Mittwoch, 2. Mai: Korporal Lukas Geisser klingelt. Empfangen wird der Polizist von Konrad Hummler himself. Post aus New York, knurrt Geisser.
Dem Wegelin-Bankier bleibt keine andere Wahl. Um 10.05 Uhr setzt Hummler seine Unterschrift unter die Empfangsbescheinigung.
Hummler atmet tief durch. Mist, jetzt haben ihn seine US-Häscher erwischt.
Unter „Vorladung zu Gericht“ steht „Ersetzende Anklageschrift des Bundesbezirksgerichts der Vereinigten Staaten für den Gerichtsbezirk Süd von New York“.
Damit haben die USA Konrad Hummler auf dem linken Fuss erwischt. Es ist ihnen gelungen, dem Wegelin-Chef die gegen ihn und seine Partner gerichteten Vorwürfe zur systematischen Mithilfe bei Steuerhinterziehung persönlich zu überreichen.
Damit ist die formelle Anforderung erfüllt, um die Schweizer Beschuldigten vor das US-Gericht zu zerren.
Für Hummler zieht sich die US-Schlinge rasch zu. Bisher stellte er sich auf den Standpunkt, dass er auf die US-Anklage gar nicht einzutreten habe. Nun ist sein erster Abwehrwall zusammengekracht.
Die Vorladung von Hummler&Co. datiert vom 10. April. „Summons in a Criminal Case“, heisst sie, Aufbietung in einem Strafprozess.
Die richterliche Anordnung lässt keine Fragen offen. „You are summonded to appear before the United States district court at the time, date, and place set forth below to answer to one or more offenses or violations based on the following document filed with the court.“
Angegebener Gerichtsort: United States Courthouse an der Pearl Street in New York; Zeit des Prozesses: Nachmittag um 4 Uhr am 23. Mai. Das ist in einer Woche.
Dem gefallenen Schweizer Starbanker, selbst Jurist, muss niemand englische Gerichtssprache übersetzen. Er habe zu einem oder mehreren strafrechtlich relevanten Punkten auszusagen.
Unterschrieben hat „The Honorable Jed S. Rakoff, United States District Judge“. Rakoff, der bisher vergeblich auf den 59-jährigen Schweizer gewartet hat, hat Hummler nun offiziell an seinen Gerichtshof zitiert.
Nach dem ersten Schock regt sich in Hummler Widerstand. Wartet nur, Euch werde ich zeigen, wo der Bartli den Most holt, sagt er sich.
Nicht offiziell. „Ich nehme keine Stellung zur Vorladung“, sagte er gestern Abend am Telefon.
Doch aus der Hummler-Befehlszentrale in St.Gallen ist zu vernehmen, dass die Wegelin-Banker sämtliche Rekursmöglichkeiten ausschöpfen würden. Die Anwälte dies- und jenseits des Atlantiks seien an der Arbeit.
Eine Chance wittern die Wegelin-Juristen beim Punkt, ob die vorgeworfene Mithilfe bei Steuerhinterziehung ein rechtshilfefähiges Delikt ist.
In der Schweiz gilt die Steuerhinterziehung in der nach wie vor geltenden Rechtssprechung als Vergehen, nicht aber als Straftat.
Nach internationalen Standards kommt aber Rechtshilfe zwischen 2 Staaten nur dann in Frage, wenn das zugrunde liegende Vergehen ein strafrechtlich relevanter Tatbestand ist.
Das Juristenfutter ändert nichts an der Tatsache, dass sich Hummler in die Enge getrieben sieht. Dazu beigetragen hat die oberste Politik und der Rechtsstaat Schweiz.
Die formell korrekte Zustellung der Anklage der Amerikaner an Hummler hätte niemals erfolgen können, wenn Bern nicht mitgespielt hätte.
Das Dokument landete via ordentlicher Rechtshilfeweg auf dem Pult des für die USA zuständigen Beamten im Bundesamt für Justiz.
Der stellte die nötigen Befehle zuhanden der St.Galler Kantonspolizei aus. Diese trat dann den Gang zum Wegelin-Sitz an der Museumsstrasse 1 in der Gallus-Stadt an.
Es ist wenig wahrscheinlich, dass der Justiz-Funktionär eine Zustellung von der Brisanz des Wegelin-Falls ohne Wissen der vorgesetzten Stellen vollzogen hätte.
Informiert sein müssten somit die höchsten Stellen im Rechtsstaat Schweiz. Dazu zählen der Chef des Justizamts Michael Leupold, dessen Vorgesetzte, Justizministerin Simonetta Sommaruga, sowie vermutlich einige oder alle Mitglieder der Landesregierung.
Steckt eine koordinierte Aktion hinter der Wegelin-Zustellung, dann hätte die oberste politische Führung des Landes Konrad Hummler und seine Partner zum zweiten Mal im Stich gelassen.
Als die US-Justiz im Januar hinter den Kulissen unverhohlen mit einer Anklage gegen Wegelin drohte, forderte Hummler Unterstützung in Bern und bei der Nationalbank an.
Die SNB sollte der St.Galler Privatbank weiterhin Dollar-Geschäfte ermöglichen für den Fall, dass Wegelin nach einer Anklage der Dollar-Hahn zugedreht würde.
Dies lehnten die höchsten Stellen ab. Danach blieb nur noch der Notverkauf der Nicht-US-Teile von Wegelin an die Raiffeisen-Gruppe. Die neu-alte Wegelin segelt heute unter Notenstein Privatbank.
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Typischer Lukas Hässig artikel…wieso kann der nicht einfach ohne diese ganze Theatralik schreiben? Sparr dir das für deine Bücher auf und mach hier deinen Job als Journalist, lass nicht immer so den Buchautor raus…(wo ich mich sowieso frage, wer deine Bücher kauft?!) Ist ja so als würde ein Fussballfans Bücher über die Münchner Bayern herausgeben…da weiss ja auch jeder Bescheid wie die funktionieren..;-)
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Hummler:
Alfred Hummler, Vater von Konrad Hummler, war von 168 – 1980 ohne Unterbruch Stadtammann von St.Gallen. Von Abwahl ist mir als Ur-St.Galler nichts bekannt. Alfred Hummler (FDP) wurde 1980 durch Heinz Christen (SP) als Stadtammann abgelöst und im Stadrat durch Peter Schorer (FDP) ersetzt.Siehe auch:
http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D6391.phpBitte den Fehler betreffend später „Rache“ für den Vater korrigieren.
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Wann schreibt Herr Hässig wieder mal etwas über die CS? Er ist ja immer so gut informiert.
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@Herr Hans Sigg
Ich schrieb ja, dass Gross-und Kleinbanken sind für die Schweiz wichtig.
Zu Personen, die viel versteuern, eventuell. Auch wenn sie in Basel die Firmen führen oder Inhaber der Grossindustrie sind, heisst das nicht explizit, dass sie ihre Steuern in Basel bezahlen und es heisst schon gar nicht, dass sie ihr Kapital bei der BKK anlegen. Die Bank Wegelin ist nicht die systemrelevante Bank. Das ist mir bekannt. Es geht um den Finanzplatz insgesammt. -
@Lieber Hans Sigg
@Lieber MaxJa, die Swissair, die nationale Airline haben sie im Pack mit den Grossbanken und der Politik aus der FDP, SP, SVP gerne vernichtet. Mehr als 15000 Tausend Arbeitsplätze gingen verlören. Den Südanflug haben wir der verheerender Politik des BAZL im Dep. Leuenberger ( SP )zu verdanken. Sie, @ Max, scheinen der SP oder den Grünen anzugehören, als Politiker und Sie brüsten sich auch mit der Tatsache, dass sie einer sind. Sind Sie ein Gemeinde, Kantons-oder Nationalratspolitiker? Offenbar wollen Sie, dass alle da im Blog wissen, dass Sie einer sind. Wieso?
Es ist offensichtlich, dass der Ospel ( SVP-und BaselNähe )mit an der Swissair-Grounding mitgewirkt habe. Es ist natürlich nicht nur diese Sünde, die er begangen habe.
Er habe den Banken den Schritt zu unermässlichen Lohnentschädigungen beigebracht, eben nach US-Manier – dort verdient man als CEO wesentlich mehr, auch 5 Millionli.
Es ist nicht Casino Mentalität, es ist etwas viel schlimmeres. In den Undergroundgeschäfterei nennt man das entsprechend härter und bei uns gar nett und lieb: “ To big to faul.“ Systemisch stehen wir in einer totalen Abhängigkeit der Gross und Kleinbanken in der Schweiz. Gehen die Banken pleite, geht die ganze Schweiz pleite.
Das muss klar sein. Und man müsse verhindern in den USA, dass diese Angriffe endlich aufhören. Es ist eines unabhängigen Landes Recht die Wirtschaft so auszurichten, wie sie sich entwickeln möchte ohne der Richter von aussen.
Ich bin keine Politikerin und mag es auch nicht werden, aber als Bürgerin der Schweiz habe ich das kleine Recht zumindest zu ässern, was einen bewegt, dass man den Bundesrat z.B. doch noch durchs Volk wählen lässt. Bin parteilos. Man sieht ja wieso eine Mehrheit der Parlamentarier, die sich gehörig unter dem Deckel der Verschwiegenheit absprachen ohne den Volk zu konsultieren ein BR abzuwählen und die EWS aus dem Bündner Land wählen zu lassen.
Wenn es demokratisch hätte gehen sollen, dann gäbte es keine Tricksereien, die es im NR damals gab, sondern ein Impeachment-Verfahren gegen ein BR mit der Bennenung der ausschschlaggebender Gründe für das Volk.
Das ist zum „Jucken“ in Ihrem Kommentar.
Die Jovialität im Umgang mit dem weiblichen Blogger mag ich nicht, darum bin ich froh wenn Sie mich nicht „Liebe Lidija nennen“.
Für euch beide bin ich immer noch Frau Jametti. -
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Entschuldigung Frau Jametti:
Wusste nicht das dies Ihr richtiger Name ist. Täuschen Sie sich nicht: Wegelin war nicht „too big to fail“. Und die BKB ist es nur in Basel und dort gibt es potente Steuerzahler!
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Sorry. War mir nicht einmal bewusst ob der Name masc, fem, oder neutrum. Weiss auch nicht was das mit der Sache zu tun hat. Hummler ist und bleibt at best ein erschreckender, arroganter Naivling, Oder, wie man erstaunt lesen darf, von einem Rechtsprofessor beraten, dem anscheinend nicht an einem schnellen und sicher auch billigeren Ende des Ordeals gelegen ist. Honni soit qui mal y pense.
Nochmals an alle Bankers in der Schweiz und sonstwo: Dont mess with the IRS. Schon Al Capone hat das begriffen.
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Millionenen beziehen, Angestellte ins verderben befehlen,GROSSE Reden halten von wegen er haette keinen einzigen US Kunden, aber Depot Bank der UBS sein (fuer US Kunden). Tja jedes Kartenhaus faellt mal zusammen!
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Ich verstehe Herr Dr. Hummler gut.
Er ist ein Unschuldslamm, aber er durfte schon nach der Geschichte und der Aufarbeitung des Holocoust in der Schweiz und USA den Vorgeschmack dessen was noch kommen könnte sich ausmalen. Aber nein.
Ich habe nichts ahnend und einer Einladung nach USA – Chicago folgend an eigener Haut erfahren wie das ist, wenn sie als Schweizerin dorthin einreisen und eventuell dem Borderman nicht gerade sympatisch erscheinen. Man habe mir den Koffer auseinandergerissen, inklusive Futter. Es gab nichts zu finden und ich habe 0 Ahnung was oder nach was sie suchten. Der Man am Zoll sagte auch nichts. Dann rissen sie mein ReiseTalismann – es Bärli auseinander und ich wusste immer noch nicht um was es ging.
Danach gaben sie mir den Weg frei. Es war ein gruselige, rothaarige Ami und seinem tun haben viele Passagiere, die hinter mir standen zugeschaut. Es war ein noch Swissair Flug.
Ich schaute mir einige Kunstsammlungen und Austellungen an dort in Chicago, ging ins Konzert mit Solti und verliess Chicago auf nie mehr wiedersehen.
Ich würde sagen, er solle niemals nach USA reisen, wie der Marc Rich. Bleiben Sie im Lande. Es ist besser so. Die Amerikaner wollen auf die Kosten und auf dem Puckel der Schweiz ihren Säckel fühlen. Dabei haben die US Hedge Fonds und Finanzinstitute diese Krise erst verursacht. IRS tut was, was man als Laie nicht verstehen kann. Ich schätze gar, dass sie da etwas tun, was auch in den USA nicht rechtlich unterlegt ist.
Man hätte auch nie die US Manager da in den Banken anstellen sollen. Wann lernen die Schweizer endlich ihre eigene Leute zu portieren? Es hat schon mit dem Katz bei der Swissair angefangen.-
Es juckt schon wenn solch Chabis geschrieben wird. Und die Swissair gibts schon seit Ospels Zeiten nicht mehr – auch so ein Schweizer Banken Champion dem man das ganze US Steuerdebakel verdanken darf wo sich Politik wie Winkelried in die Schlacht geworfen hat. Fuer was? Um eine Carneval de Bale Larve zu retten? Arme Schweiz. Fuer diese miese Bande opfert man den guten Namen der Nation. Das ist das Schlimme. God forbid sollte mal Nestle, Swatch, Novartis unter IRS Druck leiden. „Das ist Privatwirtschaft, das hat mit uns Politiker, Bundesbern aber nun wirklich nichts zu tun“. Aber gehts um Banken, den heiligen Finanzplatz, verlieren die kuehlsten Koepfe den Verstand. Und niemand kuemmert sich einen Deut um die Probleme vom Werkplatz Schweiz der den wirklichen Mehrwert schaft, nicht leere Casino Wetten der sogenannten „Investment“-Bankers.
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Richtig Liebe Lidjia: Aehnliche Erfahrungen mit der US-Immigration hat wohl jeder schon gemacht.
Deshalb ist es schlicht nicht nachvollziehbar, dass einige meiner Banker-Kollegen, nachdem die meisten CH-Banken bereits 1999 die US-QI-Agreements akzeptiert haben, weiterhin im US-Territorium, ob als interne oder externe VV macht keinen Unterschied, CH-Bankkunden mit offensichtlich unversteuerten Vermögen betreuten oder gar neu akquirierten. Beispielsweise beim Wechsel von der UBS zu Wegelin, BKB usw.
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Tschüssi Büssi
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Vorausgesetzt, die Mitarbeiter der Bank Wegelin haben sich gemäss unserer nach wie vor gültigen CH-Gesetzgebung korrekt verhalten und US-Bürgern auf US-amerikanischem Territorium keine aktive Beratung und Unterstützung zur Steuerhinterziehung/-betrug angeboten, ist die amerikanische Klage nicht rechtshilfefähig. Ist die in diesem Beitrag aufgezeigte Situation korrekt dargestellt, sind auch unsere Bundesbehörden einmal mehr scharf zu kritisieren. Es ist endlich Zeit, dass Bern den Versuch der ÙSA auf unserem Territorium Recht zu setzen, verzugslos, ohne wenn und aber, unmissverständlich und abschliessend zurückweist. Im übrigen rate ich Konrad Hummler dringend, auf keinen Fall in die USA zu reisen. Es erwartet ihn dort kein faires Verfahren. Die Amerikaner befinden sich auf dem Kriegspfad!
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die Amerikaner befinden sich nicht auf Kriegsfuss sondern sind Gambler, die bisher mit sehr wenig Aufwand zu sehr viel gekommen sind… natürlich dank dem strategisch äusserst ungeschickten verhalten von uns schweizern
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Die Politiker in Bern haben Konrad Hummler fallen lassen.
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Und angenommen der liebe Herr Dr. jur. Hummler hat direkt oder indirekt US Residents geholfen den Staat zu bescheissen? Was hat das mit den Politiker in Bern zu tun? Nur weil er Hummler heisst? Wenn ich und meine Firma trouble mit dem IRS haben kuemmert das kein Schwanz in Bern. Und dies zu Recht. Lektion Nummer 1 doing biz in the US: Dont mess with the IRS! Wenn Hummler das nicht weiss dann ist er wirklich straeflich dumm.
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…alles Läugeli in Bern. Unglaublich.
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Die Aeusserungen von Konrad Hummler waren ungeschickt – so sehr man auch gerne hörte, dass einer endlich Klartext spricht.
Das Verhalten der Bundesbehörde – und wenn die Vermutung stimmt, dass bis hinauf zum Bundesrat dieses gebilligt wurde, dann auch das Verhalten unserer obersten Gremien – ist indessen nicht nur „ungeschickt“ wie so oft, sondern skandalös.
Bundesrat, Parlament und Bundesgericht haben schon Amerikanische Bankkunden, die auf schweizerisches Recht gezählt hatten, widerrechtlich (d.h. mittels „Notrecht“) der amerikanischen Strafverfolgung ausgeliefert. Soll das jetzt auch noch mit einem Schweizerbürger geschehen ?
Ob unser Recht geändert werden sollte, darf man sich sicher fragen. Widerrechtlich ausliefern ist kriminell.
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...alles Läugeli in Bern. Unglaublich.
Die Politiker in Bern haben Konrad Hummler fallen lassen.
Vorausgesetzt, die Mitarbeiter der Bank Wegelin haben sich gemäss unserer nach wie vor gültigen CH-Gesetzgebung korrekt verhalten und US-Bürgern auf…