Wer dem Bund 100’000 Franken leiht, der muss obendrauf 1’000 Franken Zins zahlen – pro Jahr. Wer der Raiffeisenbank Liestal-Oberbaselbiet den gleichen Betrag gibt, kriegt jährlich 1’150.
So das Angebot der Genossenschaftsbank für sogenannte Kassa-Obligationen mit einer Laufzeit von 3 Jahren.
Das rechnet sich: Wer heute anlegt, hat bis im August 2022 total 3’450 Franken Zins auf sein Investment kassiert, wenn er sein Erspartes der Raiffeisenbank anvertraut.
Umgekehrt hat er im Sommer in 3 Jahren 3’000 Franken auf den Tisch blättern müssen, um beim Bund das Privileg zu haben, sich mit 100’000 Stutz zu engagieren.
Differenz: 6’450 Franken. So viel mehr kassiert man für das „Risiko“, statt beim Bund bei einer kleinen Raiffeisenbank Gläubiger zu sein.
Enorm. Wie kommt das?
Der Bund ist der beste Schuldner. Das ist ein Teil der Erklärung. Und: Wir leben im flächendeckenden Minuszins-Zeitalter. Das ist ein weiterer Teil.
Was aber ist mit den 1,15 Prozent für 3 Jahre bei der Raiffeisenbank? Warum sticht diese heraus wie eine saftige Oase in einer ausgetrockneten Landschaft?
„Die einzelnen Raiffeisenbanken sind unabhängige Finanzinstitute und frei in der Ausgestaltung ihrer Konditionen“, meint eine Sprecherin der Raiffeisen Schweiz, quasi die Dachorganisation der 250 Raiffeisenbanken im Land, auf eine entsprechende Anfrage.
Sprich: Wir äussern uns nicht dazu.
Handelt es sich um ein Lockvogel-Angebot? Die Credit Suisse stach hervor, als sie vor ein paar Jahren ihr Bonviva-Paket propagierte. Sie offerierte Zinsen von einem halben und mehr Prozent, als es bei der Konkurrenz maximal 0,1 Prozent gab.
Im Fall der Raiffeisenbank im Baselbiet sind zwei Sätze im Kleingedruckten wichtig. „Wir behalten uns vor, diese Aktion jederzeit frühzeitig zu beenden“, ist der eine.
Will wohl heissen: Sobald man genug Frischgeld bei sich hat, hört man auf mit dem hohen Zins.
Und die zweite Einschränkung? Sie lautet: „Bitte beachten Sie, dass für diese Aktion ausschliesslich Neugeld von ausserhalb der Raiffeisen-Gruppe berücksichtigt werden kann.“
Das bedeutet, dass man es auf neue Kunden und Vermögen von aussen abgesehen hat. Also eine Erweiterung des bestehenden Kundenkreises.
Es kommen auch noch Kosten dazu. „Zur Einlieferung der Kassenobligation ist eine Kontoverbindung sowie ein Wertschriftendepot bei unserer Bank Voraussetzung“, steht auf der Webseite der Raiffeisen Liestal-Oberbaselbiet.
Und doch bleibt ein Gedanke zurück. Die Raiffeisenbank geht beim Zins weit, weit nach oben, um die nötige Aufmerksamkeit im Markt zu erregen.
Andere Banken wie die UBS bemühen sich derweil, mit Minuszinsen für – reiche – Privatkunden möglichst Cash loszuwerden. Die Raiffeisenbank im Westen des Landes tut viel, um Frischgelder zu erhalten. Der Kunde fragt sich, warum.
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Der Zins von 1.15% ist nicht übel. Jedoch sollte man noch die Kontoführungsgebühren für das erforderliche Privatkonto ansehen. Da kostet bereits der Kontoabschluss Fr. 30, die Kontosaldierung Fr. 15 und Zahlungen verursachen weitere Gebühren.
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Mitglieder bezahlen keine Kontoführungsgebühren.
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Bei der WIR Bank erhält man bis 50’000 auf dem Bonussparkonto 0.10% plus 0.60% Neugeldbonus ab 5’000 Neugeld pro Jahr. Hat man dann noch 25 WIR Aktien gibts nochmal 0.30% Stammanteilbonus dazu.
Der Haken Abflüsse unter dem Jahr sind nicht möglich bzw. man geht den Vorzugszins verlustig -
Die Raiffeisenbank ist ja seit einiger Zeit systemrelevant was soviel heisst wie: als Auslandschweizer darf ich bei Raiffeisen keine Wertschriften haben und wenn ich mehr als CHF 20.000.– abheben will muss ich das Geld kündigen. Wozu denn noch eine Bank.
Aber wenn die Raiffeisen Zinsen zahlen ist das risikolos. Die Eidgenossenschaft wird dann schon gerade stehen und die Sache ausbügeln wenn etwas passiert!
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Die Gruppe insgesamt ist systemrelevant.. heisst im Umkehrschluss aber nicht, dass man eine Bank der Gruppe nicht in die Pleite schicken kann…
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Na ja, wenn Sie solche Beträge kündigen müssen, haben Sie ein Konto mit Rückzugsbedingungen, vermutlich ein Anlagesparkonto. Kündigungsfristen sind in einem solchen Fall auch klar, wie auch die Wertschriftenrestriktionen. Vermutlich noch Domizil USA – verständlicherweise sind die Banken auf solche Positionen nicht scharf!
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@Tiffany: Das sehen Sie falsch. Raiffeisen ist eine Solidargemeinschaft, eine einzelne Raiffeisenbank kann NIE Konkurs gehen.
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Klar kann sie in den Konkurs geschickt werden. Es kommen einfach keine Gläubiger zu Schaden, solange die RCH genug Kapital aus der Gruppe umbuchen kann, um für die Verbindlichkeiten der fallierenden RB zu garantieren.
Liebe Tiffany, überleg dir trotzdem mal genau, was für einen Effekt die Pleite einer einzigen RB auf die 1.9 Mio. Mitglieder der anderen RB ausüben würde, und wie rasch das ohnehin schon sensible Rating der Gruppe südwärts ginge, und was das wiederum für die Refinanzierung der Gruppe hiesse, und ob dann die anderen RB noch in der Lage wären, marktgerechte Preise zu stellen, und neue Kredite refinanziert werden könnten, ebenso die alten.
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War da vor ca. zehn Jahren nicht mal was mit isländischen Banken, welche auch „Liquidität einkaufen“ mussten und u.a. Sparkonten mit sehr hoher Verzinsung anpriesen? 😉
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Wer heute 1.15% p.a. auf 3 Jahre bezahlt als Lockvogel für Neugeld hat tatsächlich ein ernsthaftes Refinanzierungsproblem.
Ich habe aber auch erlebt, wie die Raiffeisenbank Depotgebühren belastet auf den eigenen Kassenobligationen! Das ist echt daneben. Wieviel nimmt wohl die RB Liestal?
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Die Depotgebühren betragen 0,1 % per annum. Steht im Text…
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Toll, jetzt weiss ich dank IP, wo ich „da Cholä“ endlich hinparkieren kann.
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@ Schwarzgeldheini
Was machst denn Du noch in der Schweiz?
Wir haben gedacht Du bist bereits in die neue Schwarzgeldhochburg USA umgezogen. Delaware, Nevada oder so….fürs umparkieren.
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Menschenverdummung – die Raiffeisenbank steigt einfach vorher aus oder erhöht ihre Gebühren exorbitant. Grundsätzlich ist das Vertrauen Kunde/Bank beschädigt, keiner traut dem anderen über den Weg. Als Anleger habe ich schon viele Versprechungen von Schweizer Bankern erhalten, die im Grunde fast alle, nahezu haltlos waren – man muss feststellen die Schweizer Banken „kochen auch nur mit Wasser“. Die Zuverlässigkeit der Schweizer-Banken ging in diesem wichtigen Dienstleistungs-Bereich vor die Hunde, übrigens, seitdem immer mehr ausl. Kunden nachdeklarierten und „steuerehrlich“ wurden – seltsam?
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Sehr starkes Wachstum der (Hypothekar-)ausleihungen weit über dem Markt, kombiniert mit deutlich unterproportionalen Kundengeldzuflüssen im 2018 – resp. sogar Abflüssen im 1. Sem. 2019 – und ein aufgrund der Bilanzstruktur anspruchsvolles Zinsrisikomanagement dürften der wahre Grund für dieses Angebot sein. Ohne Not startet vernünftigerweise niemand eine derartige Aktion! Der Neukunde ist gut beraten, sich vor einem Engagement Gedanken über die Gründe der phänomenalen Steigerung der Ausleihungen in den letzten beiden Jahren und der möglichen Auswirkungen auf Risiko- und Ertragslage zu machen. Es ist ja nicht so, dass es im Baselland keine Mitbewerber gäbe.
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sehr gute Ueberlegung. Aber weil Raiffeisen zum Kreis der Systemrelevanten gehört, besteht kein Risiko, aber…..wenn der schlimmste Szenario eintreffen würde, kann ja niemand sagen WANN seine Guthaben ausbezahlt würden! Ohne Zins natürlich…
Dieses Risiko haben alle systemrelevanten und Kantonalbanken. Aber, es gibt ja keine Geldanlagen ohne Risiko.
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Nun ja, 1.15% sieht isoliert betrachtet nach einem hohen Zins aus. Neben dem Faktor ‚Neugeld‘ dürfte auch das ALM eine Rolle spielen. Über die gesamte Refinanzierung der Ausleihungen dürfte sich das Bild wieder relativieren.
Eine ’selbständige‘ Raiffeisenbank hat 2 Möglichkeiten, sich zu refinanzieren: über einen Kedit bei Raiffeisen Schweiz oder direkt beim Kunden. Zweiteres bringt dem Kunden mehr und fördert den Geldzufluss und ist mancher RB lieber als in St.Gallen Bittsteller sein zu müssen.
Ausser die Limite wäre bereits ausgeschöpft und die KO-Aktion quasi die letzte Möglichkeit, was dann den nicht ganz marktüblichen Zinssatz erklären würde…
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Wer heute 1.15% p.a. auf 3 Jahre bezahlt als Lockvogel für Neugeld hat tatsächlich ein ernsthaftes Refinanzierungsproblem. Ich habe aber…
Nun ja, 1.15% sieht isoliert betrachtet nach einem hohen Zins aus. Neben dem Faktor 'Neugeld' dürfte auch das ALM eine…
War da vor ca. zehn Jahren nicht mal was mit isländischen Banken, welche auch "Liquidität einkaufen" mussten und u.a. Sparkonten…