short zu sein. Die beiden Neuen werden es schon richten.
Genau das haben die Leute über die CS auch gesagt, als man anfing Fragen zu stellen…..
@Martin: Ja klar, eine kriminelle Bank ist ja auch fast das gleiche wie ein gigantischer Hersteller von Lebensmitteln.
Endlich ist der Bulke weg. Leider fünf Jahre zu spät. Er hat in dieser
Zeit am Genfersee nur GELD verbrannt.
Na ja, Pablo Isla hat aus einem regionalen Textilproduzenten einen hochprofitablen globalen Konzern erschaffen. Der hat es faustdick hinter den Ohren.
Wollen wir es hoffen!
Endlich wieder Zeit – in Nestle zu investieren!
Zeit für einen Neuanfang, endlich! Ein guter Moment um die Aktie zu kaufen…
Endlich.
Und sofort wieder ein Oldie – nix gelernt.
Die Mio-Saläre sind weiter abzubauen.
Nestle sollte RedBull kaufen und damit lernen wie man heute on top arbeitet …
Es reicht nun mit dem Nestlé Bashing. Natürlich hat das Management keinen guten Job gemacht: der Umsatz stagniert seit 20 Jahren und es wurde zuviel Geld in die Aktienrückkäufe gesteckt.
Aber Nestlé ist immer noch eine profitable Firma mit viel Substanz. Der Vergleich mit der CS ist absurd.
Bleibt zu hoffen, dass der Eisberg mit möglichst wenig Schrammen umschifft wird! Es wäre der neuen Crew zu gönnen!