Die Schweiz hat allen Grund, den Niedergang der österreichischen Demokratie mit wachen Augen zu beobachten.
Westeuropas Reich im Osten, woraus dann der Begriff „Österreich“ wurde, ist seit vier Jahren im wirtschaftlichen Niedergang.
Die Politik in Wien findet seit über zwanzig Jahren nach Spielregeln statt, die mehr Insidern als den Wünschen des Volkes dienlich ist.
Die Freiheitlichen der FPÖ siegten jetzt mit über 29 Prozent der Stimmen souverän, vor der Altherrenpartei ÖVP mit 26,5 Prozent.
Die sozialdemokratische SPÖ, die sich Hoffnung auf den Vizekanzler machte, sackte auf noch 21 Prozent ab, die Grünen stürzten von 14 auf unter 6 Prozent.
Damit ist die FPÖ die grosse Gewinnerin, die ÖVP und die Grünen suchen Gründe für ihren Niedergang. Sie spielen das beliebte Spiel „Zuerst die Analyse“.
Der Jammer begann im Jahr 2000, als der Rechtsaussen-Charismatiker „Jörgl“ Haider mit dessen FPÖ in die Bundesregierung aufgenommen wurde.
Das ging ebenso schief wie die Regierung von ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz mit dem FPÖ-Chef Christian Strache.
Der fiel auf der spanischen Insel Mallorca einem Video-Plot zum Opfer, wo er Millionen von einer falschen russischen Oligarchen-Tochter kassieren wollte.
Zwischenzeitlich wurden gleich drei österreichische Bundesländer, Nieder- und Oberösterreich wie das schöne Salzburg, von den Freiheitlichen der FPÖ politisch übernommen.
Die österreichische Rechtsaussenpartei, die weithin als Neo-Nazi-Partei bekämpft wird, war damit schneller an der Macht als die deutsche AfD.
Die sieht sich den gleichen Vorwürfen gegenüber und muss in gut einem Jahr in Berlin erst noch beweisen, dass ihr auch dort der Griff an die Macht gelingt.
Was jeder normal denkende Mensch für ausgeschlossen hält.
Heue gilt: Der charismatische FPÖ-Chef Herbert Kickl steht kurz vor dem Sprung ins Wiener Bundeskanzleramt. Alice Weidel, Chefin der deutschen AfD, ist davon noch ein gutes Stück entfernt.
Verrückte Zeiten.
Nichts kann mehr für ausgeschlossen oder unmöglich gelten. Die rechten Parteien marschieren in ganz Europa nach vorn an die Spitze der Politik.
Giorgia Meloni mit ihren Fratelli d’Italia in Rom, Marine Le Pen in Paris. Die Rechtsauslegerin liegt in der Grande Nation auf der Lauer, den Staatspräsidenten Emmanuel Macron abzulösen.
„The great and only Donald Trump“ will bereits Anfang November zum zweiten Mal US-Präsident werden. Ihn heute schon abzuschreiben, wäre leichtsinnig.
Die Wahlen von diesem Sonntag in Österreich haben auf jeden Fall zwei Sensationen mit sich gebracht.
Der Aufstieg der Rechtsaussen-Parteien, der Parteien des Volkes, des kleinen Mannes und seiner Frauen in Europa:
Er ist in Wien, nicht unerwartet und für viele keinesfalls glanzvoll, zu einem Erfolg geworden, der für Europa nichts Gutes verheisst.
Der Aufbau der „Festung Europa“ gegen alles Fremde, vor allem gegen die Zuwanderung von Menschen aus Afrika und dem Nahen und Mittleren Osten bis Afghanistan, wird weitergehen.
Österreich, das im Unterschied zu Deutschland und der Schweiz nie auf billige Gaslieferungen aus Russland verzichtet hat, kann nun dem Nachbarstaat Ungarn die Hand reichen.
Dort ist Präsident Viktor Orban zum Staatsmann geworden, weil er Berlin und Brüssel nie über den Weg traute.
Das lebendige föderale System der Schweiz hat seit über 30 Jahren verhindert, dass der geniale Schweizer Unternehmer und Politiker Christoph Blocher mit der von ihm befeuerten Volkspartei zum gleichen Ziel kommen konnte.
„Trump vor Trump“ wurde er einmal genannt – und hat dem nie widersprochen.
Woher die SVP einen jugendlichen „Erlöser“ nehmen will, wie sie jetzt in unseren Nachbarstaaten auftreten, muss die Zukunft zeigen.
Ihre derzeitige Führungsmannschaft, alle noch im Bann des sehr lebendigen Christoph Blocher, ist es auf jeden Fall nicht.
Wer Herbert Kickls Wahlprogramm liest, mit welchem er in Österreich erfolgreich ist, wird die Parallelen zur schweizerischen SVP sofort erkennen.
Es ist auch fast deckungsgleich mit demjenigen der ÖVP, der gar nichts anderes übrig bleibt, als – wieder einmal – mit der verhassten FPÖ eine neue Regierung zu bilden.
Im Programm heisst es: Senkung der Körperschaftssteuer von 30 auf 23 Prozent, für kleine Unternehmen auf 10 Prozent. Zusätzliche Vorteile für die Bauern.
Des noch amtierenden Kanzlers Alternative, mit der Bierpartei oder der Kommunistischen Partei ins Bett zu gehen, ist undenkbar.
Einzig Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen, von Kickl als „Die Mumie in der Hofburg“ bezeichnet, hat erklärt, er werde diesen nie als neuen Bundeskanzler ins Amt einsetzen.
Das entspricht nicht den bisherigen Spielregeln im Regierungsgebäude und könnte die FPÖ zwingen, einen anderen Kandidaten für das Kanzleramt vorzuschlagen.
Die Blocher’sche SVP wird den grossen Sprung nach vorn wohl nicht mehr schaffen, da alle grossen Schweizer Städte von den rotgrünen Parteien politisch übernommen und geführt worden sind.
Wie an dieser Stelle schon längst gefordert, kann nur ein bürgerlicher Zusammenschluss zwischen SVP, FDP und Mitte-Partei diesen Zustand ändern.
Mindestens FDP-Präsident Thierry Burkart, der von der grünen Politik seiner Vorgängerin Petra Gössi längst Abstand genommen hat, hat dies verstanden und sich für Kooperationsprojekte mit der SVP geöffnet.
Wie der österreichischen Wirtschaft es egal ist, ob Herbert Kickl samt FPÖ regiert, ist es auch der schweizerischen Wirtschaft längst egal, ob SVP oder FDP regiert.
Hauptsache, man legt ihr keine grossen Steine in den Weg.
Das ist bei der derzeitigen Führungsschwäche des schweizerischen Bundesrats nicht mehr sicher, wie die Spitzen der Pharmaindustrie und der Banken dies bestätigen.
Die zweite grosse Sensation, die nun in Wien eine Bestätigung gefunden hat, ist der Zusammenbruch der Grünen Partei, die bisher in Wien zusammen mit der ÖVP von Kanzler Karl Nehammer regierte.
Die Grünen verwelken in Westeuropa. Sie nähern sich angesichts ihrer politischen Fehlleistungen dem Nullpunkt.
Dies gilt vor allem für die einst von Joschka Fischer (Turnschuh-Fischer) souverän geführte Grüne Partei in Deutschland.
Dort hat sich der Kinderbuchautor Robert Habeck, heute noch Wirtschaftsminister seines niedergehenden Landes, für die Grünen rundum blamiert.
Energie ist nicht billiger, sondern teurer geworden. Die deutschen Unternehmen verlieren ihre Absatzmärkte.
Trotz tiefer Inflation steigen für die Normalbürger die Lebensunterhalts-Kosten ins Unermessliche.
Noch fragwürdiger die grüne Aussenministerin Annalena Baerbock.
Sie fliegt gerne in Regierungsmaschinen um die Welt, um dort die Regierungschefs zu belehren, was gute grüne und korrekte Politik ist.
Es war schlimm, Habeck zum Vizekanzler zu wählen. Noch schlimmer wäre es gewesen, Baerbock zur Bundeskanzlerin zu machen.
Ob die deutschen Grünen in einem Jahr den Aufstieg zu einer ernsthaften Partei schaffen, darf bezweifelt werden.
Sie müssen mit zwei neuen Co-Präsidenten antreten, die im Volk so wenig verankert sind wie ihre Vorgänger.
In der Schweiz sieht es für die Grünen und Grünliberalen, letztere eine Schweizer Sonderform zur Schwächung der Sozialdemokraten, nur deshalb gut aus, weil die nächsten Wahlen zwei Jahre entfernt sind.
Ob die Genferin Lisa Mazzone, die einst von ihrem eigenen Wahlvolk abgewählt wurde, den Grünen neuen Schwung zu verleihen vermag, ist nicht sicher.
Sie hat den „Jesus“ genannten Vorgänger Balthasar Glättli, der offensichtlich in einer politischen Fantasiewelt lebte, mangels starker Konkurrenten abgelöst.
In der Spitze ist die Partei von Frauen dominiert. Lisa Mazzone sucht nun progressive Kräfte für einen neuen Wahlsieg.
Das wird schwer sein.
Das Schweizer Volk leidet ebenso wie alle anderen Völker Europas unter hohen und weiter steigenden Kosten, ganz besonders auch im Energiebereich aufgrund einer seit Jahren unsicheren und weitgehend verfehlten nationalen Energiepolitik.
Soeben hat sich in einer Umfrage eine Mehrheit für den Bau neuer Kernkraftwerke ausgesprochen. Das zeigt das Mass der Niederlage der Grünen Partei.
Die Grünliberalen haben sich als „Freisinnige im grünen Rock“ gut eingerichtet.
Parteipräsident Jürg Grossen, ein erfolgreicher Berner Unternehmer der Energiebranche, hat den Goodwill weiter Wirtschaftskreise gewonnen.
Er hält seine Partei bei der Stange, wo es notwendig ist.
Alle Grünen, sei es in Deutschland, Österreich oder der Schweiz, leiden darunter, dass sich die Jugend, die sich kürzlich für sie noch auf die Strassen klebte, sehr rasch von ihnen abwendet.
Europas 18- bis 26-jährige marschieren politisch stramm nach rechts, denn sie haben, nicht ohne Grund, Angst um ihre Zukunft.
Wo sind die Arbeitsplätze? Wo ist die sichere Altersversorgung?
Wo finde ich günstige Wohnungen? Wer schützt mich vor der Konkurrenz von Billigarbeitern aus dem Ausland?
Keine Partei hat darauf bisher eine überzeugende Antwort geliefert.
So kommt es, dass die politischen Erlöser von Rechts, Weidel und Höcke in Deutschland, Kickl jetzt in Österreich, grossen Zulauf von jungen Menschen haben.
Die Linke, einschliesslich der Sozialdemokraten, ist massiv geschwächt.
Mangels „Performance“, würde man in der Wirtschaft sagen. Sahra Wagenknecht ist die grosse Ausnahme.
Mit ihrem BSW und einem Wahlprogramm auf den Spuren von Ludwig Erhard, einst Kanzler nach Konrad Adenauer, der mit Erhard den Untergang der alten Bundesrepublik kommen sah, was nicht eintraf, ist sie noch für manche Überraschung gut.
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