Die Pariser Richter machten kurzen Prozess. Sie verdonnerten die Leonteq zu einer horrenden Nachzahlung.
350’000 Euro müssen sie ihrem Intim-Feind überweisen.
Das Verdikt erfolgte im März. Es sieht sogar noch mehr vor.
Die Struki-Firma, deren Aktie in freiem Fall ist, muss den Mann erneut in den eigenen Reihen aufnehmen.
Die Kündigung von Herbst 2021 ist nämlich „nul“. Nichtig. Nie erfolgt, so die Richter in der französischen Hauptstadt.
Deshalb die hohe Schadenszahlung. Die schuldet das Finanzhaus für die Zeit von Januar 2022 bis Januar 2025.
Dass der Mitarbeiter sich unbedingt wieder einstellen lassen will, finden die Pariser Richter zwar eigenartig. Mais bon – wenn er das möchte, dann hat er das Recht dafür.
Nicht einverstanden zeigten sich die Unparteiischen mit dessen Schadenersatzforderung von 300’000 Euro für erlittenes Leid. Das kriege er nicht, steht im 12-seitigen Urteil.
Es ändert nichts am Sieg des Ex-Compliance-Officers. Dieser steht im Zentrum einer Affäre, die das Potenzial hat, der ganzen Leonteq den Garaus zu machen.
Der Kläger gehört einer Gruppe von Whistleblowern an, die in der Leonteq Paris merkwürdige Zahlungen entdeckt hatten. Produkte, die ein französischer Endkunde von der französischen Leonteq bezogen hatte, machten eine halbe Weltreise.
Via einen Leonteq-Kadermann mit Sitz in London zu einer Briefkastenfirma in den British Virgin Islands und Zahlungen an einen US-Trust und von dort zurück nach Frankreich.
Der Whistleblower ging dem nach – und stolperte über weitere solche fragwürdigen Finanzströme aus früheren Jahren.
Statt dass die Leonteq-Spitze dies ernst nahm, stellte sie den Mann vor die Tür. You are Fired, hiess es im Oktober 2021.
Ein Jahr später publizierte die Financial Times eine lange Story, welche die Leonteq bis heute nicht verdauen konnte. Die Firma stehe im Verdacht, Geldwäscherei zu ermöglichen, so das englische Eliteblatt.
Seither hat die Zeitung nie mehr zum Thema publiziert. Dafür rückten die Behörden der Leonteq auf den Pelz.
Die Bafin, das ist die deutsche Bankenaufsicht, machte schwere Mängel bei der „prevention of money laundering and terrorist financing“ publik.
Wie oft erst im Nachhinein erfolgte dann auch noch ein Verdikt der Finma, dem Schweizer Pendant. Die Berner erkannten ebenfalls happige Verstösse und zogen 9 Millionen Franken Gewinn ein.
Die Leonteq und ihr Management habe „durch einige Distributoren im Ausland in schwerer Weise gegen ihre Risikomanagement-Pflichten sowie Gewährspflichten verstossen“, befanden die Berner Aufseher.
Das war im Dezember. Seither blieb kein Stein auf dem anderen. Der langjährige CEO Lukas Ruflin, der auch zu den Grossaktionären zählt, wurde notfallmässig aus dem Spiel genommen.

Eigentlich wollte Ruflin direkt in den VR wechseln. Dem machten die anderen wichtigen Aktionäre einen Strich durch die Rechnung.
Allen voran die Raiffeisen, die gegen 30 Prozent an der Leonteq hält. Die Genossenschaftsbank kocht ihr eigenes Süppchen. Sie setzte eine Vervielfachung der Dividende durch – und saugt so massive Gelder aus der Firma.
Vermögen, die auf illegale Weise erwirtschaftet worden seien, meint der Whistleblower.
Unterstützung erhält er von den Pariser Richtern. In ihrem Urteil halten sie fest, dass der Ex-Mitarbeiter, der jetzt formell erneut auf der Payroll der Leonteq steht, möglicherweise Kriminellem auf die Spur gekommen war.
Dass er dies seinen Chefs meldete, hätte niemals zu seiner Entlassung führen dürfen. Er sei im Rahmen seines Jobs auf ein „délit“ oder „crime“ gestossen – „il ne pouvait être licencié pour ce motif“.
Es sei denn, er hätte in unlauterer Absicht gehandelt.
Genau das machte die Leonteq im Arbeitsrechts-Konflikt geltend. Doch nur weil die vom Whistleblower gemeldeten „faits“ noch nicht erstellt seien, reiche nicht für solche Vorbehalte.
Ganz im Gegenteil: Die Pariser Richter vermuten, dass bei der Leonteq Schwerwiegendes vorgefallen war.
Wenn man alles beleuchte, dann scheine es, dass Leonteq „n’a pas souhaité faire la lumière sur les faits dénoncés“.
Lieber nicht den Whistleblower-Vorwürfen auf den Grund gehen: Das sagt jetzt erstmals eine unparteiische Behörde ausserhalb der Finanzindustrie.
Deshalb hätte der Warner Schutz verdient – den ihr die Leonteq mit ihrer Kündigung jedoch verweigerte. Dafür müsse das Unternehmen jetzt geradestehen.
„Leonteq hat das Urteil zur Kenntnis genommen – dieses ist noch nicht rechtskräftig“, meinte ein Sprecher in der Zürcher Zentrale des Finanz-Unternehmens auf Anfrage.
Strukturierte Produkte sollten nur von bekannten und seriösen Banken wie zum Beispiel Pictet, Raiffeisen oder ZKB gekauft werden.
Wirklich noch überrascht? Dieses Unternehmen gehört dringend verkauft oder liquidiert, das Management ersetzt – und insbesondere im Bereich Sales Management müssen Fehlentscheidungen Konsequenzen haben.
„Unser wichtigster Aktivposten bei Leonteq sind unsere Mitarbeitende. “ so steht es geschrieben. Der Richter hat das wohl wörtlich genommen.