Im Grossen Nordischen Krieg, der von 1700 bis 1721 dauerte, führte eine Dreierallianz, bestehend aus dem russischen Zarenreich, Sachsen-Polen und Dänemark, Krieg gegen das Königreich Schweden.
Ziel dieses Krieges war die Herrschaft über den Ostseeraum und das Baltikum.
Nach verschiedenen Siegen stiess der schwedische König Karl XII. mit dem Ziel, den russischen Zaren Peter der Grosse definitiv zu besiegen, mit seinem Heer in die Tiefe des Zarenreiches vor.
Bei Poltawa in der heutigen Ukraine kam es am 27./28. Juni 1709 zur Entscheidungsschlacht zwischen dem russischen Heer mit 37’000 bis 45’000 Mann und dem schwedischen Heer mit 20’000 Mann. (1)
Peter verfügte über 72 Artilleriegeschütze, von denen 28 einsatzbereit waren, der Schwedenkönig hatte nur 4 einsatzbereite Geschütze.
Dank der zahlenmässig überlegenen Artillerie der Russen wurde das Schwedenheer vernichtet. Am Ende waren über 9’000 Schweden tot und beinahe 3’000 gefangen. Die Russen erlitten über 1’000 Tote und über 3’000 Verwundete.
Bei seinem Vorstoss nach Russland stiess Napoleon I. mit seiner Grande Armée beinahe ungehindert in das Zarenreich vor. Die russische Armee wich allen Entscheidungsschlachten aus.
Erst bei Borodino, kurz vor Moskau, entschied der kommandierende General des Zaren, Fürst Michail Kutusov (2), am 26. August 1812 eine Schlacht zu führen.
Napoleon verfügte zu diesem Zeitpunkt noch über 130’000 Mann mit 587 Artilleriegeschützen. Ihm gegenüber hatte Kutusov rund 120’000 Mann.
Die russische Artillerie war mit 624 Geschützen dem französischen Kaiser aber kampfkraftmässig überlegen. Am Ende erlitt die Grande Armée Verluste in Höhe von 30’000 bis 35’000 toten Soldaten und über 480 getöteten Offizieren.
Die eindrücklich Opfer-Zahl auf französischer Seite war das Ergebnis des Artilleriefeuers der Russen.
Die russischen Verluste betrugen 39’000 tote Soldaten und 211 tote Offiziere.
Kutusov zog sich mit seinem Heer hinter Moskau zurück. Borodino erwies sich für Napoleon als Pyrrhos-Sieg, der mit der Katastrophe des Rückzuges der Grande Armée aus Russland und ihrer Vernichtung endete.
Der Artillerist und Mathematiker Napoleon hatte bis zum Russlandfeldzug seine Gegner immer mit zahlenmässig überlegenen Streitkräften am entscheidenden Ort vernichtet. (3)
Zu dieser Kriegführung gehörte auch die Kampfkraft der Artillerie. Bei Borodino verletzte er dieses Prinzip.
Zuletzt mussten er und vor ihm der Schwedenkönig Karl XII. das überlegene Artilleriefeuer der Russen mit ihren Herrschaften bezahlen.
In der Schweiz dürften die Erkenntnisse aus den Schlachten von Poltawa und Borodino unbekannt sein.
Nur so ist die gegenwärtige Diskussion um den Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttosozialprodukt erklärbar.
Am Ende wird ein Krieg durch die zahlenmässige Überlegenheit an Waffen und an Kampfkraft entschieden – und nicht durch einen Anteil am Bruttosozialprodukt.
1 Peter der Grosse, Northern War 1700-1721, Moskau 1990, S. 56/57.
2 Mikhail Kutuzov, Moskau, 1990.
3 Macksey, K., The Guinness History of Land Warfare, London, 1973, S. 107.
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