Pascal Koradi landet zusammen mit fünf weiteren Angeklagten im grossen Post-Betrugsfall vor dem Richter. Der Ex-Chef der Aargauischen Kantonalbank ging sogleich in die kommunikative Offensive.
„Der Entscheid des fedpol, das Verfahren nicht einzustellen, ist nicht nachvollziehbar“, meinte Koradi. „Für die erhobenen Vorwürfe gibt es keinerlei Basis. Es wird mir etwas vorgeworfen, für das es keinerlei Belege gibt.“
Stimmt das wirklich? Im Bericht der Anwaltskanzlei Kellerhals Carrard, welcher die Basis für die Aufarbeitung der Gewinnverschiebungen rund um die Tochter Postauto bildet, leuchtet der Name Koradi grell auf.
Der Finanzmann, der von der NAB zur Post in die Konzernleitung gesprungen war und dort ab 2012 für 4 Jahre die Position des Finanzchefs innehatte, gehörte zu den zentralen Figuren rund um ein System, bei dem Gewinne weg aus dem subventionierten Postauto-Bereich verschoben wurden.
„Mit einer Bündelung (…) könnte der Gewinn teilweise in das Segment Übrige verschoben werden“, schrieb Koradi laut Kellerhals-Bericht in einem Mail vom 8. April 2013.
Am 23. April 2013 meinte der Bereich F, also Koradis Finanzabteilung, in einer Stellungnahme zu verschiedenen Varianten, wie verhindert werden könne, dass Tochter Postauto (PA) ihre Gewinne den Partner-Firmen weitergeben müsste:
„(…) damit lösen wir das Problem von PA, indem zukünftig Kosteneffizienzen im Konzern abgeschöpft werden können und nicht zwingend an den Besteller weitergegeben werden“ müsse.
Am 2. Juni 2013 hielt dann Koradi in einer Mail-Antwort fest, bei der es um das Gestalt annehmende Vorhaben „Gewinnsicherung PostAuto“ ging:
„Ich empfehle Dir zu Beginn den Begriff Gewinnsicherung klar zu definieren.“ Dann meinte der damalige Post-Finanzchef und damit oberster Zuständiger für die Buchhaltung:
„Auf Seite 3 wird oben dazu vom aktuell noch genutzten Creative Accounting gesprochen. Diese Formulierung ist unglücklich gewählt und könnte dazu führen – wenn das Dokument in falsche Hande gelangt – dass die Glaubwürdigkeit und Richtigkeit der Rechnung (Postauto) in Frage gestellt wird. Hier würde ich einfach von der heutigen Verrechnungslogik sprechen.“
Koradi war somit mitten drin im Fall. Er erhielt Dokumente, prüfte diese und nahm Stellung, verschickte Emails. Der Kellerhals-Bericht erwähnt Koradi nicht nur einige wenige Male, sondern oft.
Und trotzdem sieht Koradi die Anklage gegen ihn vor einem Gericht in Bern als Stimmungsmache mit politischem Hintergrund.
„Meine anfängliche Vermutung, dass ich aus rein politischen und keinesfalls juristischen Gründen seit zwei Jahren in ein Verwaltungsstrafverfahren involviert bin, hat sich nun erhärtet“, schrieb Koradi gestern in seiner eigenen Stellungnahme, die er über seinen Pressebeauftragten verschickte.
„Die Verfahrensleitung konnte keine der pauschalisierten Anschuldigungen belegen. Im Gegenteil konnte ich diese pro-aktiv widerlegen.“
Dann folgt der entscheidende Satz zur eigenen Verteidigung. „Es gibt keinerlei rechtliche wie faktische Grundlage mir vorzuwerfen, ich hätte den behaupteten Leistungsbetrug geduldet, in dem ich nicht eingeschritten sei“, sagt Koradi.
Die Mails im Bericht der Kanzlei weisen in eine andere Richtung. Koradi war wenn nicht Dreh- und Angelpunkt, so doch zentrale Figur, als es darum ging, dass der Bereich Postauto im Monopolbereich weiter Subventionen erhalten würde.
Wie? Indem die Gewinne, die durch mehr Effizienz entstanden, an anderen Orten innerhalb des Post-Konzerns anfielen.
Solche buchhalterischen Abgrenzungen sind Kerngeschäft jedes Finanzchefs. Entsprechend war Koradi im Bild und musste das Thema auch in der Konzernleitung vertreten.
Heute stellt sich der Ex-Banker, der inzwischen Berater ist und bei einer Zürcher Baufirma die Administration leitet, auf den Standpunkt, dass er „den behaupteten Leistungsbetrug“ niemals zugelassen hätte.
Die besten Chancen im Prozess hat Koradi, wenn er und die übrigen Angeklagten die Richter überzeugen können, dass für sie die Gewinn-Verschiebungen keinesfalls ein Betrug, eine Vortäuschung, ein Vertuschungsmanöver gewesen seien. Sondern schlicht und einfach eine Finanz-Optimierung. Legal.
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Subventionsbetrug in der Höhe von mehreren Hundert Millionen Franken ist kein Kavaliersdelikt.
Hier muss ein Exempel statuiert werden ! Keine Rücksicht auf hohe Tiere !
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@ Obwalder et al ’n allüberall: Ich lese und höre immer „nicht mehr“, wie schlimm „heutzutage“, „good ol‘ days“ usw.usf.
Leute, es war nie besser und es wird nie anders sein. Wir sind alle ein korrupter, jämmerlicher Haufen, wir homines „““sapientes“““. Kannste leider nix machen. Sorry, gäll! -
Checkt der Koradi eigentlich nicht, dass er aktuell vielleicht besser ein niedriges Profil halten sollte? Pressemitteilungen kann er ja verschicken, wenn (oder falls) er freigesprochen wird.
Reichte ihm diese Story hier denn nicht?
https://insideparadeplatz.ch/2018/07/03/pascal-koradi-billig-banker-billig-jammeri/ -
Bei genauer Berachtung, muss man die ex Bundesrätin Leuthard mit anklagen- und verurteilen. Sie war es die über Jahre genau Bescheid wusste und mit allen Mitteln versuchte, die Sache zu deckel sprich. unter Verschluss zu behalten!
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Wenn ich das so lese, komme ich zum Entschluss dass der Postraub in Zürich nicht der grösste Coup der Post war. Aber das ist gleich wie mit den Banken. Wer eine Bank überfallen will, geht nicht mehr mit einer Knarre in die Bank, der bemüht sich um ein Büro in der Chefetage der Bank…
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Warum nur, wenn alles so klar ist, wie Korrodi meint, ist der Korrodi als CEO der AKB zurückgetreten?
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Was ist mit Urs Schwaller, seit über 5Jahren VR Präsident, der muss sofort aufs Abstellgleis gestellt werden, wird er von der Leuthard gedeckt??? Die Kirche kann man immer ins Spiel bringen.
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Normalerweise stinkt der Fisch bei solchen Sachen vom Kopf her. Warum wird wieder nur das mittlere Kader angeklagt? Verantwortung tragen heisst Verantwortung übernehmen.
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weil ruoff als „quoten-futzi“ so leuthard noch mehr belasten würde… und dann käme leuthard „an die kasse“ was ja mal gar nicht geht… also einfach die üblichen bauernopfer und gut ist…
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Kann ich diese „Finanz-Optimierung ganz „legal“ bei meiner Steuererklärung auch vollziehen ?!
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einmal mehr, liebe finanzlär, aus eurem laden kommen immer die besten tippsundtricks wie man unser 3 liniensystem umgehen kann. super 🙂 und eine der grössen krankenkassen auf platz bern glaubts immer noch nicht *mdr*
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Normalerweise empfehlen doch die Anwälte, während einem laufenden Verfahren einfach mal die Fresse zu halten.
Ich glaube, das ist keine schlechte Vorgehensweise.-
@ „Professioneller Fintech Hyper“: Bleib kompliziert, primitive Menschen sind nicht interessant.
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Es bleibt nur die Hoffnung, dass drakonische Urteile gegen diese Beschuldigte verhängt werden!
Das Beste bzw. Glück dabei ist, dass Lauber weg vom Fenster ist und mit der Aufhebung seiner Imunität selbst zur Rechenschaft gezogen werden kann….
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Möglicherweise wird Koradi exemplarisch hart angefasst wie dazumal Andreas Waespi.
Interessant, bei beiden Personen Koradi und Waespi ist die Aargauische Kantonalbank unbeteiligt im Geschehen.
Ungeschicktes Verhalten des Bankrates in Sachen CEO-Personalien.
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Es war laut Ankläger strafrechtlich relevant was Koradi da gedreht hat und dafür muss er bestraft werden. Es kann nicht angehen, dass CEOs und Superreiche immer Vorschusslorbeeren bei den Strafgerichten geniessen.
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Die Anklage der Kader von Postauto ist absolut richtig in unserem Rechtsstaat. Störend sind die bisher fehlende Anklagen gegen den Verwaltungsrat.
Dies aus folgendem Grund:
Es ist unmoralisch, unmögliche Aufträge anzunehmen und genau gleich unmoralisch, unmögliche Aufträge zu erteilen.
Die Postauto AG war aufgrund ihres Geschäftsmodells nicht in der Lage, Gewinne zu erwirtschaften, sollte aber eine Geschäftserweiterung im Ausland (die mit Risiken verbunden ist und daher Risikokapital braucht) vollziehen. Dies wäre nur mit einer Kapitalerhöhung möglich gewesen. Der Verwaltungsrat hat dies nicht erkannt und damit die folgenschweren Dummheiten mitverursacht.
Nochmal: Die hohen Kader und der Verwaltungsrat sind gleichermassen verantwortlich dafür und sollen gleich behandelt werden.-
Verwaltungsrat sein in der Schweiz bedeutet nicht Verantwortung zu übernehmen sondern networken und Sitzungsgelder kassieren.
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Viele wissen, dass die damalige Postchefin Kenntnis von der inkorrekten Buchführung hatte und diese Jahre lang explizit tolerierte.
Es ist daher schon erstaunlich, dass Ruoff als oberste operative Verantwortliche nicht auch auf der Anklagebank steht.
Da beschleicht einem natürlich unwillkürlich der Verdacht, dass man eine zur Vorzeige-Managerin hochstilisierte Quoten-Frau verschont. Sonst würde auch noch ein weiterer Schatten auf „das Land des Lächelns“, Doris Leuthard, fallen. Diese wäre dann ja nicht nur für eine völlig in die Sackgasse geratene Energiepolitik und eine – unter der Leitung des Grossmauls Meier – nur so von Pannende strotzende SBB, sondern auch noch für eine – unter der von ihr ernannten Ruoff – inkorrekt agierende Post verantwortlich gewesen. Dies wiederum würde letztlich auch noch einen Schatten auf Peter Spuhler werfen, dessen Kundin die lächelnde Doris Jahre lang war und der ihr als kleine Anerkennung einen VR-Job in seiner Firma zugeschanzt hat.
Schlussfolgerung: man belässt es dabei, Konradi und die anderen kleinen Fische der Postauto-GL anzuklagen. Hoch lebe der helvetische Wirtschafts-Politik-Filz!
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Es ist natürlich nicht erstaunlich, sondern lediglich Statusbericht der aktuellen Korruptionslage im Ländle. Die „Anerkennung“ für Doris ist selbstredend keine solche, sondern plumpe Korruption, welche sogar die UNO Rules (von CH ratifiziert) verbieten (ehemalige Amtsträger in Privatwirtschaft, Amtsgeheimnisverrat). Aber was solls? Wir haben ja noch immer einen disziplinarbestraften Bundesanwalt! Rette sich, wer kann, denn unsere haben es schon lange nicht mehr im Griff!
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Ein Skandal sondergleichen, dass Ruoff verschont wird! Genauso wie sie sagen, Politik Filz, man kann die Politiker nicht mehr ernst nehmen, eine Farce, die disqualifizieren sich selber. Politik Filz und Banken filz ist das wie Gift für unsere Wirtschaft. Und keiner traut sich was zu sagen, das devote Volk schweigt lieber und schaut beschämt weg.
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@ Obwalder et al ’n allüberall: Ich lese und höre immer „nicht mehr“, wie schlimm „heutzutage“, „good ol‘ days“ usw.usf.
Leute, es war nie besser und es wird nie anders sein. Wir sind alle ein korrupter, jämmerlicher Haufen, wir homines „““sapientes“““. Kannste leider nix machen. Sorry, gäll! -
Das ergibt viel Sinn. Frau Ruoff wird doch ganz bewusst verschont. Falls nicht, käme auch Doris Leuthard als deren direkte Vorgesetzte dran. D.L. kann sich dann nicht damit herausreden, dass sie nicht einmal einfachste Buchungsregeln beherrscht. Die 5 Angeklagten sind die Bauernopfer. Sich als Finanzchef da rausreden zu wollen, ist jedoch gelinde gesagt unerhört.
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Was sich heute so aller Berater, Experte etc. nennt, geht unter keine Kuhhaut mehr! Solche Typen gehören doch einfach für lange Zeit hinter Schloss und Riegel!
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Ist zu teuer
Lebenslänglich ignorieren wenigsten in der ganzen CH
Ist billiger und besser und darüber hinaus die deutlich härtere Sanktion
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Also bitte, lh, nur keine Vorverurteilung, weil er Bänkler war. Bänkler sind rechtschaffene und ehrbare Leute. Und weiter gilt die Unschuldsvermutung.
Freundliche Grüsse
PV -
Diese traurigen Vögel glauben noch, dass sie davonkommen können. Harte Bestrafungen sind angesagt.
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Das ist eine juristische Position von Herrn Koradi, ähnlich wie bei Herrn Lauber. Mehr kann man dazu nicht sagen.
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Und wann machen wir die Rollen von Bundesrätin Leuthard, VR-Präsident Schwaller und der bundesnahen, gut bezahlten (das Wort Korrupt darf man ja nicht in den Mund nehmen) Kellerhals Carrard zum Thema?
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Dass Kellerhals Carrard bei Doris alles erledigt haben,was besonders dreckig war, hat ihnen immerhin viel „Respekt“ bis in die Bankenprovinz in Lenzburg eingebracht und dort ebenso dreckige Entscheidungen maßgeblich beeinflusst!
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Ich sehe das anders als Herr Koradi. Vielleicht hat er nur vergessen, was er 2013 geschrieben hat?
Frühbeginnende Demenz ist eine unter Kadern weit verbreitete Erkrankung, s. FIFA-Lauber Fall.
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„Diese Formulierung ist unglücklich gewählt“, was dazu führen könnte, dass Glaubwürdigkeit und Richtigkeit in Frage gestellt würden, heisst keineswegs, dass Koradi das Fehlen der Richtigkeit gebilligt hätte. Mag ein Straftatbestand objektiv erfüllt sein, braucht es dazu noch das Unrechtsbewusstsein des Täters (zum damaligen Zeitpunkt, nicht erst heute) um zu einer Strafe zu führen. Das heisst, dass der Täter damals mindestens in Kauf genommen haben muss, rechtswidrig zu handeln. Hier liegt das Problem, nicht in den journalistisch bis heute gebetsmühlenhaft wiedererzählten Tatsachen. Tatsachen werden in aufwändiger Arbeit von Anklagebehörden wie in einer Buchhaltung akribisch zusammengestellt. Das kostet viel Zeit und Steuergeld, reicht aber nicht aus.
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„Ich war Finanzchef einer Betrugsfirma und habe von allem nichts gewusst“
Ist zu einfach und zu kurz gedacht.
Hier ist Aufklärung nötig und eine adequate Belehrung angebracht.
Viele wissen, dass die damalige Postchefin Kenntnis von der inkorrekten Buchführung hatte und diese Jahre lang explizit tolerierte. Es ist…
Die Anklage der Kader von Postauto ist absolut richtig in unserem Rechtsstaat. Störend sind die bisher fehlende Anklagen gegen den…
Und wann machen wir die Rollen von Bundesrätin Leuthard, VR-Präsident Schwaller und der bundesnahen, gut bezahlten (das Wort Korrupt darf…