Thomas Werlen zählt zu den grossen Persönlichkeiten der Schweizer Anwaltsszene. Ex-General Counsel der Novartis, unerbittlicher Ermittler im CS-Spionagefall, Drahtzieher im Sika-Krimi.
Nun hat Werlen als Managing Partner von Quinn Emanuel, eine mächtige globale Kanzlei, Ärger wegen eines Finanz-Skandals.
Ein griechischer Investor und Vertreter von Gläubigern, die ihrem Geld nachrennen, macht ihm Vorwürfe.
Alle Beteiligten schweigen.
Hintergund ist die griechische Schmuck- und Fashion-Gruppe Folli Follie. Die geriet vor 4 Jahren in Turbulenzen.
Im Frühling 2018 setzte ein Hedgefonds ein Fragezeichen hinter die offizielle Zahl der Verkaufsstellen. Die Aktie stürzte ab, die Folli-Manager verspielten das Vertrauen.
Einige Monate später war Folli Follie Pleite. Vermutet wurde, dass die Folli-Verantwortlichen den Geschäftsbericht 2017 geschönt hatten.
Damals war es für sie schwierig, frisches Geld zu erhalten. Doch dann kriegten sie doch noch Flüssiges.
Viel – UBS und CS sei Dank. Die beiden Schweizer Grossinstitute legten Bonds auf, ihre Kunden, darunter zahlreiche Kleine, zeichneten die Obligationen, die schönen Zins versprachen.
Total 150 Millionen. Nach dem Kollaps im Herbst 2018 war das Geld weg. Die Investoren liefen Sturm; dann mandatierten sie einen griechischen Finanzmann und Spezialisten, Klagen gegen die beiden Finanzmultis anzustrengen.
Sammelklagen, heisst das im Jargon. Die sind teuer und ungewiss. Doch in diesem Fall schienen die Chancen gut. Auf über 80 Prozent Erfolgswahrscheinlichkeit kam Quinn Emanuel. Prospekthaftung.
Die Kanzlei erhielt das Mandat im Sommer vor 2 Jahren. Ziel waren umfassende Klagen gegen die UBS und die CS am Handelsgericht in Zürich.
Die Parteien vereinbarten einen Kostenrahmen über rund 1,5 Millionen. Dafür brauchte es einen sogenannten Finanzierer; die Omni Bridgeway.
Der erste Quinn Emanuel-Anwalt sprang nach einem Jahr von Bord. Es übernahm Thomas Werlen. Der schlug vor, mit der UBS zu verhandeln, statt die Bank vor den Richter zu zerren.
Werlen konnte für die propagierte 180-Grad-Wende eine Figur ins Spiel bringen: Barbara Levi. Die Juristin war bei Novartis Werlens Shooting-Star.
Nun sollte sie bald bei der UBS oberste Rechtsfrau werden, als Nachfolgerin des berühmten Markus Diethelm – der ja jetzt bei der CS gelandet ist.
Werlen und Levi kennen sich, vertrauen sich; so wohl die Idee. Man kann reden statt streiten. Die Folli-Klägergemeinschaft gab grünes Licht.
Dann entgleiste die Sache. Der griechische Klägervertreter sah null Fortschritte. In einem Gutachten kritisierte er Werlen und Quinn Emanuel. Schon „mehr als 800’000 Franken“ seien für die Kanzlei draufgegangen, 65 Prozent des Budgets.
Und noch immer gebe es kaum Fortschritte. Zudem sei nur noch die UBS ein Thema – von der CS spreche niemand mehr. Warum?
Der Streit eskalierte, die Partnerschaft war nicht mehr zu retten: Die Investoren-Gemeinschaft kündigte Quinn Emanuel, Werlen verlor das Mandat, eine neue Kanzlei übernimmt.
Doch dann gabs noch eine Volte. Die Prozess-Finanziererin Omni Bridgeway klagte ihrerseits gegen den Vertreter der Investoren in London respektive das Vehikel der Folli-Gläubiger.
Omni war nicht damit einverstanden, Werlen und seine Quinn von Bord zu schmeissen. Nun liegen sich der Prozess-Finanzierer und die Folli-Gläubiger-Gemeinschaft an der Themse in den Haaren.
Ein Hickhack der Extraklasse. Dabei wäre eine gemeinsame Front im Folli-Fall, der in den Augen aller – Gläubiger, Finanzierer, Anwälte – mit ziemlicher Sicherheit gewonnen werden könnte, entscheidend.
Lachende Dritte sind die zwei Schweizer Finanzmultis, allen voran die UBS. Die Paradeplatz-Häuser hatten „dummen“ Investoren Wertpapiere über 150 Millionen Franken angedreht, als bei der Folli schon Lampen leuchteten.
Bis jetzt geht die Rechnung auf: Gebühren eingesackt, Gelackmeierte erleichtert, Gegner zerstritten. Was will man mehr?
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bei Rallye SA, Fr. 95 Millionen war auch die UBS Lead Manager; nach wenigen Monaten war Rallye SA pleite…..
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Ja, ja, die Gier der Menschen kennt keine Grenzen…Warum man sich für diese noch einsetzt, nur um auch wieder Geld und Kommissionen reinzuholen. Wenn man solche Geschichten liest freut man sich auf seinen Schrebergarten uns seine netten Hühner, die legen wenigstens während ca. 2 Jahren jeden Tag ein Ei…Es muss wirklich eine Last sein viel Geld zu haben und das richtige Investment zu finden, natürlich mit Hilfe der Banken und deren hübschen Prospekten. Da sieht man einmal mehr, reich sein heisst nicht intelligent sein, oftmals einfach Glück gehabt zu haben und annehmen, dieses bleibe einem Treu…Hochmut kommt vor dem Fall!
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Auffällig, dass eine Top Kanzlei (Jargon lH) es innert zwei Jahren und 800`000 angefallenem Honorar nicht fertig bringt, eine Zivilklage deren Gewinnchance 80% (Schätzung der Top Kanzlei) beträgt, bei Gericht einzureichen. Wurde die Gewinnchance aus Nachlässigkeit oder weil man den lukrativen Fall wollte oder weil man die Prozess-Finanziererin kriegen wollte oder aus irgend einem anderen Grund von der Top Kanzlei zu hoch eingeschätzt?
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Man fragt sich, wie dumm gewisse Investoren sind, die irgendwelche obskure Papiere kaufen, auf Empfehlung der Banken, wo nachträglich ein Totalverlust eintritt. Man erinnere sich 2008 an die Subrime Ramsch Papiere.
Hätten Sie doch Nestle oder Roche gekauft. -
Anwälte werden leider viel zu selten angezeigt. Hinter Ihren Erfahrungsberichten versteckt sich oft ein gefährliches Kalkül.
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Diese Bude muss geschlossen werden.
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Ein Klassiker! Die „Kleinen“ wurden mit hohen Renditen geködert und die haben zugebissen, ohne zu prüfen.
In meinen Augen gehören die „Investoren“ mit vor Gericht. Das macht Omni richtig.
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Guy Tiger
( Ein Klassiker! Die „Kleinen“ wurden mit hohen Renditen geködert und die haben zugebissen, ohne zu prüfen.)
Sie haben schon recht.
Auf der anderen Seite ist es enorm schwierig als kleiner Investor das entprechende Risiko Abzuschätzen
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„Shooting Star“ B. Levi?!
Aha – aber wo bleibt denn der Glanz des Stars.
Das alte Spiel – gabs bei der CS, bei der Raiffeisen.
Alle verglüht – und mit überdimensionierten Boni untergegangen. -
Die Schweiz die Insel der Reichen äh Bereicherer.
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JA, es gilt Unschuldsvermutung und dennoch, allerdings offenbart das gesamte System auch das es sich nicht um Wertpapiere, sondern um werlose Luftschlösser die vom Gesetzgeber „entkriminalisiert“ wurde. Ergo: das ganze geht mit staatlicher Rückendeckung über die Bühne…
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Ich kann es nur wiederholen. Mit Geld Angelegenheiten geht man nicht zur Bank.
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Es bleibt die offene Frage, wo ist der Konsumentenschutz für Kunden der Schweizer Banken? Natürlich in der Schweiz und nicht im Ausland! Da aber die FINMA eine totale Kuschelbehörde ist und nur darauf schaut, dass eine Bank genügend Liquidität und genügend Eigenmittel hat, dass sie nicht untergeht. Es ist ihnen aber gleichgültig, wie sie die Kunden beraten und was sie ihnen andrehen. Natürlich haben auch die Schweizer Banken gemerkt, dass die sagenhafte Schweizer Stabilität nicht mehr allein als Verkaufsargument genügt, obwohl die SVP überzeugt ist, dass dies genügt. Also bekommt der Schweizer Finanzplatz einen neuen Anstrich, aber innerhalb bleibt sich das Gebäude gleich. Da wird dann halt von den Geschädigten versucht, ihre Verlust durch Prozesse im Ausland (USA!) wieder einzuholen. Dies ist aber eine abenteuerliche Reise und gelingt nur, wenn die Bank so dämlich ist wie die CS, die Verträge so abzufassen, dass die US-Richter die Klagen zulassen und dann wird es für eine Schweizer Banken brandgefährlich.
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Bankkunden sind Einleger oder Anleger, Kreditoren oder Emittenten, aber sicher keine Konsumenten.
Deshalb brauchen sie auch keinen Konsumentenschutz.
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Ich kann es nur wiederholen. Mit Geld Angelegenheiten geht man nicht zur Bank.
Es bleibt die offene Frage, wo ist der Konsumentenschutz für Kunden der Schweizer Banken? Natürlich in der Schweiz und nicht…
JA, es gilt Unschuldsvermutung und dennoch, allerdings offenbart das gesamte System auch das es sich nicht um Wertpapiere, sondern um…