SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer legte den Finger in der Affäre Hildebrand früh auf einen wunden Punkt. Sie verstehe nicht, warum die Frau des angeschlagenen Nationalbank-Präsidenten Philipp Hildebrand kein eigenes Konto für ihre Devisen-Transaktionen benutzt habe.
Möglicherweise hätten die Hildebrands das Konto nicht den US-Steuerbehörden IRS melden wollen, orakelte der Tages-Anzeiger am Freitag. Philipp Hildebrands Frau Kashya ist als halbe Amerikanerin grundsätzlich steuerpflichtig in den USA.
Dann gab die Zeitung mit Bezug auf einen Steueranwalt Entwarnung. Es sei „bei gemischten Paaren wie den Hildebrands üblich, dass ein grosser Teil des Vermögens, auf das Kapitalgewinne anfallen können, auf den Konten des Partners ohne amerikanischen Pass“ lagern würde. Das entspreche „dem Standard-Arrangement, das Banken vorschlagen“ würden.
Also liegt keine Umgehung von US-Meldepflichten vor? Vielleicht doch. Eine Frage ist ausschlaggebend. Löst die Vollmacht auf Philipp Hildebrands Konto bei der Basler Privatbank Sarasin eine Meldepflicht von Ehefrau Kashya aus?
Dieses Konto steht heute Nachmittag erneut im Zentrum der Aufarbeitung der Affäre, wenn die Wirtschaftskommission des Parlaments den SNB-Chef zu den Dollar-Deals im Vorfeld wichtiger Währungsentscheide der Notenbank befragen will. Am Abend ist eine Information der Parlamentarier geplant.
Sarasin-Sprecher Benedikt Gratzl sagt, das Konto sei nicht meldepflichtig. Man habe dies intern abgeklärt und sei zum Schluss gekommen, dass es sich beim Hildebrand-Konto um eine Beziehung zwischen einer Schweizer Person und einer Schweizer Bank handle.
Daran ändere die Vollmacht für Hildebrands Ehefrau Kashya nichts, betont Gratzl. Sowieso seien in den USA Devisengewinne nicht steuerpflichtig. Damit würden rund 80 Prozent des potenziell steuerpflichtigen Kapitalgewinns dieses Kontos für eine Meldung entfallen. Die restlichen 20 Prozent, welche Wertschriften beträfen, müssten nicht nach Übersee rapportiert werden.
Im Übrigen sei Sarasin im US-Steuerstreit bisher nicht auf dem Radar der Behörden gelandet, und zwar dank der vorsichtigen Geschäftspolitik mit US-Kunden, meint Gratzl. Das würde man sicher nicht aufs Spiel setzen, indem man ein Konto wie jenes der Hildebrands vorschriftswidrig unter Verschluss halten würde.
Auf der Webseite der US-Steuerbehörde IRS steht Anderes. Es geht um die Meldepflichten sogenannter „Foreign Bank and Financial Accounts (FBAR)“, also Konten von US-Steuerpflichtigen bei Banken im Ausland.
Demnach müssen Amerikaner das FBAR-Formular TD F 90-22.1 ausfüllen, wenn die entsprechende Person „ein finanzielles Interesse oder eine Unterschriftsberechtigung über mindestens ein Finanzkonto ausserhalb der USA“ habe. Nicht nötig sei dies einzig, wenn sämtliche ausländischen Konten zusammengerechnet unter 10’000 Dollar lägen.
Damit würde Kashya Hildebrand unter die FBAR-Meldepflicht fallen. Sie besitzt eine Vollmacht auf das Konto ihres Mannes bei Sarasin. Laut dem SNB-Chef war es seine Frau, die den umstrittenen Dollar-Kauf über 400’000 Franken am frühen Nachmittag des 15. Augusts 2011 per E-Mail an den Sarasin-Kundenberater auslöste. 3 Wochen später band die SNB den Franken an den Euro.
Den gemeinsamen Sarasin-Kundenberater scheint Kashya Hildebrand gut zu kennen. „Lieber Felix, wie besprochen möchten wir unsere FX-Position von 31 auf 50 Prozent erhöhen“, steht im E-Mail, das die SonntagsZeitung gestern auszugsweise publizierte. FX meint Foreign Exchange, also Devisentransaktionen.
Das US-Steueramt IRS erlaubt wenige Ausnahmen für Amerikaner, ihre im Ausland gehaltenen Vermögen nicht melden zu müssen. Davon ist im Zusammenhang mit dem Hildebrand-Konto eine interessant: „Certain foreign financial accounts jointly owned by spouses“ könnten je nach weiteren Instruktionen behandelt werden, heisst es im FBAR-Formular.
Dort wird es kritisch für Philipp Hildebrand. Ein Ehepartner sei von der FBAR-Meldepflicht befreit, wenn: „1) alle zu meldenden Konten gemeinsam mit dem registrierten Partner kontrolliert werden; 2) der meldepflichtige Partner für die gemeinsam kontrollierten („owned“) Konten rechtzeitig ein FBAR einreicht; und 3) beide Partner den Punkt 44 im FBAR unterzeichnen“.
Sonst, so steht weiter unten, seien „beide Partner verpflichtet, ein separates FBAR einzureichen, und jeder Partner muss den gesamten Wert der gemeinsam kontrollierten Konten deklarieren“.
Somit ist klar: Kashya Hildebrand kann auf eine Meldung nur dann verzichten, wenn ihr Mann Philipp Hildebrand das gemeinsam genutzte Konto rapportiert. Gemäss Sarasin ist das nicht der Fall, da Hildebrand als Schweizer nicht meldepflichtig sei.
Konfrontiert mit den FBAR-Vorschriften gemäss US-Steuerbehörde IRS reagiert Sarasin-Sprecher Gratzl ausweichend. „Das soll ein Jurist beurteilen“, schreibt er am Samstag in einer E-Mail-Antwort. „Die Bank Sarasin ist der Meinung, dass im vorliegenden Fall keine Steuerpflicht in den USA vorliegt.“
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