Mein Mentor bei meinem Berufseinstieg, ein IT-Consultant mit jahrzehntelanger Erfahrung, erklärte mir in den späten 1990ern, dass er den Kunden meistens empfiehlt, sich für die Nr. 2 im Markt zu entscheiden.
Die Nr. 2 habe ein erfolgreiches Produkt mit breiter Kundenbasis, ist technisch oft besser, dafür nicht so arrogant oder selbstsicher wie die Nr. 1 und bezüglich Kundenservice und Preisen häufiger zu mehr Zugeständnissen bereit als die Nr. 1; schliesslich müsse sie ihr Manko, nicht die Nr. 1 zu sein, wettmachen.
20 Jahre später zählt die Nr. 2 im IT-Business nichts mehr. Adobe ist DIE Publishing-Software, Autodesk DIE CAD-Software, LinkedIn DAS Social Network im Berufsumfeld. Die Nr. 2, in diesem Fall XING, kann höchstens als Nischenplayer existieren. Finden Avaloq oder Finnova ihre Nische gegenüber Temenos?
Dementsprechend ist beim Investieren in Technologietitel der beste Zeitpunkt zum Einsteigen, wenn der Titel die thematische und technische Marktführung innehat, aber der Markt noch recht klein ist; und der beste Punkt zum Aussteigen ist, wenn der Titel vermutlich nicht mehr lange die klare Marktführung halten kann oder wenn der Gesamtmarkt kippt.
Selbstverständlich sind alle drei Punkte nicht einfach ablesbar. Insbesondere der Einstieg zum Zeitpunkt der thematischen oder technischen Führerschaft ist im Zeitalter, in dem Start-ups Kapital über viele „Seed-Phasen“ hinweg im Übermass erhalten, grösstenteils nicht mehr möglich.
Beim IPO hat der Technologietitel dann bereits die Marktführung erreicht (siehe Spotify, Dropbox) oder den Zenit sogar überschritten (siehe GoPro oder Snapchat).
Es hat sich aber gezeigt, dass man gerade mit „grossen“ Technologieaktien recht gut mit dem Ansatz fährt, den Titeln zwischen der technischen Führerschaft und der Markteroberung die Treue zu halten und über den Lärm dazwischen grosszügig hinwegzusehen (Microsoft, Apple, Facebook).
Nun zu Tesla. Es hat wohl noch nie eine Aktie gegeben, über die so viel Lärm gemacht wurde. Und natürlich ist das zu einem grossen Teil dem zwischen Genialität und Wahnsinn agierenden Elon Musk geschuldet.
Genialität insbesondere weil Marketing-Genie. Wahnsinn, weil immer mehr eine Politik der verbrannten Erde geschaffen wird und die Trump-artigen Twitter-Eskapaden immer groteskere Ausmasse annehmen: mit „Go Private – Funding secured“-Tweet als Höhepunkt. (Dazu auch ein Artikel aus meinem Kollegenumfeld mit dem Titel „Ist der Mann noch ganz bei Trost?“ vom 8. August – immer noch hochaktuell).
Aber dennoch: Nüchtern betrachtet befinden wir uns immer noch irgendwo zwischen technologischer Führerschaft und der Eroberung des Marktes. Sofern die These „E-Mobilität wird Realität und Tesla ist die Nr. 1“ Gültigkeit behalten sollte und wir keine Rezession und/oder Finanzkrise haben, macht eine kleine Long-Position ähnlich einem Lottoschein – nur mit fairer Auszahlung – aus Risk-/Rewardsicht klar Sinn.
Selbst ein weiterer Finanzengpass wäre in der jetzigen Zeit, da Apple, Google & Co. nicht richtig wissen, was mit ihren Cash-Beständen, anzufangen, kein Todesstoss. Just saying: Was mir gefällt ist, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt mit dieser Position Contrarian bin – und nicht im Mainstream.
(Extrakt für Inside-Paradeplatz-Leser; Originalartikel mit Kommentar „Longterm-Investor“ und weitere Investmentsdetails, siehe Longterm-Investor.)
Kommentare
Kommentieren
Die beliebtesten Kommentare
-
Zur Zeit der Erfindung des Benzinmotors gab es alleine in Italien Hunderte Autobauer. Heute gibt es noch ein paar ganz wenige Weltkonzerne.
Insofern frage mich mich schon, wie es zum ganzen Mythos um Tesla gekommen ist. Musk hat den Markt aufgeschüttelt. Ohne Zweifel ist ihm dieses Verdienst persönlich hoch anzurechnen. Als Individuum mag er brilliant sein. Ob jedoch wirklich seine Firma der grosse Gewinner sein wird, bezweifle ich stark. Navigation wird von Google kommen. Ein Auto zusammenbauen, kann (fast) jeder. Die Batterie kommt von Drittproduzenten. Meine Meinung: Ab dem Moment, wo man mit dem Thema „Batterieauto“ echtes Geld verdienen kann, wird der Gegenwind für Tesla schlagartig zum Orkan. -
Tesla ist für Trump too big to fail.
Tesla wäre schnon längst Konkurs würde die USA unsere Notenbank nicht zwingen deren Aktien zu kaufen! -
Als Besitzer und begeisterter Fahrer eines Tesla Model S würde ich gerne ein paar Aktien kaufen – wenn sie bloss ausserhalb der USA kotiert wäre. Aber den Ärger und die Bürokratie mit US-Aktien tue ich mir nicht an.
-
Vorab: Ich fahre seit 2016 mittlere und längere Strecken in meinem Tesla S P 85 P. Reichweite 400km, Ich war von Zürich Agglo 4x in Barcelona und 6x in Genua. Völlig ohne Stress. Die 3.5 sec von 0 auf 100 hat der Porsche neben mir an der Peaje-Station mit zwei Lastwagenlängen trotz des furchtbaren Gebrülls seines Verbrenners grandios verloren.
Ob sich Tesla als Firma durchsetzen wird? Keine Ahnung. Immerhin hat Tesla ein Biotop aus Superchargern, Destination Chargern und gewöhnlichen Mennekes-Typ-2 Ladestationen.
Wem ein Tesla S nicht genügt: Googeln Sie Lucid Motors!
1000 PS, 600 km, 0-100 in 2.5 sec, Spitze 350km/h, Preis 120k CHF, lieferbar ab 2020…-
Wenn es das heute schon in dieser Weise gibt, kann man davon ausgehen, daß es dies in zehn Jahren mit noch besseren Leistungsdaten für ca. 30% bis 40% des heutigen Preises (Skalenerträge durch Massenproduktion und laufender technischer Fortschritt) geben wird.
-
Dann erzählen Sie mal, wie Sie bei 450km Reichweite dreimal „aufgetankt“ haben.
Aber bitte Details.
Fahrtdauer
Wartezeiten
Kosten
Bei meinem Tesla S musste ich mich bei Mailand hinter einem Lastwagen verstecken, bei 80km/h, damit ich überhaupt die nächste Ladestation erreichen konnte !
Und hinter mir hat sich der nächste Tesla S eingereiht, mit Zuger Kennzeichen !
-
-
Ein EV ist nicht nur ein Auto wie ein Verbrenner. Ein EV ist ein Computer (weil immer Strom verfügbar), im Idealfall ein Netz mit Cloud Services.
Die Bewertung von Tesla hängt mit erschliessbaren Geschäftsmodellen zusammen. Die Bewertungen von Waymo oder Uber geben Indizien dazu.
Tesla ist der einzige Hersteller eines AI Chips für Autonomes Fahren. Dieser ist rund 10 mal performanter (für diesen Einsatzzweck) als die besten Chips, die heute eingesetzt werden. Autonomes Fahren = Taxidienst, Verleihdienst etc.
Weitere Geschäftsmodelle von Tesla sind ein weltweites Ladenetz, Energiehersteller mit Solartechnologie, Energiespeicherhersteller mit Batterien und letztendlich AI-Cloud für Fleet-learning, welches ideal durch SpaceX ergänzt wird, wo ein weltweites Breitband-Internet aufgebaut wird.
Das Marktwachstum für EVs ist exponentiell, was für den Marktführer Tesla speziell interessant ist:
-Tesla ist der einzige Hersteller (ohne chinesische Hersteller), die über 1/4 Million EV pro Jahr herstellen und ausliefern.
-Tesla ist der einzige weltweite Energielieferant für EVs. Diese Ladeinfrastruktur ist einzigartig.
-Sobald die Konsumenten erkennen, dass EVs mehr bieten und Spass machen als die alten Verbrenner, werden sie ein EV kaufen wollen. Wartezeiten sind bei Tesla die kürzesten. Versuche mal einen neuen Hyundai, Nissan, Chevy EV zu ordern.
Und wohl das Wichtigste: Wenn die Konsumenten denken, dass sie den Radius von 100km verlassen wollen, gibt es keine Alternative zu Tesla, weil kein anderer Hersteller international Tankstellen betreibt. (Die öffentlichen Ladestationen sind hübsch aber nicht ausreichend, weil zu oft defekt, besetzt und viel zu langsam)
Ideal für die Aktie ist, dass die Mehrheit in festen Händen der Grossinvestoren ist und nur etwa 1/4 breit gestreut ist. D.h. Volatilität ist angesagt, weil die kleinen Investoren auf die Presse reagieren, welche sehr kritisch ist und gleichzeitig die grosse Mehrheit der Konsumenten noch wenig bis kein Know-how oder Erfahrung mit EVs hat. -
-
Glücklich einst der,
der all das für ihn passende
preiswert aus der Insolvenzmasse
erwerben wird. -
So ein AI Chip lässt ein Chipgigant wie Intel oder Nvidia locker herstellen. Tesla muss sich warm anziehen. AB 2019 kommt eine Elektrowelle der nicht nur deutschen Hersteller. Mal sehen wie der Vorsprung der Tesla ist.
-
-
In 10 Jahren werden Hersteller von Elektoautomobilien ähnlich bewertet sein wie heute herkömmliche Automobilhersteller.
Also müßte Tesla bei einem KGV um 10 bei aktuell EUR 46,0 Mrd. Marktkapitalisierung beispielsweise EUR 4,6 Mrd. Gewinn im Jahr machen (aktueller Umsatz EUR 10,0 Mrd. pro Jahr).
Zum Vergleich die KGV´s von BMW, Daimler, und Volkswagen liegen aktuell um 7.
Bis dahin sind wir eine Rezession oder wirtschaftliche Krise weiter, während der sich Tesla vom Insolvenzkandidat ggf. erneut zum tenbagger oder mehr entwickeln kann. Oder eben die Reste von der Konkurrenz preiswert aus der Insolvenzmasse aufgekauft werden.
In 10 Jahren werden Hersteller von Elektoautomobilien ähnlich bewertet sein wie heute herkömmliche Automobilhersteller. Also müßte Tesla bei einem KGV…
Dann erzählen Sie mal, wie Sie bei 450km Reichweite dreimal "aufgetankt" haben. Aber bitte Details. Fahrtdauer Wartezeiten Kosten Bei meinem…
Vorab: Ich fahre seit 2016 mittlere und längere Strecken in meinem Tesla S P 85 P. Reichweite 400km, Ich war…