Die Schweizer Armee investierte vor allem ab den 1970er-Jahren sehr grosse Mittel in mechanisierte Verbände und in die Panzerwaffe.
Dies geschah vor dem Hintergrund der Interpretation der Ereignisse des 2. Weltkriegs. Die Armee war 1940 nicht mechanisiert und wäre in der Einschätzung der damaligen Planer nicht in der Lage gewesen, im Jura oder im Mittelland gegen die Wehrmacht zu bestehen.
General Henry Guisan (1874-1960) und seine Planer hatten die „Réduit-Strategie“ entwickelt, mit einer Konzentration der Kräfte in den Alpen und den Alpentälern sowie der Sicherung der dort befindlichen strategischen Verkehrswege, insbesondere der Bahnlinien.
Dies war im damaligen Umfeld der einzig realistische Ansatz, wobei dieser nicht unumstritten war.
Sobald es die wirtschaftlichen Möglichkeiten erlaubten, investierte die Schweiz in mehreren Wellen in die Mechanisierung. Heute verfügt sie über etwa den vierfachen Bestand an Kampfpanzern wie Österreich.
Die Panzerbataillone sind traditionsbewusst und verfügen über ein hohes Prestige, so die Pz Bat 14 und 11. Aktive Veteranen der Armee 61 und 95 tragen dazu bei. Die damaligen Panzerregimenter verstanden sich als das Rückgrat der Landesverteidigung.
Nun ist wie so oft die Realität differenzierter. Moderne Kriege werden in der Logistik gewonnen, über die Integration der Systeme und durch möglichst geringe Kosten.
Der Erfolg ist eine System- und Integrationsleistung, Panzer spielen nur eine Rolle in einem Gesamtverbund.
Ein Panzerverband oder ein mechanisierter Infanterieverband ist mit sehr hohen Investitionen und Kosten verbunden und logistisch anspruchsvoll.
Es beginnt beim Treibstoff: Ein Panzer benötigt enorme Mengen davon und muss idealerweise täglich betankt werden. Zusätzlich muss eine Versorgung mit Ersatzteilen sichergestellt sein.
Ein Leopard 2 benötigt im Gelände etwa 5 Liter Diesel pro Kilometer und hat somit eine Reichweite von nur etwa 200 bis 250 Kilometern.
Beim M1 Abrams ist die Lage noch schwieriger, da die dort verwendete Gasturbine optimal mit Kerosin betrieben wird, was eine eigene Logistik und noch mehr Treibstoff pro Kilometer benötigt (US Army / GAO).
Ein Panzerverband ist somit angewiesen auf eine funktionierende, zuverlässige Logistik. Als historisches Beispiel:
Die Deutsche Wehrmacht verlor im 2. Weltkrieg mehr Panzer aufgrund technischer Defekte und Treibstoffmangel als durch feindlichen Beschuss (Departement of the Army 1954).
Was ist die militärische Rolle eines Panzerverbands, vor allem eines „Main Battle Tanks“ (MBT)? In der Kriegsführung ist das Ziel immer die Bildung eines Schwerpunkts, also eine Konzentration der Kräfte.
Im Gefecht wirkt eine lokale Überlegenheit exponentiell. Wenn beispielsweise 5 MBT auf 10 identische MBT treffen, dann werden die 10 MBT aus dem Gefecht siegreich und mit minimalen Verlusten hervorgehen. Mit einem Erwartungswert von 1,34 Verlusten nach der vereinfachten Lanchester-Formel.
Ein Panzerverband galt vor dem Ukraine-Krieg als die wirksamste Form einer lokalen Schwerpunktbildung.
Panzerverbände können – anders als Artillerie – Gelände sichern und gewinnen. Sie sind hochmobil und können im Verbund mit mechanisierter Infanterie eingesetzt werden.
Auch defensiv gibt es zahlreiche Einsatzmöglichkeiten, von der Verwendung als mobile Waffenplattformen bis zu anspruchsvolleren Manövern in einer elastischen Verteidigung.
Nun zeigten aber die Ereignisse in der Ukraine, dass der moderne Drohnenkrieg und Entwicklungen der Artilleriewaffen (vor allem kürzere Reaktionszeiten) die Bildung von lokalen Schwerpunkten deutlich erschwert.
Artillerie war historisch nie ein besonderes Problem für gut geführte Panzerverbände, da die Artillerie nicht schnell genug reagieren konnte und nicht präzise genug war. So analysierte die US Army 1944-45 insgesamt 800 Ausfälle von M4 Sherman.
Nur gerade 6 Prozent gingen durch feindliche Artillerie verloren. Die Hauptursache waren mit 38 Prozent Panzerabwehrkanonen (BLR 706/1945).
Und das, obwohl der 2. Weltkrieg in Europa vor allem ein Artilleriekrieg war, in dem 60 bis 70 Prozent der menschlichen Verluste der US Army durch Artillerie respektive Mörser entstanden.
Dies hat sich radikal verändert. In der ukrainischen Sommeroffensive 2023 gab es unzählige Videos, in welchen die angreifenden ukrainischen Panzerverbände bereits innert kürzester Zeit mit hochpräziser Artillerie eingedeckt wurden.
Seither haben sich die Reaktionszeiten – wenn man den ukrainischen und russischen Soldaten-Chats auf Telegram glauben mag – nochmals deutlich reduziert.
Heute stehen wir bei Werten, die in westlichen Armeen vor 2 oder 3 Jahren als absolut unerreichbar und unrealistisch galten – und welche die meisten westlichen Armeen selbst unter idealen Übungsbedingungen weiterhin nicht erreichen.
Artillerie ist somit für Panzer und gepanzerte Fahrzeuge zu einer tödlichen Bedrohung geworden und verunmöglicht einen Grossteil der typischen Taktiken, die von der Schweizer Armee weiterhin trainiert werden.
Die künftigen Konflikte sollten unter der Annahme eines hochtransparenten Gefechtsfelds geplant werden.
Gemeint ist eine Umgebung, in der Bewegungen durch Drohnen, Sensoren und digitale Aufklärung nahezu permanent aufgeklärt werden. Es handelt sich um die heutige Realität im Ukraine-Krieg.
Entscheidend sind FPV-Drohnen. Dazu muss man etwas ausholen.
Die Panzerung eines Fahrzeugs ist immer ein Kompromiss, und das Gewicht ist dabei der grösste limitierende Faktor.
Bei einem MBT ist die stärkste Panzerung frontal. Sie ist deutlich dünner beim Dach und beim Heck, und dies oft um den Faktor 10 bis 20.
Drohnen nutzen gezielt diesen Schwachpunkt. Selbst mit einer Hohlladung ist für eine Drohne die Front eines MBT unüberwindbar. Dies gilt nicht für das Heck oder andere konstruktive Schwachpunkte.
Die Drohnenpiloten können das gezielt ausnutzen.
Es gab und gibt improvisierte Aufbauten aus Metall und Holz, um diese Schwäche zu beheben. Sie wurden zuerst von westlichen Beobachtern belächelt („Cope Cages“), werden aber unterdessen von beiden Seiten in der Ukraine flächendeckend eingesetzt.
Auch die israelische Armee hat in ihren Gaza-Einsätzen solche Aufbauten eingesetzt, weil es selbst der rudimentär bewaffneten Hamas-Miliz gelang, moderne MBT mit Drohnen auszuschalten oder schwer zu beschädigen.
Die Aufbauten haben eine Reihe unerwünschter Konsequenzen. Vor allem erhöhen sie das Gewicht, was das Getriebe belastet und die Wartungszyklen verkürzt; zudem vergrössern sie das Profil.
Jede Armee mit Panzern und gepanzerten Fahrzeugen tut gut daran, sich mit solchen Aufbauten und Zusatzpanzerungen intensiv und aktiv auseinanderzusetzen und diese praktisch zu erproben.
In den Medien wird immer wieder von vermeintlichen Durchbrüchen in der Drohnenabwehr berichtet. In der Praxis haben sich diese Abwehrmittel noch nicht durchgesetzt.
Vielmehr zeigte sich, dass die Innovationen immer weiter voranschreiten und Drohnen immer tödlicher und breiter im Einsatzspektrum werden.
Als Beispiele kann man hier mit Glasfaser versehene Drohnen nennen, die sich mit elektronischer Kriegsführung (Electronic Warfare, EW) nicht bekämpfen lassen.
Unterdessen werden sogar mit günstigen Nachtsichtgeräten versehene Drohnen eingesetzt. Dies alles begrenzt die Möglichkeiten von Panzerverbänden deutlich.
Die Konzentration von Kräften wird durch Artillerie und Drohnen derart stark beeinträchtigt, dass Kampfpanzer in hochtransparenten Gefechtsfeldern ohne Luft- und Drohnenüberlegenheit kaum noch offensiv einsetzbar sind und auch defensiv nur noch Nischenaufgaben erfüllen.
Die Panzerung kann nur begrenzt erhöht werden, da Gewicht und Mobilität eine natürliche Grenze setzen. Improvisierte Zusatzpanzerungen verbessern zwar den Schutz, erhöhen aber den Wartungsaufwand und die logistischen Anforderungen erheblich.
Was es daher braucht, sind völlig neue Panzerkonzepte, die an diese veränderten Bedrohungen angepasst sind: leichter, mobiler, besser geschützt gegen Drohnenangriffe und in der Lage, mit moderner Sensorik ausgestattet zu werden.
Insbesondere gehe ich davon aus, dass ein MBT in Zukunft hochgradig automatisiert sein wird und Schützenpanzer vielleicht noch Transportkapazitäten von maximal 5 Personen aufweisen werden.
Solche Systeme werden vermutlich erst in zehn oder mehr Jahren im Markt verfügbar sein – sie sind aktuell nicht mal in der Prototyphase zu haben.
Für die Schweiz bedeutet das, dass in der aktuellen Umbruchsphase grössere Investitionen in klassische Panzerplattformen wenig sinnvoll sind.
Stattdessen lohnt es sich, experimentelle und pragmatische Lösungen zu erproben, etwa zur Verbesserung des Drohnenschutzes oder durch temporäre Umbauten, um die Einsatzfähigkeit unter realistischen Bedingungen zu erhöhen.
Weitere hochinteressante Bereiche sind Attrappen respektive eine verbesserte Tarnung, mit der man mit geringen Mitteln viel erreichen kann.
Oder die Frage der optimalen Kurz- und Nächstbereichs-Luftverteidigung (SHORAD), ein Bereich, bei dem aktuell niemand eine abschliessende Antwort auf die Drohnen-Herausforderung hat, es aber viele kosteneffiziente Ansätze gibt, um die Lage positiv zu beeinflussen – von Schrotflinten bis zu defensiven Drohnen und Netzen.
Auch das muss realitätsnah erprobt und in die Ausbildung und Logistik integriert werden. Insbesondere die Auswirkungen von Wetter und Klima auf ein Drohnennetz zur Sicherung der Logistik lassen sich nicht in der Theorie, sondern nur durch Erprobung in der Praxis erfahren.
Die Schützenpanzer der mechanisierten Infanterie stehen ebenfalls vor einem Umbruch. Dort bestehen die gleichen Probleme, verschärft noch durch den im Vergleich zu den MBT deutlich schwächeren Panzerschutz.
Wieder sieht man ideutliche Veränderungen im Ukraine-Krieg und grundlegende Innovationen von dort. Insbesondere der Einsatz von leichten Motorrädern ist ein innovativer Ansatz, der sich offensichtlich in der Praxis bewährt.
Für die Schweiz sind die Veränderungen eine Chance. MBT und auch Schützenpanzer sind sehr teuer im Unterhalt und binden damit knappe Ressourcen.
Wir sollten nicht den Weg von Polen gehen und für Unsummen „neue“ MBT in den USA oder gar Südkorea beschaffen, die in dieser Form offensichtlich weitgehend obsolet sind.
Vielmehr haben wir die Möglichkeit, Mittel freizusetzen und diese in neue, leistungsfähigere und kosteneffizientere Systeme zu investieren.
Panzer‑Revolution? Eher Panzer‑Nostalgie. Wer 2025 noch Stahlromantik predigt, hat den Drohnen‑Weckruf wohl verschlafen.
Völlig richtig. Moderne Kampfverbände setzen auf Strand-Buggies, Lada Nivas, Enduro-Töffs und Pferde. Kampfpanzer und gepanzerte Truppentransporter sind völlig out.
Erzählen sie das den Leuten in Bundesbern.
Dort gibt es (ohne Witz!) Pläne zu Milliardeninvestitionen Panzer.
Völlig absurd.
Man ignoriert dort die Erfahrungen des Ukrainekriegs einfach.
Rheinmetall als Produzent dieses überteuerten Schrotts dankt.
OG Panzer will ernsthaft für 12 Milliarden neue Panzer beschaffen.
Und in der Armeebotschaft 2025 wurden 255 Millionen in die Leos und 35 Millionen in den Bergepanzer 01 investiert.
Es wird also weiter munter bestellt und eingekauft. Ohne Plan. Ohne Verstand. Ohne Ahnung.
Im VBS reiht sich Beschaffungsskandal and Beschaffungsskandal. Es braucht einen sofortigen Marschhalt.
Drohnen und Artillerie dominieren längst das Schlachtfeld aber klar, wir können natürlich weiter an Konzepten festhalten, die schon damals nur in Geschichtsbüchern funktioniert haben
Kei l u s c h t , nur uf mini Rente
vo monatlich CHF 25000.-
Spätestens seit Napoleon (Artillerieoffizier!) ist die Artillerie die dominante Waffe. Infanterie braucht es, um Raum zu gewinnen. Aber die Verluste entstehen durch die Artillerie.
Das kann man nur in Kriegsfilmen nicht abbilden.
Mein g e i s t i g e s Defizit war offenbar so überwältigend, dass selbst die Rekrutenschule kapituliert hat – man wollte mir wohl nicht zumuten, das Niveau weiter zu senken.
Wenn sogar die Armee, die jeden zweiten mitnimmt, sagt „Nein merci“, dann war’s wirklich knapp…😂
Vom Schweizer Militär abgelehnt zu werden ist wie bei der Migros an der Selbstbedienungskasse zu scheitern: eigentlich unmöglich, aber du hast’s geschafft.
Die Drohnen verändern bei der Kriegsführung sehr vieles. Noch scheint alles im Umbruch. Unser schwerfälliges Militär muss in jeder Beziehung schnell darauf reagieren. Immer mehr wird der Krieg am Computer geführt. Ferngesteuerte Drohnen ( vielleicht aus Kommandowagen in der Nähe ) sind gefährliche Waffen und sehr flexibel.
Hallo Nationalräte,
Hallo Ständeräte
könnt ihr das bitte lesen!
mich reut jeder franken für den Kampfjet
freundliche grüsse
hansueli
Man bekommt das Gefühl, dass es oft darum geht Geld zu transferieren.
Vielleicht hat die Empfängerseite zu viel Einfluss auf die Politik und Militär.
Und nicht nur keine Panzer mehr sondern auch keine Flugis!
Sauber hergeleitet, vielen Dank!
Sollte man jedes Mitglied der Bundeversammlung lesen lassen, und auch im VBS verbreiten.
Die Betonköpfe bei OG Panzer fordern ja gerade, über 12 Milliarden in neue Panzer investieren.
Etwa so sinnvoll wie Langbogenschützen-Regimenter auszuheben.
Fehlen eigentlich nur noch die Hellebarden.
Jetzt fehlen eigentlich nur noch die Hellebarden und Morgensterne!
Die ASMZ sollte mal so etwas bringen, statt die ständigen (nicht deklarierten) Publireportagen der Hersteller und Berichte über Kunstflugstaffeln. Dann würde es auch jemand lesen.
Inhaltlich stimme ich den Ausführungen zu 100% zu. Das hört man in Thun und Bure natürlich gar nicht gerne und will die Realität nicht sehen.
Wir müssen die ganze Panzerwaffe und auch die mechanisierte Infanterie völlig neu denken, es bringt doch nichts, einfach weiter in in der Vergangenheit zu leben!
Eine Armee ist kein Ballenberg.
Sehr geehrter Herr Klausewitz (richtiger Name?) Vielen Dank für Ihre ARechervje die zeigen das (nicht nur) Russland (ich bin noch mir UdSSr aufgewachsen (Fremdwoet für Subventionen… 😞] bitte erwähnen Sie auch das Kuba [wie Herr René Zeyer Betreiber von http://www.zackbum.ch] unter USA-sankrionen [auch Vebezuela) siehe Uno und UNESCO…Bitte weiter so Hans Gerhard
Medikation dringend erhöhen!