Heute wird nicht mehr regiert, sondern gestaltet – das Denken, die Haltung, das Verhalten. „Nudging“ heisst die Methode, mit der Demokratie zum Erziehungsprojekt wird.
Am 28. September 2025 hat das Schweizer Stimmvolk bekanntlich hauchdünn Ja zur neuen E-ID gesagt. 50,4 Prozent reichten, damit der Staat künftig weiss, wer wir im Netz sind, wann wir uns einloggen und wo wir Spuren hinterlassen.
Ein Entscheid, der als Fortschritt verkauft wurde, ist in Wahrheit ein Misstrauensvotum gegen den mündigen Bürger. Wieder wurde das Volk nicht überzeugt, sondern bearbeitet.
Mit Kampagnen, Symbolbildern, Studien, Angst – und der moralischen Autorität des „Guten“.
Man hat nicht um Zustimmung geworben, man hat sie gestaltet. So funktioniert politische Kommunikation im Jahr 2025: Wer das Volk nicht überzeugen kann, begleitet es eben.
Mit Workshops, Leitfäden, Influencer-Kampagnen und „vertrauensbildender Kommunikation“.
Der Entscheid ist nicht mehr Ausdruck von Freiheit, sondern das Ende einer pädagogischen Reise. Der Bürger als Versuchsperson, die Demokratie als Labor.
Früher war Politik ein Streit der Ideen. Heute ist sie eine Kommunikationsstrategie. Niemand schreit, niemand zwingt – man „holt die Menschen ab“. Man „nimmt sie mit“. Man „ermöglicht Teilhabe“.
Das klingt freundlich, beinahe fürsorglich. Doch hinter der wohlklingenden Rhetorik läuft ein stilles Programm: Der Wähler soll gelenkt werden. Nicht mit Zwang, sondern mit Psychologie.
Die Methode heisst „Nudging“: sanftes Schubsen. Der Mensch soll zu „richtigem Verhalten“ bewegt werden, ohne es zu merken.
Und wenn er nicht will? Dann bekommt er mehr Informationen, mehr Sensibilisierung, mehr Kampagnen. Immer im Namen des Guten, immer mit dem Ziel, das Richtige zu tun.
Was als harmlose Verhaltensforschung begann, hat sich zur politischen Methode entwickelt. Heute sprechen Bundesstellen von „Behavioral Insights“, von „wissenschaftlich fundierter Bürgeransprache“.
Klingt modern. Ist im Kern simpel: Man traut den Menschen nicht mehr zu, selbst zu denken.
Das politische Klima hat sich verändert. Es wird nicht mehr einfach abgestimmt und umgesetzt. Es wird vorbereitet, begleitet, erklärt, eingeordnet.
Der Souverän bekommt nicht mehr nur Vorlagen, sondern gleich noch die Gebrauchsanweisung dazu.
Was früher Mündigkeit hiess, heisst heute Steuerung. Der Bürger soll verstehen, bevor er entscheidet: aber so, wie man es ihm erklärt.
So wird aus einer Demokratie der Erwachsenen ein Schulzimmer. Mit Lehrplan, Lernzielen und Beurteilungskriterien.
Diese Entwicklung ist kein Zufall. Sie folgt einem neuen Politikverständnis: Der Mensch wird nicht mehr als urteilsfähiges Wesen gesehen, sondern als psychologisch beeinflussbares, das „geführt“ werden muss.
Der alte Glaube an Erfahrung, gesunden Menschenverstand und Intuition wird ersetzt durch Datenmodelle, Programme und „Change-Management“.
Man wolle „Transparenz schaffen“, heisst es. Doch in Wahrheit schafft man Abhängigkeit.
Wer ständig geführt wird, verlernt das Gehen. Wer sich nur auf Expertisen verlässt, verlernt das Denken.
Wer diesen Trend kritisiert, steht rasch im Abseits. Er gilt als Ewiggestriger, Fortschrittsverweigerer oder gar als Verschwörungstheoretiker.
Doch es geht nicht um Technikfeindlichkeit. Es geht um einen Kulturwandel – und der darf, ja muss, hinterfragt werden.
Demokratie lebt vom Streit der Meinungen. Von Differenz, nicht von Konformität. Wenn aber nur noch eine Haltung als „vernünftig“ gilt und alle anderen als „problematisch“, verliert das System seine Spannkraft.
Früher hiess es: „Im Zweifel für die Freiheit.“ Heute heisst es: „Im Zweifel für die Sicherheit.“ Oder fürs Klima, für die Gesundheit, für die Sensibilität.
Immer mit dem sanften Nachsatz: „Da wird man doch wohl noch …“.
Doch wer dem Bürger zu viel abnimmt, nimmt ihm nicht nur Verantwortung, sondern auch Würde. Und eine Demokratie ohne würdevolle Bürger ist wie ein Orchester, in dem nur noch eine Stimme spielt.
In vielen amtlichen Texten taucht das Wort „Bürger“ kaum mehr auf. Man spricht von „Adressaten“ oder „Zielgruppen“.
Das ist kein Zufall, sondern Symptom. Ein Adressat ist jemand, dem etwas gesagt wird. Nicht jemand, der mitredet.
Die Sprache der Politik ist weich geworden, doch ihre Wirkung hart. „Empowerment“, „Partizipation“, „Co-Creation“ – Begriffe, die Freiheit versprechen, aber Kontrolle sichern.
Man darf mitreden, solange man das Richtige sagt. Diskussion ja, aber bitte mit Zertifikat.
Eine streitbare Bürgergesellschaft verwandelt sich in einen durchstrukturierten Teilhabe-Zoo: Freundlich, bunt, sauber – aber ohne Risiko, ohne Eigensinn.
Selbstverständlich gehört es zur Demokratie, dass der Staat informiert. Doch die Grenze zwischen Information und Beeinflussung wird immer durchlässiger.
Wenn staatliche Kampagnen mit emotionalen Triggern, dramaturgisch getakteten Plakaten und psychologisch getesteten Begriffen arbeiten, dann ist das nicht mehr Aufklärung, sondern Steuerung.
Framing, Storytelling, Neuro-Marketing, alles Techniken aus der Werbewelt. Nur dass hier nicht Zahnpasta verkauft wird, sondern Weltbilder.
Man will das Denken nicht vorschreiben, aber subtil formen. Das ist raffinierter, aber auch gefährlicher.
Denn wer behauptet, bloss zu „informieren“, während er eigentlich lenkt, zerstört das Vertrauen, auf dem Demokratie beruht.
Was verloren geht, ist das Vertrauen in die Urteilskraft der Menschen. Und dieses Misstrauen hat Folgen.
Wer Bürger wie unsichere Kinder behandelt, darf sich nicht wundern, wenn sie sich irgendwann auch so verhalten – wenn sie sich abwenden, zynisch werden oder laut.
Demokratie ist kein Planspiel für Fortgeschrittene. Sie ist ein lebendiges System, das Irrtum und Widerspruch aushält. Sie braucht keine Steuerung, sondern Vertrauen.
Kein Nudging, sondern Mündigkeit. Keine Kampagnen, sondern offene Gespräche.
Vielleicht wäre es an der Zeit, dem Stimmvolk wieder etwas mehr Reife zuzugestehen – ohne Begleitkurs und Moralbroschüre.
Denn der Bürger ist kein Objekt, das geführt werden muss. Er ist das Subjekt dieser Staatsform. Es wäre an der Zeit, ihn wieder so zu behandeln.
Sehr geehrter Herr Gutschin herzlichen Dank für Ihre Recherevh [und Text] und Herr René Zeyer Betreiber von http://www.zackbum.ch nur eine Zahl, ich habe nach 40 Jahren (vorher wenig Ferien), im mittleren Management Erfahrungen (aber Restrukturierung) danach nicht einfach Ferien (ehrenamtlich) bitte weiter so Hans Gerhard
Kann denn niemand bei IP diesen AI-Bot sperren?
Hans Gerhard, Betreiber von
http://www.ichbindoof.ch und
http://www.meindeutschistpeinlich.ch
Kann man diesen Gummihals mal abschalten?
Trotz hundertfacher Wiederholung habe ich immer noch nicht kapiert, was Sie uns eigentlich mitteilen wollen.
Herr Gautschin, Sie überschätzen den Staat und unterschätzen den Bürger in der Demokratie.
Die dummen darf man nie Unterschätzen, Sie sind in der Mehrzahl und Ihre Stimme zählt genau wie unsere.
Bitte recherchieren Sie korrekt, der Staat kann eben NICHT mitverfolgen, wo man sich mit der eID einloggt. Dagegen tracken die Privaten wie wild, aber das checkt ja niemand.
Aber ja schön, dass Sie uns einen Vorgeschmack auf die dank Geburtenrückgang eintretende noch krasser werdende Gerontokratie geben. Merci vielmals. Nicht.
…früher haben die Steuerämter zuerst noch nachgefragt, heute hauen sie Verfügungen raus…
Geschätzter Herr Gautschin,
Ihr Gedanke – Die Methode heisst „Nudging“: sanftes Schubsen. Der Mensch soll zu „richtigem Verhalten“ bewegt werden, ohne es zu merken. Geht kaum?
“SP-Stadtpräsidentin Marieke Kruit distanziert sich klar vom Verhalten der Juso-Mitglieder an der Demo in Bern. Das genügt nicht. Das erwarte ich während der Demo, dem „Einhalt zu gebieten“ wäre angesagt gewesen.
Das nachträgliche „Gelaber“ von SP-Parteipräsident Nationalrat Cederic Wermuth war „bedenklich“, statt die Juso aus der SP Schweiz auszuschliessen.
Verlangst du von der SVP auch, dass sie die Jung-SVP ausschliessen, nachdem diese sich mit der Jungen Tat ins Bett gelegt hat, welche Kleinkinder mit Pyros verschreckt?
Die Behörden und die Politik trauen den Bürgern durchaus zu, selber zu denken. Genau deshalb wird mit allen Mitteln versucht, das selbständige Denken auszuschalten, indem man von allen Seiten mit Staatsmüll und PR zugeschüttet wird. Sie wollen ja nicht, dass man selbständig denkt.
Die selbsterfüllende Prophezeiung.
Ist dieses Nudging gerade mit uns im Raum?
Die Regierenden selber sind ja nicht mal mehr in der Lage, selber Entscheidungen zu treffen. Die brauchen selber Nudging in Form von externen Beratern. Diese Berater wiederum können nur noch PowerPoint. Das Ganze führt zwangsläufig zum Crash. Siehe auch was beim elendigen Ende der CS, Swissair usw. alles bereits passiert ist. Das Positive daran ist, dass niemand die Schuld tragen muss.
„50,4 Prozent reichten, damit der Staat künftig weiss, wer wir im Netz sind, wann wir uns einloggen und wo wir Spuren hinterlassen.“
Selbständig denken tut Jedermann, da jeder dazu sein eigenes Gehirn verwendet. Aber dass aus dem Denkprozess auch richtige Schlüsse gezogen werden können, dazu braucht es leider auch ein bisschen GrundWISSEN. Daran scheint es beim Autor ein wenig zu mangeln.
Josef Stalin sagte es bestimmt nicht der wer wählt sondern wer zählt.
Sie benutzen ja offensichtlich auch adressaten- und zielgruppengerechte Sprache, Herr Gautschin? Beim Staat ist das aber zu woke, oder?
Der Versuch der Politik das Volk lenken zu wollen, ist schon von Arroganz und Unverschämtheit fast nicht mehr zu übertreffen. Dem Fass den Boden raushaut aber, dass dies von einer Heerschar von absoluten Nullen, Leugnern und Vertrauensunwürdigen geschieht die absolut nichts mehr auf die Reihe bringen! Demokratie scheint im Moment nur noch eine Erinnerung an einen verflossener Traum zu sein!
Die E-ID ist ein komplett freiwilliges Angebot. Es wird von der Gesellschaft nicht erwartet, dass Sie eine beziehen. Je nachdem müssen Sie dann halt in den Shop, um zukünftig eine SIM-Karte zu beziehen. Aber ausgeschlossen werden Sie bestimmt nicht.
90% nur den Blick lesen, ist
es ein leichtes Spiel das
Volk zu manipulieren !! Das
wissen Sie schon lange in Bern.
Man verfolge einmal nur eine
Volksabstimmung,was da für ein
Schrott geschrieben und behauptet wird !! Sonst wenn es
angenommen wird, kann man es 3 Jahre später umsetzen.Der neuste Trick von Bern mit der
AHV angefangen,aber gibt es
Geld für den Staat wird es
sofort umgesetzt!!