Als schon fast alle Deutschschweizer aufgeben wollten, regte sich Widerstand von unerwarteter Seite. Die Zürcher Privatbank Vontobel gab heute bekannt, im US-Steuerstreit auf nicht-schuldig zu plädieren.
Der Entscheid ist ein spätes Fanal. Eines der bekanntesten Häuser des Finanzplatzes sagt selbstbewusst, man habe das US-Geschäft „frühzeitig zukunftssicher ausgerichtet“.
Vontobel nimmt den Fight auf. „Finanzinstitute der Kategorie 3 haben gemäss Definition keine US-Steuergesetze verletzt und sind von Bussenzahlungen befreit“, halten die Zürcher fest.
Ob Vontobel eine Ausnahme bildet oder weitere namhafte Schweizer Banken sich gegen die Erpressung aus Übersee stemmen, könnte sich in den nächsten Tagen zeigen.
Auf jeden Fall weckt der Vontobel-Beschluss erstmals seit langem neue Hoffnung. Wenn eine Traditionsbank laut „Forget it, Sam“ ruft, dann könnten viele Kleine den gleichen Weg wählen.
Das Problem ist, dass die Meldefrist bei der Bankenaufsicht in Bern gestern Abend abgelaufen ist. Für eine Rückenstärkung der Branche kommt der heutige Vontobel-Coup einen Tag zu spät.
Support hätte sowieso aus der Hauptstadt kommen müssen. Doch dort hat die Appeasement-Politik vollends gesiegt.
Die Finanzaufsicht Finma appellierte vor Wochenfrist an alle Banken, sich schuldig zu bekennen und in die Kategorie 2 zu trotten. Die Banken schrien zwar im Verborgenen Zetter und Mordio, doch zu einem öffentlichen Aufstand kam es nicht.
So konnte die verantwortliche Finanzministerin gestern getrost ihre neue Bankenpolitik verkünden. In der Fragestunde des Nationalrats meinte Eveline Widmer-Schlumpf, dass sie keine Neuverhandlung mit den USA plane.
„Je ne peux plus rien pour vous“, bringt die Genfer Zeitung Le Temps die Haltung der obersten Finanzplatz-Verantwortlichen im Land auf den Punkt.
Arrangez-vous, liebe Banken – so tönt das heute aus Bundesbern.
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Es ist dieser Defätismus als Folge einer kolossalen Selbstüberschätzung in den jahrelangen Verhandlungen mit der Supermacht, der die einzelnen Institute auf sich selbst zurückwirft.
Dabei ging es immer um USA gegen die Schweiz, um Weltmacht gegen Alpenrepublik, um Goliath gegen David. Also um Politik. Allein konnte sich da keine Bank helfen – ausser die UBS, die lange das Sagen in Bern hatte.
Die Selbstaufgabe der offiziellen Schweiz führte dazu, dass unter den besonders pflichtbewussten Banken und ihren eilfertigen Chefs ein Wettrennen der eigenartigen Art losging.
Staatsnahe oder Bern-treue Finanzhäuser konnten kaum damit warten, sich in die Schlange der Sündenböcke einzureihen.
Die Berner Regionalbank Valiant hat gestern Abend, nur gerade 40 Minuten, nachdem die Finma-Deadline abgelaufen war, ihr Schuldbekenntnis in die Welt hinausposaunt.
„Valiant nimmt am US-Programm teil“, überschrieb die Bank ihr Communiqué, und schlug damit einen Tonfall an, als ob es sich um eine durchschlagende Erfolgsmeldung handeln würde.
Tatsache ist: Das Gegenteil trifft zu.
Valiant bekennt sich unter Führung ihres Präsidenten Jürg Bucher, ein Ex-Chef der Schweizerischen Post, quasi wider besseres Wissen schuldig gegenüber den USA.
„Die Prüfung der Kundendossiers von US-Personen hat ergeben, dass Valiant nie aktiv US-Personen angeworben oder Kunden in den USA besucht hat“, hob die Bank zuerst hervor.
Erst dann folgte der Vorbehalt. „Allerdings ist nicht auszuschliessen, dass einzelne Kunden ihre Vermögenswerte nicht steuerkonform deklariert haben.“
Doch just darum gehts. Wenn eine Schweizer Bank nicht systematisch gegen US-Gesetzte verstiess, dann sollte sie eigentlich nichts zu befürchten haben. Gemäss eigener Mitteilung hat sich Valiant stets an alle Gesetze gehalten.
Und doch rennen die Berner nun als Erste öffentlich ins US-Gatter. Darauf haben einige nur gewartet. „Swiss bank Valiant says will participate in U.S. tax probe“, titelte die mächtige Newsagentur Reuters, die den Steuerkrieg aus US-Optik verfolgt.
Begründet wird der Bittgang über den Ozean mit der Gefahr, die ein einziger Fehler heraufbeschwören könnte.
„Aus Gründen der Rechtssicherheit und im Sinne einer schnellen und nachhaltigen Bereinigung, insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein einziger Fall mit undeklarierten Vermögenswerten eine Einteilung in die Kategorien 3 und 4 gemäss US-Programm faktisch verunmöglicht, hat sich der Verwaltungsrat von Valiant für die Kategorie 2 entschieden“, hält die Valiant-Führung im Schreiben fest.
Von Bern kriegen Valiant und alle anderen „Schisshasen“ Unterstützung.
Wie sehr die Finma-Geisel wirkt, zeigt sich bei der Berner Kantonalbank (BEKB). Das von der Politik stark beeinflusste Institut setzt wie die Valiant auf No-risk und reiht sich in Schuldkategorie 2 ein.
Dabei wird explizit auf den Raaflaub-Aufruf verwiesen. „Die BEKB kommt damit auch einer an alle Schweizer Banken gerichteten Forderung der FINMA nach, am Programm teilzunehmen“, hält die Bank heute Morgen fest.
Dabei sieht sich auch die BEKB nicht als vorrangiges US-Ziel. Man habe das Amerika-Geschäft „nie gesucht und deshalb auch nicht gepflegt“, betonte die Bankenspitze in einem Communiqué.
Der Kniefall wider besseres Wissen von Valiant und BEKB zeigt: Sich nicht-schuldig zu bekennen, braucht Mut.
Nicht nur wegen möglicher US-Vergeltung. Sondern vor allem aus Angst vor dem Zorn des eigenen Regulators.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Obwohl es von den Medien und der Politik totgeschwiegen wird, vergesst nicht das ein Referendum gegen FATCA läuft! Auf Stop-fatca.ch Blatt herunterladen und unterschreiben.
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Mich erstaunt, woher VT diese Zuversicht nimmt. Ich, Kunde von VT, war bspw. 2010/2011 für 18 Monate in den USA, mit einem lokalen Arbeitsvertrag. D.h. ich habe dort Steuern bezahlt und bin steuertechnisch eine US-Person. Nur wusste dies VT – bis heute nicht – da ich alle Postzustellungen in dieser Periode an mein Heim in der Schweiz machen liess und die Schwiegermuttes die Post weiterleitete. Ich bin überzeugt, dass es noch mindestens ein Dutzend ähnlich gelagerte Fälle gibt.
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..in your face..
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Wenn dem so ist, dann haben SIE sich strafbar gemacht und nicht die Bank.
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@ Bänz: wir haben uns beide stafbar gemacht. Ich habe klar ein Steuervergehen in den USA begangen – aber das ist mir ehrlich gesagt egal, da ich nicht mehr dorthin zurück will. Der VT ist es allerdings vermutlich weniger egal, denn mit Klassifizierung als Kategorie 3 und mich als US-Steuerhinterzieher als Kunden könnte eine Anklage drohen – und damit das potentielle Aus der Bank.
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@Max: Danke für diese intelligente Art der Selbstanzeige. Die NSA wird sich darüber freuen und die Schweiz ist ja auch ein tolles Ferienland.
Der betreffenden Bank wird man hingegen gerade in diesem Fall keinen Vorwurf entgegenhalten können.
Da hat jemand das US-Programm wohl nicht ganz verstanden, gäll Mäxlein?
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Das Vontobel Management klopft sich heute gegenseitig auf die Schultern und behaupten alles im Griff zu haben. Im 2001 wurden aber bei US-Kunden sämtliche sich in den Depots befindenden Wertschriften z.G. Cash verkauft. Daran kann sich natürlich das heutige Management nicht erinnern. Darunter waren nicht nur saubere, versteuerte US-Amerikaner darunter. Kategorie 3? Wird sich herausstellen…
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Ich bin sicher, dieser Kommentar freut die amerikanischen Behörden, welche ja sonst im Dunkeln tappen… 🙂 …spass beiseite. Ungeachtet ob 2 oder 3. Es ist nicht eine Floskel sondern global anerkannte (wenn auch nicht gelebte) Rechtsphilosophie, dass die Unschuldsvermutung gilt. Hier wird sie vor unseren Augen aufgehoben. Es ist gut, wenn einige Institute sich „anders Entscheiden“ – nämlich für die gängige Rechtspraxis.
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@inside paradeplatz:
ich bitte Sie, meine posts in zukunft unverändert oder dann gar nicht zu posten.
wenn Sie eine behörde als „wenig fähig“ bezeichnen (anstatt wie ich: unfähig), die ein reporting einführt, auf welchem der verkauf eines diversifizierten fonds an einen kleinanleger obligatorisch dokumetiert werden muss, nicht aber der erwerb einer einzelaktie mit grösserem risiko, dann wäre es vielleicht besser, einen blog zu anderen themen zu lancieren.
mfg friedrich -
Ein sehr mutiger Schritt vom Vontobel Management.
Ich hoffe für Vontobel, dass Sie diesen Entscheid überleben.
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der grosse gewinner ist und wird bleiben: das management der UBS. für schpaziermünz hat sie ( die UBS) die schweiz. eidgenossenschaft zur direkten namenslieferung eingespannt. der wettbewerbsvorteil und die bonussicherheit für die freunde von thomas minder sind gesichert. die herren rafflaub u branson erledigen den rest. die rechsanwälte in den VR’s (fast aller banken) haben die hosen eh gestrichen voll und wollen sich den fressnapf für sich und die freunde in den kpmg’s c&l’s pw’s, e&y’s etc. auf die nächsten 50 jahre wahren, es ist ja other people’s money. manus manum lavat! fie napolitaner u sizilianer sind schuelerbueben dagegen!
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Es ist doch wichtig, dass diese Wichtigtuer Recht haben. Deswegen wird ja auch massiv für Kategorie 2 geworben. Denn ohne viel Aufwand kassiere ich als RA Millionen. Denken fällt flach, verteidigen muss ich auch nichts, da kann ich mich beruhigt zurücklehnen und die Gelscheine zählen.
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Hoffentlich hat dann auch Vontobel beim eigenen Personal aufgeräumt: Uli Höness läßt grüßen.
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@Karl Springer: Ist der Uli jetzt auch noch ein verkappter Amerikaner? Your quote just doesn’t make sense at all, my dear.
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@Fussballer: Lies meinen Satz richtig, dann kannste zweisprachig antworten.
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Guten für Raiffeisen, so kann sie als Retter in der Not ihren Fuss weiter ins Privatbanking stecken, Wegelin lässt grüssen
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Ein mutiger Entscheid, der gewiss nicht unüberlegt erfolgte.
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Ruhe bald in Frieden, Vontobel. Du warst eine immer eine wehrhafte Bank, bis du dich mit den Amis angelegt hast.
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Vontobel hat sich eben nicht mit den Amis angelegt. Gerade weil sie schon seit 20 Jahren in den USA verschiedene Tochterges. betreiben.
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Die Bank Vontobel hat eben die Qualified Intermediary-Agreements, welche sie mit den USA unterzeichneten, konsequent umgesetzt. Dies im Gegensatz zu vielen anderen Banken mit weniger internat. Erfahrung verfügt sie auch über einige fähige Compliance Spezialisten.
Vontobel hatte schon vor über 10 Jahren sowohl in N.Y. als auch in der Schweiz eigene Einheiten, welche explizit versteuerte US Persons betreuen.
Offenbar haben sie auch einen Revisor gefunden, welcher dies bestätigen wird. Obwohl in den Medien immer behauptet wurde, dass dies schwierig bis unmöglich ist.
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Soeben ist auf http://www.bazonline.ch ein Interview mit Reto Giudicetti von der Bank Vontobel erschienen.
Darin wird der obige Kommentar (von 09.30 h) vorbehaltlos bestätigt.
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Nachdem uns Bundesrat und Finma den schlechtesten aller schlechten Lösungen mit den USA beschert haben ist es schön, dass es noch Banken gibt, die sich nicht dem Diktat einer Grossmacht und dem Unvermögen der Schweizer Politik oder unfähiger Bürokraten unterwerfen. Bravo Vontobel. Mutig, aber ein tolles Signal. Im Prinzip hätten alle Banken sich prinzipiell gar nich dem Programm unterstellen sollen. Das wäre ein Ohrfeige an Herr Raaflaub und Co gewesen!
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@ Oberson: Jetzt verdrehen Sie aber bitte nicht die Tatsachen: der BR wollte die Schweizer Banken retten. Nur haben die Rettungsbedürftigen dermassen im Parlament gegen ihre Rettung lobbyiert, dass das Rettungsboot ohne Passagiere abgefahren ist. Nun müssen die Banken eben selbst schauen, wie sie das rettende Ufer erreichen.
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Jawohll, wir brauchen wieder Bänkler mit Eiern, keine Brädelis und Konfirmanden, die nur die eigene Haut samt Bonus retten wollen. Bravo Vontobel!
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Bravo Vontobel. In der CH-Finanzindustrie gibt es noch Player mit Eiern.
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Wenn eine Traditionsbank laut „Forget it, Sam“ ruft, dann kommt Uncle Sam zurück! Diesen Fehler hat auch Wegelin schon gemacht und ich würde allen Banken anraten, nicht den gleichen Fehler zu machen. Valiant hat vielleicht eine Hand voll Kunden, da bezahlen sie eine Busse und die Sache ist gegessen. Bei Kategorie 3 sind die Anwaltskosten derart hoch, dass es wohl billiger ist eine kleine Busse zu bezahlen. Daher Valiant Top, Vontobel flop!
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Selten einen dümmeren Kommentar gelesen, Herr Sunita. Seien wir froh, dass es noch Schweizer Banken gibt, die sich mit Rückgrat und einem sauberen Geschäftsmnodell von der breiten Masse abheben. Ich glaube nicht, dass Vontobel diesen Schritt leichtfertig getan hat.
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Gratuliere Herr Sunita, genau so sehe ich es auch! Die amerik. Behörden haben eine unglaublich Menge von Informationen; singende amerikanische Steuerbetrüger/in, die ihren Schaden minimieren wollen und deutsche sowie franz. Behörden kooperieren zudem in dieser Sache ebenfalls mit den Amerikanern. Ja, es scheint, dass die globale Jagd auf Banken in der Schweiz salonfähig, ehrenhaft und karriereförderlich geworden sind!
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Dann warten wir mal ab und schauen was passiert. Dann werden wir ja sehen, wer hier dumme Kommentare schreibt
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„ich würde allen Banken anraten, nicht den gleichen Fehler zu machen.“
Spoken like a true IRS-Arschkreicher! William Tell you certainly are not, probably a lawyer or banker yourself. I would at all be surprised if you secretly harbor erotic fantasies about Barry the liar Sortero.
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Stimme herr sunita zu! Hier geht es nicht um rückgrad und um verletzte nationalgefühle. Hier geht es um überleben! Meines wissens hat sich nur napoleon und david erfolgreich gegen eine übermacht gestellt. Man kann wie spartacus ehrenvoll untergehen oder den bedingungen der grossmacht entsprechen. Nur noch eins: wie viele ‚freunde‘ hat vontobel? Wer wird sich der causa ‚vontobel‘ annehmen und es sich mit den usa verscherzen?
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@sunita: Sie bevorzugen es also auch, zu kuschen und ohne Grund vor FINMA und USA einzuknicken, auch wenn Sie sich an alle geltenden Gesetze gehalten haben? Kein Wunder, hat der Schweizer Finanzplatz nichts mehr zu lachen, aber nach den in der letzten Woche veröffentlichten Zahlen zum Beitrag der Finanzindustrie ans CH-BIP wird es den Schweizern wie Ihnen gehen wie Kartoffeln: die Augen gehen erst auf, wenn man tief im Dreck steckt!
Nur weil unsere wenig fähige Behörde und deren inkompetente BR-Chefin die grösseren Zusammenhänge nicht erkennen, ist das für mich noch lange keinen Grund, dem Kotau der offiziellen CH derart unreflektiert Applaus zu spenden wie Sie das tun. -
Herr Sunita sind Sie sich bewusst was es für gravierende Folgen hat für ein kleines Finanzinstitut der Kategorie 2 bezutrete? Offensichtlich nicht! Unsere tolle Frau Schlumpf hat auch auf ganzer Linie versagt und auch die FINMA stellt sich offenbar in den Reihe der Amerikaner auf. Die Schweizer Politik hat in diesen Verhandlungen auf komplett versagt!
Bravo VT! -
Wenn ich Valiant Mitarbeiter wäre, würde ich auch solche faktenbefreiten Kommentare schreiben wie Herr Sunita. Vontobel hat offenbar das US Problem vor Jahren erkannt und sich komplett anders organisiert als andere Schweizer Banken. Die werden diesen Schritt nicht gemacht haben ohne reifliche Analyse und Vorabspache mit der Finma. Valiant spielt gar nicht in dieser Liga und kann einem eigentlich nur leid tun.
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Wenn eine Traditionsbank laut „Forget it, Sam“ ruft, dann kommt Uncle Sam zurück! Diesen Fehler hat auch Wegelin schon gemacht…
Selten einen dümmeren Kommentar gelesen, Herr Sunita. Seien wir froh, dass es noch Schweizer Banken gibt, die sich mit Rückgrat…
Bravo Vontobel. In der CH-Finanzindustrie gibt es noch Player mit Eiern.