Seit 2004 existieren die europäischen Fluggastrechte. In dieser Verordnung, die auch für die Schweiz Gültigkeit hat, wird geregelt, welche Rückerstattung und/oder Entschädigung ein Fluggast bei Verspätungen, Flugausfällen oder Überbuchungen erhält.
Die Entschädigungen bei Verspätungen reichen von 250 bis 600 Euro, dabei bleibt das Flugticket weiter bestehen. Alle möglichen Fälle sind im Verordnungstext behandelt.
Dann kam Corona.
Annullierte nun eine Airline den Flug, so wurden dem Fluggast plötzlich Fluggutscheine anstelle der Rückzahlung des vollen Flugpreises angeboten. Wehrte sich der Fluggast erfolgreich, erhielt er den Flugpreis erst nach Monaten auf seine Kreditkarte zurücküberwiesen; teilweise dauerte dieser Vorgang über ein Jahr.
Die europäische Verordnung für die Fluggastrechte schreibt eine Rückzahlung innerhalb von 7 Tagen vor. Mit Corona kam aber plötzlich auch der Begriff der „höheren Gewalt“.
Damit entfiel bei einer Flugannullierung die übliche Entschädigung; der Fluggast erhielt nur den Flugpreis zurück.
Dies ist eigentlich auch in Ordnung, denn die Pandemie verlangte und verlangt von allen finanzielle Eingeständnisse.
Die Airline-Industrie wurde von der Corona-Krise stark betroffen. Auf der anderen Seite muss man auch erwähnen, dass die europäische Flugindustrie insgesamt Steuergelder in der Höhe von rund 40 Milliarden Euro erhalten hat.
Damit wäre es eigentlich ein Leichtes, die Flugpreise von annullierten Flügen sofort zurück zu erstatten. Doch weit gefehlt. Die gesamte Flugindustrie befindet sich im Blindflug.
Eine Airline, die hier besonders heraussticht, ist Ryanair. Die irische Airline und insbesondere deren Chef Michael O’Leary sind das Enfant-terrible der Branche.
Erst vor wenigen Tagen hat Ryanair vor Gericht verloren. Die Gesellschaft hat die Corona-Staatshilfe zu Gunsten ihrer Mitkonkurrenten wegen Wettbewerbsverzerrung gerichtlich eingeklagt – und verloren.
Zu erwähnen wäre noch, dass Ryanair insgesamt 600 Millionen britische Pfund an Staatshilfen erhalten hat.
Ryanair ist auch bei der Rückerstattung von Ticketpreisen ein negatives Beispiel der Branche. Soeben gewannen meine Frau und ich gegen Ryanair vor der Schlichtungsstelle.
Im Schlichtungsverfahren, das 6 Monate dauerte, wurde Ryanair dazu verpflichtet, einen nicht angetretenen Flug wegen einer staatlichen Quarantäne von 10 Tagen zu bezahlen.
Die Lehre daraus lautet: Wer sich nicht wehrt, macht Zweiter. Mir sind zahlreiche weitere Fälle bekannt, bei denen die Betroffenen seit Monaten auf eine Rückzahlung warten.
Neben der Annullierung von Flügen gibt es eben auch die Spezialfälle, die erst mit der Corona-Pandemie Wirklichkeit wurden.
Die harmlose Maskenpflicht, das Vorzeigen von negativen Testergebnissen, der mögliche künftige Zwang zur Impfung für die Beförderung im Flugzeug sind eine Sache. Einschneidender scheinen mir Einreiseverbote oder lange Quarantänepflichten, welche schon bezahlte Flüge verunmöglichen.
Insbesondere die beliebtesten Destinationen von Ryanair in Grossbritannien haben sehr strenge Vorschriften. Will man aus einem europäischen Land nach UK (England, Schottland, Wales, Nordirland) fliegen, wird einem meistens die Einreise verwehrt, oder man muss zwingend in eine 10-tägige Quarantäne.
Sowohl eine verwehrte Einreise als auch eine 10-tägige Quarantäne haben zur Folge, dass ein bereits bezahlter Flug nicht angetreten werden kann.
Airlines wie im vorliegenden Fall Ryanair stellen sich gerne auf den Standpunkt, es handle sich bei diesen Auflagen um höhere Gewalt. (Obwohl Ryanair und die übrigen Airlines genau hierfür Staatsgelder erhalten haben.) Nun zeigt das Urteil der Schlichtungsstelle: Wer sich nicht abspeisen lässt und dran bleibt, der hat gute Chancen, zu seinem Recht zu kommen.
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Die beliebtesten Kommentare
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Lieber verzichte ich aufs Fliegen, als dass ich ein Flugzeug von FR betreten würde.
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Auch bei der Deutschen Swiss haben meine Frau und ich auf die Rückerstattung der Flugtickets im Umfang von 8000.- CHF 6-Monate gewartet. Nach Einschaltung der Rechtsschutzversicherung ging es dann plötzlich sehr schnell…
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nicht nur Ryanair! erhielt mein Geld NIE von Emirates (Flug ab Zueri wurde 2 Std. vor Abflug annulliert, wegen fehlender Crew…), Swiss annullierte Langstreckenflug im letzten Juli als ich bereits am Flughafen war – bis heute KEINEN cent zurueck… auf das gesamte Tickets! nicht einmal eine Antwort (ausser Computer dass die Sache bearbeitet werde…!)
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Danke Herr Weidenmann für den Hinweis.
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Sorry, wer mit Ryanair fliegt, tut mir nicht leid. Wofür hat ein Mensch etwas Verstand auf den Weg bekommen. Braucht es einen Vermögensverwalter für dieses Aufsätzchen? Das brauchen wir auch nicht.
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@ Ryanair fraglich: Apropos Verstand, auch bei Lufthansa und der Swiss wartet man Monate auf die Rückerstattung des Flugpreises.
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Selbst schuld wer mit Ryanair fliegt.
Mit etwas Glück sterben diese Billig-Airlines bald aus oder wir führen endlich einen „price floor“ ein für Flugtickets.
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Und weshalb wurde Lufthansa von der Verbraucherzentrale eingeklagt? Weil sie eine Billig-Airline ist?
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@ Bob: Bitte nennen Sie mir eine Airline, welche in der Pandemie umgehend den Ticketpreis rückerstattet hat, wir alle sind gespannt.
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@Miriam Paulsen
Die Swiss, nachdem sie ab August 2020 endlich wieder die riesen Menge an Stornierungen abarbeiten konnte. Darauf war niemand vorbereitet und das es leider noch manuell von statten geht. Die Pipeline ab 20.03.2020 war einfach zu gross!
Ich habe 2020 über 50 Flüge storniert gekriegt und seit ungefähr Oktober 2020 kriege ich die Rückerstattung innerhalb 2-3 Wochen uf die Kreditkarte zurück. Bin selbst dadurch jedoch nur noch knapp 100 Flüge geflogen. Eventuell wurde ich auch etwas bevorzugt als HON Circle. Das kann ich nicht beurteilen, wobei auch alle meine Kollegen und Mitarbeiter alle Flüge ab Oktober 2020 direkt innerhalb kurzer Frist zurück erstattet gekriegt haben.
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@Billig Airline?
Diese Pauschalaussage ist Blödsinn und das wissen Sie genau so gut. Die Lufthansa Gruppe wird des Öftern mal angeklagt, so wie jeder grössere Konzern.
Habe Berufskollegen in Anwaltsfunktion bei der Lufthansa. Es ging um die mangelnde Kommunikation und einer gewissen Verschleierungstaktik.
Die Lufthansa verpflichtet sich nun, Verbraucher korrekt und vollständig über ihre Ansprüche zu informieren und ihnen innerhalb von sieben Tagen nach Aufforderung zur Rückzahlung den Preis für stornierte Flüge zu erstatten.
Versuchen Sie das einmal bei der IAG (wo Ryanair dazu gehört) zu erreichen. Das Konzernkonstrukt alleine erlaubt es einem praktisch nicht eine solche Verbraucherklage erfolgreich vor Gericht zu ziehen.
Wermutstropfen bei der LH: Durch den hohe Backlog an Forderungen wird es jedoch noch etwas dauern in einzelnen Fällen.
Nennen Sie mir einen Fall den Sie kennen, bei welchem die Rückerstattung bei Kauf über die LH Kanäle nicht gemacht wurde seit über 6 Monaten.
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Zürich ist im Hinblick auf die Europäische Fluggastrichtlinie ein etwas schwieriges Pflaster, es gab früher mal Bülacher Dorfrichter die für die Swiss und gegen Passagiere entschieden mit dem Hinweis, dass sie sich in der Urteilsfindung nicht an die Richtlinie halten müssten.
In meinem Fall (Flugabsage per SMS 5h vor Start, die Gesellschaft hat in der Schweiz keine betreibbare Niederlassung) hatte ich zunächst bei der Fluglinie Vollerstattung beantragt und nach ca. 6 Wochen ohne Reaktion ein Chargeback-Verfahren wegen Nichterfüllung über den Herausgeber der verwendeten Kreditkarte gestartet, daneben noch die Fluglinie beim BAZL gemeldet. Die Erstattung kam dann nach 4 Wochen.
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Ich bin jetzt nicht sicher, ob ich den Artikel korrekt verstanden habe. Es wird irgendwie zusammenhanglos von Rückerstattung, EU-Fluggastentschädigung und verweigerter Erstattung berichtet.
Fazit des Artikels ist eigentlich, dass die Airlines einen bereits bezahlten Flug (vollständig?) rückerstatten müssen, wenn ein Gast den Flug aufgrund eines positiven Corona-Testresultats oder wegen einer behördlichen Anordnung (z. B. Quarantäne) nicht antreten kann?
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Die Hinweise auf die Fluggastrechte sind als Einleitung zu verstehen, quasi einen Blick auf eine Welt ohne Pandemie. Im vorliegenden Fall zahlt die Airline 100% des Flugpreises in Form eines Gutscheins. Der Gutschein ist das gegenseitige Entgegenkommen. Die Airline hat den Flug ja durchgeführt, aber aufgrund der Quarantänepflicht war der Flug subjektiv für uns gar nicht möglich. Viele Regelungen zwischen Airlines und Passagiere sind Neuland wegen der Pandemie. Die Airlines sollten in der Regel kulanter und schneller agieren. Ansonsten rächt sich das in der Zeit nach Corona.
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Absolut wirr das ganze. Und die EU-Fluggastrechte kommen in der Schweiz auch nur bei einem EU-Bezug zur Anwendung.
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Anwendungsbereich der EU-Fluggastrechte
Flüge innerhalb der EU, die von einer Fluggesellschaft aus der EU oder einem Nicht-EU-Land durchgeführt werden
Flüge aus einem Nicht-EU-Land in die EU, die von einer Fluggesellschaft aus der EU durchgeführt werden
Flüge aus der EU in ein Nicht-EU-Land, die von einer Fluggesellschaft aus der EU oder einem Nicht-EU-Land durchgeführt werden
Sofern noch keine Leistungen (Entschädigung, anderweitige Beförderung, Unterstützung durch die Fluggesellschaft) bei flugbedingten Problemen für dieselbe Reise nach den Rechtvorschriften eines Nicht-EU-Landes gewährt wurden
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Zürich ist im Hinblick auf die Europäische Fluggastrichtlinie ein etwas schwieriges Pflaster, es gab früher mal Bülacher Dorfrichter die für…
Selbst schuld wer mit Ryanair fliegt. Mit etwas Glück sterben diese Billig-Airlines bald aus oder wir führen endlich einen "price…
Sorry, wer mit Ryanair fliegt, tut mir nicht leid. Wofür hat ein Mensch etwas Verstand auf den Weg bekommen. Braucht…