Der jugendliche Raiffeisen-CEO Patrik Gisel ist schon zwei Mal mit der Informatik an die Wand gefahren. Jetzt droht ihm die dritte Pleite.
Gisels Raiffeisen-Totalneubau namens „Rainbow“ ist hoffnungslos in Rückstand geraten. Diesen Sommer kam Gisel nach 9 Monaten Aufbauarbeit zur Erkenntnis: Alles nochmals von vorn.
Der Banken-CEO wechselte seine Crew teilweise bereits wieder aus. Beat Mondstein, ein Mann der ersten Stunde, ist weg. Stattdessen übernahmen alte Gisel-Buddies das Steuer.
Für Gisel wäre eine weitere Pleite ein Debakel. In Gesprächen sagt er das selbst.
Der Raiffeisen-Chef stammt aus der Welt der Informatik. Ende der 1990er Jahre leitete er die IT-Fusion im Zuge des UBS-Bankvereins-Zusammenschlusses.
Um endlich das Raiffeisen-Uralt-System namens „Dialba“ in die Neuzeit zu führen, wagte Gisel-Vorgänger Pierin Vincenz den grossen Wurf. Eine gemeinsame Tochter mit Avaloq.
Das Motto lautete: Jetzt gehen wir auf Nummer sicher. Wenn es Marktführerin Avaloq nicht kann, wer dann?
Dann passierte das Unerwartete. Avaloq kann’s nicht.
Die Firma von Guru Francisco Fernandez ist in eine schwere Krise geraten. Sie verliert Geld auf Projekte, bei denen sie im Rückstand ist. Und sie zieht zu wenig Neuaufträge an Land.
Der Kern liegt in ihrer neuen Grösse.
Avaloq ist quasi Too Big To Fail für den Bankenplatz geworden. Ihre Software bildet die Basis fürs Schweizer Vermögensverwaltungs-Geschäft.
Mit der Raiffeisen will Avaloq nun auch den Retailmarkt erobern. Dazu gründete Avaloq-Chef Fernandez mit Gisel-Vorgänger Vincenz eine eigene Tochterfirma, Arizon.
Mit dem Entscheid machte sich die Raiffeisen abhängig von Avaloq. Statt aus eigener Kraft den Neubau zu stemmen, setzte der Rote Riese des Finanzplatzes alles auf die Software-Bude.
Für Projekt „Rainbow“ wurde nicht gekleckert. Das Budget beträgt Hunderte von Millionen.
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Damit will man den ambitiösen Fahrplan einhalten. Mitte 2017 muss Tochterfirma Arizon liefern und Projekt „Rainbow“ laufen, weil dann die Partnerschaft mit der Zürcher Vontobel endet.
Das wird kaum gelingen, wie ein Insider betont. „De facto ist man bereits gescheitert.“
Die Probleme mit Projekt „Rainbow“ und der gemeinsamen Raiffeisen-Avaloq-Tochter Arizon könnten tiefer gehen, als dass Meilensteine längst überschritten sind und die IT später laufen wird.
Avaloq braucht möglicherweise ernsthaft Geld. Das Projekt „Rainbow“ könnte die finanziellen Kräfte des Unternehmens übersteigen.
Darauf deutet eine überraschende Kapitalspritze der Raiffeisen in die Avaloq hin. Letzte Woche gaben die beiden Firmen bekannt, dass die Raiffeisen 10 Prozent an der Avaloq-Gruppe erwirbt.
Aus Sicht der Raiffeisen leuchtet eine solche Beteiligung nicht ein. Die Bank hat in ihrer Zentrale, der Raiffeisen Schweiz, nur knapp genug Kapital.
Raiffeisen Schweiz musste die Einschussverpflichtungen der 300 Raiffeisen-Banken in den Regionen abrufen, um überhaupt auf die benötigten 7 Prozent Kapitalquote zu kommen.
In der Folge wurden einige Banken in den Regionen ihrerseits kapital-klamm. Also verschickten sie Bettelbriefe an die Genossenschafter und baten um Frischkapital.
Wenn die Raiffeisen-Gruppe also nicht auf Rosen gebettet ist: Warum investiert sie dann zu einem nicht bekannten Preis in eine artfremde Firma?
Avaloq macht Software und baut mit der von der BSI erworbenen B-Source Outsourcing-Plattformen in der Schweiz und im Ausland.
Avaloq-Boss Fernandez hat sich mit dem Kauf der B-Source zur Flucht nach vorn entschieden.
Nachdem das Business mit der Software-Entwicklung schwierig geworden war, setzte er auf Wachstum im Abwicklungsgeschäft.
Dafür brauchte er viel Geld. Dieses ist ihm nun offenbar ausgegangen. Also suchte er Geldgeber.
Das ist verständlich.
Weniger verständlich ist, dass Gisel angebissen hat.
Es sei denn, der neue Raiffeisen-Chef musste um sein Paradeprojekt „Rainbow“ fürchten.
Bei der Raiffeisen will man nichts von Nothilfe für Avaloq wissen.
„Die Beteiligung unterstreicht und vertieft die erfolgreich angelaufene Zusammenarbeit mit einem der wichtigsten Kooperationspartner“, sagt Sprecher Franz Würth.
„Sie verschafft Avaloq einen grösseren Spielraum für Wachstum und die Nutzung von Marktopportunitäten. Sie schafft ein noch optimaleres Umfeld für das gemeinsame Projekt Rainbow.“
Auch bei Avaloq macht man gute Miene.
Zur gemeinsamen Tochter, die das Projekt Rainbow entwickelt, meint ein Sprecher: „Bei Arizon ist alles im grünen Bereich.“
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Statt zu vielen Gerüchten aufzusitzen und frustrierte Mitarbeitende zu befragen, lohnt es sich manchmal, mit den CEOs zu sprechen, zumindest um eine zusätzliche Sicht zu bekommen. Irgendwo in der Mitte wird dann wahrscheinlich die Realität einschlagen. http://www.moneycab.com/mcc/2015/12/07/avaloq-in-der-krise-oder-auf-erfolgskurs/
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Hallo, habe 2 Kommentare zu Avaloq zugestellt.
Anscheinend werden negative Kommentare zu Avaloq nicht
bubliert.??????????-
Isch es wichtig?
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Die nicht publierte Polemik wurde zu Poden geworfen. Das Volk hat gejubelt.
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Dieses Mammut-Vorhaben wird scheitern! Hochmut und Ignoranz kommen immer vor dem tiefen Fall.
Avaloq wird in der Folge in finanzielle Schlage geraten. Danach wohl zu Ramschpreisen an einen US-Riesen verkauft. Oder eine durch die Schweizer Banken am Leben erhaltene IT-Bude werden, die sicherstellen muss, dass bereits im Betrieb befindliche Avaloq-Setups laufen. Raiffeisen wird wieder vor einem Scherbenhaufen stehen.
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Ich bräuchte noch die Euro Millionen Zahlen vom nächsten Freitag bitte!
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Wieder vor einem Scherbenhaufen? Raiffeisen ist die erfolgreichste Bank am Schweizer Markt.
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@Peron: da spricht aber vieles für eine schwerelose Tiefschlafanalyse…
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Mehr Optimismus bitte!
Ferfandes ist einer der wenigen im Lande, der aus eigener Kraft Arbeitsplätze schaft, sei es nun bei Avoloq oder adcubum. Jeder der das nicht kann soll besser seinen Mund halten und sich unnötige Kritik sparen.-
Richtig!
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Verstehe das nicht, die haben doch Ruedi K. , der hat schon die Dialba Renovation gemangt, der kriegt sicher auch die Ablösung hin.
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Lieber LH, wenn sie doch so gerne über Fernández schreiben……wo sind eigentlich ihre Kommentare zu dem Debakel von Avaloq in Lux? Dort wollte man eine LuxBSource mit der lokalen BIL aufbauen, Company bereits gegründet, BC auf allen Seiten berechnet, Staff rekrutiert und dann die Absage an Avaloq von Seiten der Bank…..nach langer Vorbereitung….war eine herbe Niederlage…..wäre dies in der CH gewesen, hätten sie dies sicherlich bereits gebracht…..
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Ein Core-Banking System anzuschaffen, daß eine eierlegende Wollmilchsau ist, ist immer gefährlich. Nimmt man ein Core-Banking System, daß mit vielen Schnittstellen arbeitet, kann dies schwerwiegende Doppelgleisigkeiten erzeugen. Deshalb zuerst überhaupt die Geschäftstätigkeit durchgehend analysieren und wo man neue Märkte erschließen will. Nicht alle Daten in den Subsystemen müssen auch im Kernsystem erscheinen, wo geht der Datenfluß hin, kommt er aus dem Kernbanksystem zum Subsystem oder umgekehrt. Im Baukasten-System arbeiten und das Fuder nicht überladen. Alle diese Sätze sind Binsenwahrheiten und kann jeder Leser hier noch besser beschreiben.
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Bär und Fell Strategie: Man soll das Fell des Bären nicht verteilen, bevor er erlegt ist. Soll hier heissen: Zuerst abwarten wie es rauskommt, dann kommentieren und urteilen.
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@Zampano
‚Zuerst abwarten wie es rauskommt‘, sprach der PR-Büttel. Was er dabei vergisst, ist die schiere Grösse des Projektes, die damit verbundenen enormen Kosten (und Risiken) sowie die operative Bedeutung, um nicht zu sagen die zwingende Notwendigkeit, für Raiffeisen. Abwarten und hoffen, dass es gut kommt, erscheint mir vor diesem Hintergrund eine etwas naive Haltung. Wer solche Grossprojekte initiiert sollte eigentlich mehr auf Expertise und Realitätssinn und weniger auf das Prinzip Hoffnung vertrauen, liebe Raiffeisen-Medienstelle.
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A propos Bär: Die haben auch mal damit begonnen, Avaloq einzuführen. Und dann die Übung abgebrochen. Warum blieb im Dunkeln. Jedenfalls schwimmen nun, Jahre später, die Felle zur Konkurrenz. Ob’s Temenos besser und vor allem – bei der klammen Bär ganz wichtig – billiger macht, bezweifle ich stark.
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Dann kennt ihr H.B. Loacker und seine Truppe nicht, die werden die Flinte nicht so schnell ins Korn werfen. Raiffeisen MA’s bitte warm anziehen, da kommt Schub rein, wie Ihr es Euch nicht zu denken wagt..
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Avaloq ist mit Oracle und Java implementiert.
Loacker ist ein IBM Mainframe und DB2 Mann. Seine Entourage hält von Java nichts.Das wird nicht gut gehen.
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Sie schreiben:
—
Loacker ist ein IBM Mainframe und DB2 Mann. Seine Entourage hält von Java nichts.
—Programmiersprache & DBMS dürften wohl eines der kleineren Probleme in einem solchen Projekt sein. Und falls Loacker und seine Entourage das nicht wissen, dann sind sie ihr Geld definitiv nicht wert — keinen Cent …
Im übrigen: Das Concurreny Modell von Oracle (Snapshot Isolation) erachte ich eh als besser als das IBM DB2 Modell (2-Phase Locking).
Und noch was: Wie bitte wollen sie’s denn machen? Mit COBOL? PL/I? Oder Modula-2? 😉
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@wegseher Mein Punkt war ein anderer: Man sollte nicht einem bekannten Verfechter der Technologie X den Auftrag geben, die Mission-Critical Softwarebasis mit Technologie Y zu bauen….
Abgesehen davon ist die Wahl der Programmiersprache eines der grösseren (erfolgsbestimmenden) Probleme. Versteht nur keiner weil alle das Mantra nachplappern, dass die Sprache nur Mittel zum Zweck sei und damit „egal“ (bis jemand eine andere Sprache vorschlägt, dann wird die gewählte Sprache schnell zur alles bestimmenden Doktrin, lustig). Das Mittel ist allerdings immer wesentlich, will man effizient arbeiten.
Wird schnell klar, wenn man sich vorstellt, dass ein Bauingenieur als einziges Mittel um ein Hochhaus zu bauen einen Hammer bekommt, sonst nichts. Ah und 200’000 Seiten Community Prozess Dokumentation wie der Hammer in den verschiedensten Situationen effizient zu gebrauchen ist, sowie 1 Mio und 1 mit dem Hammer vorfabrizierte Bauteile. Letztere passen zwar nie genau, aber hey nach 80/20 toll, Mut zur Lücke!
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Strategiefehler zeitigen sich – je Branche und Firmengrösse – erst Jahre danach in der Liquiditätskrise.
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es ist einfach eine typisch raiffeisen nummer. alle internen spezialisten im fachbereich wie auch it wurden ignoriert. zum dritten mal und es kam wie von allen prophezeit.
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Der Kauf eines Aktienpakets einer Firma heisst noch lange nicht, dass der Erlös in die Firma fliesst, sondern vorerst in die Privat-Kasse des verkaufenden Aktionärs (Fernandez), es sei denn, es sei eine Kapitalerhöhung durchgeführt worden.
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@hansi – in der meldung im blick ist die rede von aktien aus dem eigenbestand der avaloq. kein cash für franz also, sondern für die firma.
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Privatkasse von Fernandez: es ist nicht ganz so, wie Sie das beschreiben. Herr Ferandez würde nie verkaufen. Und wie in der Presse-Mitteilung geschrieben, handelt es sich um Treasury Shares, also Aktien aus dem Eigenbestand von Avaloq. Bei einem AK von 10’300 Aktien hat Raiffeisen ca. 1’000 Aktien erwerben können, die nur teilweise im Eigenbestand waren. Der verbleibende Teil musste Mitarbeitenden abgekauft werden. Somit hat diese Transaktion die Kapitalbasis von Avaloq nicht eigentlich gestärkt. Laut HR wurde auch keine Kapitalerhöhung durchgeführt. Der Preis von CHF 200 bis 300 Mio. ist sehr fragwürdig, zumal ein solcher Preis die Gesellschaft auf CHF 2 bis 3 Mia. bewerten würde. Dieser Preis scheint mir noch fragwürdiger. Wir bleiben dran, die Avaloq-Erfolgsstory war bis in die jüngste Vergangenheit sehr beeindruckend. Das wird niemand Fernandez so rasch nachmachen.
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@ Hanis …die Transaktion ist eher….Raiffeisen hat Fernandes dazu gedrängt 10% seiner Aktien der Avaloq zu Nominalwert anzudienen und anschliessend konnte Avaloq 10% der Aktien, die bilanztechnisch im Eigenbestand waren, der Raiffeisen verkaufen. Somit ist das Cash bei Avaloq, welches im Interesse von Raiffeisen ist und nicht bei Fernandez, der jetzt 10% weniger Aktien hat….
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Hä? Bevor ein Projekt gescheitert ist bereits zu berichten es sei gescheitert? Ist es nun wirklich gescheitert oder wissen wir das erst im Jahr 2017?
Tatsachenberichte finde ich besser…-
Leider ist es so, dass selbst aus dem Innern der Projektgruppe Stimmen laut werden, die den äusserst ambitiösen Zeitplan in Frage stellen. Projekterfahrene Spezialisten wissen um die Unwägbarkeiten solcher IT-Grossprojekte. Selbst erfahrene Projektleiter in Grossbanken, die deutlich mehr Ressourcen zu mobilisieren vermögen, sind in der Vergangenheit immer wieder gescheitert. Weshalb das bei Raiffeisen anders sein soll, erschliesst sich mir nicht. Für Vontobel ist das sich abzeichnende IT-Debakel natürlich ein Glücksfall, können so doch auch nach 2017 empfindliche Ertragsausfälle über eine gewisse Zeit gerettet werden. Vielleicht wäre es für beide Parteien klüger gewesen, an einer bewährten Kooperation festzuhalten, als sich zu zerstreiten und sich gegenseitig das Wasser abzugraben. Aber dazu hat es wohl auf beiden Seiten an Weitsicht und an Geschäftssinn gemangelt.
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Habe grundsätzlich noch nie ein Projekt erlebt, bei welchem nicht von Beginn weg „selbst aus dem Innern Stimmen laut werden, die den ambitiösen Plan in Frage stellen“ – also dünkt mich jetzt relativ relativ…
Hingegen ist das Argument, dass Weitsicht und Geschäftssinn hier wohl zwei sich breit machenden Alpha Egos weichen mussten, nicht von der Hand zu weisen. -
Sie sagen es richtig, den Zeitplan in Frage stellen… aber noch lange nicht gescheitert. Hier liegt der Unterschied!
Ich glaube kaum, dass die Kooperation in der bestehenden Form mit Vontobel zukunftsträchtig gewesen wäre. Ich bin der Meinung, dass die neue Form der allfälligen Zusammenarbeit für beide Partner besser sein wird, mindestens jedoch für Raiffeisen.
P.S. die Stimmen aus der Projektgruppe sollen besser arbeiten, als dumm rum reden!
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Projektmanagement Weisheit – Zeig mir wie Du das Projekt aufgleist und ich sage Dir wie das Projekt enden wird.
Erfahrene Leute sehen schon relativ schnell, ob ein Projekt scheitern wird. Schon selber Mehrfach erlebt. -
Yves? nervös? Warum reagieren Sie denn derart massiv auf die These? Bleiben Sie doch einfach cool und warten bis 2017. Falls Sie daran glauben, ist es völlig widersprüchlich schon heute in die Tasten zu hauen. Schöne Weihnachten
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Hä? Bevor ein Projekt gescheitert ist bereits zu berichten es sei gescheitert? Ist es nun wirklich gescheitert oder wissen wir…
Der Kauf eines Aktienpakets einer Firma heisst noch lange nicht, dass der Erlös in die Firma fliesst, sondern vorerst in…
@hansi - in der meldung im blick ist die rede von aktien aus dem eigenbestand der avaloq. kein cash für…