Grundsätzlich ist jeder Mensch frei, oder zumindest hat er das Menschenrecht, es zu sein. Und deshalb sollte der Mensch auch frei seinen Tätigkeiten und Wünschen nachleben können. Nun gibt sich die Menschheit aber auch Leitplanken wie Gesetze, gesellschaftliche Regeln, die menschliche Ethik und die Moral.
Diese beginnen dort, wo Menschen miteinander und nebeneinander leben und leben müssen. Alle können weitgehend selber bestimmen, wo für sie Toleranz und Rücksichtnahme beginnen oder aufhören. An der Erziehung, der Bildung, der Intelligenz und am Stil zeigt sich das Niveau des Menschen.
Das soziale Umfeld der Menschen war und ist nach wie vor überlebenswichtig. Der Verbund macht stark. Das bedeutet aber keinesfalls, dass die individuelle Persönlichkeit des Menschen auf der Strecke bleiben sollte. Gemäss BROCKHAUS bedeutet „Persönlichkeit“ nämlich: „Der Mensch, der seine Person zu besonderer Entfaltung und Ausprägung in Form individueller Eigenart, charakterlicher Originalität und sittlicher Festigkeit bringt.“
Aber vielfach schon in der frühesten Kindheit und mit Sicherheit später in der Schule und an den Universitäten werden bedauerlicherweise angepasste, technokratische Massen herangezüchtet. Für echte individuelle, zwischenmenschliche Bedürfnisse der heranwachsenden künftigen Elite bleibt kaum Zeit – der Lernstoff ist zu befrachtet und der Leistungsdruck viel zu gross. Es werden keine individuellen Persönlichkeiten, sondern gleichgeschaltete Technokraten „produziert“. Wer nicht spurt, bleibt auf der Strecke.
Kein Wunder also, wenn sich viele Menschen nur noch in der anonymen Masse wohl zu fühlen glauben. Menschenmassen sind „… strukturlose Menschenmengen, die durch starke Erregbarkeit sowie durch ein typisches Verhalten der Beteiligten bestimmt sind. Man spricht dann von Konformismus, psychischer Infektion, nachlassender rationaler Urteilsfähigkeit und Hemmung, zunehmender Impulsivität und Trieb- sowie Affektbestimmung, dem Gefühl der Macht in der Anonymität“. Soweit BROCKHAUS.
Damit verwandte Formen sind heute Massengesellschaft, Massenkonsum, Massenhysterie und Massenkultur. Auf der Strecke bleibt die dem Menschen grundsätzlich gegebene Persönlichkeit, seine damit verbundene eigenständige Haltung und Meinung. Modeströmungen werden zum Kult, denen blind gefolgt wird, ohne dass individuell darauf geachtet würde, ob diese überhaupt zu ihm passen oder nicht. Oberfächlichkeit und (auch unterschwellige) Gleichschaltung sind die Folge. „Man“ macht halt mit, weil jeder es „cool“ oder „megageil“ findet.
Viele Leute von heute wollen eigentlich Individualisten sein, möchten tun, was sie wollen, freiwillig und ständig – und machen doch dasselbe wie alle anderen auch. Sie fliegen wie die anderen Millionen in der Hochsaison an die populärsten und somit frequentiertesten Destinationen, sie begeben sich in den Stau, tauchen ein in die bald überall stattfindenden Massenveranstaltungen – ad absurdum Street-Paraden –, stehen Schlange bei Fastfood-Massenabfertigungen oder sorgen für höchste Einschaltquoten der massenverdummenden sogenannten „Reality-Soaps“.
So wundert’s nicht dass auch ihr Massenlook-Outfit sich nicht unterscheidet von all den übrigen „Individualisten“. „Aber ja doch“, werden viele wohl jetzt intervenieren, „ein Mann mit Dreitagebart, der einen Ohrring trägt, seine Kopfhaare mit Gelee senkrecht vom Kopf weg frisiert, der beim Businessauftritt Turnschuhe zum Anzug trägt, der hat doch Mut, der hebt sich ab.“
Manche dieser „Individualisten“ meinen wohl auch, dass sichtbare Tätowierungen und Piercings im „öffentlichen Auftritt“ akzeptabel sind. Weit gefehlt, denn die Erfahrung beweist, dass ohnehin nur sehr einfache Geister und/oder wenig attraktive Leute diese Modetorheit mitmachen – oft als progressive Flucht ins Nirgendwo. Diese in unserem Kulturkreis unsinnigen, unpassenden Modeerscheinungen weisen zudem auf ein unselbständiges Denken der Träger hin.
Den auf diese Weise irregeführten Leuten kann keine grosse Authentizität und ganz bestimmt auch keine Individualität attestiert werden, weil sie blind solchen verunstaltenden Affektiertheiten und Modetorheiten folgen. Im krampfhaften Bestreben, individuell zu wirken, greifen viele Damen und Herren zu Ausgefallenem.Weil jedoch viele ebenfalls dasselbe tun, erscheinen diese trotzdem gewöhnlich und mittelmässig.
Die Frage sei erlaubt, ob die „Classe politique“ über solche Gleichschaltungen der Massen nicht einmal unglücklich ist. Schon die federführenden Politiker des „Alten Rom“ erkannten das Phänomen der Gleichschaltung („panem et circensis“) ihres „Volkes“ – wie viele Politiker ihre Wähler nennen. Solche Massen sind leichter zu kontrollieren. Die Folge davon ist, dass die Anzahl echt individuell denkender Menschen, die durch ihre eigenen Meinungen und Haltungen politisch unbequem sind, immer kleiner wird.
Nicht zuletzt dank des erleichterten Zugangs zu den Massenmedien bestimmt die „Classe politique“ aller Nationen weitgehend das Geschick der Völker; bedauerlicherweise mehr und mehr auch in der Eidgenossenschaft. Das Establishment und die „Classe politique“ operieren vielfach mit „Angstmacherparolen“. Unliebsame Abstimmungsvorlagen werden einseitig beeinflusst. Man vernimmt vielfach Aussagen der Stimmbürger wie „Man muss doch“, „Man kann doch nicht“,“Die in Bern werden schon wissen“.
Ein Grossteil der Menschen ist kaum mehr für politisches Engagement zu motivieren, viele verzichten sogar auf ihr Stimm- und Wahlrecht. Eigenständige „Querdenker“, die sich aus vielen Quellen informieren – aus welchen politischen Richtungen diese auch kommen mögen –, sind in der Minderzahl.
Aus diesen Dilemmas führt bestimmt der „Konsum“ möglichst breit abgestützter Informationsquellen und der Wille, so objektiv wie möglich zu sein. Ich schliesse mit Bertold Brecht: „Die Bürger werden dereinst nicht nur die Worte und Taten der Politiker zu bereuen haben, sondern auch das furchtbare Schweigen der Mehrheit.“
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Lieber @Klare Worte,
sobald Sie sich in Silvio Gesell eingelesen haben, werden Sie feststellen, dass das Thema Geldschöpfung und Zinseszinseffekt im üblichen VWL-Studium konsequent umgangen wird. Der komplette Studieninhalt scheint ein Konstrukt zur Ablenkung vom Kern des Geldsystems zu sein. Die herrschende Volkswirtschaftslehre kann man unter solchen Umständen nur als Ausbildung zum Systemsöldner bezeichnen. Über die verschiedenen möglichen Emittenten von Geld und die destruktive Wirkung des Zinseszinseffekts lernt man in diesem Studium leider nichts.
Dabei wird es jedem, der sich einmal unvoreingenommen nur ein bisschen mit unserem Geldsystem beschäftigt, sehr schnell klar, dass die Staatsschulden, die Zinsen darauf und somit die Steuerlast immer schneller steigen müssen. Wer diesen Zusammenhang als angeblicher Fachmann oder Interessenvertreter auf diesem Gebiet trotz aller Offensichtlichkeit nicht erkennt, der hat entweder sein Fachgebiet nicht verstanden oder ist vom System korrumpiert oder beides.
Grüsse
Der Praktiker -
Lieber Praktiker
Kennen Sie die Stiftung vom Jost Wagner? Sie heisst
StrategieDialog21. Da tauschen sich gleich gesinnte, unabhängige Denker über solche Themen aus. Vielleicht könnten Sie sich auch dort einbringen?Liebe Grüsse
Klare Worte-
@Klare Worte,
Nein diese Plattform kenne ich nicht. Besten Dank für den Tipp! Es muss jetzt gehandelt werden, konkret und präzise, damit dieser selbstzerstörerischer Geldsystem endlich zum Stillstand gebracht wird. Wir brauchen aber auch freie Schulen und freie Medien. Weg vom kriegerischen römischen Bodenrecht. Kennen Sie Silvio Gesell?
Liebe Grüsse
Der Praktiker -
Vielen Dank für den Tipp, das ist mal wirklich was Interessantes. Ich werde mir reichlich Zeit nehmen und mich ins Thema einlesen.
Liebe Grüsse
Klare Worte
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Sehr geehrter Herr Bühler
Es sind nicht Zuchtfabriken und Lehrpläne, die uns zu Robotern degenerieren lassen sondern die einseitigen Anforderungen einer durchrationalisierten und auf Effizienz getrimmten Wirtschaft. Die Universitäten haben sich von Bildungs- zu Ausbildungststätten gewandelt. Der einzige Treiber ist die Forderung nach spezifisch ausgebildeten Arbeitskräften. Sollten Sie heute in der unglücklichen Lage sein, sich beruflich umorientieren zu müssen, stehen Sie vor einer Wand von Anforderungen und einem Personalbüro, welches das „Humankapital“ nach „Qualitätskriterien“ aussortiert. Wenn Sie nicht ins Schema passen, bleibt kein Spielraum mehr. Eine Nachfrage für Individualität existiert nicht. Also gehen wir im Gleichschritt.-
Grossartig zusammengefasst, Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen! Es ist leider wahr.
Trotzdem hoffe ich, dass diese Art vom Wirtschaften ein Ende nimmt, weil die Leute vom Raubkapitalismus genug haben. All diese Geschichte rund um die Banken sollten der Gesellschaft ein Spiegel sein und zeigen, was schiefläuft. Daraus die Lehren zu ziehen ist der nächste Schritt. -
Liebe@, C. Bernet, @Klare Worte,
Erreichen wir in größeren Gruppen eine geistige Autarkie, können wir auch endlich anfangen, nachhaltige Veränderungen in eine positive Richtung zu vollziehen.
Ich gehe in diesem Forum mit Systemvertreter nicht gerade „ziemperlich“ vor, da ich die Schäden (in vielen Fällen nicht mehr rückgängig zu machen) in Gesellschaft, Umwelt und Ressorcen feststellen muss.
Ich sehe unglaublich viele Menschen mit Kopfhörern herumlaufen, ob beim Joggen, in Schulbussen oder nur so in der Stadt. Hier findet eine Dauerberieselung des Kopfes und der Seele statt, die sehr gefährlich ist. Mir ist klar, dass diese produzierte Sucht, die das Denken verhindern soll, schwer abzuschaffen ist.
Auf der politischen Bühne und in den Medien wird weiter das Ideologiedrama „Staatsversagen oder Marktversagen“ gespielt, Intellektuelle und Leitartikler ergötzen sich an Kapitalismuskritik. Hinter den dramatischen Entwicklungen der globalen Wirtschaftskrise werden die Ursachen der Finanzkrise versteckt.
Wir stecken nicht in einer Krise, sondern in einem Dilemma! Das Geldsystem ist der Hauptgrund all unseren Probleme! In diesem Forum hat man mich als: Chaot, Populist, Ignorant, Pseudo-Ökonom usw. aphostropiert.
Von welchen Menschen? Klar doch, Menschen die von der VWL und Ableger (Medien, Banken, Versicherungen) am meisten profitieren.
Die VWL ist für die Wirtschaftskrisen und deren Auswirkungen auf die betroffenen Menschen maßgeblich verantwortlich. Mit ihren Dogmen, die Arbeitslosigkeit sei durch überhöhte Löhne und überzogene Sozialleistungen bei unzureichenden Profiten für das Kapital verursacht und ein Kapitalmangel verhindere die Schaffung von mehr Arbeitsplätzen und höhere Löhne, hat die VWL jetzt über mehr als drei Jahrzehnte die Umverteilung von Arm nach Reich propagiert und ermöglicht.
Sinkende Massenkaufkraft, das Sparen bei Staatsausgaben und die von der VWL propagierte private Vorsorge haben Arbeitsplätze und Kapital durch Unterauslastung vernichtet und Investitionen behindert. Die VWL hat bis heute keine Einsicht gezeigt und lehrt weiter ihren alten Schwindel zur Verschärfung der Ausbeutung der Armen durch die Reichen.
Es geht nicht, ich wiederhole es, um Feinbildern, sondern um die Notwendigkeit endlich eine breit geführte Debatte in unserem Land zu führen, ob wir autark von der Zinswirtschaft leben wollen oder nicht!
Grüsse
Der Praktiker
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Sehr geehrter Herr Bühler Es sind nicht Zuchtfabriken und Lehrpläne, die uns zu Robotern degenerieren lassen sondern die einseitigen Anforderungen…
Grossartig zusammengefasst, Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen! Es ist leider wahr. Trotzdem hoffe ich, dass diese Art…
Liebe@, C. Bernet, @Klare Worte, Erreichen wir in größeren Gruppen eine geistige Autarkie, können wir auch endlich anfangen, nachhaltige Veränderungen…