Der erste Teil zeigte, wie der damalige Wegelin-Banker X. in London in die Falle der Frau eines Geldwäschers tappte.
Nun folgt, wie die Amerikaner mit Hilfe des Ehepaars Seuss, das um die Käuflichkeit von X. wusste, den vergifteten Triathleten nach Miami lockten – obwohl ihm dies seine Wegeln-Chefs strikt verboten hatten.
Es waren lähmende Wochen des Schweigens, nachdem Kathrin Seuss im Februar 2010 X. in einem Londoner Hotel in ein Geldwäscherei-Gespräch verwickelt hatte, das vom FBI und von der Metropolitan Police (Met) heimlich aufgezeichnet worden war.
Dann endlich kam wieder Bewegung in die Sache. Stefan Seuss, Kathrins Mann und der grosse Verbrecher in dieser Geschichte, hatte von der US-Justiz seinen Pass zurück erhalten.
Diesen brauchte er, um seinen Schweizer Banker auf den Cayman Islands zu treffen. „Rein him back in“, wie das Gerichtsdokument festhält.
Das Meeting war der entscheidende Durchbruch. Nun glaubte Wegelin-Mann X., dass sein Job tatsächlich war, bei einer Flugzeugfinanzierung mit hinterzogenen und schmutzigen Geldern zu helfen, was ihm 40’000 Dollar einbringen würde.
Es kam zum zweiten Treffen mit Seuss‘ Frau Kathrin, wieder in London, in der gleichen Lobby des Hotels wie beim ersten Mal zu Beginn des Jahres 2010.
Auch war Kathrin Seuss erneut verkabelt. Alles war perfekt vorbereitet.
Nummer und Name des vermeintlichen Beneficial Owners eines Bahamas-Kontos, den X. in London auf Seuss‘ Vermittlung treffen sollte und in Tat und Wahrheit ein verkleideter Metropolitan-Agent war, waren im Handy der Frau erfasst.
Warum das? Ganz einfach, meinte Kathrin Seuss später gegenüber den Behörden:
„(T)he plan was that I arrive a little early, have a little warmup talk with * * * [X], and then I would get a phone call from * * * [the beneficial owner] and I would say „Oh, he’s coming,” and even show it in the phone and, you know, make it very real.“
Es funktionierte. Der Metropolitan-Agent tauchte wenig später in seiner Rolle als Mit-Verschwörer im Hotel auf und unterhielt sich mit X. über die Bahamas-Transaktion.
Auch da überliessen die Jäger nichts dem Zufall. Der verkleidete Agent sprach über seine vermeintliche Leidenschaft für Triathlon, was ihn X. sympathisch machte.
Als das Terrain präpariert war, schlug der Agent dem Wegelin-Banker vor, an einem Triathlon auf den Bahamas teilzunehmen; da könne man dann schauen, wer besser sei.
X.’s Ehrgeiz war geweckt. Er biss an. Am Ende sprachen die beiden entspannt über die geplante Business-Transaktion mit 1,2 Millionen Dollar Deliktgeld.
Alles schien geglückt. Bis die Amerikaner und Engländer merkten, dass sie nichts auf Band hatten.
Weder das Tonband am Körper von Kathrin Seuss noch jenes in ihrer Handtasche hatten ihren Dienst getan. Die inkriminierenden Worte von X. waren verflogen, seine verräterischen Aussagen unbrauchbar für einen Prozess.
Die Sache drohte den Geheimleuten zu entgleiten. In einem Versuch, X. zu erneuten Aussagen zu bewegen, rief Hauptakteur Stefan Seuss aus Miami immer wieder beim Wegelin-Mann an.
Und tatsächlich, X. liess sich dazu hinreissen, das illegale Geschäft mit dem Flugzeugdeal und dem Karibik-Konto zu besprechen – zum Erstaunen von Seuss.
Der hatte gemäss Gerichtsdokument erwartet, dass X. am Telefon bei Wörtern wie „veruntreut“ und „unversteuert“ zurückschrecken würde.
[simple-google-ads-ad-tag id=“ip_content_middle“]
Nun kam der entscheidende Teil der geheimen Operation. X. musste in die USA gelockt werden.
Und auch das ging wie von selbst. Stefan Seuss schlug ein Treffen mit dem als Beneficial Owner verkleideten Metropolitan-Agenten vor, und zwar bei sich in Miami, bevor die zwei dann weiter auf die Bahamas für ihren Triathlon reisen würden.
Seuss stellte als Anreiz für das Treffen eine Vorauszahlung von 15’000 Doller in Cash in Aussicht.
Der Köder wirkte. X. löste statt einem Direktticket in die Karibik eines mit Zwischenstopp in Miami. Dort schnappte die Falle zu.
Zeit für Teil Zwei im Schlachtplan der Amerikaner.
„After a week in custody, (X.) agreed to assist the Government agents in their pursuit of the Targeted Business“, heisst es im Gerichtsdokument. „Target“ war die Wegelin-Bank
X.s Verhaftung „was kept quiet so as not to alert the Targeted Business; eventually he was released and permitted to return abroad.“
X. flog laut einer Quelle auf die Bahamas. Von dort aus informierte er gemäss Dokument einen der beiden Wegelin-Partner, also Konrad Hummler respektive Otto Bruderer.
Für X. war die Situation ungemütlich. Gemäss US-Auflage durfte er nichts verraten. Als Ausweg druckste X. herum. Er sei verhaftet worden und bräuchte Hilfe.
Als die USA vom „Verrat“ X.’s erfuhren, setzten sie erneut Stefan Seuss ein, den sie wegen dessen eigenen Verfahrens nach Belieben für ihre Zwecke nutzen konnten.
Seuss sprach X. ins Gewissen. Er würde für den Rest seines Lebens ein Gefangener in Europa bleiben, denn „as soon as you jump over the water, they get you“.
Er, X., könne sich auf die US-Justiz-Leute verlassen. Das Spiel sei simpel: „(If) you screw them, you’re screwed.“
Schliesslich sei X. bereit gewesen „to cooperate with the Federal authorities“, heisst es im Bericht.
Ein Durchbruch für die USA. Sie eröffneten im Geheimen ein Strafverfahren gegen die Wegelin-Bank, das ein Jahr später zum Untergang des einst stolzen Instituts und ihren bekannten Eigentümern führen würde.
X. wurde zum entscheidenden Informanten der US-Justiz, der ständig neue Details über das Wegelin-Geschäft mit US-Kunden lieferte, welche von Seuss verifiziert wurden.
„Often when (X.) provided prosecutors with information, (Seuss) would be asked to confirm its accuracy“, heisst es dazu.
„During this time (Seuss) met the assistant U.S. attorney leading the case, along with FBI and IRS agents, to discuss the organization and operation of the Targeted Business.“ Sprich Wegelin.
Am Ende kam es so heraus, wie der kriminelle Seuss den US-Behörden vorausgesagt hatte. Wegelin brach unter der US-Anklage ein, musste sich schuldig bekennen und zahlte 74 Millionen Dollar Strafe.
Seuss erhielt vom Chef-FBI-Agent ein E-Mail mit den Worten „GREAT JOB“, zusammen mit einem Kopie der Anklageschrift gegen die Wegelin-Bank.
Ein zweiter Agent beglückwünschte Verbrecher Seuss per Telefon, der sich das ganze Komplott ganz allein ausgedacht hatte.
Gegenüber dem Steuergericht, das über eine Whistleblower-Prämie für Seuss entscheiden musste und deshalb das hier geschilderte Dokument publizierte, bezeugten der FBI-Chef und der stellvertretende Leiter eines DOJ-Büros den Wert von Seuss‘ Arbeit.
Die Aktion gegen Wegelin „would not have been possible“ ohne Seuss, hielten sie fest. Das IRS (amerikanisches Steueramt) doppelte nach. Es habe einzig und allein die Operation von Seuss gegeben.
Selbst habe man „no ‚Plan B'“ zur Verfolgung von Wegelin gehabt.
Kommentare
Kommentieren
Die beliebtesten Kommentare
-
Den sollte man für den Rest seines Lebens einbuchten!
-
Tolle Geschichte! Allerdings wäre Wegelin gar kein interessantes Target gewesen, wenn Christian Hafner (ex UBS) als Chef von Wegelin ZH nicht scharenweise unversteuerte UBS Amerikaner geholt hätte. Hummler/Bruderer liessen ihren Juniorpartner machen. Zusammen mit den provokativen Komentaren von Hummler ergab sich eine explosive Mischung. Wer den Gorilla reizt, braucht sich über eine blutige Nase nicht zu wundern.
-
Danke für das Aufarbeiten dieser Story. Das Spliten in zwei Teile habe ich toll gefunden.
-
Ich schliesse mich an. Ohne IP würden solche Sachen nie das Licht der Welt erblicken. – Unglaublich, wie die Gier das Hirn zerfrisst. Der XMV (xundi Mänscheverstand) hat da keine Chance.
-
-
„nette geschichte“ hat recht, vor allem, was er im 2. Absatz schreibt. „Schuster bleib bei deinem Leisten“.
Wäre heute nötiger denn ja. Auch bei den Verhandlungen mit der EU sich nicht ducken, sondern den aufrechten Gang gehen. Griechenland als Beispiel. Sich nicht beleidigen und unterdrücken lassen. Klar, man hat „gesündigt“, und zwar schon vor dem EU-Beitritt, was ja in Brüssel, Berlin und Paris bekannt war. Im Erweiterungswahn hat vor allem die Achse Brüssel-Berlin den Hauptfehler in de Sache Griechenland gemacht
-
…und die Rollen von BR Eveline Widmer-Schlumpf und ihres „Adlaten“ Pierin Vincenz? Das müsste auch noch dargestellt werden.
-
-
Hoppla, jetzt gibt es in diesem Krimi noch eine weitere Verästelung:
Der Chef des ehemaligen Vontobel-Privatebanking Teams war damals ein gewisser Ruedi S. Er ist heute u. a. VRP des Sportrechtehändlers Kentaro AG, welche u. a. die brasilianische Fussballnationalmannschaft ausserhalb Brasiliens vermarktet. Und genau bei dieser Kentaro in der Ostschweiz hat die Bundesanwaltschaft eine Hausdurchsuchung durchgeführt… Affaire à suivre!
-
Dachte, die (Kentaro) seien pleite gegangen. -?
-
Am 17.11.2010, ca. 1 Monat vor der WM-Vergabe, hat in Katar ein Freundschaftsspiel Brasilien vs. Argentinien stattgefunden. Dafür sollen die Kataris eine irrsinnige Summe von über USD 10 Mio, teilweise über Kentaro, bezahlt haben. Die Berner Beamten versuchen nun herauszufinden, wohin diese „Prämien“ geflossen sind. Wahrscheinlich ist nur ein kleiner Teil bei den Spielern Messi, Neymar usw. gelandet.
Neben Kentaro dürfte auch Torneos y Competencias, Buenos Aires, ein Schwergewicht in Sachen Latino fútbol-Vermarktung involviert sein. Der TYC-Manager Alejandro Burzaco wird von Interpol steckbrieflich gesucht. Er konnte der Verhaftungswelle in Zürich entfliehen, da er clever genug war, das Baur au lac-Zimmer im Namen z. B eines Assistenten zu buchen.
Angeblich sei er gemütlich beim Frühstück gesessen, als die 10 Zivilpolizisten die Reception im Baur au lac heimsuchten. Heute soll sich Alejandro Burzaco (nachdem er die Schweiz unbehelligt verlassen konnte) gemäss verschiedenen Medienberichten in Punta del Este (URU) verstecken.
Gut möglich, dass dieses gekaufte Freundschaftsspiel, welches mutmasslich dazu diente, Bestechungsgelder zu tarnen, das Puzzleteil ist, welches die Katar-WM 2022 zu Fall bringen wird.
-
-
nette Geschichte, die vermutlich so stattgefunden hat. Die altehrwürdige Bank Wegelin war aber längst schon von Gefährlichen unterwandert. Also eigentlich nich schad drum. Die Amis haben natürlich auch Dreck am Stecken und der amerikanische Justizapparat spielt sich als Weltgericht auf. Sind aber andere Leute als die, die auch ständig ans Gekd zusammenraffen denken. Trotzdem nicht schön, aber einträglich für die Amis.
Was bleibt? Wenn man nicht die Macht hat die Spielregeln zu bestimmen, heiss es entweder sich anpassen oder das Spielfeld verlassen. Ich werde ja auch nicht Koch, wenn ich weiss,dass mir die Hitze nicht bekommt. Und wem die enge der nordamerikanischen Gefängnisse nicht bekommt, muss sich halt dementsprechend verhalten. Milliarden von Menschen verdienen iht täglich Brot ohne mit dem Gesetzt in Konflikt zu geraten. -
Mir fehlen Konrad Hummlers messerscharfe Analysen der weltweiten Fiskal- und Notenbankpolitik. Der Mann hatte das Format eines SNB-Chefs, einer der auch dem FED und der EZB die Stirne bieten könnte.
-
Ja, mir fehlt der gute Mann ebenfalls. Grosse Klappe, aber wenig Ahnung von USD-Zahlungsverkehr. Die Kunden, welche er wie heisse Kartoffeln fallen liess, sind sicher noch heute begeistert von seiner messerscharfen Rhetorik.
-
„Niggli“ du nervst mit deiner ewigen Kritik und Lästerung!
-
-
Und genau deswegen ist unser Bankengeheimnis flöten gegangen..,weil moral und ethik von gier und skrupellosigkeit überschattet worden ist. Der möchtegern James Bond da mit seinem Bond Girl geben ja ein perfektes Paar ab. Bekommen Die jetzt auch einen neuen Namen und Wohnort, wie die Nazis damals die von der CIA recruiter worden sind?
-
Unglaublich, das ist ein wahrer Krimi. Es zeigt aber auch wie schamlos weltbeherrschend/imperial die USA wieder und wieder vorgehen. Sei dies im Falle der Schweizer Banken (welche aber auch selber schuld sind), oder wie jüngst gesehen im Falle Blatter (auch er ist selber schuld). Die Frage aber ist: Warum lässt sich die ganze Weltöffentlichkeit dies von den Amis bieten? Die Hüsteln einmal und schon kommt das gesuchte Opfer angekrochen und bezahlt, bezahlt, bezahlt, eigentlich für nichts!
Wer hat endlich den Mut und die Power, sich dem ganz falschen Spiel der Amis zu widersetzen, oder wer hat endlich den Mut und die Kraft das Ganze sogar umzudrehen und die Amis mit ihrer eigenen Geschichte und deren immensen Menschenrechtsverletzungen anzuklagen? Ein Land alleine wird kaum in der Lage sein dies zu realisieren. Was ist mit der EU? Was ist mit Russland?
Aber eben, jeder scheut das Risiko, jeder ist sich selbst am nächsten, nur nichts anbrennen lassen das einem später einholen könnte.
-
Wow super ! Endlich mal jemand der sich die gleichen Fragen wie ich stellt.
Die guten Amis die selbst mehr dreck am Stecken haben wie alle Anderen jagen jezt verzweifelt dem Geld nach um ihren gesamten Apparat vor dem totalen Bankrott zu retten (zögern den Untergang hinaus).
Wieso wegrt sich niemand dagegen ?
Wieso stehen die Schweiz und die Angeklagten Banken/Institutionen nicht auf die Hinterbeine und starten eine Gegenklage? (Nur als beispiel NSA Affäre)
Bin mir sicher sobald man einmal seinen Standpubkt klarmachen würde und auch zurückbeissen täte, sähe diese Schikanösen klagen gang anders aus. Auch wenn es grossteils durch dummheit/unachtsamkeit fast „provoziert“ wurde. -
Die Russen lassen sich schon lange nichts mehr von den Amis gefallen. EU und die Amis machen gemeinsame Sache. Letztes Beispiel: Merkel und die NSA Affäre. Und gegen die Russen wird sehr schnell geschossen – mit allen erdenklichen Mitteln. Die Kosten dafür müssen auch wir hier in der Schweiz ertragen – ständig hören wir von den bösen Russen. Wenn das keine Gehirnwäsche von unseren Nationalen Nachrichten ist?!
-
-
Was für Schwachköpfe doch für Banken arbeiten. Der musste wohl mit seinem Triathlonfimmel so einiges kompensieren.
-
Die Wegelin-Untergangsstory ist ja nicht neu. Und wurde auch in einem langen Bilanz-Artikel am 18.2.12 von Dirk Schütz beschrieben.
Und hätte die ehemaligen Wegelin-ZH-GL Mitglieder Christian Hafner und Dave Zollinger, Geldwäscherei-Experte, ehem. ZH-Staatsanwalt, heute unabhängiger Berater für Bankencompliance, SVP-Mitglied usw. usw., angeschwärzt.
-
Ja, mir fehlt der gute Mann ebenfalls. Grosse Klappe, aber wenig Ahnung von USD-Zahlungsverkehr. Die Kunden, welche er wie heisse…
...und die Rollen von BR Eveline Widmer-Schlumpf und ihres "Adlaten" Pierin Vincenz? Das müsste auch noch dargestellt werden.
Was für Schwachköpfe doch für Banken arbeiten. Der musste wohl mit seinem Triathlonfimmel so einiges kompensieren.