Julius Bär hat gleich zwei Glamour-Boys. Boris Collardi mimt den weisen CEO von Swiss Banking, Burkhard Varnholt den intellektuellen Vordenker über den Banken-Tellerrand hinaus.
In ihrem Schauspiel betrachten die beiden ihre Arbeitgeberin zunehmend als Privatangelegenheit. So gab sich Collardi einen Bonus, noch bevor die erforderte Leistung erbracht war.
Einen Schritt weiter geht nun Varnholt, der wie Collardi einst bei der CS wirkte. Der Deutsche hat seinen Freund und Partner einer gemeinsamen Zukunftsfirma zum Executive Director gekürt.
Stephan Sigrist heisst der junge Mann, der als rechte Hand Varnholts neben dem schönen Titel ein stolzes Salär kassiert.
Dabei ist Sigrist nur ein Temporärmitarbeiter von Bär. Seine eigentliche Aufgabe ist W.I.R.E., ein Zukunftslabor, das er zusammen mit Varnholt vor 7 Jahren aus der Taufe gehoben hatte.
Damals waren die beiden bei der Basler Sarasin unter Vertrag. Varnholt kümmerte sich dort um das Hier und Jetzt des Anlage-Universums, während Sigrist in ferne Galaxien hinausschaute.
Als Varnholt vor Jahresfrist bei Collardi unterkam, ging es nicht lange, bis auch sein Freund und Partner der gemeinsamen Privatfirma W.I.R.E. nachstiess.
Soeben haben die beiden einen Coup gelandet. Die renommierte NZZ am Sonntag, die grosse Stücke auf ihre Unbestechlichkeit hält, überliess den beiden in ihrer letzten Ausgabe den gesamten Gesellschafts-Teil ihrer Zeitung.
Auf über 20 Seiten durften Sigrist und Varnholt über Geld, Liebe, Essen und Arbeiten in der fernen Zukunft sich auslassen.
Wer hinter W.I.R.E. steht, erwähnte die Zeitung nur am Rande. Der Think-Tank funktioniere in Partnerschaft unter anderem mit „Julius Bär als Labor für den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis“, hiess es in einer kleinen Box.
Dass es sich um eine Privatangelegenheit von Varnholt und seinem Sigrist handelt, blieb dem Leser verschlossen.
Damit war auch der Deal nicht transparent. Dieser sah vor, dass die NZZ am Sonntag gratis einen grossen Teil ihrer Zeitung franko Domizil zugestellt erhalten hatte.
Im Gegenzug durften sich Varnholt und Sigrist ins rechte Licht rücken. Varnholt tat dies auf zwei eigenen Seiten unter dem Titel „Sparen ist Luxus“.
Mit bekanntem Lächeln und markanter Hornbrille blickte Varnholt in die ferne Finanzzukunft. Was er dort sieht, unterscheidet sich nur unwesentlich von dem, was in vielen Analysten-Reports steht.
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Aktien seien „meist die bessere Anlage als Währungen oder Anleihen“, meint Varnholt etwa, das würde „in Zukunft vielleicht besonders gelten“.
Oder zum Finanzplatz Schweiz im Jahr 2065 prophezeit der Bär-Topshot, dass dieser dannzumal der „wichtigste Vermögensverwaltungsplatz der Welt“ sei.
„Denn die Schweiz wird dank ihrer Stabilität, ihrer Weltoffenheit und ihrer Tradition in der Lage sein, als Finanzplatz gerade auch die aufstrebenden Nationen mit attraktiven Finanzdienstleistungen zu bedienen.“
Ein Bär-Sprecher meinte gestern auf Anfrage, dass die Zusammenarbeit mit W.I.R.E. eine gute Ergänzung sei zum eigenen „Next Generation“-Konzept. Es gehe darum, weiter und breiter in die Welt hinauszuschauen als mit der klassischen Finanzanalyse.
Mit dem Gesellschaftsteil in der letzten NZZ am Sonntag habe die Bank nichts zu tun, das sei ausschliesslich über W.I.R.E. gelaufen.
Wie viel sich Bär die Kooperation mit W.I.R.E. kosten lasse, wollte der Sprecher nicht verraten. Die Summe sei nicht öffentlich.
Ein Insider berichtet von einem Entscheid auf oberster Stufe. CEO Boris Collardi habe die finanzielle Unterstützung für den Think-Tank zusammen mit seinem Topteam abgesegnet. Ursprünglich sei eine Summe von einer Million im Raum gestanden.
Was zuletzt beschlossen worden sei, bleibt offen. Das Geld kriegt W.I.R.E., die wiederum den beiden Bär-Managern Varnholt und Sigrist gehört.
Es handle sich um eine Nonprofit-Organisation, betonte der Sprecher. Gewinn stehe nicht im Vordergrund.
Zur direkten Finanzspritze kommt das Direktionssalär für Bär-Temporärmitarbeiter Sigrist. Dieser hat sein Büro neben Varnholts Sitz im ehemaligen Cantrade-Haus am Zürcher Stauffacher.
Meistens sei Sigrist für W.I.R.E. unterwegs, heisst es bei Bär. Er stehe der Bank jederzeit zur Verfügung.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Varnholt ist immer ca 5 Jahre ahead of the curve.. Seine Themen-investments(Funds) gehen zuerst von 100 auf 50 oder noch tiefer… Danach vielleicht wieder auf 99… Für einen Normalo-Investor nicht brauchbar.
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Verdient dieser Pausen-Eitel-Manager Varnholt hier überhaupt ein paar Zeilen?
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Als Qualitätszeitung möchte ich die NZZaS nicht bezeichnen. Oberflächliche, unter Zeitdruck geschriebene Artikel, mangelhafte Recherchen, Schludrigkeit, zusammengefasst einfach schlechte journalistische Arbeit. Dieser Teil Gesellschaft hat eher die Qualität der letzten Ausgabe erhöht.
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Das ist üblich: Seilschaften vor Fachkompetenz. Wobei ersteres letzteres nicht zwingend ausschliesst. Aber eben…
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Diese Bevorzugung von Günstlingen kommt doch überall vor. Es hat an vielen Stellen Leute, die eigentlich nur dank der Beziehung zum Chef angestellt und in der Regel noch viel zu fürstlich entlöhnt sind.
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Okay, Varnholt ist ein Schlaumschläger, das ist ja inzwischen hinlänglich bekannt. Wirklich unschön ist die Tatsache, dass sich eine renommierte Sonntagszeitung aus dem Hause NZZ als Werbeplattform für mehr oder weniger intelligent kaschierte Marketingaktionen hergibt. Das sollte zu denken geben.
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George P. Wenn die Bank Bär anständig Inserate Volumen bei der NZZ buchen würde, wäre diese Aktion nicht nötig gewesen. Nun hat man in Zeiten von Infotainment und Insider-Corporate-Employer-Branding-Editorial-Story-Telling eine sehr sonntäglich-erträgliche Printausnahme gemacht…
NB: Die Politik muss nur von Off-Roadern und 100.000 Syrern fabulieren und erhält Headlines und Frontpages als free lunch – eigentlich nicht fair dieses „war in der Zeitung“-Spiel.
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Okay, Varnholt ist ein Schlaumschläger, das ist ja inzwischen hinlänglich bekannt. Wirklich unschön ist die Tatsache, dass sich eine renommierte…
Diese Bevorzugung von Günstlingen kommt doch überall vor. Es hat an vielen Stellen Leute, die eigentlich nur dank der Beziehung…
Das ist üblich: Seilschaften vor Fachkompetenz. Wobei ersteres letzteres nicht zwingend ausschliesst. Aber eben...