Die US-Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) machte gestern Ernst. Sie stufte, wie zuvor bereits angedroht, die Kredit-Bonität mehrerer Grossbanken herunter.
Auch die UBS kam unter die Räder. Statt einem A+ weist die Schweizer Grossbank nur noch ein einfaches A bei ihrer Kredit-Würdigkeit aus. Weitere Rückstufungen drohen. S&P beurteilt den UBS-Ausblick mit „negativ“.
Die Credit Suisse und die Deutsche Bank können ihr Kredit-Rating halten. Die CS hat ein A+, gleich wie die DB. Der CS-Ausblick ist neu „negativ“.
Der Fall der UBS ist tief. Vor Ausbruch der Krise 2007 trug das helvetische Finanz-Aushängeschild noch ein stolzes AA+ in ihrem Leistungsausweis.
Ein solches Rating hatten nur wenige globale Banken, wie die holländische Rabobank mit einem Triple-A, die soeben Tochter Sarasin verkauft hat – offenbar aus Furcht um das makellose Rating.
Von AA+ auf Single-A ist ein weiter Weg von ganz oben ins breite Mittelfeld der mediokren Finanzmultis.
So stellen sich zwei Fragen. Erstens: Wie gravierend ist die neuerliche Reduktion der Kreditwürdigkeit für die Grossbank? Zweitens: Wie will UBS-CEO Sergio Ermotti den steten Niedergang stoppen?
Zur Frage der akuten Problematik. Für die UBS spricht, dass sie bei der jüngsten Rating-Reduktion in prominentem Verbund ist. Die Wallstreet-Ikone Goldman Sachs wird von S&P ebenso wie das weltgrösste Finanzhaus Bank of America (BofA) um einen „Notch“ schlechter benotet.
Die beiden US-Finanzmultis stehen sogar eine Treppenstufe tiefer als die UBS, bei A-. Weitere bekannte Grossbanken sind gestern vom Bannstrahl der US-Benoter getroffen worden und tragen nur noch ein A-. Es sind dies die frühere Investmentbank Morgan Stanley, die Grossbank Citigroup und die BofA-Investmentbank Merrill Lynch.
In Europa hat es die englische Barclays getroffen, die 2008 relativ gut durch die Finanzkrise gekommen war. Auch sie verliert einen Punkt und liegt neu bei A, gleichauf mit der UBS. Selbst die erfolgreiche Welt-Retailbank HSBC mit ihren Zentren in England und Fernost kommt nicht ungeschoren davon und kriegt neu nur noch ein A+, eins mehr als die UBS.
Umgekehrt erhöht S&P die Ratings für chinesische Grossbanken. Die Kreditwürdigkeit der Bank of China und der China Construction Bank Corp stieg jeweils von A- auf A, die Industrial and Commercial Bank of China konnte ihr A im Kredit-Leistungsausweis verteidigen.
Die grosse Verschiebung von der Angelsachsen-Finanzwelt nach Osten ist unübersehbar. S&P tuft die chinesischen Banken als weniger gefährliche Gegenparteien ein als die grossen US-Banken.
Weil die UBS nicht allein mit einer Rating-Korrektur dasteht, besteht weniger Gefahr, dass sich die weltweite Investorenschaft auf die Schweizer stürzen. Ihre Aktie könnte heute unter Druck geraten, doch droht das vielen der abgestraften Grossbanken. Der Grund für die Herunterstufung sind Schuldenkrise und drohende Rezession.
Trotzdem ist die Sache mit dem Rating für die UBS besonders heikel. Als weltweit zweitgrösste Vermögensverwalterin mit den Superreichen unter den Privatkunden profitierte die Bank lange Zeit überproportional vom einst herausragenden Rating.
Die Schweizer konnten sich traditionell günstiger als andere grosse Universal- und Investmentbanken refinanzieren, weil die Kunden vor den Schaltern an der Zürcher Bahnhofstrasse Schlange standen. Auch andere Banken und Profi-Investoren gaben der UBS zinsgünstiges Geld.
Dieser Vorteil schwindet mit sinkendem Rating zunehmend. Zudem muss die Bank wegen ihrem tieferen Rating zusätzliche Sicherheiten für die aufgenommenen Kredite liefern.
Daraus folgt die schwierige Frage, wie CEO Ermotti das Steuer beim Rating-Niedergang herumreissen will. Da kommt noch ein spezifisches UBS-Problem auf den Tisch: die ungenügende Risiko-Kontrolle.
Finanz-Medien machten eine drohende Rating-Reduktion bei der UBS unmittelbar nach Bekanntwerden des 2 Milliarden Derivateverlusts durch den Londoner Junior-Trader Adoboli Mitte September zum Thema. Die Risikokontrolle der Grossbank, die bereits in der Subprime-Krise versagt hatte, stand erneut im internationalen Rampenlicht.
Die UBS hat eine unrühmliche Geschichte mit Grossverlusten. Noch zu Zeiten der Vorläuferbank SBG ging fast eine Milliarde mit Aktienderivaten verloren, der gleichen Asset-Kategorie wie im aktuellen Londoner Fall.
Ein Jahr später, im Herbst 1998, verlor die Bank rund eine Milliarde durch ihr Investment in den Hedgefund LTCM, der Konkurs ging.
2007 und 2008 geriet die UBS wegen ihrem 100-Milliarden-Subprimeberg an den Rand der Zahlungsunfähigkeit. 2011 ist überschattet vom Adoboli-Verlust.
Sergio Ermotti bleibt nichts Anderes übrig, als die Risiko-Kultur radikal zu verändern. Statt das Motto „Lieber ein Auge zudrücken“ implizit zu akzeptieren, muss er intern durchsetzen, dass die Devise „Zero Tolerance“ nicht nur ein Lippenbekenntnis ist, sondern tatsächlich gelebt wird.
Dazu gehört, dass die Verantwortlichen in der Risikokontrolle zur Rechenschaft gezogen werden. Das ist bisher offenbar nicht passiert.
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