Am 3. Februar starb Jörg Rappold, 80, ein in Zürcher Polit- und Finanzkreisen hoch angesehener und bestvernetzter Wirtschaftsanwalt. „Rappold verkörperte die besten Traditionen der bürgerlichen Schweiz“, lobte ihn Roger Köppel zum Hinschied.
Nun taucht eine weniger schöne Geschichte auf. Rappold, der die FDP im Zürcher Kantonsrat geprägt hatte und im Verfassungsrat sass, hatte eine Strafanzeige am Hals.
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Es ging nicht um Peanuts. Die Anzeigeerstatterin, eine Witwe von der Goldküste, wo auch Rappold lebte, wirft dem bekannten und von allen gelobten Rappold schweren und jahrelangen Betrug vor.
„Es ist eine Strafanzeige gegen Herrn Rappold eingegangen“, bestätigt eine Sprecherin der Zürcher Oberstaatsanwaltschaft. „Es wurde aber zu Lebzeiten von Herrn Rappold kein Strafverfahren gegen ihn eröffnet.“
Laut der Justizbehörde geht es um „Vermögensdelikte“. Zur Höhe des Betrugs wollte sich die Sprecherin nicht äussern.
Die Frage, ob es zwischen dem Ableben von Rappold und dem Betrugsvorwurf einen Zusammenhang gebe, sei Gegenstand von Ermittlungen.
„Der Fall gilt bei uns als „aussergewöhnlicher Todesfall“ und wird entsprechend untersucht“, sagt die Justiz-Sprecherin. Mehr könne man aus Persönlichkeitsschutz-Gründen nicht sagen.
Jörg Rappold sass in den Nullerjahren im Schweizer Verwaltungsrat der französischen Grossbank BNP Paribas, die 2014 wegen US-Sanktions-Verstössen mit 9 Milliarden Dollar gebüsst wurde.
Noch wichtiger waren Rappolds Zürcher Beziehungen. Er war Zunftmeister und Ehrenzunftmeister des Kämbel, wo Weltwoche-Besitzer und SVP-Shootingstar Köppel Aufnahme fand.
Im Kantonsrat war Rappold lange Jahre der Stachel im Fleisch der langfädigen Lavierer.
„Rappold war einer der letzten „glasklaren“ Liberalen“, schrieb Andreas Honegger in der NZZ, der mit Rappold lange in der FDP-Kantonsrats-Fraktion sass.
„Er kämpfte mit luzidem Denken und rhetorischer Eleganz für eine bürgerlich-liberale Schweiz.“
„Ein liberaler Gentleman“, titelte der Tages-Anzeiger. „Die NZZ vermisste schon bald nach seinem Rücktritt die Voten des „FDP-Urgesteins“, der Jahr für Jahr die Frage nach der (Teil-) Privatisierung der ZKB stellte.“
Die freisinnigen „Leuchttürme“ Konrad Hummler und Tito Tettamanti ehrten Rappold im Namen vom „Verein Zivilgesellschaft„.
Wo auch Ex-Finanzprofessor Martin Janssen und Ex-UBS-Generaldirektor Urs Rinderknecht prominent mitmachen, war Rappold der Gründer. Der Verein hat sich den „Erhalt der gesamtschweizerischen Zivilgesellschaft“ auf die Fahnen geschrieben.
Auf der Homepage steht prominent: „Wenn es darum ginge, leuchtende Beispiele für typische Vertreter der Zivilgesellschaft unseres Landes zu nennen, dann wäre der Name von Dr. Jörg Rappold sehr weit vorne.“
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Rappolds Witwe sagte gestern am Telefon, dass ihr verstorbener Mann nach einer Fischvergiftung lange im Spital gelegen wäre, sich dann aber doch gut erholt hätte.
„Dann verstarb er plötzlich, für uns alle überraschend“, meinte Rosmary Rappold.
Zu den Betrugsvorwürfen sagte sie: „Mein Mann hat nie betrogen.“ Die Frau (es handelt sich um die Anzeigeerstatterin) rede „scheussliches Zeug“ über ihren verstorbenen Mann.
Die Anzeigeerstatterin wollte sich mit Verweis auf die Staatsanwaltschaft nicht zu ihren Betrugsvorwürfen äussern. Auch ihr Anwalt verwies an die Justiz.
Im Zentrum steht die jahrelange Vermögensverwaltung von Jörg Rappold für einen einst bekannten Werbemann und Jazzpionier. Dieser hatte unter anderem das bekannte Zürcher Dancing Mascotte geleitet.
Der Mann verstarb 2008 als 82-Jähriger. Seine Frau, die heute ebenfalls über 80 Jahre alt ist, erbte sein Vermögen.
Damit wurde Jörg Rappold der neue Vermögensverwalter der Witwe.
Diese vertraute dem Zürcher Freisinnigen anfänglich blind, sagt ein Insider, gleich wie das ihr verstorbener Mann getan habe, für den Rappold ein „Freund“ gewesen sein soll.
Mit der Zeit sollen laut der Quelle Unstimmigkeiten aufgekommen sein. Zudem machte sich offenbar der Eindruck breit, dass Rappold in finanzielle Engpässe geraten sei. Beispielsweise habe er weniger teuer gewohnt.
Rappold sei als Wirtschaftsanwalt stark in der Vermögensverwaltung tätig gewesen. Laut der Quelle habe er auch mit US-Geldern zu tun gehabt.
Schliesslich kam es zur Strafanzeige. Es gehe um über 10 Millionen Franken, die Rappold veruntreut haben soll, sagt der Insider.
Noch bevor die Anzeige bei der Zürcher Staatsanwaltschaft eingegangen war, verstarb Rappold.
„Da er verstorben ist, wird folglich kein eigentliches Strafverfahren geführt“, hält die Zürcher Justiz schriftlich fest.
„Gestützt auf die Anzeige klärt die Staatsanwaltschaft jedoch ab, ob im Rahmen eines selbständigen Einziehungsverfahren allenfalls Vermögenswerte eingezogen werden können.“
Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Gruss EM
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Egal was an dieser Sache dran ist:
De mortuis nil nisi bene. -
Lustige Geschichte. Eine Fischvergiftung? Eher doch ein Geiger-Hässig’scher Komp(l)ot.
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Das mit dem Hässig’schen Kampfpilot ist ok, aber wie steht’s mit dem Komplostt?
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@Rückbauer: Yep, Dank für den Hinweis. Kleiner orthographischer Ausrutscher meinerseits. Aber: Τὸν τεθνηκότα μὴ κακολογεῖν, γῆρας τιμᾶν.
Wie Springer, Brettenthaler & Co. immer schön zuerst in Wikipedia schauen, tönt dann besser und solche Kapriolen würden mir nicht mehr passieren. Lesson learned!
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Als langjähriger Sechseläutenmusiker kann ich die Verbundenheit von Ehrenzunftmeister Dr. Rappold zu Kultur/Musik/Jazz nur bestätigen. Bei den Mietkosten für seine Büros dürften ihm die Kämbler (jeweils als Araber maskiert…) sicherlich entgegengekommen sein. Hatte er sein Quartier doch im Zunfthaus zur Haue am Limmatquai.
Ein brillanter Kopf und Redner hat uns leider viel zu früh verlassen. R.I.P.
P.S. Leider ist aus reinem Zufall auch der Kämbel-Ehrenzunftmeister und ehem. Leiter der SKA-Rechtsabteilung Dr. Hegetschweiler fast gleichzeitig verstorben.
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Da kann man nur zustimmen. Die Zünfte sind die Träger unserer Gesellschaft. Die Verkleidung als Araber hat immer allen Spass gemacht. Nicht zum verlässigen ist auch die Bedeutung der Zünfte als Träger der gehobenen Kultur in unserer Stadt.
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Sie Herr Sigrist, wenn man deinen Beitrag liest, könnte man meinen, die Todesursache bei Dr. H. war der Zufall. Bitte amix durenlesenvorabschick.
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@Thomas Wanner: „Die Zünfte sind die Träger unserer Gesellschaft.“?
Ach so. Scheint mir eine mutige Aussage. Aber vielleicht meinten Sie ja „Träger der Gesellschaft in der ich mich bewege.“ Beziehungsweise „Die Gesellschaft der gehobenen Kultur unserer Stadt.“ Wobei sich gleich die Frage stellt, wieviele Zünfter überhaupt in „unserer Stadt“ wohnen …
Oder vielleicht bin ich ja nur ein Hinterwäldner …
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@ Ernst Straub
Ca. 1 Monat nach dem überraschenden Tod von Kämbel-Ehrenzunftmeister Dr. Rappold musste auch das nicht überraschende Ableben von Dr. H., ebenfalls Kämbel-Ehrenzunftmeister sel., beklagt werden.
Dies wurde sogar in der SRF-Uebertragung des Sechseläutens vom 13.4.2015 erwähnt und das Kamelbanner war deshalb mit Trauerflor „geschmückt“. Verstehe Ihr Problem nicht ganz?
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@Thomas Wanner
Wenn die Zöifter Urs Rohner mit Handkuss aufnimmt und Filippo Leutenegger die Aufnahme verweigert, dann sind die Wirtschaftselite und die Politelite sicherlich nicht bei den Zünften dabei. In einer Leistungsgesellschaft haben die Zünfte sowieso eh eine geringfügige Bedeutung. Das ZK ist so mächtig dass es sogar Frauen von Mitmarschieren abhalten konnte :->
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R.I.P. Jörg „Jay“ Rappold
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De mortuis nihil nisi bonum. Und schon gar nicht mit dieser dürren Faktenlage. Kein journalistischer Höhepunkt, Herr Hässig.
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Ja, Sie, aber immerhin, die Tatsache einer Strafanzeige und die Behandlung als „ungewöhnlicher Todesfall“ sind 2 starke Elemente, oder ?
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Die Verbindung einer nicht weiter verfolgten Strafanzeige mit einer Fischvergiftung ist in der Tat meisterhaft, insbesondere weil die Strafanzeige nicht gegen das Restaurant erstattet wurde. Rufmord post mortem.
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Ja, Sie, aber immerhin, die Tatsache einer Strafanzeige und die Behandlung als "ungewöhnlicher Todesfall" sind 2 starke Elemente, oder ?
Als langjähriger Sechseläutenmusiker kann ich die Verbundenheit von Ehrenzunftmeister Dr. Rappold zu Kultur/Musik/Jazz nur bestätigen. Bei den Mietkosten für seine…
Gruss EM