Im März bat R.S. um Hilfe. „Ich wollte fragen, ob Du mir einen Vorschuss geben könntest“, schrieb der langjährige CS-Banker und Aargauer Pensionskassen-Manager einem Freund.
Ein halbes Jahr später endete die Reise des 47-jährigen. Im Zürcher Nobelhotel Dolder tötete der Finanzmann eine 25-jährige polnische Edelprostituierte.
Seither sitzt R. S. im Gefängnis. Sein Anwalt, der als Pflichtverteidiger agiert, wusste letzte Woche nichts von finanziellen Schwierigkeiten seines Klienten.
R.S. hatte seine Vorliebe fürs Rotlicht für sich behalten. Seine langjährigen Kollegen auf dem Finanzplatz fielen aus allen Wolken, als sie von seiner Tat im Dolder aus den Medien erfuhren.
Die Geschichte des Bankers fördert einen Mann zutage, der nach aussen das Leben eines 08/15-Bürgers führte. Hinter der polierten Fassade öffneten sich jedoch Abgründe.
Die finanziellen Probleme von R.S. werfen Fragen auf. Möglicherweise hatte seine bizarre Neigung Unsummen an Geld verschlungen.
Bei einem Manager, der eine der grossen öffentlichen Pensionskassen des Landes verwaltete und das Vermögen der Versicherten anlegte, ist ein Schattenleben heikel.
Es können Abhängigkeiten zu Finanzfirmen entstehen. In der Folge könnten PK-Gelder undurchsichtig statt transparent angelegt worden sein.
Laut Susanne Jäger, lange Jahre die Vorgesetzte von R.S. bei der Aargauischen Pensionskasse (APK), habe sich der Anlagechef nichts zuschulden kommen lassen. Sie habe seine Kündigung per Ende 2011 bedauert, sagt die APK-Chefin.
R.S. habe die APK „umsichtig durch die letzten elf sehr anspruchsvollen Anlagejahre geführt“, hielt die PK in ihrem Jahresbericht 2011 fest.
Der Nachfolger von R.S. reduzierte die Anlagen der APK in Gold und anderen Rohstoffen massiv. Der Grund liege in Klumpenrisiken, die sich nach dem Abgang von R.S. ergeben hätten, heisst es aus Finanzkreisen. Diese seien nicht sein Fehler gewesen.
In den 1990er Jahren war R.S. ein Geldverwalter bei der Grossbank Credit Suisse. Nach einem Trainee-Programm an der International Banking School in Manhattan hatte er seinen Arbeitsplatz am Hauptsitz am Paradeplatz und investierte für grosse Investoren.
Die CS war zufrieden mit dem Banker. R.S. wurde Leiter eines kleinen Teams mit rund 10 Leuten. Das war zwar eine erste Führungsaufgabe, doch noch lange nicht die grosse Karriere.
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Umso überraschender kam der Wechsel auf den Stuhl des Anlagechefs der grossen Aargauischen PK Anfang der 2000er Jahre.
„R.S. wollte nach der Bankenseite nun auch die Investorenseite kennenlernen“, sagt seine langjährige Chefin bei den Aargauern, Susanne Jäger.
Ab 2003 investierte R.S. im grossen Stil in Goldfonds. Allein in einem einzigen Vehikel betrugen die Goldanlagen seiner Aargauer Pensionskasse einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. 2005 baute er das Investment aus.
R.S. war angetan von Gold und überhaupt von Rohstoffen. „Sein gesamtes Engagement mit den PK-Geldern in Rohstoffen lag an der obersten Limite“, meint ein Insider, der R.S. kannte.
Hinzu kamen Geldanlagen in nordamerikanischen Hedgefunds. R.S. kannte viele der Manager dieser riskanten und oft rentablen Vehikel persönlich. „Er besuchte sie regelmässig in Übersee“, sagt die Quelle.
Sein Plan sei gewesen, nach der Zeit bei der APK zu einem Hedgefund zu wechseln, vermutet der Gesprächspartner. Offenbar habe er die Lage am Arbeitsmarkt falsch eingeschätzt.
Nachdem R.S. die APK verlassen hatte, tat er beruflich zunächst nichts. Zusammen mit seiner Partnerin, mit der er in der Zürcher Goldküstengemeinde Küsnacht lebte, machte er ausgedehnte Asienreisen.
Im Verlauf von 2013 wurde R.S. nervös. Es sei schwieriger als erwartet mit einem neuen Job, habe er seinem Umfeld mitgeteilt, sagt die Quelle.
Dass seine finanzielle Lage aber stark angespannt wäre, hatte niemand erwartet. Das SMS vom Frühling dieses Jahres überraschte den Empfänger.
Die private Neigung, die möglicherweise ins grosse Geld ging, war den Kollegen und Partnern unbekannt. „R. sagte nie etwas“, führt die Quelle aus. „Wenn wir uns trafen, sprach er nur übers Investieren und über seine Reisen.“
Das blieb auch nach dem Hilfeschrei per Handy so. Bei einem Treffen sprach R.S. das Thema Geldleihen nicht mehr an.
Als er die Edelprostituierte in der Nacht vom 15. auf den 16. September aus einem Sexclub ins Dolder mitnahm, musste R.S. mit einem teuren Vergnügen rechnen.
Was danach genau passierte, bleibt weiter im Dunkeln. Sicher ist, dass R.S. die Leiche der jungen Frau in einem Koffer aus dem Hotel transportierte und dann mehr als eine Woche lang in seinem Weinkeller in Küsnacht lagerte.
Sein Anwalt wollte keine Stellung nehmen. Die Zürcher Untersuchungsbehörden sagten, R.S. sei weiter in U-Haft.
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Die beliebtesten Kommentare
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Nach einem Trainee-Programm an der International Banking School in Manhattan, sitzt heute R. S. im Gefängnis. Wirklich tolle Leute findet Man heute in der bankenbranche.
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Gutes Vorbild! Darum will ich Banker werden.
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Herr Schwarzenbach wird sicher hell begeistert sein über diese Headline. Sorry, shit happens, kann passieren. Aber vielleicht sollte man sich seine Gäste etwas sorgfältiger aussuchen, wenn man zur absoluten Weltspitze gehören will. Um „Edelnutten“ zu empfangen bietet sich sonst eher das Hyatt an. Diese lümmeln dort praktischerweise schon in der Lobby und der angrenzenden Bar rum.
Hoffen wir für Urs Schwarzenbach wenigstens, dass die noblen katarischen CS-Miteigentümer, die im Dolder eine Etage dauerbelegen, an diesem unangenehmen Vorfall keinen ernsthaften Anstoss genommen haben – wäre doch gar schade um die Einnahmequelle! Und dass der vermutliche Täter noch ein ehemaliger CS-Mitarbeiter war, macht das ganze zwar grotesk, tut aber sonst nix zur Sache. Dem armen Opfer kann leider sowieso niemand mehr helfen.
Widerliche Geschichte und – shame on Dolder Grand!
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…na ja, viele von uns Bürolisten sind auch nur Nutten, viele darunter sind nicht mal im Geiste/in der Gesinnung edel. – Was soll deshalb denn der Begriff „Edelnutte“? – Ich denke, die machen ihren Job, und nur wenn sie gut sind, dann gibt es auch richtig und regelmässig Zahltag, dies im Gegensatz zu den Büronutten, bei denen man oft nicht weiss, was sie tatsächlich können und leisten, und trotzdem ist Ende Monat immer ein Zahltag und Ende Jahr ein Bonus auf dem Konto… Denkt ‚mal darüber nach.
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„Sein Anwalt, der als Pflichtverteidiger agiert, wusste letzte Woche nichts von finanziellen Schwierigkeiten seines Klienten.“…, denn Pflichtverteidiger haben normalerweise reiche Kundschaft.
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Ich wünsche jedem, dass er wirklich echte Freunde hat, zu denen man/er/sie in der Not/in schlechten Zeiten auch wirklich gehen kann. – Alle anderen kann man getrost vergessen.
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…und v.a. auch „Freunde“, die nicht auch noch zur Presse quatschen.
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Könnte es sein, dass wegen grosser Fehlinvestitionen in unrentables Gold später die AKP mit sehr viel Steuergeld aufinanziert werden musste ? (das heisst die AKP hatte eine massive Unterdeckung). Diese Ausfinanzierung (= Einschiessen von neuem Geld) hat die Rechnungen der Aargauer Gemeinden massiv belastet und den Steuerzahler im Kanton Aargau viel Geld gekostet. Müsste man hier nicht noch genauer untersuchen nach den letzten Informationen, die vorliegen ? Wer müsste das an die Hand nehmen ?
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Interessanter Ansatz, vermutlich wurde nach dem ausscheiden von RS das Portfolio wegen zu grosser Risiken umgeschichtet. Vermutlich wurde da einiges unter den Teppich gekehrt!
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Sehr geehrter ueli
Schlage vor, dass sie einen Gold-Chart in CHF für die Periode bis 2011 anschauen, bevor Sie irgendwelche Untersuchungen einfordern. Der Goldpreis ist zwischen dem 1.1.2005 und dem 31.12.2011 von CHF 15’000 auf CHF 50’000 pro kg angestiegen – und der Nachfolger von R.S. hatte ja gemäss Artikel sogar ein glückliches Händchen und hat zum richtigen Zeitpunkt das Exposure reduziert. Die Antwort auf Ihre Fragen lauten also „Nein, es könnte nicht sein!“ und „Niemand müsste das an die Hand nehmen!“. -
Sie sind auf der richtigen Spur.
All die Beteuerungen, dass RS ein guter Verwalter der Pensionsgelder war, sind reine Schutzbehauptungen der vorgesetzten Stellen.
Ein tragischer Fall, aber keine Entschuldigung für die Aufsicht (die nicht funktioniert hat, wie bei vielen anderen auch). -
was wenn RS kein guter APK Verwalter war ? Tatsache ist und bleibt, dass der Steuerzahler sehr viel Geld in die APK reinpumpen musste wegen Unterdekcung. Glaubt irgendeiner ernsthaft, eine Aufsichtsstelle oder ein Vorgesetzter von RS würde jemals zugeben, dass das Geld schlecht verwaltet wurde. Es sieht so aus, dass RS sein eigenes Geld wohl nicht so gut verwalten konnte. Für mich stinkt es irgendwie, ich weiss nur noch nicht woher genau…. Könnte man mal eine unabhängige Revision reinkucken lassen. Einfach so bitte.
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Gutes Vorbild! Darum will ich Banker werden.
Könnte es sein, dass wegen grosser Fehlinvestitionen in unrentables Gold später die AKP mit sehr viel Steuergeld aufinanziert werden musste…
Ich wünsche jedem, dass er wirklich echte Freunde hat, zu denen man/er/sie in der Not/in schlechten Zeiten auch wirklich gehen…