Diesen Samstag geben die alten Wegelin-Oberchefs Konrad Hummler und Otto Bruderer ihren rund 200 Mitaktionären Rechenschaft ab.
Die Generalversammlung, die um 9 Uhr 30 im St. Katharinen-Forum in St. Gallen beginnt, steht im Zeichen der Frage, wie viel Geld aus dem Notverkauf an die Raiffeisen zu verteilen ist.
Klar ist, dass die Wegelin-Leute nicht schlecht gefahren sind mit dem Deal, der vor anderthalb Jahren die US-Häscher auf dem linken Fuss erwischt hatte.
Insgesamt zahlte Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz über 570 Millionen Franken für die ganze Wegelin Bank ohne US-Kunden.
Vincenz gründete damit die Notenstein Privatbank, die seither mit Zukäufen Gas gibt.
Rund 370 der gut 570 Millionen galten als Substanzwert, der allen Wegelin-Begünstigten zukam.
Der 100-Millionen-Pot für Überraschungen könnte nun zu reden geben.
Der Grund sind Retro-Rückerstattungen. Wegelin hatte jahrelang gutes Geld mit intransparenten Retro-Kommissionen verdient.
Nun haben die Kunden Anrecht auf Rückerstattungen.
Wer bezahlt? Das ist die 100-Millionen-Franken-Frage der Wegelin.
Der Käufer der Wegelin Bank, Pierin Vincenz von der Raiffeisen, und die Verkäufer, die beiden Wegelin-Zampanos Hummler und Bruderer, sollen seit einigen Monaten darüber debattieren.
Auf Anfrage halten die Protagonisten den Ball flach.
Vincenz will keinen Zwist rund um die Retro-Frage sehen, Hummler will sich nicht äussern, da Wegelin nach dem Schuldeingeständnis in den USA zur Privatsache geworden sei.
Abgerechnet wird spätestens in einem Monat, also Ende Juli. Dann müssen sich die beiden Parteien über die je 100 Millionen Franken einig werden.
Das Thema der Retros gewann erst nach dem Deal an Bedeutung.
Ende letzten Jahres und damit mehrere Monate nach dem Verkauf der Wegelin an die Raiffeisen sprach das Bundesgericht sein wegweisendes Urteil.
Es gab der Klage eines Kunden gegen die UBS Recht, wonach die Bank für nicht offengelegte Retro-Kommissionen von Produkteanbietern rückerstattungspflichtig würde.
Der Entscheid des obersten Gerichts bezog sich auf einen Fall mit einem Mandat für die Vermögensverwaltung.
Viele Juristen gehen davon aus, dass die Banken alle Retros zurückerstatten müssen. Kunden, die Einzeltransaktionen absegneten, hätten demnach gleiches Anrecht wie solche mit einem Mandat.
Die betroffenen Banken arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung.
Um wie viele Retros es bei Wegelin geht, ist unbekannt. Es ist gut möglich, dass sie einen grossen Teil der zurückgestellten 100 Millionen Franken ausmachen.
Die Beurteilung der Frage könnte weit auseinander liegen.
Wegelin-Verkäufer Hummler und Bruderer könnten sich auf den Standpunkt stellen, dass die Bankbranche das Problem seit Jahren kannte und somit die Gefahr einer potenziellen Rückerstattungspflicht nicht über Nacht entstand.
Mit dieser Argumentation würde das Duo Hummler-Bruderer versuchen, die potenzielle Retro-Schuld als bekannt oder zumindest erkennbar darzulegen.
Einen versteckten Mangel, welcher der Käufer nicht sehen konnte, würde es demnach nicht geben.
Umgekehrt könnte Pierin Vincenz von der Raiffeisen-Bank argumentieren, dass das Bundesgericht die ganze Branche auf dem linken Fuss erwischt hätte.
Bis dahin sei nämlich nie von Retro-Rückerstattungen im grossen Stil die Rede gewesen. Er, Vincenz, habe unmöglich wissen können, dass er gegenüber den übernommenen Kunden schadenersatzpflichtig würde.
Unabhängig davon, ob die Diskussionen zuletzt vor einem Richter landen oder ob sich die beiden Lager gütlich einigen, zeigt der Fall die Bedeutung des Retro-Urteils der Bundesrichter.
Praktisch jede Bank sitzt heute auf Verpflichtungen gegenüber Kunden. Diese sind schwierig zu quantifizieren und bedeuten eine offene Flanke für Klagen.
Das könnte den absehbaren Strukturwandel im Swiss Banking belasten. Zur Altlast Schwarzgeld gesellt sich die Altlast Retro.
Kleine und mittelgrosse Banken mit viel unversteuertem Kundengeld und hohen Retro-Schulden könnten zu unverkäuflichen Objekten werden.
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Die beliebtesten Kommentare
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Als Nichtjurist meine ich, dass man eine Firma mit allen Rechten, Pflichten, Schulden, Ausständen usw. kauft wenn nicht explizit etwas anderes abgemacht ist. Das würde heissen, dass Vinzenz zur Kasse gebeten wird. Erstaunlich übrigens, dass er diesen Punkt mit den Wegelinern nicht geregelt hat. Die Sache war schon vor gegen 2 Jahren durchaus ein Thema.
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sehr interessant, denn die stgaller haben gerade begonnen ihre kunden über allfällige retrorückerstattungen zu informieren. die haltung ist ganz schön brüsk und abweisend, im sinne dass der kunde mit nichts zu rechnen hat. ganz im gegensatz zu anderen privatbanken, die teils sehr kulant retros zurückerstatten. es dürfte also schon um etwas geld gehen und könnte den wert der damaligen transaktion locker um einen zweistelligen millionenbetrag belasten. die stgaller waren ja weitum bekannt für ihre multimanager strategien und fondsmandate.
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Welche St. Galler? Die alte Wegelin? Ich hoffe Sie wissen, dass über 90% der Portfolios bei Privatkunden mit Einzeltiteln gefüllt sind.
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Ich will schon gerne wissen, wer hier immer Internas «steckt» – unabhängig davon, ob’s wahr ist oder nicht. Wer solch Insider (Mitarbeiter) hat, der braucht keine Feinde. Unglaublich sowas. Witzfiguren.
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@ „90% der Portfolios bei Privatkunden mit Einzeltiteln gefüllt sind“. Wenn das stimmt, so muss ich sagen eine sehr gute Bank wo wirklich für den Kunden wirkliche Anlagen macht.
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@Chris: Word. Ich kenne das Unternehmen und staune ebenso.
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@Insider: Es scheint als ob du die Notenstein Anlagemethode nicht kennst. Lass dich einmal beraten, wir stehen schon ab „kleineren“ Beträgen für eine ausbaubare Kundenbeziehung bereits:
https://www.notenstein.ch/sites/default/files/flashbox/notenstein_classic_de_0.pdf -
@Nöti: Siehst du in meinen Zeilen irgendwo etwas von Anlagemethode? Ich kenne sie sehr wohl.
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@Trudi: Please give us a break! In der ‚Glückspost‘ werden übrigens auch Leserbriefe abgedruckt…
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Schliesse mich Zampano an, Output ist hier auf gleicher Temperatur wie die Aussenluft.
Bis zur Abspaltung der 1741 Asset Management hat Wegelin die eigenen Produkte ja selbst herausgegeben. Es floss gesellschaftsübergreifend kein Geld und die Vertragsrechtliche Argumentation des Bundesgerichtes greift nicht. Selbst wenn man nun spekuliert, die Meinung des Bundesgerichtes lasse sich analog auch auf das non-diskretionäre Geschäft anwenden (was nicht unumstritten ist), so könnte sich eine Forderung nur über die Vertriebsentschädigungen auf Drittprodukten erstrecken. Das macht dann nie und nimmer einen grossen Teil von 100 MCHF aus.
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Erstaunlich wieviele Leute hier zu fast jedem Thema etwas zu sagen haben. Diese sind mit den Fakten aber überhaupt nicht vertraut, aber tun dafür immer so als ob auch sie Insideinfos haben. Ich gebe grundsätzlich kein Infos zur Presse oder in Foren… Von den andern die einen andern Grundsatz verfolgen wünschte ich mir einfach, dass nur Leute sich zu Wort melden die auch wirklich mit der Sache vertraut sind!
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Wieder mal typisch auf PV eindreschen. Nie und nimmer wird die Retrogeschichte Notenstein nur annähernd CHF 100 Mio. kosten. Als Vergleich: Migros Bank zahlte 4.2 Mio zurück, die Rückstellungen betragegen bei TKB 8.4 Mio, SGKB 6.6 Mio, GRKB 6, Zuger 4.1 Mio., Bank Vontobel weist eine Eventualverpflichtung von CHF 6.3 Mio in ihrem letzten Jahresbericht aus (Quelle Beobachter). Aber lassen wir dem Herrn Hässig sein Hobby.
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PV hat genug Leichen im eigenen Keller. Siehe aktuelle Pressekonferenz der SNB zu Immoblase in der Schweiz und neuem Preisanstieg in den Agglos…
Welche Schweizer Bank vergibt am meisten Hypos in den Agglos und hat die ganze Bilanz voll davon?
Wenn die Blase platzt (wird so in 2-4 Jahren der Fall sein, lang dauert es nicht mehr) wird die Notenstein das kleinste Problem sein für Zampano PV.
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@Tom K: Ich glaube kaum dass die Preise in den ländlichen Gegenden ein grösseres Risiko darstellen als an den Hot Spots. Aber ja, wir werden sehen, welche Bank die grössten Probleme haben wird. Raiffeisen, schweizweit diversifiziert, mit überwiegend selbstbewohnten Wohneigentum, durchschnittlicher Hypothek von 350’000.00 oder dann doch vielleicht die ZKB, welche an den Hot Spots UND in der Agglo alles in den Büchern hat? Time will tell us… 🙂
Alte Regel: Solange alle von einem Crash sprechen, wird es garantiert keinen geben, das war schon immer an der Börse so!
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Ganz lauer Artikel mit wenig Tiefgang. An diesem sonnigen Tag hätte ich mir etwas spannenderes erwartet!
Ganz lauer Artikel mit wenig Tiefgang. An diesem sonnigen Tag hätte ich mir etwas spannenderes erwartet!
Wieder mal typisch auf PV eindreschen. Nie und nimmer wird die Retrogeschichte Notenstein nur annähernd CHF 100 Mio. kosten. Als…
Schliesse mich Zampano an, Output ist hier auf gleicher Temperatur wie die Aussenluft. Bis zur Abspaltung der 1741 Asset Management…