In der Diskussion um die Immobilienpreise wird wenig differenziert argumentiert. So werden Wohnimmobilien jeglicher Preisklassen mit Gewerbe- oder Bürobauten vermischt. Gemäss unserer Einschätzung sind Geschäftsliegenschaften bereits heute überteuert und werden in den nächsten Jahren eine deutliche Korrektur durchlaufen. Jones Lang LaSalle erwartet, dass bis 2016 allein in der Stadt Zürich rund 350’000 m2 neue Büroflächen entstehen werden. Eine weitere halbe Million m2 ist im Planungsstadium.
Die neue Bürofläche von 350’000 m2 entspricht in etwa 50’000 zusätzlichen Arbeitsplätzen. Auch der grösste Optimist wird rasch erkennen, dass hier zu den bereits heute leer stehenden Bürogebäuden vor allem in der Innenstadt noch etliche dazu kommen und sich die Zürcher Büroleerstandsquote von fünf auf mindestens zehn Prozent verdoppeln wird.
Die an der SIX kotierten Immobilienaktien, die mehrheitlich im Gewerbe- und Bürosegment tätig sind, haben seit Mitte Mai acht Prozent verloren. Zu den grössten Verlierern gehörten die beiden Branchenschwergewichte Swiss Prime Site und PSP Swiss Property mit Kursverlusten von je zehn Prozent. Sowohl in- als auch ausländische Investoren stiessen die Aktien ab.
Dazu führten die steigenden Zinsen – der fünfjährige Swapsatz stieg seit Anfang Mai 2013 um 25 Basispunkte auf 0,63 Prozent – und die Angst vor einem schwächeren Schweizer Franken. Titel mit einem höheren Anteil im Segment der Wohnliegenschaften wie Mobimo büssten mit minus sieben Prozent weniger Terrain ein.
Die Schweizer Wohnimmobilien haben in der Vergangenheit stark von den tiefen Hypothekarzinsen und der starken Zuwanderung profitiert. Die Zuwanderung von hoch qualifizierten Arbeitskräften beispielsweise aus Deutschland kühlt sich im Moment ab. Dagegen wandern neuerdings vermehrt weniger finanzkräftige Ausländer aus Spanien in die Schweiz ein.
Gemäss dem Zürcher Immobilien-Beratungsunternehmen IAZI haben die Preise der Eigentumswohnungen im ersten Quartal dieses Jahres um drei Prozent nochmals kräftig zugelegt. Vor allem in den tieferen Preissegmenten ist viel Dynamik feststellbar. Die Nachfrage nach Wohneigentum konzentriert sich zunehmend auf Objekte unterhalb von 1,25 Millionen Franken. Im untersten Preissegment bis zu einer halben Million besteht weiterhin der grösste Nachfrageüberhang. Hierbei spielt das immer noch sehr tiefe Zinsniveau die entscheidende Rolle. Solange kaufen billiger ist als mieten, wird es in dem tieferen und mittleren Preissegment zu keiner Preiskorrektur kommen.
Sobald jedoch die Zinsen markant anziehen, sind die aktuellen Marktbewertungen nicht mehr nachhaltig und müssen nach unten korrigiert werden. Die Preiskorrekturen im Immobilienmarkt werden dann auch einen spürbaren Rückgang des privaten Konsums auslösen. Der schnelle Zinsanstieg im Mai und Juni muss als Warnschuss angeschaut werden. Wie in der Vergangenheit – geschehen zum Beispiel von Februar bis Juni 1994, werden die Zinsen kaum langsam und kontinuierlich anziehen, sondern viel eher schnell und abrupt.
Im preislich höheren Luxussegment akzentuiert sich die Immobilienkorrektur bereits seit vier Quartalen. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Luxuswohnungen wie in Zürich West stehen in einem nationalen, aber vor allem auch internationalen Konkurrenzkampf. Eine Luxusimmobilie in Zürich wird zum Beispiel mit einem Objekt in London mit allen Vor- und Nachteilen des Standortes verglichen.
Die Abschaffung der Pauschalsteuer für Ausländer hat eindrücklich gezeigt, wie schnell und flexibel Immobilienkäufer in diesem Preissegment sind und sich von einem Markt verabschieden können. Eine Annahme der 1:12-Initiative würde weiteren Schaden anrichten. Weitere Standort spezifische Faktoren wie ein Asylantenzentrum sind sicherlich auch nicht förderlich für eine Luxusimmobilie.
Bei den in diesem Segment tätigen Immobilienbrokern ist eine gewisse Verunsicherung feststellbar. Preise von angebotenen Objekten werden am Telefon schon mal vorsorglich um eine Million „heruntergestellt“, und die allgemeinen Verkaufsbemühungen werden intensiviert. Trotzdem ist in diesem Segment das Verkaufen mittlerweile schwierig geworden, und die Preise kommen nun definitiv herunter.
Heute hat sich das Blatt bei den Zinsen noch nicht vollständig gewendet. Allerdings haben die diversen Andeutungen bezüglich des Auslaufens des Quantitative Easing in USA die Zinsen international nach oben bewegt. Über kurz oder lang wird wegen den höheren Zinsen auch im Schweizer Immobilienmarkt die grenzenlose Zukunftszuversicht einem neuen Realitätssinn weichen.
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Die beliebtesten Kommentare
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Klasse Prognose!
Da kann sich ja dann wohl glücklich schätzen wer 2013 noch rasch seine Immos verkauft hat, bevor die Preise rutschen.
(Ironie off)
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Dieser Artikel fasst die aktuelle Marktlage im Immobilienbereich gut zusammen. Danke Thomas.
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Von den vielen hunderten Artikeln über die Entwicklung der Immobilienpreise resp. der Zinsen, ist das hier einer der Besten! Danke dafür. Kein allgemeines Gerede von Preiskorrekturen und Zinserhöhungen, sondern differenziert auf die einzelnen Sparten eingegangen. Immobilien nicht gleich Immobilien. Es gibt da sehr grosse Unterschiede, die der Autor bestens beschreibt. Danke!
[...] heute Thomas Della Casa, Chef Vermögensverwaltung der Neuen Helvetischen Bank in Zürich, im Insideparadeplatz-Blog. Im Luxussegment zeige sich die…
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