“The difference between banking and gambling is a good night’s sleep“, wirbt die Hyposwiss Privatbank. Die 100-Prozent-Tochter der Sankt-Galler Kantonalbank positioniert sich als modern und gleichzeitig sicher.
Seit kurzem wirkt der Slogan wie ein schlechter Witz. Die Hyposwiss steckt in einem grossen Compliance-Fall. Zwei Russen-Oligarchen – der Chef des Nickel-Multis Norilsk und der Chef des Alu-Riesen Rusal – bekriegen sich via Gerichte und Medien. Es geht um Hunderte von Millionen, die über Offshore-Konstrukte veruntreut worden sein sollen. Ein Grossteil der Gelder floss über Konten bei der Hyposwiss.
Zuständig für die „Sauberkeit“ ihrer Kunden ist wie überall die Compliance-Abteilung. Diese wird geführt von einer Ex-Marketing-Sachbearbeiterin aus Deutschland mit Schnellbleiche in Compliance.
Die 49-jährige, die seit 10 Jahren für die Hyposwiss arbeitet und es in dieser Zeit von der Assistentin in Legal&Compliance zur Chefin von Compliance im Rang einer Vizedirektorin gebracht hat, rapportiert an den Head Compliance&Legal und Risk der Hyposwiss. Der stellvertretende Direktor gehört zur erweiterten Geschäftsleitung und damit zum innersten Führungszirkel der Bank.
Der steile Aufstieg an die Spitze der wichtigen Abteilung Compliance der Hyposwiss-Managerin wirft Fragen auf. Sollte für die Prüfung von Kundenbeziehungen eine Person zuständig sein, die nicht das nötige Rüstzeug mitbringt oder von der Persönlichkeit her nicht geeignet ist, intern unangenehme Fragen zu stellen und harte Entscheide zu beantragen, dann steigt das Risiko von Unfällen. Das Problem ist dabei nicht die betroffene Person selbst, sondern deren Vorgesetzte, die für die personelle Besetzung neuralgischer Stellen verantwortlich sind.
Bei der Hyoswiss ist die Compliance mit dem Russen-Fall ins Rampenlicht gerückt. Die über 120 Jahre alte Bank profitiert vom Moody’s Aa1-Rating ihrer Mutter, die erst noch eine Staatsgarantie vom Heimatkanton Sankt-Gallen hat. Seriöses Banking wird versprochen und erwartet.
Die Realität ist offenbar eine andere. Der Hyposwiss-Verwaltungsrat Hans Bodmer, ein Zürcher Anwalt und Vertrauter des Norilsk-Oligarchen, musste im Zuge des Russen-Compliance-Falls vor Monatsfrist bereits den Hut nehmen. Eine Untersuchung der Aufsicht Finma und einer externen Prüfgesellschaft, der PWC, wurde eingeleitet, die Resultate stehen noch aus.
Vorsorglich hat der starke Mann der Hyposwiss, Präsident Roland Ledergerber, der auch CEO der Sankt-Galler Mutter ist, beim Ausscheiden Bodmers das Urteil vorweggenommen. Es seien „aus heutiger Sicht die Sorgfaltspflichten erfüllt worden“, meinte Ledergerber, der sich zudem überzeugt davon zeigte, dass bei der Hyposwiss-Compliance alles in Ordnung sei.
Ledergerbers Reinwaschung des eigenen Instituts ist verständlich, aber riskant. Im Russen-Fall wurden Hunderte von Millionen über verschiedene Konten mit eigenartigen Namen verschoben, zum Teil innerhalb von wenigen Tagen. Die meisten dieser Konten lagen bei der Hyposwiss, und der Auftraggeber der verschlungenen Transaktionen war Hyposwiss-Verwaltungsrat Hans Bodmer. Ein klassischer Fall, bei dem sämtliche Warnlampen hell aufleuchten sollten, müsste man meinen.
Nicht so in der Hyposwiss-Compliance. Dort liess die zuständige Chefin die gigantischen Beträge offenbar ungehindert fliessen. Nun fragt sich, ob die Managerin Teil einer Kultur ist, bei der im Zweifelsfall weggeschaut wird, oder ob sie für ihre anspruchsvolle Aufgabe zu wenig Knowhow und Charakter mitbringt. Vielleicht trifft beides zu, womit die Hyposwiss-Führung bei der Besetzung und der operativen Bewirtschaftung ihrer Compliance versagt hätte.
Der Lebenslauf der Hyposwiss-Compliance-Chefin liest sich wie der Werdegang einer Bürofrau, die es durch wenig nachvollziehbare Gründe nach oben gespült hat. Universität? Nur Grundschulen in Rumänien und Deutschland und dort Besuch einer Berufsschule. Theoretische Vertiefung in Legal/Compliance? Ebenfalls Fehlanzeige, lediglich Nachdiplom in „Paralegal“ an der Fachhochschule in Winterthur.
Immerhin lange Berufspraxis? Auch nicht, nach einer Marketing-Stelle bei einer deutschen Brillenherstellerin, einem Assistenz-Job bei einem Zürcher Vermögensverwalter und einer weiteren Assistenzstelle bei einem Direktvermarkter im Kanton Zürich stiess die damals 39-jährige 2001 als Assistentin zur Compliance von Hyposwiss in Zürich.
7 Jahre später wurde die Deutsche Compliance-Chefin der Privatbank; eine Position von offenbar bank-übergreifender Bedeutung. Gemäss Firmenunterlagen ist die Hyposwiss „das Private Banking und Investment-Kompetenzzentrum der St.Galler Kantonalbank-Gruppe“. Indirekt gibt die Bankfrau damit den Takt im Compliance-Bereich des gesamten Private Bankings des Kantonalbanken-Konzerns vor.
Ein Zürcher Personalvermittler sagt, die Hyposwiss sei keine Ausnahme. „Alle Banken betonen die Bedeutung von Compliance, nur wenige besetzen die nötigen Stellen aber mit Topleuten.“
Im Fall Hyposwiss könnte die spezielle Stellenbesetzung weitreichende Folgen haben. Sollte die laufende Untersuchung schwere Mängel an den Tag bringen, drohen personelle Konsequenzen an der Spitze der Bank.
„Expect the expected“ lautet der Claim der Hyposwiss. Bei der von aussen nicht überzeugenden Compliance-Besetzung waren Russen- und andere Unfälle vielleicht tatsächlich zu erwarten.
überraschend gut informiert