Es war Mittwoch Abend, der 25. Januar 2012. Die Wegelin-Chefs Konrad Hummler und Otto Bruderer luden ihre 6 ebenfalls vollhaftenden Partner und die rund 20 Teilhaftenden zur Sitzung in den Katharinensaal des gleichnamigen Klosters in St. Gallen. Dieses hatte Hummler einst für seine Wegelin-Bank erworben.
Hummler und Bruderer hatten Wichtiges zu verkünden. Das Ende der ältesten Privatbank der Schweiz stand bevor. Man habe das Institut schweren Herzens an eine ungenannt bleibende Schweizer Gruppe verkauft. Die US-Strafermittlungen gegen Wegelin im Steuerstreit würden den radikalen Schritt nötig machen.
Noch im altehrwürdigen Saal mussten darauf alle teilhaftenden Partner per Unterschrift ihren Rücktritt aus der Wegelin-Partnerschaft erklären.
In engsten Wegelin-Zirkel verblieben darauf nur noch Hummler, Bruderer und 4 Partner. Zwei bisherige vollhaftende Mitstreiter, die in naher Zukunft eine wichtige Rolle spielen sollten, schieden ebenfalls aus.
Diese Zukunft wurde bereits zwei Tage später klar.
Am Freitag, 27. Januar 2012, gaben Wegelin und Raiffeisen ihren Notenstein-Deal bekannt. Die zwei ausgeschiedenen Wegelin-Partner übernahmen Spitzenfunktionen in der neuen Privatbank. Die USA schienen ausgetrickst.
Gestern nun, gut 13 Monate nach diesen Ereignissen, welche die Schweiz aufrüttelten, folgte der letzte Akt im Wegelin-Drama.
Ein amerikanischer Richter akzeptierte das Wegelin-Schuldeingeständnis, das Otto Bruderer Anfang 2013 in New York abgelegt hatte. Damit ist eine Busse inklusive Ablassdeal über insgesamt 74 Millionen Dollar rechtsgültig geworden.
Wegelin ist ab sofort Privatsache. Für die Öffentlichkeit hat sich der Fall erledigt.
Hinter den Kulissen dreht sich in den nächsten Wochen alles um die Verteilung der „Beute“.
Wer kriegt wieviel von der Summe, welche die Raiffeisen-Gruppe von „Zampano“ Pierin Vincenz auf den Tisch gelegt hatte und die nach der Überweisung nach Übersee noch übrigbleibt?
Es eröffnet sich eine spannende Frage über versprochene und tatsächlich gelebte Partnerschaft.
Hummler und Bruderer, die beiden Vaterfiguren der alten Wegelin, verkörperten den Inbegriff von „Einer für alle, alle für einen“.
Das weckt den Verdacht, dass Hummler, Bruderer und die übrigen vollhaftenden Partner die US-Busse aus der „Gemeinschaftskasse“ zahlen, den eingestrichenen Goodwill hingegen für sich behalten.
Das Vorgehen wäre wohl rechtlich völlig korrekt. Hingegen könnte eine solche Verteilung, falls sie denn zutrifft, aus einem moralischen Blickwinkel zu reden geben.
Von den 577 Millionen, welche Raiffeisen-Vincenz für das gesunde Wegelin-Geschäft bezahlte, fliessen gut 100 Millionen für den Deal mit Busse, fälligen Steuern und Anwaltskosten weg.
Es bleiben rund 460 Millionen zum Verteilen. Von dieser Summe können – Stand heute – jene Wegelin-Mitstreiter, welche nicht zum Hummler- und Bruderer-Bund gehören, nur träumen.
Dazu zählen neben den rund 20 ehemals teilhaftenden Partnern rund 100 bis 150 Mitarbeiter-Aktionäre der erwähnten Wegelin & Co. AG.
Für diese Gruppe, die wie die grossen Partner Anspruch auf einen Teil des Verkaufserlöses anmeldet, präsentiert sich die Lage weniger lukrativ.
Für die Substanz der Wegelin & Co. AG hat Vincenz nach eigenen Angaben von letzter Woche genau 389 Millionen Franken bezahlt. Von der Summe werden die US-Zahlungen abgezogen.
Es verblieben plus-minus 300 Millionen Franken. Diese gehören den Aktionären, darunter als Hauptteil Ex-Mitarbeiter der Wegelin.
Was mit dem Rest von rund 160 Millionen geschieht, ist offen. Dieser Rest ergibt sich aus den 460 Millionen, die nach der US-Zahlung in der Kasse verbleiben, und den 300 Millionen zuhanden der Aktionäre der Wegelin & Co. AG.
Konrad Hummler reagierte nicht auf eine entsprechende SMS-Anfrage von gestern.
Eine Möglichkeit wäre, dass die voll- und die teilhaftenden Partner den „grossen“ Rest untereinander aufteilen würden.
Der Aufteilungsschlüssel liesse sich beispielsweise aus der Höhe der Einkaufssumme in die Partnerschaft ableiten.
Vollhaftende Partner mussten 500’000 Franken hinblättern, teilhaftende 100’000.
Würde nach diesem Proporz verfahren, dann hätten die „richtigen“ Partner Anrecht auf zwei Drittel der Summe von rund 160 Millionen Franken, was in etwa 100 Millionen entsprechen würde.
Ob eine solche Aufteilung „fair“ wäre, ist Ansichtssache.
Für jene Mitarbeiter, die sich in die Wegelin & Co. AG eingekauft hatten und als Aktionäre mitbeteiligt sind, bliebe ein schaler Nachgeschmack.
Predigten die Partner Hummler und Bruderer nicht gerne, dass ihre Bank für die Kunden besonders sicher sei, da die Partner mit ihrem eigenen Vermögen für Fehler geradestehen würden?
Mit dem US-Steuerstreit ist dieser Fall eingetreten. Doch die Busse, die daraus resultierte, wird nun von allen getragen.
Im Unterschied zum Goodwill-Butteraufstrich. Von diesem sahen die einfachen Wegelin-Mitstreiter bis heute nichts.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Damit die Partner gut überleben können, haben Sie entsprechende Stiftungen ins Leben gerufen: Juna Stiftung Teufen bespielsweise kurz vor den Bad News.
Tu Gutes und berichte darüber – natürlich mit grossen Steuerersparnissen. Deshalb leben ein paar der Partner auch im Kanton AR.
Gewissensbisse wird keiner haben.
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Heute hat es offensichtlich an einer handfesten (bad) News gefehlt?
Aber in 30 Minuten haben wir wieder ein neuen Tag, mal sehen was sich daraus machen lässt.
Und Gruss.
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Ein Klüngeln gleicht dem anderen. Genau wie bei der UBS haben sich die Top-Executives in einem Pokerspiel mit höchstem Einsatz freigekauft, wogegen 3 Kundenberater weiterhin angeklagt bleiben. Das sind eben tolle Chefs, die Ihre eigene Haut und Beute in Sicherheit bringen. Tolle Patrons.
Stellen sich als moderne Robin Hoods hin und sogar noch zum Banker des Jahres wählen.
Ich hoffe, die angeklagten Mitarbeiter und Teilhaber und Aktionäre lassen das nicht einfach durchgehen.
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Ein wild herumspekulierender Artikel, der spekuliert ob die Verteilung des Kaufpreises nicht „unfair“ sein könnte.
Haben Sie in die für Journalisten (wenn man weiss wie) zugänglichen Gerichtsdokumente geschaut? Dort wird ja wohl drinnenstehen welche Gesellschaft oder Privatpersonen die Angeklagten sind und wer die Busse zu bezahlen hat. Ich halte es eher schwer, dass diese Gesellschaft oder Personen die Busse dann einer anderen Gesellschaft weiterverrechnen können, wenn es dafür nicht eine vertragliche oder sonstige rechtliche Grundlage gibt.
Meines Wissens wurde die Nettobank AG, die eine Tochtergesellschaft der Wegelin war und eine eigene Banklizenz hatte an die Raiffeisen Schweiz verkauft. Zumindest hiess die Notenstein Privatbank AG laut Handelsregister früher Nettobank AG (http://sg.powernet.ch/webservices/inet/HRG/HRG.asmx/getHRGHTML?chnr=3203006049&amt=320&toBeModified=0&validOnly=0&lang=1&sort=0). Ob die Nettobank AG eine Tochter der Wegelin & Co. Privatbankiers, Gesellschafter Bruderer, Hummler, Tolle & Co KG oder der Wegelin & Co AG war, ist mir nicht bekannt. Allerdings ist die Wegelin & Co AG laut Handelsregister eine Kommanditären (beschränkt haftende Gesellschafterin) der Wegelin & Co. Privatbankiers … KG mit einer Kommanditsumme von 20,96 Millionen Franken. Laut TR-Datum vom 26. Mai 2011 betrug die Kommanditsumme der AG noch 140 Millionen Franken und wurde mit TR-Datum 8. Februar 2012, und damit nach dem Datum der von Herrn Hässig behaupteten Sitzung auf 20,96 Millionen Franken deutlich abgesenkt. Vielleicht wurden da bereits Barreserven an die AG zurückbezahlt.
Je nachdem ob die Wegelin & Co. Privatbankeriers … KG oder die Wegelin & Co AG die Eigentümerin der Nettobank AG war ist die KG oder die AG die Verkäuferin, welche den Kaufpreis von Raiffeisen erhält. Wenn die Wegelin & Co AG die Verkäuferin ist, erhalten die Aktionäre der AG den Kaufpreis. Wenn die Wegelin & Co Privatbankiers … KG die Verkäuferin ist, erhalten die unbeschränkt haftenden Gesellschafter der KG und die beschränkt haftenden Gesellschafter der KG, von denen einer die Wegelin & Co AG ist den Kaufpreis. Die Mitarbeiter der Wegelin sind Aktionäre der AG. Es ist möglich, dass auch die unbeschränkt und beschränkt haftenden Partner gleichzeitig auch Aktionäre dieser AG sind.
Zu unterstellen, dass ausser der verkaufenden Gesellschaft noch irgendeine andere Gesellschaft oder Person eine zusätzliche Provision erhalten hat, wäre ohne Informationen zu haben eine rufschädigende Unterstellung. Ohne irgendeine Quelle zu haben, grenzt selbst das Aufwerfen der Frage an Rufschädigung.
Ich frage mich auch was die Unterscheidung in einen Kaufpreis von 577 Franken und 389 Millionen Franken für die Substanz der Wegelin & Co AG soll. Die Wegelin & Co AG wurde anscheinend nicht verkauft, denn dort sind laut Handelsregister immer noch Hummler und Bruderer als Verwaltungsräte und niemand von der Raiffeisen eingetragen. Es wurde anscheinend die Nettobank AG (nun in Notenstein Privatbank AG umbenannt) verkauft. Laut Halbjahresbericht der Raiffeisen für das erste Halbjahr 2012 wurde ein Goodwill von 191 Millionen Franken für die Notenstein Privatbank AG bezahlt. Laut Rechnungslegungsstandard ist der Goodwill die rein buchhalterische rechnerische Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem fair value der Aktiva der Notenstein Privatbank AG und dem fair value der Passiva der Notenstein Privatbank AG. Ein Goodwill ist somit einfach ein Bestandteil des Kaufpreises. Er wird aber normalerweise nicht an irgendjemand Anderen als den Verkäufer bezahlt. Im Halbjahresbericht scheinen auch plötzlich im Eigenkapital Anteile an zum Konsolidierungskreis der Raiffeisen gehörenden Gesellschaften in Höhe von 2,338 Millionen Franken auf, die nicht von der Raiffeisen gehalten werden (sogenannte minority interests in equity capital). Es könnte also sein, dass der Verkäufer noch einen Minderheitsanteil an der Notenstein Privatbank AG hält oder, dass nach dem Kauf Mitgliedern des Verwaltungsrats, der Geschäftsleitung oder Mitarbeitern der Notenstein Privatbank AG Aktien der Notenstein Privatbank AG verkauft wurden um diese am Erfolg und am Risiko der Notenstein Privatbank AG teilhaben zu lassen. Das wäre eine interessante Frage, wer hier neu Anteile an welcher Gesellschaft der Raiffeisengruppe hält.
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Was wollen Sie eigentlich genau sagen?
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@Peter Zwygart: Dass der Artikel von Herrn Hässig eine unnötige wilde Spekulation ist und nicht wirklich nachvollziehbar ist.
Meine Antwort ist eine Kritik des Artikels und eine Informatio an Herrn Hässig.
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@Betriebswirt.
Ich verstehe trotz der Ueberlange ihres Kommentars ebenfalls nicht, worauf Sie hinauswollen.
Klarer wird mir die Verteilung des Gewinns bei Wegelin nicht, der Gerichtsentscheid und andere Dokumente lassen sich hier finden:
http://www.wegelinco.ch/index.html
Zweitens ist mir nach wie vor schleierhaft warum Raiffeissen fast 600M bezahlt für Wegelin-Teile ex USA (auch wenn „nur“ netto 155M für die ca. 21Milliarden Kundengelder).
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@ Transparenz Hai: Haben Sie schon einmal eine Bilanz gelesen? Daraus ergibt sich Substanz, also fassbares, einen Gegenwerte der besteht wie z.B. Eigenmittel, Immobilien etc.
Für Kunden-Assets bezahlt man hingegen einen Goodwill –> Sie wissen ja nicht was bleibt und was nicht. Einfach mal ganz einfach erklärt… Man bedenke: Noch vor wenigen Jahren wurden 2 – 3% Goodwill bezahlt – ein Mehrfaches davon. Und nun stellen Sie mal den Gewinn von Notenstein ins Verhältnis des Goodwills, das sind schon fast unverschämte Renditen… Ich würde das Geschäft zu diesem Preis sofort übernehmen wenn mich jemand finanziert!!!
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naja, die allenfalls Uebergangenen werden sich zu wehren wissen! Advokaten-Futter
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Und wo bleiben die Neuigkeiten?
–> eines ist klar, bezahlt haben es die Teilhaber und Aktionäre – wenigstens nicht der Staats, alles andere ist mir egal!
Und wo bleiben die Neuigkeiten? --> eines ist klar, bezahlt haben es die Teilhaber und Aktionäre - wenigstens nicht der…
naja, die allenfalls Uebergangenen werden sich zu wehren wissen! Advokaten-Futter
Ein wild herumspekulierender Artikel, der spekuliert ob die Verteilung des Kaufpreises nicht "unfair" sein könnte. Haben Sie in die für…