Ein jahrtausendealter strategischer Reflex der Chinesen – der sich herausgebildet hat, als die Vorfahren Europas sich noch mit Färberwaid bemalten und in Wäldern jagten – verändert die globalen Wirtschaftskräfte und droht, kleinere Nationen in diesem Umbruch zu zermalmen.
Vor zwei Jahren veröffentlichte die „Financial Times“ (FT) eine Schlagzeile, die in Washington noch immer schmerzt: „Sorry America, China has a bigger economy than you.“
Der Artikel bezog sich auf die Kaufkraftparität (PPP), bei der Chinas Wirtschaftsleistung schon lange grösser war, je nach Messmethode sogar um ein volles Drittel grösser als die der USA.
Aber der psychologische Schlag sass trotzdem.
Vor wenigen Tagen legte dieselbe Zeitung mit einer noch dramatischeren Warnung nach: „China is making trade impossible.“ Die zentrale Anklage war unmissverständlich:
„Es gibt nichts, was China importieren möchte, nichts, von dem es nicht glaubt, es besser und billiger selbst herstellen zu können, nichts, auf das es auch nur einen Tag länger als unbedingt nötig auf Ausländer angewiesen sein will.“
Die Ironie dieser Anklage ist dabei fast erstickend. Denn in den vergangenen zehn Jahren waren es die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten, die den normalen Handel mit China systematisch erschwert und in sensiblen Bereichen nahezu unmöglich gemacht haben:
Entity-List-Hinrichtungen für Huawei, SMIC und Dutzende weiterer führender chinesischer Unternehmen, erstickende Exportverbote für hochentwickelte Halbleiter und Lithografiemaschinen.
Sodann drückende 100-Prozent-Zölle auf Elektrofahrzeuge, offene Drohungen, chinesische Banken vom SWIFT-System abzuschneiden und ihnen damit einen potenziell tödlichen Schlag zu versetzen.
Schliesslich intensive Lobbyarbeit aus dem Silicon Valley, um chinesische Open-Source-KI-Modelle aus „Sicherheitsgründen“ zu verbieten.
Diese Auflistung ist bei weitem nicht vollständig.
China strebt die Selbstversorgung nicht aus einer ideologischen Vorliebe für Autarkie an, sondern weil der Westen überzeugend demonstriert hat, dass technologische und finanzielle Abhängigkeit von einer feindlich gesinnten Supermacht mit dem eigenen Überleben unvereinbar ist.
Der Kollateralschaden dieses neuen Wirtschaftsregimes wird sich nicht auf Peking oder Washington beschränken.
China, die USA, Indien und Russland verfügen über grosse Binnenmärkte, doch Länder ohne derart riesige eigene Absatzmärkte – Deutschland, Japan, Südkorea, die Niederlande, die Schweiz, Australien, Brasilien und ein Grossteil der übrigen Welt – sind auf Exporte angewiesen, um ihren Wohlstand zu sichern.
Wenn zwei kontinentgrosse Volkswirtschaften sich bewusst voneinander abkoppeln, in einem Konflikt, den keiner der beiden Akteure vollständig kontrollieren kann, tragen die exportabhängigen Mittelmächte die schwersten Lasten für eine Auseinandersetzung, die China weder begonnen hat noch je wollte.
Diese Dynamik wurzelt in einem unausgesprochenen Dreissig-Jahre-Abkommen, das nie fair sein sollte. In den 1980er- und 1990er-Jahren fanden amerikanische Konzerne im Perlflussdelta ein wirtschaftliches Paradies:
Hunderte Millionen gut ausgebildeter, disziplinierter Arbeitskräfte zu einem Bruchteil westlicher Löhne; bereits angelegte Häfen, Eisenbahnen, Stromnetze und Industriezonen als Ergebnis jahrzehntelanger staatlicher Planung.
Und eine Regierung, die Stabilität durch vorhersehbare Regierungsführung und nachhaltiges Wirtschaftswachstum gewährleistete.
Das informelle Arrangement war klar: Amerika behielt das Gehirn – Design, Software, Chips, Marken. China behielt die Hände – Montage und margenschwache Fertigung.
Die Gewinne sollten ewig steigen und in den Westen fliessen.
Eine Zeit lang funktionierte dies. Apple, Nike, Walmart, Intel und General Motors erzielten Gewinne in Milliardenhöhe, Aktionäre feierten das vermeintliche „Ende der Geschichte“, Ökonomen lobten die unveränderliche Logik des komparativen Vorteils.
Allerding hatte Peking dem „ewigen“ Teil niemals zugestimmt.
Als China vom späten 20. ins frühe 21. Jahrhundert trat, begann es, den Lehrlingsstatus abzustreifen. Ab den späten 1990er-Jahren und besonders nach dem WTO-Beitritt 2001 startete das Land das erfolgreichste industrielle Upgrade der dokumentierten Geschichte.
Huawei überholte Nokia und Ericsson, BYD löste Tesla als grössten Elektroauto-Produzenten ab.
CATL liefert inzwischen ein Drittel aller globalen EV-Batterien, chinesische Hersteller dominieren 80 Prozent des weltweiten Solarmodulmarkts und schliessen rasch technologisch zu Halbleitern und KI auf.
Der Lehrling hatte die Tricks des Meisters gelernt, sie verbessert – und sie günstiger verkauft.
Diese Entwicklung drückte in Washington den Panikknopf. Die Reaktion erfolgte nicht in Form von Bewunderung oder gesundem Wettbewerb, sondern in Form von Eindämmung.
US-Beamte verkündeten offen den politischen Kurs, Chinas Innovation in allen strategischen Sektoren zu verhindern.
Elon Musk warnte 2022 die Tesla-Investoren, dass BYD ohne Schutz „die meisten anderen Autokonzerne dem Erdboden gleichmachen“ würde.
Zwei Monate später verhängte die US-Regierung 100-Prozent-Zölle auf chinesische Elektrofahrzeuge, wodurch sie unattraktiv und praktisch unverkäuflich wurden.
Die Tech-Giganten des Silicon Valley setzten Forderungen durch, chinesische Open-Source-KI-Modelle aus „Sicherheitsgründen“ zu beschränken.
Die Argumente wechseln je nach Interesse: Mal wird wirtschaftlicher Schutz vor Konkurrenz angeführt, mal „Sicherheitsgründe“ – derselbe rhetorische Kniff, je nachdem, welche Massnahmen gerade opportun sind.
Ein direkter militärischer Konflikt ist praktisch ausgeschlossen: Simulationen des Pentagons enden für beide Seiten in einer Katastrophe. Wirtschaftskrieg ist die einzige verbleibende Option.
Chinas Antwort auf diese feindliche Aussenwelt folgt einem Muster, das tief in seiner Geschichte verankert ist. Wenn das Umfeld feindlich wird, zieht man sich in den Panzer zurück, stärkt das Innere – und wartet.
Der ehemalige singapurische Aussenminister George Yeo nennt das die „Schildkröten-Strategie“. Wenn der Wald brennt, flieht die Schildkröte nicht vor den Flammen; sie verhärtet ihren Panzer und überdauert das Feuer.
Genau dieses Muster – das strategische „Réduit“, der Rückzug ins starke Zentrum – ist seit Jahrtausenden die chinesische Antwort auf existenzielle Bedrohung.
Es ist kein Zeichen von Schwäche, sondern die konsequente Umsetzung einer politischen Legitimität, die nicht aus Wahlkämpfen oder finanziellen Eliten gespeist wird, sondern aus nachgewiesener Kompetenz im Dienst des Gemeinwohls.
In meinem Artikel „Chinas Leistungsmeritokratie: Die Erfolgsformel im historischen und modernen Kontext“ habe ich ausführlich dargelegt, warum genau diese Kompetenz-basierte Legitimität die eigentliche Grundlage für Chinas langfristige Stabilität und Resilienz bildet.
Und weshalb sie es dem Land ermöglicht, selbst unter massivem äusserem Druck die Kontrolle zu behalten und das „Réduit“ nicht nur als Notlösung, sondern als Plattform für den nächsten Aufstieg zu nutzen.
Chinas Geschichte ist reich an vergleichbaren Momenten: Die Song-Dynastie schuf trotz feindlicher Steppenreiche die wohlhabendste Wirtschaft ihrer Epoche; die späte Ming-Dynastie verschärfte angesichts der europäischen Expansion das Seehandelsverbot und stellte die innere Stabilität in den Vordergrund.
Die Qing-Dynastie leitete nach den vom Britischen Empire erzwungenen Opiumkriegen die Selbststärkungsbewegung ein, Deng Xiaopings Maxime in den 1990er-Jahren lautete, die eigene Stärke zu verbergen und den richtigen Moment abzuwarten.
Auf die globale Finanzkrise 2008 reagierte China mit einem massiven Konjunkturpaket, der Förderung der Binnenwirtschaft sowie der Stabilisierung und Weiterentwicklung strategischer Sektoren.
Und schliesslich lösten Handelskrieg, Pandemie und der neue Kalte Krieg ab 2018 Strategien wie die „Duale Zirkulation“ (双循环, shuāng xúnhuán) aus.
Ein Konzept, das die Wirtschaft weniger abhängig von ausländischer Nachfrage und importierter Technologie machen, den inländischen Konsum stärken und China dennoch in die Weltwirtschaft eingebunden lassen soll.
Ergänzt mit den umfangreichen Halbleiter-Initiativen und Exportkontrollen für seltene Erden.
Heute wiederholt sich dieses Muster: China beschleunigt seine technologische Autonomie, sichert seine Ernährung und Energieversorgung, stärkt den Binnenkonsum – und lässt die Aussenwelt sich selbst erschöpfen.
Darin liegt auch die wahre Geschichte hinter der Behauptung „China macht Handel unmöglich“. China richtet weiterhin jährlich die grösste Importmesse der Welt in Shanghai aus und bleibt für deutlich mehr Länder der wichtigste Handelspartner als die USA.
Es zieht sich nicht aus ideologischem Eifer in Richtung Autarkie zurück, sondern weil der Westen in einem Jahrzehnt demonstriert hat, dass offene Abhängigkeit von einer feindlichen Supermacht nicht mehr mit nationalem Überleben vereinbar ist.
In einem Punkt hat die „Financial Times“ recht: Es gibt heute nur noch sehr wenig, das China für unverzichtbar aus dem Westen erachtet.
Doch das ist keine Arroganz.
Es ist die völlig rationale Reaktion einer Zivilisation, die in 4’000 Jahren immer wieder erfahren hat, was geschieht, wenn das Zentrum nicht mehr standhält — einschliesslich verheerender Bürgerkriege mit Millionen Toten.

Der Autor wirkt wie jemand, der komplexe Weltpolitik in ein Schwarz-Weiss-Märchen presst und sich selbst dabei zum „Eingeweihten“ erhebt. Seine Texte leben von Dramatisierung statt Analyse, von historischen Analogien statt Daten. Es erinnert an einen Hobby-Strategen, der aus einem Reiseführer und ein paar Anekdoten eine Weltformel bastelt
Stimmt auffällig!👍 Das China eine Grossmacht ist ja eine Binsenwahrheit.
Machs besser!!!
Du kommst mir vor wie der kranke Bruder vom Palfner. Nimm Dich bitte nicht so wichtig. Merci.
China, Thailand, Argentinien. Asien ist drauf und dran Europa zu überholen. Die Chinesen sind in der Villa Garmania bei Loomit doch schon Resident. Stammkunden im Milieu.
Argentinien? Echt jetzt? Hattest du beim Thema Wirtschaft einen Fensterplatz.
Wenn sich China auf den Binnenmarkt konzentriert, muss es seinen Konsumenten einen konsumfähigen Lohn bezahlen. Das bedeutet, ihre Produkte werden teurer. Dadurch werden sich die Produktionskosten westlichen Verhältnissen angleichen. In Japan geschah genau dies vor 50 Jahren.
Und noch etwas, BRICS Jünger loben fernöstliche und autoritäre Staaten als Zukunftsmacht, während sie selbst im Westen wohnen, dessen Freiheit, Stabilität und Wohlstand sie täglich brauchen. In ihren angehimmelten Systemen würden sie mit ihrem Aufmucken und ihrer Kritik keine Woche überstehen – dort landet man für genau dieses Verhalten im Arbeitslager oder wird mundtot gemacht. Wie Revoluzzer, die nur rebellieren, weil es hier erlaubt ist.
Infolgedessen (Louvre-Abkommen) wurde der Yen in die Höhe getrieben, und Japan wurde gezwungen, seinen Finanzmarkt (Bubble Economy) zu öffnen und sein Finanzsystem zu reformieren. Das Plaza-Abkommen versetzte der Wachstumsdynamik der japanischen Wirtschaft einen schweren Schlag, so dass Japan das erlebte, was später als Ushinawareta Nijūnen (zwei verlorene Dekaden) bezeichnet wurde.
de.wikipedia.org/wiki/Plaza-Abkommen
Naja, das chinesische Réduit war historisch eher löchrig: Von den Mongolen erobert im 13. Jh. Von den Mandschus erobert im 17. Jh. Hilflos gegen die Westmächte im 19. Jh. und gegen Japan 1931-45. Aktuell herrscht sicher nicht ’nachgewiesene Kompetenz‘, sondern die Diktatur eines Mannes & der KP mit Loyalität als Hauptwährung.
Die Bevölkerung schrumpft und konsumiert nicht, die Überkapazitäten in Immobilien und Industrie entlarven die Mär von angeblich effizienter Zentralplanung und der neuen, unvermeidlichen, gar ewigen Weltmacht. CN ist ein Koloss auf tönernen Füssen, Pfad absteigend.
China: 10’000 Jahre Geschichte
USA: 500 Jahre Geschichte
Nicht ganz.
USA: 250 Jahre eigene Geschichte + die Geschichte von England.ä, zurückgehend bis Stone Henge und darüber hinaus.
Erpressung, oft Sanktionen genannt, haben endlich mal gewirkt.
Das ist aber auch wieder nicht OK.
Schuld an der Misere sind nicht die Angreifer, sondern die Angegriffenen.
Diese weigern sich ihre Wirtschaft ruiniert zu sehen, diese schlimmen bösen Buben haben die Dreistigkeit zu handeln und für sich, ihr Volk einzutreten!
Und damit sogar Erfolg.
Da hilft nur eins, noch mehr Sanktionen.
Noch mehr Hass derer, die selbst nichts leisten ausser die eigene Leistungsgesellschaft zu berauben und klein zu halten, gegen die, die was können, leisten und die Welt verbessern.
Die Chinesen haben die Europäer
schon lange überholt in
Sachen Technik, Informatik und
vielen anderen Gebieten !!
Komisch hört mann von den
St.Galler Wirtschaft spezialisten seit Jahren nichts
mehr von Globalisierung!!
Reichlich viel Pseudo-Historie in diesem Aufsätzchen
Dieser Artikel strotzt vor Halbwissen und es werden Äpfel mit Birnen verglichen. Geschwurbel. Leider reine Zeitverschwendung
Wenn es denn wenigstens halbes Wissen wäre 😂 eher bildungsfernes KPCh Lobby Geschwurbel 🧐
Welcher lowIQ bei IP blockiert hier meine Kommentare?
Wer sich ernsthaft mit China befassen will, sollte ⇾ u.a. @serpentza auf YT reinziehen, er war jahrelang in CN tätig, er entglizert den Schischi-Panda Glimmer.
Der Artikel ist absolut auf den Punkt gebracht. China ist der einzige Staat, der eine klare Strategie hatte und hat. Ihr Präsident klopft keine idiotischen Sprüche und ändert die Meinung jeden Tag. China braucht mit seiner geografischen Grösse, seiner gigantische 1.4 Mrd Bevölkerung, Digitalisierungsführer, Bodenschätze und der tief verankerten Geschichte & Sun Tzu Weisheit: keinen auf dieser Welt, um ihnen ihre Richtung & Geschwindigkeit vorzugeben. Alles andere ist „wishful thinking“ an der Realität vorbei. (PS. Kenne beide Kulturen, US und China sehr gut – vom arbeiten vor Ort.)