André Zemp, Präsident des Spitalrats des Universitätsspitals Zürich (USZ), und seine CEO Monika Jänicke teilten diese Woche an einem Mediengespräch mit, dass nun doch eine Taskforce aufgestellt würde zur Untersuchung der Toten an der Klinik für Herzchirurgie zwischen 2016 und 2020.
Die USZ-Chefs evaluieren jetzt, wie sie die Taskforce aufstellen wollen. Das erinnert an die vorausgegangenen Audits und Parteigutachten. Auch da hatte das USZ den Anstoss gegeben und von Unabhängigkeit gesprochen, obwohl das natürlich nicht zutraf.
Fragwürdig wird es bereits, wenn USZ-Präsident Zemp auf Nachfrage hin betont, dass bei der geplanten Untersuchung Patientenschädigungen nicht dazugehören.
Diese wären aber genauso relevant wie die Todesfälle, auf die man ausschliesslich fokussieren will. Tote klingen spektakulär, und darauf reagiert man.
Schädigungen an Patienten sind vor allem dann gravierend, wenn diese möglicherweise nicht hätten eintreten müssen respektive die Verursacher sie sogar in Kauf genommen hätten.
Gut an Toten ist: Sie klagen weniger. Bei Geschädigten ist das anders, sie könnten spezifischere Haftungsansprüche geltend machen.
Eilig scheinen es die USZ-Verantwortlichen ebenfalls nicht zu haben. Ihre Untersuchung startet voraussichtlich im letzten Quartal 2024. Mit Ergebnissen ist nicht vor Mitte 2025 zu rechnen; ob diese öffentlich werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar.
Bei Toten ist der Zeitfaktor kaum entscheidend. Für geschädigte Patienten kann er aber sehr relevant sein, weil Schadensansprüche erst wirksam werden, wenn Resultate vorliegen.
Auch die Verjährungsfrist spielt bei diesem Tempo irgendwann eine Rolle. Wenn stets eine neue Untersuchung die vorherige ablöst, liegt das Ende in ferner Zukunft.
Das Kernproblem ist aber ein anderes. Das möglicherweise an Offizialdelikten mitverantwortliche USZ entscheidet selbst, ob und wie die Untersuchungen abzulaufen haben. Insbesondere kann es vorselektieren, welche Missstände überhaupt untersucht werden sollen.
Auf der einen Seite ist für die Missstände der ehemalige, am USZ angestellte Klinikdirektor Francesco Maisano verantwortlich.
Dieser verfolgte das Ziel, dass seine mangelhaften Produkte schnellstmöglich zugelassen werden, damit anschliessend ein lukrativer „Trade Sale“ gelingt.
Das hohe Risiko von Komplikationen wie Schraubenausrisse war beim vorliegenden Produktdesign mehr als offensichtlich, und es musste den Anwendern, zumindest wenn eine gewisse Kompetenz und Sachverständnis vorlag, auch bewusst gewesen sein.
Dass es dann auch zu vielen Komplikationen kam, wurde diesen ebenfalls schnell klar. Statt diese offenzulegen und zu fragen, was falsch lief, implantierten sie fleissig weiter und stellten die Ergebnisse besser dar, als sie tatsächlich waren.
Inwieweit die Schwierigkeiten im Zulassungsverfahren in Europa (CE Zertifizierung) offengelegt wurden, ist unklar; es läuft diesbezüglich eine Untersuchung in den Niederlanden.
Die Käuferin von Maisanos Cardioband, die amerikanische Edwards Lifesciences, hat das Implantat weitgehend aus dem Sortiment genommen und versucht eine technische Umgestaltung.
Maisano hatte den Fokus, mit seinen selbst entwickelten Devices viel Geld zu machen. Diesem Ziel ordnete er vieles unter.
Auf dem Weg dorthin kamen Patienten ums Leben oder erlitten schwere Schäden.
Auf der anderen Seite stand das USZ. Die Spitaldirektion und auch der Spitalrat als Strategie- und Aufsichtsgremium wussten früh von den massiven Missständen in der Klinik für Herzchirurgie unter Direktor Maisano.
Dies führte letztendlich auch zu meinen Meldungen, die mit zahlreichen, hochproblematischen Patientenfällen belegt waren, die bis heute nicht komplett und unabhängig untersucht worden sind.
Die USZ-Zuständigen banalisierten die Vorkommnisse, entsprechend blieben ihre Reaktionen und Aktionen zögerlich. Das wiederum könnte weitere Patientenschädigungen ermöglicht haben, die andernfalls vielleicht nicht eingetreten wären.
Auch diese Fälle wurden gemeldet.
Alles lag früh auf dem Tisch. Statt rigoros einzugreifen, liess die USZ-Führung Maisano lange weiter freie Hand bei Patientenbehandlungen; bis es schliesslich im Sommer 2020 zum notfallmässigen Stopp mit der sofortigen Beurlaubung von Maisano kam.
Doch selbst dann änderte das USZ sein Verhalten nicht, im Gegenteil, es betonte fortlaufend, dass keine Patienten in Gefahr geraten seien und es von daher auch keinen Grund gäbe für etwaige Interventionen.
Damit ist neben Maisano eben auch das USZ Teil der Missstände. Das wiederum bedeutet, dass das USZ nicht selber entscheiden kann, ob und wie Untersuchungen erfolgen sollten.
Oder allgemein formuliert: Einer, der mutmasslich Missstände und möglicherweise sogar Schwerwiegenderes zu verantworten hat, kann keine Untersuchung gegen sich definieren und initiieren.
Genau das will das USZ tun. Denn auch wenn es wie angekündigt ausländische Experten frei untersuchen lässt, will es weiterhin den Lead behalten.
Noch vor einer Woche teilte das USZ, wie zuvor schon unzählige Male, mit, dass Patientengefährdung ausgeschlossen sei. Jetzt plötzlich will das gleiche USZ eine Taskforce einsetzen, allein, weil der Druck zunimmt. Das wirkt nicht glaubwürdig.
Entweder gab es Fragwürdigkeiten im Zusammenhang mit Toten, oder es gab keine; und das müsste schon seit Jahren bekannt sein.
Es ist ein absurdes Hin und Her. Das USZ hatte hinsichtlich Patientengefährdung sogar ihrem eigenen Parteigutachten widersprochen.
Zunächst hiess es, dass eine Gefährdung Operierter weder ausgeschlossen noch bejaht werden könne. Danach stand in einem Zwischenbericht der beauftragten Anwaltskanzlei explizit, dass dem so sei. Im Schlussbericht war diese Passage dann wiederum komplett weg.
Geschädigte Patienten, die sich von selbst beim USZ melden, werden inzwischen von der Versicherung des Spitals entschädigt – aber nur, wenn sie eine Schweigeklausel akzeptieren. Und die für die Missstände verantwortlichen Protagonisten machen weiter, als ob nichts geschehen wäre.
Und bei all dem ermittelt das USZ gegen sich selbst – einmal mehr. Ein Leitfaden für nachhaltige Patientensicherheit ist das bestimmt nicht.
Kommentare
Kommentieren
Die beliebtesten Kommentare
-
Vorsätzlichkeit kann nur durch eine Strafverfolgungsbehörde untersucht werden.
Doch in Zürich ist Iustitia nicht nur blind, sondern insbesondere faul.
-
Die jetzige Führung des USZ erwacht langsam aus dem Tiefschlaf. Der Dank dafür gebührt A. Plass und P. Vogt, der vor wenigen Wochen vor Gericht schonungslos auspackte. Da klingelte der Wecker für Herrn Zemp und Frau Jänicke. A. Plass sagt es aber richtig, man kann nicht nur tot sein, man kann auch geschädigt sein durch eine Spitalbehandlung. Das sollte den beiden USZ-Grössen eigentlich bekannt sein. Nur nebenbei: Was all die Untersuchungen kosten, gekostet haben, geht wohl auf keine Kuhhaut. Man darf 3mal raten wer zahlt. Sicher nicht der Herr Maisano.
-
Dr. André Plass begleitet mich und meine Familie als Zweitmeinung bei der Krebserkrankung meines Vaters und bin im zu allergrösstem Dank verpflichtet. Dr. André Plass ist ein passionierter, höchst kompetenter Mediziner, dessen höchster Anspruch das Wohl des Patienten ist. Ich selber wurde ebenfalls Zeuge der Machenschaften am USZ und kann nur raten, jemanden wie ihn an die Seite zu stellen.
-
Bei 150 Verstorbenen müsste man doch davon ausgehen, dass ein Offizialdelikt vorliegt? Die Staatsanwaltschaft wäre gezwungen aktiv zu werden! Warum tut sie es nicht?
Was nun beschlossen wurde, zeugt von einem miserablen Verständnis von Governance, mehr noch, könnte der Eindruck entstehen, dass hier auf Zeit gespielt wird? Auf diese Art und Weise wird kein Vertrauen aufgebaut und der Ruf wird noch weiter lädiert! -
Aufarbeitung im uni-CHital Stil.
-
-
Man könnte denken der Interessenkonflikt hat system. Oder wie war das mit der CS Untersuchung durch kks mit dem CS Professor von der HSG?
-
-
Und was tut eigentlich RR N. Rickli in dieser tragischen Angelegenheit? Gerade in den Ferien auf den Malediven? Wann wird endlich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet? Was da abläuft ist unerträglich, für Patient(inn)en, Steuerzahlende, all die seriösen Ärzt(inn)en und das ganze engagierte Pflegepersonal. On Top hat KR J. Kündig offenbar gemeint, mit seinem Denkmal in Wetzikon ein „fait accompli“ in Sachen Spitalplanung im Kanton Zürich zu schaffen, dieser Schuss ging offenbar für den ehemaligen Gst Offizier nach hinten los. Es gibt nur Eines: abwählen und aufräumen!
-
Super Bericht, Herr Dr. Plass. Herzlichen Dank. Bleiben Sie dran.
-
Das ist der Witz des Jahres 2024.
Wer hat die Rübli in Garten aufgefressen? Der Ziegenbock wird mit der Ermittlung beauftragt. -
Dieses Vorgehen ist grotesk. Die Spitalleitung, die bisher nichts weiter unternehmen wollte, lässt nun unter Druck von Rickli, eine Untersuchung im eigenen Haus durchführen.
Rickli hat offensichtlich keine Kenntnisse von professioneller Governance von Unternehmen. Es ist ihre ureigenste Aufgabe als oberste Verantwortliche für die Aufsicht über das Uni-Spital eine unabhängige Untersuchung in Auftrag zu geben.
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Ricklis Interesse an einer gründlichen Aufklärung des Sachverhalts nicht übertrieben gross ist.
Umso mehr ist es höchste Zeit, dass die Staatsanwaltschaft endlich eine Untersuchung einleitet!
-
Modern times!
Antichambrieren bis zum Tag X !
Die Taskforce findet wieder Nix?
Implatat im Krematorium entsorgt:
Die Exhumierung geht über Bord 🥵USZ (Unabhängige Sicherheits – Zentrifuge?)
ORF
-
Eine Taskforce des USZ zur Aufdeckung der Missstände am USZ, ist genau so lächerlich wie eine PUK zur Aufklärung der Missstände während der C-Plandemie.
Aerzte oder Politiker untersuchen ihr eigenes Versagen.
Die Bevölkerung wird offensichtlich für blöd verkauft.
Leider haben wir während der Plandemie feststellen müssen, dass die Mehrheit der Bevölkerung tatsächlich verblödet ist.Die Wette gilt…in beiden Fällen wird es garantiert keine Anklagen geben.
-
Die Zurückhaltung der Staatsanwaltschaft Zürich in dieser Angelegenheit ist schon bemerkenswert.
Die Staatsanwaltschaft aus Zürich schweigt so unerschütterlich als ob sie sich sicher wäre dass die 150 Toten ein Zufall gewesen sind. Als ob bereits eine Anklage vor dem Gericht mit einem „unschuldig“ Urteil gegen die Verdächtigen vernichtet worden wäre und zwar in beiden Instanzen rechtskräftig.
Vielleicht aber, aber nur vielleicht, könnte das Schweigen der Staatsanwälte etwas damit zu tun haben dass die Staatsanwälte in Zürich von den Parteien nominiert werden die im Kantonsrat vertreten sind ?
Unter solchen Umständen ist eine Untersuchung gegen Kantons- und Regierungsräte in Zürich ziemlich ausgeschlossen. Oder anders ausgedrückt: die Politiker stehen in Zürich über dem Gesetz.
Ohne Anklage kein Urteil. Ohne Urteil „weiter so“.
-
Der Witz bisher war eben, dass die Spitalleitung log und behauptete, es seine nie Patienten an der Herzklinik zu Schaden gekommen. Zudem gab es in den bisherigen juristischen Gutachten stets Entlastungen. Deshalb konnte sich die Staatsanwaltschaft zurücklehnen und wegschauen. Erst jetzt, nach den Aussagen von P. Vogt, A. Plass und gewissen Medien wie IP untersuchen endlich mal Aerzte was da los war. Dann müsste wohl auch die ZH-Staatsanwaltschaft aktiv werden. Es geht nämlich um eine unüblich erhöhte Mortalität in den Waser-, Zünd- und Maisano-Jahren.
-
Mani pulite, wo?
-
-
„im letzten Quartal 2024. Mit Ergebnissen ist nicht vor Mitte 2025 zu rechnen“, es braucht Zeit um brisante Unterlagen zu vernichten!
-
In den USA, wo Sammelklagen möglich und an der Tagesordnung sind, kommen solche Schweinereien viel seltener vor — zumindest wenn die Geschädigten verstehen, dass sie geprellt wurden.
Zwar werden Skandale ebenso unter den Teppich gekehrt, aber bei 150 Geschädigten ist schnell genug Geld zusammen für erst klassige Anwälte und Experten.
-
Clodia meint schon wieder, sie hätte das Konstrukt der Sammelklage verstanden.
-
Es ist von 150 Toten die Rede, da könnten diese selbst wohl kaum klagen, höchstens die Angehörigen, vorausgesetzt die wissen überhaupt davon Bescheid, aber die Zahl der Geschädigten ist wahrscheinlich deutlich höher
-
@Glarner Haben Sie sachliche Gegenargumente, oder bleibt es bei inhaltlosen (und sachlich falschen) Beleidigungen?
Wenn Sie keine sachliche Gegenargumente haben, verzichte ich gerne auf Ihr unterirdisches Niveau.
-
-
Bei so schweren Verdachtsmommenten kommt doch hier nur eine Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft in Frage. Schläft diese ?
-
Eine Instanz, die zum Kreis der mutmasslich Schuldigen zählt, kann nicht eine Instanz schaffen, welche die Verfehlungen untersucht. Das alles stinkt zum Himmel.
Gibt es keine Aufsichtsbehörde? Gesundheitsdirektion? Oder doch Strafanzeige?
Und das mit der Schweigeklausel sollte verboten sein. Als ich namens einer Stiftung mit einer Bank über die Erstattung von grossen Retros verhandelte, wurde eine Klausel verlangt, andernfalls mir nur der Rechtsweg offenstehe. Es ist Nötigung. – Ich raufe mir immer noch die Haare, dass ich damals unterzeichnet habe. Weil ich die Schnauze voll hatte und die Sache vom Tisch haben wollte. Was mich jedoch nicht daran hinderte, auf Nachfrage doch ziemlich konkrete Auskunft zu geben. -
Ergebnisorientierte Ermittlung: das Ergebnis steht jetzt schon fest.
Es bedarf einer Intervention und einer Neufassung der Vorgehensweise mit logischen Ansätzen. -
Wo sind die faulen Staatsanwälte?Hier geht es um Offizialdelikte.Die sollten ihre Hintern rühren.
-
Das liest sich wie die reinste Horrorgeschichte – nicht fiktiv, sondern leider allzu wahr. Traurig für die Opfer und die Angehörigen. Dass (erst) jetzt eine seriöse Untersuchung in Auftrag gegeben wird, beweist vor allem eines: die Verantwortlichen und Mitwisser wollen alles unter den Teppich wischen.
-
Das ist mittlerweile völlig irre am USZ. Es scheint so, als ob alle nur noch schauen wie sie ihren eigenen Hintern retten können. Da muss dringlichst für Ordnung gesorgt werden. So kann es doch nicht weitergehen.
-
Das stinkt einfach nur zum Himmel.
-
Im Strassenverkehr rechnet man auf einen Verkehrstoten mit 10 Schwerverletzten und 10 Leichtverletzten. Wenn es bei Spitalzwischenfällen Dutzende von Toten zu diskutieren gibt, so MUSS es eher mehr geben, bei denen ein Schaden zu diskutieren ist, oder bei denen ein Schaden möglicherweise knapp abgewendet wurde. Wer anderes behauptet macht sich zum Vornherein unglaubwürdig.
-
Wer zu Verkehrstoten solches behauptet wie Lukas, macht sich zum Vornherein unglaubwürdig, wenn er nicht seine Quelle angibt.
-
Das ist ein sehr guter Punkt und trifft sicher zu. Um so schlimmer das Vorgehen vom USZ die geschädigten Patienten einfach komplett zu ignorieren.
-
@andreas deiniger: Andreas, Du verstehst es sowieso nicht, auch nicht mit Quellenangabe, es geht darum wenn schon so viele Tote, dann ist Wahrscheinlichkeit für Geschädigte noch deutlich höher. Ich habe gerade beim Bundesamt für Statistik nachgeschaut , übrigens ist Zahl noch höher, 2022 241 tote,4002 Schwerverletzte, 17896 Leichtverletzte.
-
Die Zurückhaltung der Staatsanwaltschaft Zürich in dieser Angelegenheit ist schon bemerkenswert. Die Staatsanwaltschaft aus Zürich schweigt so unerschütterlich als ob…
Super Bericht, Herr Dr. Plass. Herzlichen Dank. Bleiben Sie dran.
Dieses Vorgehen ist grotesk. Die Spitalleitung, die bisher nichts weiter unternehmen wollte, lässt nun unter Druck von Rickli, eine Untersuchung…